Thema des Tages

21-07-2019 08:20

Unsere Atmosphäre - ein Blick zurück!

Die Atmosphäre der Erde - eine abenteuerliche Entwicklungsgeschichte!
Es folgt eine Reise durch die Vergangenheit von der "Geburt" der
Atmosphäre bis heute.

Ein sehr gewittriger Samstag liegt hinter uns - besonders in der
Nordhälfte des Landes. Starkregen, Hagel und Sturmböen sorgten dort
lokal für Schäden. Die in Verbindung mit einer von West nach Ost
durchziehenden Gewitterlinie befürchteten schweren Sturm- oder sogar
orkanartigen Böen blieben in der Fläche aber zum Glück größtenteils
aus. Einzig in der Südhälfte Brandenburgs und im nördlichen Sachsen
traten etwas verbreiteter schwere Sturmböen auf. Unter dem Strich hat
die Atmosphäre also wieder einmal (zumindest ansatzweise) gezeigt,
was in ihr steckt, wie man so schön sagt.

Ohne Atmosphäre kein Wetter! Darüber wurde bereits im Thema des Tages
vom vergangenen Freitag (Link unten angehängt) berichtet, das mit der
Zusammensetzung der Erdatmosphäre endete. Nochmals zur Wiederholung:
Sie besteht aus einem Gasgemisch, das sich grob gesagt zu 80 % aus
Stickstoff und 20 % aus Sauerstoff zusammensetzt (Wasserdampf, Argon
und Spurengase lassen wir jetzt mal außen vor). Das war allerdings
nicht immer so. Vielmehr kann unsere Atmosphäre bisher auf ein sehr
"bewegtes Leben" zurückblicken. Wagen wir einen Blick zurück und
begleiten die Erdatmosphäre von ihrer "Geburt" bis zu ihrem jetzigen
Zustand.

Als vor etwa 4,6 Milliarden Jahren die Erde entstand, dauerte es
vergleichsweise nicht lange (nur wenige Millionen Jahre) bis sich um
diesen neuen Planeten eine erste Gashülle legte - die sogenannte
Uratmosphäre. Sie bestand wahrscheinlich zum größten Teil aus
Wasserstoff (92 %) und zu einem geringen Teil aus Helium (7 %).
Stickstoff kam nur zu 0,008 % und Sauerstoff zu 0,006 % vor. 100 Mio.
Jahre später, also vor rund 4,5 Mrd. Jahren, wurde die erste
Erdatmosphäre schon wieder (im wahrsten Sinne) weggeblasen. Zum einen
erhitzte sich die Erdoberfläche durch die ständigen Materieeinschläge
so stark, dass die relativ leichten Wasserstoff- und Heliummoleküle
durch ihre dadurch erhöhte Bewegungsenergie ins Weltall entfliehen
konnten. Zum anderen nahm zusätzlich unsere Sonne ihre "Arbeit" auf,
indem in ihrem Inneren die Kernfusion "gestartet" wurde. Dem dadurch
entstandenen Sonnenwind (geladene Teilchen, die von der Sonne in alle
Richtungen geschossen werden) hatte unsere Uratmosphäre nichts
entgegenzusetzen. Sie wurde förmlich von der Erde weggerissen. Dieser
Sonnenwind war damals vermutlich 1000-mal so stark wie heutzutage,
weshalb er unserer jetzigen Atmosphäre kaum noch etwas anhaben kann.


Im weiteren Verlauf ließen die Materieeinschläge mehr und mehr nach,
wodurch sich die Erde allmählich abkühlen konnte. Infolge des
Ausgasens (Gasaustritt aus z.B. Gesteinen und Lava) konnte sich vor
etwa 4 Mrd. Jahren eine neue Atmosphäre ausbilden. Die Wissenschaft
geht davon aus, dass sich dieses Gasgemisch hauptsächlich zu rund 80
% aus Wasserdampf, etwa 10 % aus Kohlendioxid und bis zu 7 % aus
Schwefelwasserstoff zusammensetzte. Stickstoff machte dabei nur einen
Anteil von 0,5 % aus, Sauerstoff kam überhaupt nicht vor.

Dadurch, dass sich die Erde immer weiter abkühlte, fing der
Wasserdampf allmählich an, zu kondensieren - und zwar im ganz großen
Stil! Das Ergebnis folgte vor rund 2,3 Mrd. Jahren mit der Entstehung
der Weltmeere. Diese waren in Verbindung mit den vorhandenen Gasen
und der starken UV-Strahlung der Sonne der Startschuss für zahlreiche
chemische Reaktionen. Einzig der Stickstoff blieb davon weitgehend
verschont, sodass sich vor etwa 2 Mrd. Jahren eine neue, d.h.
Atmosphäre Nr. 3 entwickeln konnte. Sie bestand zum Großteil aus
Stickstoff, Kohlendioxid und Wasserdampf. Damit kommen wir der
jetzigen Atmosphärenbeschaffenheit schon ein großes Stück näher.

Fehlt eigentlich nur noch der Sauerstoff. Dieser entstand durch
Fotosynthese, die durch sogenannte Cyanobakterien betrieben wurde.
Sie produzierten dadurch Sauerstoff, was wiederum der Startschuss für
die Ozonbildung war. Diese war ihrerseits wieder die Voraussetzung
für die weitere Entwicklung von Leben auf der Erde, da sie einen Teil
der einfallenden UV-Strahlung "unschädlich" machte. Damit konnte sich
der Sauerstoffgehalt auf der Erde innerhalb von 1 Mrd. Jahre
verzehnfachen.

Vor etwa 700 Mio. Jahren war die Ozonschicht dann stark genug, um so
viel UV-Strahlung von der Erdoberfläche fernzuhalten, dass sich die
Pflanzenwelt nicht nur im Meer, sondern auch auf dem Land ausbreiten
konnte. In der Folge "florierte" förmlich die Sauerstoffproduktion,
sodass schließlich vor gut 350 Mio. Jahren das heutige
Sauerstoffniveau erreicht wurde. Langsam aber sicher gewann die
Atmosphäre damit ihre heutige Zusammensetzung.

Damit sind wir nach dieser langen Reise endlich wieder in der
Gegenwart angekommen. Da heißt es erst mal: durchatmen!

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.07.2019

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