DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-05-2019 17:30
SXEU31 DWAV 251800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 25.05.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Anfangs noch Gewitter im Süden. Von Norden her immer kühler. Nächste Woche
Dauerregen an den Alpen, evtl. Unwetter.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland im Bereich eines Troges, der sich von Skandinavien
bis nach Algerien erstreckt. In diesem, bzw. nahe dessen westlicher Flanke
verlagert sich ein kleines Höhentief südwärts und liegt aktuell über Belgien.
Dieses sorgt auf seiner Vorderseite über Südwestdeutschland durch PVA für Hebung
und damit Labilisierung der Atmosphäre, während auf der Rückseite über dem
Westen und Nordwesten Absinken dominiert. Bodennah liegt unser Land zwischen
Tiefs über Skandinavien und hohem Luftdruck über dem nahen Atlantik in einer
aktuell eher nordwestlichen Strömung. Mit dieser kommt auch eine recht flache
Kaltfront über Deutschland allmählich südwärts voran. Sie lenkt etwas kühlere,
vor allem aber trockenere Luft in die gesamte Nordwesthälfte Deutschlands. Somit
herrscht nur auf der Vorderseite der Kaltfront ausreichend Labilität und Feuchte
für konvektive Umlagerungen, die aktuell vor allem von Baden bis zur Oberpfalz
in vollem Gange sind, sich aber im Vergleich zum Nachmittag schon deutlich
abgeschwächt haben. Auf der Rückseite ist es dagegen stabil und trocken und
somit oft sonnig, allerdings ist eine dichte Stratocumulusdecke in den Norden
und Nordosten gezogen und sorgt dort für sonnenscheinarmes und kühles Wetter.

In der Nacht zum Sonntag zieht das kleine Höhentief südwestwärts Richtung
Provence. Dies sorgt in weiten Teilen Deutschlands (abgesehen vom Südosten) für
Absinken infolge von NVA. Ein weiteres Höhentief schwenkt von der nördlichen
Ostsee nach Mittelschweden und sorgt für die Intensivierung eines Tiefs über
Mittelschweden. An der Warmfront eines weiteren Tiefs, das sich Schottland von
Westen her nähert, läuft eine Welle in die Nordsee. Diese beiden Entwicklungen
sorgen im Norden für eine Winddrehung auf Südwest und leicht zunehmenden Wind.
Im Süden herrscht bei leichtem Zwischenhocheinfluss kaum Wind und in der teils
regennassen Luft kann sich vereinzelt Nebel bilden. Die Konvektion lässt dagegen
rasch nach, da zunehmend das Absinken überwiegt. Nur an den Alpen kann die
Konvektion noch etwas länger andauern. Hier ist auch noch Starkregen (evtl.
mehrstündig) vorstellbar. Die Kaltfront löst sich allmählich auf. Am wenigsten
Wolken gibt es in der Mitte. Im Norden Deutschlands macht sich dagegen schon WLA
auf der Vorderseite der oben erwähnten Warmfrontwelle bemerkbar, so dass dort
zunächst hohe und mittelhohe, später auch neue tiefe Wolken aufziehen. Am frühen
Morgen kann dann auch im Norden Schleswig-Holsteins leichter Regen einsetzen.

