DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

25-06-2019 12:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 25.06.2019 um 10.30 UTC



Vor allem im Süden weiter heiß, ab Sonntag zunehmend gewittrig. Zum Wochenanfang
von Norden signifikanter Temperaturrückgang.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 02.07.2019


Am Freitag zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums erstreckt sich von Nordafrika
ausgehend und über das westliche Mittelmeer und die Iberischen Halbinsel bis
nach Großbritannien reichend ein recht kräftiger Rücken. Dieser wird von einem
Höhentief über dem Ostatlantik und einem Höhentief über Nordwestrussland, das
sich weit nach Süden bis zum Schwarzen Meer ausbreitet, in die Zange genommen.
Deutschland liegt dabei auf der Nordostflanke des Höhenkeils in einer
nordwestlichen Höhenströmung.
Am Boden korreliert der Rücken mit einem Hochdruckgebiet mit Schwerpunkt über
der Nordsee. Das Höhentief über Nordwestrussland ist im Bodenniveau durch ein
Bodentief im gleichen Raum vertreten. Somit liegt auch in bodennahen Schichten
zwischen beiden Luftdruckgebieten eine nordwestliche Grundströmung vor. Mit
dieser wird kühle Luft polaren Ursprungs südwärts geführt, die auch den Osten
Deutschland erfasst. Demnach liegen die Temperaturen in 850 hPa Freitagfrüh im
Osten nur zwischen 7 und 10 Grad, während im Südwesten weiterhin Werte bis 18
Grad zu verzeichnen sind.

Am Samstag kommt die Achse des westeuropäischen Rückens im Nordteil etwas
ostwärts voran und liegt ausgehend von Zentralfrankreich über den Westen
Deutschlands hinweg bis nach Ostnorwegen. Gleichzeitig verlagert sich der Trog
mit entsprechendem Höhentief im Osten etwas südwärts und reicht bis in den
Norden der Türkei. Im Bodenniveau verlagert sich entsprechend der der
Verschiebungen in der Höhe der Schwerpunkt des Hochs in den Osten Deutschlands.
Resultierend gelangen weite Teile des Landes wieder auf die Rückseite in eine,
wenn auch zunächst schwache südliche bis südwestliche Strömung. Dabei wird
erneut heiße Luft aus Südwesteuropa nach West- und Mitteleuropa transportiert,
sodass auch die Temperaturen im Süden und Westen Deutschlands in 850 hPa teils
wieder über 20 Grad ansteigen sollen. Durch hochreichenden antizyklonalen
Einfluss wird jegliche Konvektion unterdrückt.

Am Sonntag schwenkt die Rückenachse komplett über Deutschland hinweg.
Nachfolgend wir der gesamte Keil von einem nachstoßenden Trog allmählich
abgehobelt, sodass die Strömung über Nordwest- und Westeuropa allmählich
zonalisiert. Auch am Boden kann das zum Höhentief bzw. Trog gehörende Bodentief
den Einfluss auf Nordwest- und Nordeuropa vergrößern und das Hoch nach Süden
schieben. Über Deutschland kann dabei die südwestliche Grundströmung etwas an
Fahrt aufnehmen und nach Leseart des IFS in der Spitze Temperaturen von bis zu
24 Grad auf 850 hPa in den Südwesten und Süden transportieren. Gleichzeitig
nähert sich ausgehend vom Tief über dem Nordmeer eine Kaltfront von der Nordsee
an, die das Land am Sonntagabend im Nordwesten erreicht.

Zum Montag kann sich über dem Mittelmeerraum bis nach Frankreich und Deutschland
reichend ein großräumiger Rücken aufblähen, der die Verlagerung bzw. das
Durchschwenken des Troges ausbremst. Korrelierend kann auch die Kaltfront im
Bodenniveau nur noch wenig nach Süden vordringen und verharrt etwa über der
Mitte Deutschlands. Somit verbleiben die Regionen südlich von Mosel und Main
voraussichtlich auch am Montag in der heißen Luftmasse, während sich im Norden
schon spürbar kühlere Luft breitmachen kann. Für die weiteren Entwicklungen ist
zudem die Ausbildung eines neuerlichen Rückens über dem Atlantik zu nennen, der
am Boden mit einem kräftigen Hoch einhergeht.

Am Dienstag verliert der Rücken auf dem Atlantik zwar an Stärke und Kontur, das
korrelierende Bodentief kann sich aber weiter verstärken und dabei ostwärts bis
nach Irland ausbreiten. Gleichzeitig verschärft sich der Trog über Skandinavien,
dessen Bodentief nach Südnorwegen wandert. Nachfolgend stellt sich über der
Nordsee eine stramme Nord- bis Nordwestströmung ein, die schließlich der
Kaltfront Schub verleiht, sodass diese das Land bis Dienstagabend komplett
überqueren sollte. Rückseitig wird kalte Luft polaren Ursprungs angezapft und
erwärmt nach Deutschland geführt. In 850 zeigt das IFS ausgangs der Nacht zum
Mittwoch über Deutschland nur noch -1 bis +9 Grad.

Bis einschließlich Sonntag werden kaum Niederschläge simuliert. Die geringen
Signale beschränken sich auf einzelne Schauer und Gewitter, die bevorzugt im
Süden auftreten können. Am Dienstag sind dann im Umfeld der Kaltfront stärkere
Umlagerungen zu verzeichnen, die zu teils kräftigen Schauern und Gewittern
führen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis Sonntag zeigt der aktuelle 00 UTC Lauf des EZMW eine hohe Konsistenz zu den
Vorläufen. Vor allem der gestrige 12 UTC Lauf zeigt nahezu über den gesamten
Zeitraum eine vergleichbare Luftdruck- und Geopotentialverteilung. Bezüglich des
gestrigen 00 UTC Laufes simuliert der aktuelle Lauf zum Wochenende einen
stärkeren Rücken über West- und Mitteleuropa. Zudem wird dieser durch eine
stärkere Austrogung über dem Ostatlantik gestützt, was wiederum die
Verlagerungsgeschwindigkeit der Rücken-Trog-Konstruktion im Vergleich zum
gestrigen 00 UTC Laufes verringert.

Aufbauend auf die geringen großskaligen Veränderungen kann sich zum Wochenende
wieder etwas wärmere Luft nach Deutschland schieben. Im 850-hPa-Niveau werden im
Südwesten vom IFS erneut bis 24 Grad gezeigt. Aufgrund des gleichermaßen
stärkeren Rückens kommt auch die Kaltfront am Montag nur zögerlich voran.
Während der Norden rasch in der kühleren Luft liegt, überquert die Kaltfront den
Süden nach derzeitigen Berechnungen erst am Dienstag. Entsprechend verbleiben
die Regionen südlich von Mosel und Main auch am Montag in der heißen Luftmasse.


Durch die stärkere Meridionalisierung der Strukturen kann rückseitig der
Kaltfront zum Dienstag und Mittwoch von Norden sehr kühle Luft nach Deutschland
einfließen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die Globalmodelle anderer Wetterdienste (GFS, ICON, GEM, UKMO) simulieren die
großskaligen Luftdruck- und Geopotentialverteilungen bis einschließlich Sonntag
sehr ähnlich. Geringe Unterschiede sind bis dahin nur in der Stärke der
Drucksysteme sowie bei der Amplitude des Troges über dem Atlantik zu
verzeichnen.

Am Montag nehmen die Abweichungen zwischen den Modellen allmählich zu, wobei das
GFS und das EZMW weiter vergleichbare Strukturen zeigen. Lediglich die
Verlagerungsgeschwindigkeit des Troges wird vom GFS im Vergleich zum IFS noch
etwas langsamer prognostiziert. Die Südwestströmung kann beim GFS somit noch
etwas länger anhalten, sodass die Kaltfront zum Dienstag ebenfalls länger
ausgebremst wird. Das ICON beschreibt genau eine entgegengesetzte Lösung, indem
es den Rücken weit nach Süden verlagert und den Trog rasch ostwärts
durchschwenken lässt. Entsprechend kann auch die Kaltfront früher Fahrt
aufnehmen und auch den süddeutschen Raum überrollen. Zudem sind beim ICON
stärkere zyklonale Verhältnisse und entsprechende Niederschlagssignale zu
verzeichnen.

Das GEM und UKMO stützen die Lösungen von GFS bzw. EZMW, sodass die
Entwicklungen beim ICON ab Sonntag derzeit eine Einzelvariante darstellen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen diverser Städte in Deutschland zeigen bei einem geringen Spread
bis einschließlich Sonntag übereinstimmend eine hohe Vorhersagegüte der
Temperatur und der Geopotentialverteilung. Ab Montag nehmen die Unsicherheiten
etwas zu, die Güte der Prognosen ist bis zum Ende des mittelfristigen Zeitraums
aber weiter als gut zu bezeichnen. Die Unterschiede in den Rauchfahnen
beschränken sich über alle betrachteten Lokalitäten auf den Zeitpunkt der
durchschwenkenden Kaltfront und somit des Temperaturrückgangs. Dabei lässt sich
gut erkennen, dass die Kaltfront im Norden schon in der Nacht zum Montag
durchschwenkt, während die größte Anzahl an Membern den signifikanten
Temperaturrückgang im Süden erst am Montagabend bzw. in der Nacht zum Dienstag,
der hochaufgelöste Modelllauf sogar erst im Laufe des Dienstags sehen.
Zudem zeigen die Rauchfahnen, dass mit aufkommender zyklonal geprägter
Südwestströmung sowie mit dem Übergreifen der Kaltfront die Niederschlagssignale
zunehmen.

Die Meteogramme stützen die Ergebnisse der Rauchfahnen und des det.
Modelllaufes. Nach dem Hitzepeak zum Dienstag/Mittwoch wird am Sonntag erneut
ein Hitzehöhepunkt erwartet, bevor zum Wochenanfang die Temperaturen von Norden
her spürbar zurückgehen. Im Norden werden demnach für Dienstag nur noch
Höchstwerte unter 20 Grad prognostiziert. Auch im Süden wird es ab Dienstag,
analog der Meteogramme, schwer die Sommerschwelle von 25 Grad noch zu
übertreffen.

Die Variabilität der großskaligen Luftdruck- und Geopotentialverteilung wird im
Zeitraum +72 bis +96h in zwei Cluster eingeteilt, die beide dem Schema
"Blocking" zugeordnet sind. Insgesamt ergeben sich bei genauerer Betrachtung nur
sehr geringe Unterschiede, die hauptsächlich in einer leicht variierenden Lage
und Intensität der Drucksysteme zu finden sind.

Im Zeitraum +120 bis +168h sind die Strömungsmuster durch fünf Cluster
repräsentiert. Alle Cluster sind dabei zunächst dem Schema einer positiven NAO
zugeordnet und wechseln nahezu komplett zu dem Muster eines atlantischen
Rückens. Die Cluster 1 bis 3 zeigen allgemein vergleichbare
Geopotentialverteilungen, die meist nur wenig, vor allem bei der Ausprägung des
Rückens über Westeuropa, voneinander abweichen. Cluster 1 enthält dabei den
Kontrolllauf und Cluster 3 den Hauptlauf. Diese drei Cluster umfassen 37 der 51
Ensemble-Member. Cluster 4 bremst die Kaltfront auch am Montag noch komplett aus
und verschiebt die Frontalzone weiter in den Norden. Zum Dienstag ähnelt das
Cluster den Ergebnissen von Cluster 3. Cluster 5 lässt den Rücken sehr stark,
sodass der nachfolgende Trog bis zum Dienstag nicht durchschwenkt. Deutschland
würde demnach auch am Dienstag in einer heißen südwestlichen Strömung liegen.
Cluster 3 und 4 zeigen zu ICON vergleichbare Szenarien.

Im Zeitraum +192 bis +240h sind die Unsicherheiten in drei Cluster
wiedergegeben. Dabei zeigen alle Cluster zunächst eine mehr oder weniger stark
ausgeprägte Nordwestströmung und somit die Zufuhr spürbar kälterer Luft. Bei
Cluster 3 soll diese Konstellation bis +240h anhalten, während die Strömung bei
Cluster 1 und 2 zunehmend wieder zonalisiert und vor allem bei Cluster 1 auch
wieder allmählich antizyklional geprägt ist. Aber auch bei den beiden Letzten
genannten Clustern sind heiße Temperaturen außer Reichweite.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der EFI zeigt über den gesamten Zeitraum bis einschließlich Montag vor allem für
den Westen und Süden, teils aber auch landesweit bezüglich des Modellklimas
stark überdurchschnittliche Temperaturen. Ansonsten werden vom EFI keine
Hinweise für außergewöhnliche Wetterereignisse gegeben.

Von der Probabilistik gibt es bis einschließlich Sonntag keine Hinweise für
markante Böen oder Niederschläge. Am Montag prognostiziert das EZ-EPS bevorzugt
in der Südhälfte des Landes geringe Wahrscheinlichkeiten bis 10% für Regenmengen
über 25 mm/12h. Aufgrund der Synoptik ist davon auszugehen, dass am Montag auch
kräftige Gewitter auftreten, die mit Starkregen und Sturmböen einhergehen.
Gebietsweise nach derzeitigem Stand auch heftiger Starkregen und schwere
Sturmböen nicht ausgeschlossen werden. Für die Probabilsitik der Mittelfrist
sind die lokalen Phänomene jedoch nur schwierig richtig zu erfassen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW-EPS, op. EZMW, für TT auch MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel