DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-06-2019 17:30
SXEU31 DWAV 041800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 04.06.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In der Nacht zum Mittwoch schwere Gewitter möglich. Auch am Mittwoch und
Donnerstag gebietsweise teils kräftige Gewitter. Am Donnerstag zudem
Luftmassenwechsel.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... macht der markante Langwellentrog, der über dem Nordostatlantik
liegt und von Grönland und dem Nordmeer bis knapp vor die Westküste der
Iberischen Halbinsel reicht, kaum Anstalten, sich nach Osten weiter zu bewegen.
Stattdessen weitet er sich durch einen Randtrog nach Süden aus, im Zuge dessen
zeigt sich dann eine leichte Progression im Südteil des Langwellentrogs. Auf der
Gegenseite hat sich ein Höhenrücken bis nach Skandinavien und Russland
aufgewölbt. Deutschland liegt zwischen diesen beiden Gebilden in einer
süd-süd-westlichen und leicht antizyklonal geprägten Strömung, die nach Osten
hin indifferent wird. Die Frontalzone verbleibt dabei nordwestlich von
Deutschland. Die Gewitter, die sich am Nachmittag in den östlichen und südlichen
Gebirgen gebildet hatten, lösen sich mit dem nachlassenden Tagesgang in der
Nacht zum Mittwoch rasch wieder auf. Darüber hinaus ist innerhalb des
Langwellentrogs ein eigenständiges Höhentief über den Britischen Inseln zu
finden, das mit einem Tief über Südengland korrespondiert. Der Nordwesten
Deutschlands könnte in den ersten Nachtstunden noch in den Einflussbereich des
Tiefs gelangen. Bei ML-CAPE-Werten bis zu 1500 J/kg, PPW's bis 40 mm, hohen
Scherungswerten (sowohl zwischen 0 und 1 als auch zwischen 0 und 6 km) und hohen
SRH-Werten können bei möglichen Schauern und Gewittern heftigen
Begleiterscheinungen mit unwetterartigen Ausmaßen (Starkregen, Sturmböen und
größerer Hagel) auftreten. Selbst Tornados sind nicht auszuschließen, da die
HKN's zum Teil auf unter 1000 m sinken. Aus aktueller Sicht stellt sich die
Frage, ob der Nordwesten überhaupt betroffen sein wird. Etwa 80 % der Modelle
belassen Schauer und Gewitter außerhalb von Deutschland, vor allem Super HD, GFS
und AROME sehen die kräftige Konvektion aber auch bei uns. Vergleicht man die
aktuellen Modellergebnisse mit der Wirklichkeit in dem für uns interessanten
Raum nordöstlich von Paris bis zum Ärmelkanal, so scheinen ICON6-Nest und
Cosmo-D2 die Nase vorn zu haben, während EURO4 dort überhaupt kaum Signale
aufweist und Arome mit der Konvektion zu weit östlich liegt. Noch weiter östlich
hat GFS Signale. Nimmt man also COSMO-D2 und ICON6-Nest als Referenz, passiert
in Deutschland kaum noch was, ausgeschlossen ist aber immer noch nicht völlig,
weshalb die Vorabinformation noch bestehen bleibt. In der zweiten Nachthälfte
verlagert sich das Bodentief dann bereits in die Nordsee und das Potenzial für
Gewitter sinkt deutlich. Im Rest des Landes ist es sowieso nur locker bewölkt
oder klar und trocken. Die Nebelneigung hält sich in Grenzen, zumal es tagsüber
selten geregnet hat und es bei Tiefstwerten von 21 bis 11 Grad mild bleibt.

Mittwoch ... wird der Randtrog im Südteil des Trogs bereits rückläufig und
schwenkt in Richtung Westfrankreich. Die Höhenströmung steilt dadurch noch etwas
auf, wobei der antizyklonale Touch zunächst erhalten bleibt. Durch die Zufuhr
subtropischer Luftmassen aus dem Süden liegen die T850 hPa schon wieder bei 15
bis 20 Grad, sodass in 2 m verbreitet 30 Grad erreicht werden, in Teilen
Brandenburgs sogar bis 35 oder 36 Grad. Etwas kühler mit Höchsttemperaturen
knapp unter 30 Grad bleibt es im Nordwesten und im äußersten Süden. Gewitter
treten nur sporadisch auf, am ehesten entwickeln sie sich aber wieder über den
östlichen und südlichen Gebirgen mithilfe der Orografie. Bei PPW's bis 28 mm ist
lokal Starkregen und bei ML-CAPE bis etwa 1500 J/kg vereinzelt größerer Hagel
möglich. Ebenso bilden sich im Nordwesten einzelne Luftmassengewitter, die
einerseits durch leichte Hebungsimpulse des sich von Spanien nährenden
Randtrogs, andererseits aber durch allmähliche Feuchtigkeitszunahme ausgelöst
werden können. Scherung ist in diesem Bereich vorhanden, sodass konvektive
Umlagerungen auch mal kräftiger ausfallen. Unwetterartige Entwicklungen
bezüglich Starkregen (PPW's bis zu 38 mm) und größerem Hagel (ML-CAPE bis zu
2500 J/kg) sind dabei denkbar. In den meisten anderen Regionen bleibt es bei
häufigem Sonnenschein sowieso trocken.

In der Nacht zum Donnerstag schwenkt der Randtrog unter Abflachung in
nordöstliche Richtung über Frankreich hinweg zu den Britischen Inseln. Das mit
ihm verbundene neue Bodentief, das sich tagsüber über Frankreich bildet, zieht
über Benelux in die Nordsee. Das zugehörige Frontensystem trennt die sehr warme
Subtropikluft von deutlich kühlerer Meeresluft (T850 hPa nur noch 3 bis 8 Grad),
die westlich von ihr lagert. Diese Luftmassengrenze greift im Verlauf der Nacht
auf den Westen Deutschlands über. Kräftige Hebung auf der Vorderseite des
Randtrogs (im Wesentlichen durch PVA) sowie das Herannahen des Frontensystems
lassen im Westen vermehrt Schauer und Gewitter aufkommen. Die entsprechenden
Gewitterparameter suggerieren vor allem für die erste Nachthälfte schwere
Gewitter mit lokal unwetterartigen Entwicklungen, die erneut mit Starkregen,
Hagel und Sturmböen einhergehen können. Tornados sind bei guter Scherung und
niedrigen HKN's auch noch möglich. Unklar ist, wie weit sich die Gewitter nach
Osten hin ausdehnen. Während GFS relativ weit östlich aufgestellt ist und die
Gewitter bis auf eine Linie Münsterland bis zum nördlichen Schwarzwald
vorankommen lässt, ist COSMO-D2 beispielsweise recht defensiv und bezieht nur
die Gebiete bis zu einer Linie Niederrhein - Pfalz mit ein. In der zweiten
Nachthälfte ziehen Tief und Trog bereits in die Nordsee ab und nachfolgende KLA
dämpft das konvektive Geschehen. Die Niederschläge gehen damit häufig in
schauerartigen Regen über. Weiter nach Osten hin ist es meist trocken und locker
bewölkt oder sogar klar. Die Tiefsttemperaturen liegen zwischen 20 und 12 Grad,
im Westen zwischen 15 und 8 Grad. Dort macht sich schon die kühlere Luft
bemerkbar.

Donnerstag ... zeigt der Langwellentrog Abtropftendenzen, sodass er mehr und
mehr zu einem allerdings recht umfangreichen Höhentief mutiert. Der über uns in
der Nacht zuvor hinweggezogene Randtrog gliedert sich unter noch weiterer
Nordverlagerung in dieses Höhentief ein und führt das Bodentief zu den
Shetlandinseln. Das zugehörige Frontensystem verlagert sich währenddessen in den
Osten und Südosten Deutschlands und damit auch das Gewitterpotenzial. Eine
vorgelagerte Konvergenz und etwas Hebung durch einen weiteren um das Höhentief
herumlaufenden Randtrog bilden die Grundlage für eine neue Gewitterlage. Die
CAPE-Werte sind bei bis zu 1300 J/kg nicht überbordend, die PPW's mit bis zu 38
mm aber beachtlich. Scherung und SRH sind dagegen schwach. So sind zwar lokale
Unwetter zu erwarten, ob die Ingredienzien aber für eine ausgewachsene
Unwetterlage reichen, muss noch geklärt werden. Im Westen setzt hinter der Front
Stabilisierung ein, die die konvektive Aktivität unterdrückt, sodass nur noch
vereinzelt Schauer auftreten und zeitweise die Sonne scheint. Die Temperaturen
erreichen im Osten nochmals 25 bis 30 Grad, im Westen dagegen hinter der Front
nur noch 16 bis 22 Grad.

In der Nacht zum Freitag zieht der neue Randtrog des mittlerweile mit einem
Dipol ausgestatteten Höhentiefs über den Nordwesten Deutschlands hinweg in die
Nordsee. Das Tief bei den Shetlandinseln wandert damit noch etwas weiter nach
Nordwesten, das Frontensystem verlässt Deutschland nach Osten und Südosten hin.
Letzte Schauer und anfängliche Gewitter ziehen damit ebenfalls ab. Ansonsten
macht sich leichter Zwischenhocheinfluss bemerkbar, der durch einen flachen
Rücken hinter dem nach Norden ziehenden Randtrog gestützt wird. Damit ist es
meist nur noch locker bewölkt oder klar. Die Temperatur sinkt in der nun überall
einfließenden frischeren Meeresluft auf 14 bis 5 Grad.

Freitag ... wird aus dem Dipol des Höhentiefs sogar ein Tripol. Interessant ist
dabei vor allem das südlichste Drehzentrum, das abends über dem Ärmelkanal zu
finden ist. Zuvor herrscht über Deutschland noch eine antizyklonale
Höhenströmung, in der die warme Subtropikluft aus dem Süden wieder deutlich nach
Norden vorankommt, sodass die T850 hPa wieder auf 10 bis 18 Grad steigen. Durch
den antizyklonalen Einfluss bleibt die Konvektion in der recht trockenen
Luftmasse stark gedämpft, womit der Tag weitgehend heiter oder sonnig verläuft.
Ein wenig Spannung kommt dann am Abend im Westen und Südwesten auf, wenn mit dem
Höhentief über dem Ärmelkanal ein neues Gewittertief entsteht, das uns
allmählich auf die Pelle rückt. Für Details ist es noch zu früh, kräftige
Gewitter scheinen dann aber neuerlich möglich.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Unsicherheiten für die kommende Nacht zum Mittwoch wurden im Text bereits
diskutiert. Ob auch in den nächsten Tagen eine Vorabinformation benötigt wird,
ist an den jeweiligen Tagen zu mit zeitnäheren Modellläufen zu klären.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler