DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-06-2019 08:01
SXEU31 DWAV 210800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 21.06.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu HNFa. Heute im Süden sowie in Teilen des Ostens einzelne
Gewitter, insbesondere aufgrund von Starkregen lokal Unwetter wahrscheinlich. Am
Samstag im Süden weiterhin gewittrig, weiterhin Unwettergefahr durch Starkregen,
teils auch mehrstündig. Ab Sonntag überall Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... liegt Deutschland an der Südostflanke eines Höhentroges mit
Drehzentrum über dem Europäischen Nordmeer. Die Achse des Troges erstreckt sich
aktuell über die Nordsee hinweg Richtung Benelux und Frankreich und wird im
Tagesverlauf über den äußersten Norden Deutschlands hinweg Richtung
Südskandinavien und Ostsee schwenken. Mit dem Trog verbunden ist im
Bodendruckfeld ein Tiefkomplex, der sich von Island bis nach Fennoskandien
erstreckt. Ausgehend von einem darin eingebetteten Tief über Schweden erstreckt
sich eine Kaltfront von Nordost nach Südwest über Deutschland hinweg, etwa von
Brandenburg bis zum Schwarzwald. Sie trennt feuchtwarme Luft im Osten und Süden
des Landes (T850 hPa um 10 Grad) von etwas kühlerer Luft im Nordwesten und
Westen (T850 hPa 9 bis 4 Grad). Aufgrund der nahezu höhenströmungsparallelen
Ausrichtung der Front, kommt diese im Tagesverlauf nur wenig weiter südostwärts
voran. Mit Durchschwenken des Troges nähert sich von Westeuropa ein flacher
Höhenrücken an, sodass die Höhenströmung allmählich antizyklonal gekrümmte Form
annimmt. Zudem hat von Westen aktuell schon Druckanstieg eingesetzt, der sich im
Tagesverlauf weiter fortsetzt. Dabei etabliert sich über Westeuropa ein
abgeschlossenes Hoch, dessen Einfluss bis nach Deutschland reicht. Somit
verhindert Absinken in weiten Teilen des Landes hochreichende Konvektion.
Vielmehr lockert die Bewölkung auf, so dass dann gebietsweise auch längere
sonnige Abschnitte vorstellbar sind.
Präfrontal allerdings, d.h. vom Schwarzwald bis zum Bayerischen Wald und dem
Erzgebirgsraum bis ins östliche Brandenburg können sich in der noch potentiell
instabilen Luftmasse erneut Gewitter entwickeln. Fraglich ist allerdings
inwieweit der äußerste Osten noch betroffen ist, da dort die labile Luftmasse
bis zum Nachmittag weitgehend abgedrängt wird. In den anderen genannten Gebieten
weist die Luftmasse weiterhin einen relativ hohen Gehalt an niederschlagbarem
Wasser auf mit Werten bis 30 mm. Zudem kann dort mithilfe der Einstrahlung
nochmals CAPE bis etwa 800 J/kg generiert werden, mit den höchsten Werten
südlich der Donau. Dynamischer Hebungsantrieb ist zwar kaum mehr geboten,
dennoch werden sich ausgehend vom Bergland einzelne Schauer und Gewitter
entwickeln. Dann kommt es lokal eng begrenzt zu Starkregen, kleinkörnigem Hagel
und stürmischen Böen. Allerdings kann bei schwachen Höhenwinden und somit sehr
langsam ziehender Konvektion das Kriterium für unwetterartigen Starkregen
erreicht werden. Entsprechende Hinweise gibt es diesbezüglich auch seitens
COSMO-D2 EPS. Zudem ist südlich der Donau auch etwas größerer Hagel um 2 cm
denkbar. Außerdem gibt es seitens der hochauflösenden Modelle Hinweise darauf,
dass sich ausgehend vom Allgäu ein Gewittercluster entwickelt, der sich
ost-/nordostwärts verlagert.

Auch im Nordwesten kann es im Bereich des durchschwenkenden Höhentroges einzelne
Schauer geben, auch einzelne kurze Gewitter sind bei CAPE Werten bis 200 J/kg
nicht ausgeschlossen.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen deutschlandweit 20 bis 26, unmittelbar an
der See und im höheren Bergland Werte um 18 Grad.

In der Nacht zum Samstag verlagert sich die Achse des Höhentroges über
Skandinavien weiter nordostwärts. Zwischen dem abziehenden Trog und einem
weiteren vom Atlantik herankommenden Höhentrog kann sich der Höhenrücken über
dem Vorhersagegebiet noch etwas stärken. Das korrespondierende Bodenhoch
verlagert seinen Schwerpunkt Richtung südliche Nordsee und Norddeutschland.
Somit sorgt Absinken vielerorts für Aufklaren sowie ein Abklingen der einzelnen
Schauer und Gewitter. Anders sieht es im äußersten Süden aus, wo nach wie vor
kein Luftmassenwechsel stattgefunden hat. Zudem nähert sich von Südostfrankreich
und dem Alpenraum ein Randtrog. Davon ausgehend kann zwar nur schwache Hebung
auf Deutschland übergreifen. Diese ist aber hinreichend, dass die Konvektion und
damit auch die Gewittertätigkeit ganz im Süden Deutschlands noch nicht gänzlich
zur Ruhe kommen. Dabei bleibt lokal Starkregen weiterhin Thema. In den anderen
Gebieten bleibt der leicht antizyklonale Charakter bestehen. Absinken sorgt für
Aufklaren, im Nordwesten und Westen gibt es einstellige Temperaturminima.


Samstag... bleibt die Nordhälfte Deutschlands im Einflussbereich des von
Mitteleuropa Richtung Großbritannien gerichteten Höhenrückens. Das
korrespondierende Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt von der Deutschen Bucht
Richtung Dänemark. Dabei ist im Norden weiterhin etwas kühlere Luft
wetterbestimmend, die sich aber im Vergleich zum Vortag wieder ein Stück
erwärmen kann. Zudem scheint verbreitet die Sonne.

Der Randtrog schwenkt von Südostfrankreich weiter ostwärts, wobei sich bis
Tagesende von Norditalien bis in den äußersten Süden Deutschlands ein
abgeschlossenes Höhentief bildet. An dessen Nord- und Ostflanke wird recht
markante Hebung generiert, die den äußersten Süden Deutschlands beeinflusst.
Dort setzt leichter Druckfall ein, wobei nördlich der Alpen ein flaches Lee-Tief
entstehen soll. Die instabile Luftmasse, die dort nicht verdrängt wurde und
sogar über der Mitte wieder etwas nach Norden vorankommt weist CAPE-Werte bis
nahe 1000 J/kg auf. Zudem steigt der Gehalt an niederschlagbarem Wasser wieder
an auf Werte bis 35 mm. Insofern nimmt die Gefahr für unwetterartige
Entwicklungen insbesondere aufgrund von heftigem Starkregen im Vergleich zum
Vortag wieder zu. Somit ist im Süden bereits am Vormittag wieder mit Gewittern
zu rechnen. Zudem gibt es Signale, dass sich ausgehend vom Alpenrand aufgrund
fehlender Scherung einzelne Zellen zu einem größeren teils gewittrigen
Regengebiet zusammenschließen. Insofern ist dort gebietsweise auch eine
mehrstündige Starkregenwarnung denkbar, mit Mengen zwischen 20 und 35 l/qm in 6
Stunden. Auf Basis der EPS-Verfahren sin 12-stündig auch regional Mengen über 40
l/qm möglich, wobei nicht zu unterscheiden ist, ob dies mit den anfänglichen
Einzelzellen oder dem Verclustern zusammenhängt. So oder so wird eine Warnung
nur kurzfristig möglich sein. Inwieweit die Schauer- und Gewittertätigkeit auch
Teile der Mitte erfasst, wird derzeit von den Modellen noch unterschiedlich
prognostiziert. Vor allem in Südhessen und Rheinland-Pfalz sind aber einzelne
Entwicklungen nicht ausgeschlossen.

In der Nacht zum Sonntag zieht das Höhentief Richtung Balkan ab und verliert
somit den Einfluss auf unser Wetter. Der Einfluss des Höhenrückens nimmt noch
etwas zu. Das Tief über dem Südosten Deutschlands füllt sich rasch auf,
gleichzeitig weitet sich der Einfluss des Hochs mit Schwerpunkt über der
südlichen Ostsee weiter bis in den Süden Deutschlands aus. Durch den
nachlassenden Hebungsantrieb lässt die Schauer- und Gewittertätigkeit nach. Im
Südosten Bayerns wird sie aber vermutlich noch bis in die Frühstunden anhalten.



Sonntag... tropft vor Westeuropa ein Höhentrog ab. Vorderseitig kann sich der
Rücken über West- und Mitteleuropa weiter kräftigen. Vorderseitig des Troges
wird mit einer südwestlichen Strömung Subtropikluft nach Norden geführt. Über
Westeuropa kommt kräftige WLA in Gang, wodurch dort Druckfall einsetzt, der sich
bis in den Westen und Süden Deutschlands fortsetzt. Sonst ist weiterhin der
Einfluss des Hochs mit Schwerpunkt über der Nord- und Ostsee wirksam. Mangelnder
Hebungsantrieb und kaum vorhandene Labilität sollten hochreichende Konvektion
verhindern, sodass sich verbreitet sonniges Wetter einstellt. Einzig im
äußersten Südosten Bayerns können die Reste der nächtlichen Konvektion noch für
etwas mehr Wolken und anfangs auch noch etwas Regen sorgen. Die Zufuhr wärmerer
Luft macht sich in einem Anstieg der Höchsttemperaturen bemerkbar, die Werte
zwischen 25 und 31 Grad erreichen. Etwas kühler bleibt es noch im Küstenumfeld
bei Werten um 22 Grad.

In der Nacht zum Montag ändert sich an der großräumigen Wetterlage wenig.
Insofern ist eine ruhige, insbesondere im äußersten Westen aber sehr milde Nacht
zu erwarten. Deutschlandweit liegen die Tiefstwerte zwischen 17 Grad am
Niederrhein und 10 Grad in Südbrandenburg.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die betrachteten Modelle prognostizieren die großräumige Wetterentwicklung sehr
ähnlich. Im Detail gibt es noch Unterschiede für den Samstag. Zum einen
inwieweit die Konvektion auch über der Mitte wiedereinsetzt (nach GFS und Euro4
weiter nordwärts ausgreifend als bei ICON und EZMW) und zum anderen bezüglich
der Verclusterung der Gewitter und Bildung eines Starkregengebietes über dem
Süden. Letzteres wird wiederum von GFS und Euro4 nicht unterstützt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Johanna Anger