Sonntag ... zieht das Höhen- und Bodentief von Mittelschweden in den Finnischen
Meerbusen. Über dem Norden entwickelt sich dann eine recht stramme und glatte
westliche Höhenströmung, während westlich von Italien ein Höhentief liegt. Der
Süden Deutschlands liegt dagegen im Niemandsland dazwischen. Die Warmfrontwelle
löst sich wieder auf und ein weiteres Teiltief des gleichen Komplexes erreicht
im Tagesverlauf die Nordsee. Die Warmfront schwenkt über den Norden Deutschlands
hinweg und die zugehörige Kaltfront erreicht am Abend die Niederlande. Die
beiden Systeme bringen im Norden meist nur leichten, aber länger andauernden
Regen. Dabei sind vor allem Richtung Schleswig-Holstein 5 bis 10 l/qm Regen zu
erwarten. Weiter nach Süden ist es weniger. Der Gradient nimmt im Norden
Deutschlands noch geringfügig zu und der Wind nimmt zudem noch tagesgangsbedingt
zu, so dass an den Küsten verbreitet steife Böen erwartet werden. In einzelnen
exponierten Lagen sind auch stürmische Böen zu erwarten, vor allem Richtung
Ostsee. Auch im küstennahen Binnenland können vorübergehend mal steife Böen aus
Südwest auftreten. Weiter nach Süden hin bleibt der Wind schwächer und die sich
tagsüber bildende Quellbewölkung erreicht aufgrund einer Inversion in 800 bis
750 hPa kaum Mächtigkeit. Somit bleibt es dort niederschlagsfrei. Nur
unmittelbar an den Alpen und ganz im Südosten liegt noch etwas feuchtere Luft,
die vor allem am östlichen Alpenrand auch noch nicht zu stark gedeckelt ist, so
dass es vor allem dort vielleicht noch zu einzelnen Gewittern reicht, ansonsten
bleibt es bei einzelnen inneralpinen Schauern. Euro 4 ist dabei etwas forscher,
siehe unten. In 850 hPa weist die Luftmasse meist 6 bis 8 Grad auf, so dass es
in den meisten Landesteilen bei längerem Sonnenschein für Höchstwerte über 20
Grad reicht, nur im Norden bleibt es unter dichten Regenwolken deutlich kühler.

In der Nacht zum Montag schwenkt ein neuer flacher Trog von den Britischen
Inseln zur Nordsee. Das vorderseitige Tief zieht von der Nordsee zum Kattegat.
Seine Kaltfront schwenkt im Verlauf der Nacht über die Nordwesthälfte hinweg. In
ihrem Bereich ist die Schichtung stabil, so dass es zu stratiformen Regenfällen
kommt, die aber nur leichter Natur sind. Diese erreichen bis zum Morgen in etwa
eine Linie Berlin-Karlsruhe. Rückseitig lockern die Wolken auf, da KLA für
Absinken sorgt. Allerdings sorgt das Einsickern kälterer Luft in hohen Schichten
für eine leichte Labilisierung. Schauer sollte es in der Nacht aber zunächst
nicht geben. Auch vor der Kaltfront gibt es noch eine wolkenarme Zone, während
unmittelbar an den Alpen noch etwas dichtere Quellwolken hängen, aus denen auch
etwas Regen fallen kann. Der Wind schwächst sich im Norden zunächst
tagesgangsbedingt etwas ab, nach Durchzug der Kaltfront fächert dann auch der
Gradient auf. Letzte steife Böen gibt es in der ersten Nachthälfte vielleicht
noch an exponierten Küstenabschnitten. Im Süden bleibt es schwachwindig.

Montag ... kommt der Höhentrog nur wenig nach Süden voran. Auch die Kaltfront
kommt kaum noch nach Südosten voran. An ihr schwächen sich die Niederschläge ab,
kommen aber nicht ganz zum Erliegen. Die Kaltfront erreicht zum Abend
wahrscheinlich gerade mal eine Linie Niederlausitz-Hochrhein. Von der Nordsee
her schwenkt aber im Tagesverlauf ein Bodentrog in die Deutsche Bucht. Das führt
im Nordwesten zu stark auffrischendem Westwind, der am Abend dann von
Ostfriesland her auf Nord dreht. An der Nordseeküste selbst muss mit stürmischen
Böen gerechnet werden, im nordwestdeutschen Binnenland zumindest mit steifen
Böen. Zudem kommt es vor allem Nordseeumfeld auch zu einigen Schauern. Mit dem
Bodentrog gelangt auch kältere Luft beschleunigt nach Deutschland, so das im
Nordwesten in 850 hPa die Temperatur auf 2 Grad zurückgeht. Im Südosten,
vorderseitig der Kaltfront verharren wir dagegen bei 10 Grad. In weiten Teilen
des Landes werden aber 20 Grad wieder überschritten, nur im Norden reicht es
weiterhin nicht. Am Rande des Höhentiefkomplexes über Italien schwenkt ein
erster Kurzwellentrog Richtung Südtirol. Davon ausgehend setzt im Tagesverlauf
im Südosten Hebung ein und in den Gebieten südlich der Donau und im Bayerischen
Wald setzt anhaltender Regen ein.

In der Nacht zum Dienstag weitet sich der Trog von Norden wieder weiter südwärts
aus und der oben erwähnte Kurzwellentrog dissipiert. Gleichzeitig zieht ein
kleiner Höhentiefkern Richtung Slowenien, so dass die Hebung im Südosten
Deutschlands aufrecht erhalten bleibt. Insgesamt stellt sich wieder eine
klassische Trogsituation ein. Bodennah ist der höchste Druck weiterhin westlich
unseres Landes zu finden, östlich davon dagegen der tiefste Druck. Auch im Süden
stellt sich damit nach der windschwachen Situation eine zunehmende nordwestliche
Strömung ein. Damit entsteht im Südosten ein Gebiet mit starker
Richtungsscherung zwischen Südwind in höheren Schichten und Nordwestwind am
Boden. Die Aufgleitniederschläge halten damit an und bis Dienstagfrüh könnten
schon die ersten 25 l/qm fallen. Auch der Osten Sachsens ist dann zunehmend
betroffen. Die Kaltfront bleibt über dem Südosten hängen und deren Niederschläge
verschmelzen mit den Aufgleitregenfällen. Ein ganz flaches Tief über England
sorgt an seiner Vorderseite für etwas Regen, der in der Nacht in den Westen
zieht. Auch in den übrigen Gebieten ist der Himmel in der Nacht meist bewölkt.
Über dem ganzen Land geht in 850 hPa die Temperatur noch etwas zurück.

Dienstag ... weitet sich der Trog von Norden her weiter südwärts aus mit
Trogachse westlich unseres Landes. Dagegen dissipiert das kleine Höhentief über
Slowenien. In der Folge liegt Deutschland in einer leicht konfluenten
Südwestströmung. Mit dem Trog verlagert sich auch das kleine flache Tief von
England aus südostwärts und erreicht den Westen Deutschlands. Dort sorgt PVA für
Hebung und in leicht labiler Atmosphäre für schauerartige Regenfälle. Diese
weiten sich vom Westen auf große Teile der Mitte aus. Im Norden bleibt es
dagegen niederschlagsfrei. Dort zeigt sich auch länger die Sonne. Im Südosten
halten die Aufgleitniederschläge an. Bei einem Temperaturniveau in 850 hPa mit 6
Grad im Südosten und -2 Grad im Norden in Verbindung mit viel Bewölkung und
Niederschlag rückt die 20-Grad-Marke in die Ferne. Es werden nur noch 15 bis 18
Grad erreicht. Der Wind weht dabei meist nur schwach aus westlichen bis
nördlichen Richtungen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Im Großen und Ganzen wird die Lage auch von den externen Modellen ähnlich
simuliert, auch wenn es zur Zeit sehr viele kleinräumige Details gibt, die die
Lage bestimmen.
Morgen ist auffällig, dass Euro4 bis ins Alpenvorland und Baden-Württemberg noch
Schauer und Gewitter simuliert, obwohl z.B. die Temps von ICON in dieser Region
nicht gerade konvektionsverdächtig aussehen.
Am Dienstag fällt auf, dass GFS und IFS eine richtige Vb-artige Lage mit über
dem östlichen Mitteleuropa nordwärts ziehendem Tief simulieren, während bei ICON
kein klar definiertes Bodentief erkennbar ist. Dies hätte dann eher noch höhere
Regensummen zur Folge.
Der Zeitraum der stärksten Regenfälle dürfte dabei in etwa von Montagnachmittag
bis zur Nacht zum Donnerstag gehen. Betrachtet man z.B. den 48-stündigen
Zeitraum von Mo 18 UTC bis Mi 18 UTC erhält man den größten Teil der
Niederschlagssumme. IFS-EPS und ICON-EPS liefern für diesen Zeitraum an den
Alpen zumindest geringe Wahrscheinlichkeiten für mehr als 60 l/qm (Unwetter),
und hohe Wahrscheinlichkeiten für über 40 l/qm. Cosmo-LEPS hat sogar hohe
Wahrscheinlichkeiten für Unwetter und 40 l/qm sind quasi sicher. Die
akkumulierten Summen der deterministischen Läufe zeigen bei IFS und GFS
verbreitet 60 bis über 100 l/qm an den Alpen. ICON ist deutlich zurückhaltender,
aber für eine Ocker-Warnlage reicht es auch. In Richtung Norden nehmen die
Niederschlagssummen rasch ab. In Anbetracht der Vorgeschichte sollte - wenn sich
die Simulationen bestätigen - nicht vor einer Unwetterwarnung gezögert werden
und morgen schon eine Vorabinformation ausgegeben werden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann