DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-06-2019 07:01
SXEU31 DWAV 200800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 20.06.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL:
Heute weitere Gewitter, vorrangig im Osten und Süden lokal eng begrenzt mit
Unwetterpotenzial. Ab Freitag nur noch im Südosten und Süden markante Gewitter,
sonst Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... befindet sich Deutschland an der Südostflanke eines
Langwellentroges mit Drehzentrum nördlich von Schottland unterhalb einer recht
glatt konturierten, leicht zyklonal gekrümmten südwestlichen Höhenströmung.
Darin eingebettete kurzwellige Troganteile bieten zwar immer wieder einen durch
PVA generierten Hebungsimpuls, dieser wird allerdings durch schwache KLA
wiederum teilkompensiert, so dass der dynamische Hebungsantrieb insgesamt eher
gering ausfällt.
Im Bodenfeld greift die Kaltfront eines von Südnorwegen nach Mittelschweden
ziehenden Tiefdruckgebietes im Tagesverlauf auf den Nordwesten und Westen des
Landes über, kommt aber nur sehr zögerlich nach Osten voran. Somit verbleiben
weite Teile des Vorhersagegebietes im Einflussbereich potenziell instabiler
Luftmassen subtropischen Ursprungs. Diese sind vor allem im Süden und Osten noch
recht labil geschichtet bei PPW-Werten um oder knapp über 30 mm. Mit der
einstrahlungsbedingten diabatischen Erwärmung können dabei im Tagesverlauf vor
allem im Süden und Osten 500 bis 1000 J/kg ML-Cape generiert werden,
gebietsweise (nach Osten zu) auch etwas mehr. Die Luftmasse ist weitgehend
ungedeckelt, so dass nach Erreichen der Auslösetemperatur geringe Hebungsimpulse
zur Auslöse reichen. Diese sind neben den oben erwähnten kurzwelligen
Troganteilen vor allem orographisch und entlang aus älteren Gewittern
herauslaufender Outflow Boundaries geboten. Bereits aktuell sind im Süden (Alb,
Franken) und in der Osthälfte (Brandenburg) erste kleinere Schauer- bzw.
Gewittersysteme unterwegs, die sich aktuell eher auf einem absteigenden Ast
befinden. Ab den Mittagsstunden nimmt die Neigung zu Schauern und Gewittern wohl
wieder zu. Vor allem im Süden und Osten ist dabei lokal eng begrenzt aufgrund
von Starkregen und vielleicht auch Hagel (zumindest dort, wo mehr als 1000 J/kg
ML-Cape im Angebot sind) Unwetterpotenzial geboten. Sturmböen sind vor allem
dort, wo es vorher noch ein wenig "aufheizen" konnte, aufgrund der inverted
V-Profile auch möglich, allerdings wohl nicht bis in den Unwetterbereich.
Hochreichende Scherung steht nur wenig zur Verfügung und auch das Bodenwindfeld
bzw. die Low Level Shear bieten kaum Potenzial für organisierte Entwicklungen.
Somit kann von einer Vorabinformation voraussichtlich abgesehen werden.
Im Westen und Norden ist die Luftmasse zwar auch leicht labil geschichtet, bei
PPW-Werten meist unter 30 mm und einer ML-Cape von meist unter oder um 500 J/kg
aber mit nicht allzu besorgniserregenden Instabilitätswerten ausgestattet. Vor
allem im Vorfeld der Kaltfront ist allerdings auch ein gewisser dynamischer
Hebungsantrieb geboten, so dass auch dort im Tagesverlauf mit Auslöse zu rechnen
ist. Die Begleiterscheinungen der Gewitter genügen allerdings überwiegend
maximal markanten Warnkriterien.
Insgesamt steht ein recht bewölkter Tag ins Haus, die Sonnenanteile sind wohl im
Südwesten und ganz im Osten noch am höchsten. Die Temperatur in 850 hPa bewegt
sich am Nachmittag zwischen 7 Grad im Nordwesten und 14 Grad in der Lausitz,
somit erreichen die Höchsttemperaturen wohl Werte zwischen 22 und 28 Grad (die
wohl am ehesten ganz im Osten/Südosten, genügend Einstrahlung vorausgesetzt), im
Nordseeumfeld bleibt es bei Werten um 20 Grad.

In der Nacht zum Freitag kommt der Langwellentrog nur wenig nach Osten voran,
immerhin greift dessen Achse auf die Nordsee über. Die Kaltfront nimmt
vorübergehend etwas an Fahrt auf und erreicht Freitagfrüh etwa eine Linie Pfalz
- Lausitz. Im Vorfeld der Kaltfront gibt es weitere Schauer und Gewitter, die
allerdings mehr und mehr abklingen, auch im Osten und Südosten ist ab dem
späteren Abend kaum mehr Unwetterpotenzial geboten. Der Kaltfront folgt eine
deutlich stabiler geschichtete Luftmasse, zudem schiebt sich ein flacher
Bodenhochkeil nach west- und Norddeutschland. Dort lockern die Wolken
gebietsweise stärker auf, wobei sich dann stellenweise Nebel bilden kann. Mit
Annäherung der Trogachse lebt ausgangs der Nacht im unmittelbaren Nordseeumfeld
gebietsweise wieder die Schauertätigkeit etwas auf, Gewitter dürfte es bei einer
MU-Cape von maximal wenigen 100 J/kg aber kaum geben.

Freitag... verlagert der Langwellentrog sein Drehzentrum in das Seegebiet
westlich von Island, die Achse erreicht am Abend die westliche Ostsee. Somit
dreht die Höhenströmung über Norddeutschland eher auf West. Nach Süden zu
fächert sie dagegen im Vorfeld eines zum Abend hin auf Südwestfrankreich
übergreifenden Randtroges etwas auf und nimmt vor allem im Südwesten eine
zunehmend antizyklonale Krümmung an.
Im Bodenfeld kommt die Kaltfront weiter nur langsam nach Südosten voran und
befindet sich abends über Süddeutschland. Präfrontal bleibt die Luftmasse
potenziell instabil und im Tagesverlauf kann mit etwas Einstrahlung vor allem
südlich der Donau erneut etwa 500 bis über 1000 J/kg ML-Cape generiert werden
bei PPW-Werten um oder knapp über 25 mm. Dynamischer Hebungsantrieb ist zwar
kaum mehr geboten, dennoch bieten Kaltfront und auch die Orographie genügend
Hebungsimpulse für die Auslöse. Bevorzugt im Erzgebirge, Thüringer Wald und im
ostbayerischen Mittelgebirgsraum, eventuell auch in den südwestdeutschen
Mittelgebirgen, vor allem aber an den Alpen und im angrenzenden Alpenvorland
gibt es im Tagesverlauf somit erneut Schauer und Gewitter, lokal eng begrenzt
mit Starkregen, kleinkörnigem Hagel und stürmischen Böen. Das Unwetterpotenzial
ist insgesamt geringer als heute, dennoch kann, wenn es ganz blöd läuft, auch
mal unwetterartiger Starkregen nicht ausgeschlossen werden. Abseits der
Mittelgebirge gibt es in der Südhälfte wohl nur vereinzelte Schauer und
Gewitter.
Im Bereich der durchschwenkenden Trogachse kann es im Nordwesten ebenfalls
einzelne Schauer geben, kurze Gewitter (bei einem hochreichenden
Scherungsdargebot von über 20 m/s durchaus auch mit stürmischen Böen) nicht
ausgeschlossen. Im Nordosten und in der Mitte bleibt es aber bei steigendem
Luftdruck weitgehend trocken oder es gibt maximal schwache Schauer.
Mit schwacher westnordwestlicher Bodenströmung gelangt subpolare Meeresluft ins
Vorhersagegebiet, die Temperatur in 850 hPa bewegt sich am Abend zwischen 5 Grad
im Nordwesten und 12 Grad im Südosten. Somit sind - je nach Sonne (die wohl am
längsten im Westen und in der Mitte sowie später im Nordseeumfeld scheint) -
Höchstwerte zwischen 21 und 26 Grad zu erwarten, im Nordseeumfeld bei
auflandigem Wind knapp unter 20 Grad.

In der Nacht zum Samstag verlagert sich die Achse des Langwellentroges ins
mittlere Skandinavien, der Randtrog bzw. das Höhentief über Westfrankreich
erreicht morgens den Süden Frankreichs. Dazwischen kann sich über dem
Vorhersagegebiet ein Höhenrücken verstärken.
Das korrespondierende Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt allmählich zur
Nordsee und nach Norddeutschland. Somit klingen die Schauer und Gewitter auch im
Süden und Südosten rasch ab und die Wolken lockern auf, teilweise ist es gering
bewölkt, örtlich kann sich Nebel bilden. Ansonsten verläuft die Nacht
wettertechnisch ruhig.

Samstag... bleiben der Norden und die Mitte Deutschlands im Einflussbereich des
nach Mitteleuropa gerichteten Höhenrückens, der sich vor allem über
Norddeutschland noch etwas verstärken kann. Das korrespondierende Bodenhoch über
der Nordsee und Dänemark verstärkt sich ebenfalls etwas und bleibt
quasistationär.
Das Höhentief über Südfrankreich verlagert sich bis zum Abend nach Norditalien.
Vor allem an dessen Ost-, aber auch Nordflanke kann aufgrund von PVA recht
markante Hebung generiert werden, die zunehmend auch den äußersten Süden des
Vorhersagegebietes beeinflusst. Dort setzt schwacher Druckfall ein, ICON-EU
simuliert am Abend ein flaches Lee-Tief über dem Alpenvorland. Die dort noch
lagernde potenziell instabile Luftmasse wurde nie komplett verdrängt (die
Kaltfront kam nicht weiter als bis etwa zur Donau voran). Mit etwas Einstrahlung
können erneut gebietsweise mehr als 500 J/kg ML-Cape generiert werden, im
Bereich der Feuchtekonvergenz innerhalb der Tiefdruckrinne steigen die PPW-Werte
auf 30 mm oder knapp darüber. Durch das Hebungsdargebot ist somit recht
frühzeitig mit Auslöse zu rechnen, am ehesten südlich einer Linie
Nordschwarzwald - Bayerischer Wald. Vor allem südlich der Donau werden recht
verbreitet mehr als 10 mm, gebietsweise mehr als 15 mm in 12 Stunden simuliert,
was für eine recht flächendeckende Schauer- und Gewittertätigkeit spricht. Von
kräftigen Einzelentwicklungen (mit größerem Hagel) ist somit wohl eher weniger
auszugehen. Vielmehr rückt der Starkregen in den Fokus, sei es ein-, drei- oder
gar sechsstündig. Unwetterartige Entwicklungen (mehr als 25 mm in einer bzw.
mehr als 35 mm in sechs Stunden) sind nicht komplett ausgeschlossen, sollten
aber eher die Ausnahme darstellen.
Im Rest des Landes steht ein wettertechnisch ruhiger und recht sonniger Tag ins
Haus. Mit der Gradientzunahme frischt der Nordostwind etwas auf, erreicht aber
wohl keine Warnrelevanz. Vor allem in Süddeutschland wird es
niedertroposphärisch wieder etwas wärmer, was sich aufgrund oft stärkerer
Bewölkung aber wohl kaum bodennah bemerkbar macht. Somit liegen die Höchstwerte
erneut zwischen 21 und 27 Grad, die höchsten Werte im Westen und in der Lausitz,
an den Küsten bleibt es bei auflandigem Wind etwas kühler.

In der Nacht zum Sonntag zieht das Höhentief weiter zur nördlichen Adria, der
Höhenrücken über Mitteleuropa kann sich noch etwas verstärken. Die
Tiefdruckrinne über Süddeutschland füllt sich allmählich auf und das von der
Nordsee bis zur südlichen Ostsee reichende Hochdruckgebiet verstärkt sich
ebenfalls etwas. Die potenziell instabile Luftmasse über Süddeutschland wird
zwar nicht verdrängt, der Hebungsantrieb lässt aber nach und auch
tagesgangbedingt kommt die konvektive Aktivität mehr oder weniger zum Erliegen.
Die schauerartigen, zunehmend ungewittrigen Regenfälle ziehen sich allmählich
Richtung Alpen zurück. Dennoch bleibt es im Süden eher bewölkt, während der
Himmel in der Mitte und im Norden vielerorts klar ist. Im Übergangsbereich zur
feuchteren Luft im Süden kann sich Nebel bilden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die aktuell vorliegenden Modelle unterscheiden sich im Kurzfristzeitraum kaum
voneinander. Differenzen gibt es naturgemäß, die Verteilung und Intensität der
konvektiven Niederschläge betreffend. C-D2 gibt am ehesten noch im Bereich der
Schwäbischen und Fränkischen Alb sowie im ostbayerischen Alpengebiet Signale für
mehr als 35 mm/6 h, punktuell allerdings auch in Nordhessen. Andere Modelle
legen den Schwerpunkt eher auf den Nordosten (SuperHD simuliert z.B. über
Brandenburg und Ostvorpommern eine stärkere Entwicklung). Alles in allem ist das
aber wohl zu wenig für eine Vorabinformation.
Am Samstag lässt GFS die Niederschläge ein wenig weiter nach Norden vorankommen
als ICON bzw. IFS.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff