DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-06-2019 07:30
SXEU31 DWAV 300800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 30.06.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Heute Hitzehöhepunkt, im Norden einzelne stürmische Böen. Am Montag im Süden
teils unwetterartige Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... befindet sich der Vorhersageraum auf der Vorderseite eines
Langwellentroges, dessen Hauptachse bei den Britischen Inseln liegt in einer
südwestlichen Höhenströmung. Damit werden sehr warme bis heiße Luftmassen
subtropischen Ursprungs in große Landesteile geführt.

Die nächtlichen Minima lagen abseits der westdeutschen Ballungsgebiete
ausgesprochen niedrig bei zum Teil nur 10 bis 15 Grad, in Kältelöschern auch
darunter. Der Grund für diese kalten Morgentemperaturen ist die sehr trockene
Luft, wie man gut an den Taupunkten erkennen kann. Schaut man sich die
morgendlichen Amdars beispielsweise vom Frankfurter Flughafen an, dann erkennt
man, dass die Kaltluftschicht sehr flach ist. Die scharfe Inversion liegt gerade
einmal bei etwa 300 m. Insofern überrascht es nicht, dass schon in tieferen
Mittelgebirgslagen der Tag oberhalb der 20 Grad Marke startete.

Die flache Kaltluftschicht ist nun bereits rasch weggeheizt worden. Die
Prognosesoundings von COSMO-D2 zeigen im weiteren Verlauf noch eine
Absinkinversion, die dem Hochdruckeinfluss der vergangenen Tage geschuldet ist.
Mit Annäherung des Troges und der Kaltfront, wird diese im Tagesverlauf gehoben
und anschließend weggeschmischt.

Bei der Betrachtung der Radiosondenaufstiege und der Prognosesoundings ergibt
sich noch ein weiteres Detail. Die Troposphäre ist durchweg sehr trocken mit
einem großen Spread zwischen Temperatur und Taupunkt. Insofern erklärt sich auch
der zu erwartende starke Tagesgang mit einem Temperaturanstieg von 20 bis 25 K.
Die Maxima werden also in viele Regionen zwischen 35 und 39 Grad erreichen.

Eine Ausnahme bildet der Nordwesten. Die Kaltfront des über dem Nordmeer
befindlichen Tiefs wird dort am Nachmittag erwartet. Etwas vorlaufend wird
eingelagert in einen Bodentrog auch noch eine Konvergenz vorhergesagt. Diese
findet sich auch im Feld der Feuchteflussdivergenz wieder. Diese Konvergenz wird
am späteren Nachmittag und Abend auch die Mitte erreichen.

Neben der konvergenten Windströmung findet man zudem ein markantes Maximum im
Theta-Feld, was sich mit einem konzentrierten Maximum an spezifischer Feuchte in
den unteren Troposphärenschichten erklären lässt. Auch bodennah steigt die
spezifische Feuchte auf bis zu 13 g/kg. Zudem zeigen die Prognosesoundings eine
abgehobene Mischungsschicht und eine nahezu trockenadiabatische
Temperaturabnahme zwischen 2.5 und 6 km. Die Kombination der hohen
Labilitätswerte mit dem Feuchtmaximum führt zu prognostizierten CAPE-Werten
zwischen 1500 und 2000 J/kg, teils auch darüber.

Die Auslöse von Gewitter wird aber nicht simuliert. Gründe dafür gibt es
mehrere. Zum einen ist da die fast noch antizyklonale Höhenströmung zu nennen,
die eher für Absinken sorgt. Gleiches gilt für die weit vorlaufende und kräftige
Kaltluftadvektion in der mittleren Troposphäre. Und dann wäre da noch die
relativ gesehen geringe Feuchtigkeit (großer Spread, siehe weiter oben) zu
erwähnen.

Statt Niederschlägen macht sich die Kaltfrontpassage anderweitig bemerkbar. Da
ist zum einen ein schmales Bewölkungsband zu nennen. Dieses ist aber nur recht
brüchig vorhanden. Deutlich eindrucksvoller ist die Druckanstiegswelle, die ab
dem Nachmittag über der Nordhälfte des Landes von West nach Ost ablaufen soll.
Diese ist von einem markanten Windmaximum und einer Winddrehung von Südwest auf
West bis Nordwest begleitet. Die Prognosen zeigen flächig das Auftreten von
Windböen und das COSMO-D2 EPS prognostiziert mit recht hohen
Wahrscheinlichkeiten auch das Auftreten stürmischer Böen. Selbst wenn die
Wahrscheinlichkeiten wie üblich etwas überzogen sind, erscheinen einzelne Bft 8
Böen aufgrund der guten Durchmischung und der relativ gesehen trocknen
Grundschicht durchaus realistisch. Das Windmaximum dürfte nur ein kurzfristiges
Ereignis und stark an die Kaltfrontpassage gekoppelt sein.

In der Nacht auf Montag kommt die Kaltfront in ihrem Ostteil weiter nach Süden
voran, während sie weiter nach Westen nur noch wenig an Boden gut macht und
zunehmend strömungsparallel wird. Damit richtet sich die Kaltfront zunehmend
zonal aus. Der Süden verbleibt damit noch in der warmen Luftmasse. An Oberrhein
und Neckar dürfte es entsprechend nochmal für eine Tropennacht reichen.

Ein Fragezeichen steht noch über möglicher Konvektion. Die Hinweise darauf sind
nicht gerade erdrückend, aber auch nicht zu ignorieren. Über Deutschland selbst
dürfte sich angesichts der zuvor beschriebenen Problematiken nicht viel tun. Es
besteht aber die Option, dass sich in den Abendstunden mit Annäherung des Troges
und den damit einhergehenden Hebungsimpulsen über Ostfrankreich Gewitter
ausbilden. Das gilt dann insbesondere für die Region bei den Vogesen und den
nördlichen Ausläufern des Zentralmassivs. Diese Gewitter dürften aufgrund
fehlender hochreichender Scherung eher verclustern. Im weiteren Verlauf der
Nacht verbessern sich dann allerdings die Scherungsbedingungen.

Die möglichen Gewitter können dann in der zweiten Nachthälfte auf die Südhälfte
Deutschlands übergreifen. Mit den hohen CAPE-Werten und sich verbessernder
Scherung ist größerer Hagel nicht ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen ist durch
Verdunstungsabkühlung auch die ein oder andere Sturmböe. Recht fraglich bleibt
aber ob und wie verbreitet es auslöst. Und es sei noch erwähnt, dass ICON-EU
auch entlang der Mittelgebirge CI zeigt. Dies ist aber aus jetziger Sicht als
nur sehr gering wahrscheinlich einzustufen.


Montag... greift der Trog auf Deutschland über, ist aber nur recht flach. Mit
der einfließenden Höhenkaltluft kann es im Küstenumfeld einzelne Schauer geben,
für Gewitter sollte es wohl eher nicht reichen. Davon betroffen ist in der
ersten Tageshälfte die Nordseeküste und in der zweiten Tageshälfte eher die
Ostseeküste (Verlagerung des Feldes mit der stärksten Labilität) Weiter
landeinwärts ist die Luftmasse zu stabil und die eingeflossene Kaltluft gelangt
auch wieder unter Druckanstieg. Während im Norden also noch einige Wolkenfelder
unterwegs sind, wird es über der Mitte vielfach sonnig.

Im Süden liegt man noch präfrontal der immer stärker strömungsparallel werdenden
Kaltfront. Diese bewegt sich nur langsam und zunehmend gequält südwärts.

Die Luftmasse ist gut geeignet für Konvektion. Die bodennahe spezifische Feuchte
steigt auf über 15 g/kg in den Nachmittagsstunden, wohl auch bedingt durch die
Kombination aus Kaltfront und Alpen. Dazwischen wird die Luftmasse geradezu
eingequetscht. Dazu kommen die hohen Labilitätswerte. Entsprechend können recht
flächig um oder über 2000 J/kg erwartet werden. Die Scherung ist jetzt nicht
sonderlich hoch. 10 bis 15 m/s zwischen 0 und 6 km sollten aber allemal
ausreichen für lokal großen Hagel. Das gilt insbesondere auch für die
Anfangsphase der sich bildenden Gewitter. Dann sind lokal auch über 5 cm
denkbar. Später ist aufgrund der Stellung der Windvektoren (recht parallel zur
Orientierung der Kaltfront) von einem Zusammenwachsen der Gewitter auszugehen.
Bei ppw-Werten um 40 mm und in Richtung Alpen abnehmender Höhenwinde, besteht
dann ein hohen Potential für unwetterartigen Starkregen. Wind sollte insgesamt
eine eher untergeordnete Rolle spielen, bei organisierteren Strukturen dürften
aber zumindest Sturmböen im Bereich des Möglichen sein.

Kurzum insbesondere für die Bereiche entlang und südlich der Donau besteht ein
erhöhtes Unwetterrisiko und die Herausgabe einer Vorabinformation erscheint aus
jetziger Sicht empfehlenswert.

In der Nacht auf Dienstag erreicht die Kaltfront ganz allmählich den Alpenrand.
Bis in die zweite Nachthälfte hinein gibt es aber weitere Gewitter, die auch
noch unwetterartig ausfallen können. Zudem wird in der zweiten Nachthälfte von
Westen kommend noch ein markanter Kurzwellentrog prognostiziert. Diese dürfte
die konvektive Aktivität erneut anfachen. Die sich zunächst zu den Alpen
zurückziehenden Gewitter können als Folge in Richtung Morgen wieder weiter nach
Norden ausgreifen.

Im Rest des Landes ist es wechselnd wolkig, in der Mitte auch teils klar. Im
Küstenumfeld sind unter Trogeinfluss auch noch weitere Schauer zu erwarten. Im
Süden bleibt es mit 19 bis 15 Grad mild, während weiter nach Norden die
Tiefstwerte auf 15 bis 9 Grad sinken.

Dienstag... zieht die Trogachse allmählich ostwärts ab, sodass die Höhenströmung
zunehmend auf Nordwest dreht. Eher kühle Luftmassen fließen damit in das
Vorhersagegebiet ein. So wird die 850 hPa Temperatur im Norden nur wenig über 0
Grad vorhergesagt. Entsprechend werden dort nur 15 bis 20 Grad erwartet und es
gibt auch noch ein paar zumeist schwache Schauer, bei zeitweise starker
Bewölkung.

Weiter nach Süden, über der Mitte ist die Grundstimmung hingegen weniger
herbstlich. Bei steigendem Hochdruckeinfluss wird dort gebietsweise viel
Sonnenschein erwartet, insbesondere in Richtung Südwesten und Westen. Bei 850
hPa Temperaturen zwischen 5 und 10 Grad, werden 21 bis 27 Grad vorhergesagt.

Die Luftmassengrenze überquert im Tagesverlauf die Alpen. Damit gibt es
anfänglich am Alpenrand noch Gewitter. Im Laufe der zweiten Tageshälfte sollten
diese aber weniger werden, da dann auch der nächtliche Kurzwellentrog ostwärts
abzieht. Es dürften aber noch einige Wolkenfelder unterwegs sein, bei in der
Spitze 24 bis 28 Grad.

Zu erwähnen bleibt noch der lebhafte West- bis Nordwestwind, an der
Nordostflanke des Bodenhochkeils über der Mitte. Im Norden und Nordosten dürften
entsprechend häufiger Windböen, an der See auch stürmische Böen und exponiert
Sturmböen auftreten.

Der Wind zieht sich in der Nacht auf Dienstag zu den Küsten zurück, an der
Ostsee kann es auch noch stürmische Böen, am Kap Arkona Sturmböen geben.
Ansonsten verläuft die Nacht bei weiter steigenden Hochdruckeinfluss ruhig bei
zunehmend aufgelockertem bis klarem Himmel. Dazu wird es recht frisch mit 12 bis
7 Grad.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle zeigen im kurzfristigen Vorhersagebereich eine gute Übereinstimmung.
Unsicher ist wie im Haupttext beschrieben also allenfalls die Frage, ob es in
der Nacht auf Montag schon erste Gewitter von Frankreich kommend gibt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer