DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-05-2019 17:30
SXEU31 DWAV 201800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 20.05.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Süden extremer Dauerregen, sonst gebietsweise ergiebiger Dauerregen. Dazu
Gewitter mit Unwetterpotential durch heftigen Starkregen. Ab Mittwoch
Wetterberuhigung und Ende der Unwetterlage.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... liegen wir im Einflussbereich eines Troges, der sich - negativ
orientiert - vom isländisch-grönländischen Raum ins Mittelmeer und nach
Südosteuropa erstreckt. Ein eingelagertes Drehzentrum befindet sich nordwestlich
der Britischen Inseln, das für uns maßgebliche ist über dem Ostalpenraum zu
finden. Von dort erstreckt sich ein Trog nach Norden, der zur Mitte Deutschlands
westwärts schwenkt, begleitet von Warmluftadvektion und der damit verbundenen
kräftigen Hebung. Das zugehörige Tief im Bodendruckfeld verlagert sein Zentrum
im Laufe der Nacht von der Lausitz in Richtung Franken. Da um das Tief herum
relativ warme, sehr feuchte und potentiell instabile Luft herumgeführt wird,
treten sehr ergiebige Regenfälle auf, in die vor allem im Norden, der Mitte und
nach Osten hin teils kräftige Gewitter eingelagert sein können.
Im Süden sind die Regenfälle eher skaliger Natur, da hier die Labilität durch
die fortgesetzten Regenfälle sehr limitiert ist. Etwas MU Cape bleibt über die
Nacht auch erhalten, so dass weiterhin mit konvektiven Verstärkungen und
einzelnen Gewittern gerechnet werden muss.
Die Modelllage, aber auch die aktuellen Beobachtungen sprechen eine deutliche
Sprache und deuten auf ein extremes Niederschlagsereignis hin.

Bei den konvektiven Verstärkungen werden aktuell an einzelnen Stationen 10 bis
knapp 20 mm pro Stunden gemessen. Die 12 stündigen Mengen avisiert für die
kommende Nacht liegen über der Mitte und dem Süden bei 30 bis 50, im Süden,
staubedingt noch mal deutlich höher und laut ICON bei fast 90 mm.

Die entsprechenden Warnungen sind in Kraft, laufen aber teilweise bis Mittwoch
früh, da die Dauerregenlage morgen tagsüber, an den Alpen bis Mittwoch andauert.
Bis dahin sind im Stau der Alpen exponiert mehr als 150 mm möglich, ansonsten in
einem Streifen über der Mitte bis ins südliche Niedersachsen (bis in den
Dienstag hinein) 40 bis 80 mm Regen.

Dazu kommen dann noch die Gewitter, die vor allem anfangs lokal unwetterartige
Regenmengen (bis 40 mm) in entsprechend kurzer Zeit abladen können, auch
kleinkörniger Hagel und vielleicht auch mal stürmische Böen sind nicht
ausgeschlossen. Im Laufe der Nacht nimmt die Gewitterneigung ab, obwohl sie
nicht ganz zum Erliegen kommen.

Auch abseits der Konvektion frischt der westliche bis nordwestliche Wind an der
Südwestflanke des Tiefs über dem Süden und Südwesten auf und es treten Böen der
Stärke 7 auf. Im Bergland sind stürmische Böen oder Sturmböen, in den Alpen auf
einigen Gipfeln auch schwere Sturmböen zu erwarten.
Am wenigsten passiert ganz im Westen und von Sachsen bis nach Südostbrandenburg.


Dienstag ... wandern Höhentief und Bodentief bis zum Abend weiter nach Osten und
während das Höhentief im Raum Ungarn zu finden dürfte liegt das Bodentief mit
seinem Kern über Westpolen. Der Randtrog verlagert sich zunächst weiter nach
Südwesten, verliert aber an Kontur und lässt sich später kaum noch finden, auch
die Warmluftadvektion verschiebt ihren Schwerpunkt im Tagesverlauf in die
südlichen und östlichen Landesteile und lässt ebenfalls nach. Dabei regnet es
zunächst vom westlichen Niedersachsen bis in den Süden verbreitet und vor allem
über der Mitte und dem Süden auch weiter intensiv mit 20 bis 30, im Süden durch
den Stau vielleicht auch bis 40 Litern pro Quadratmeter tagsüber. Im Norden
zeichnet sich allerdings tagsüber schon ein Nachlassen der Regenfälle ab, so
dass die Warnungen dort auslaufen können.

Abseits der Dauerniederschlagsgebiete werden von Osten her trockenere, aber
weiter warme Luftmassen eingesteuert. Die ppw-Werte gehen dort deutlich zurück.
Übrig bleibt ein Streifen ausgehend von der Oberpfalz und Mittel/Oberfranken,
über Thüringen und Ostniedersachsen bis nach Schleswig-Holstein. In der labilen
Luftmasse sind vor allem über Nordostbayern sowie in Thüringen und Westsachsen
Gewitter mit Starkregen zu erwarten. Die können lokal erneut unwetterartig
ausfallen, besonders durch Starkregen.

Über den Streifen mit der Konvektion sind sich die diversen hochauflösenden
Modelle noch nicht 100%tig einig, so dass Unsicherheiten verbleiben.

Der recht kräftige Gradient an der West-Südwestflanke des Bodentiefs bleibt
zunächst bestehen und es muss mit Windböen gerechnet werden. Vor allem im
Bergland sind exponiert stürmische Böen oder Sturmböen möglich. Als weitere
Konsequenz bleibt aber auch der Nordweststau an den Alpen und nördlich der
Schwäbischen Alb erhalten, mit den erwähnten großen Niederschlagsmengen. Im
Dauerregen des Südens werden die 10 Grad teilweise nur wenig überschritten, im
zumindest regional freundlichen Nordosten sind 23 bis 24 Grad möglich.

In der Nacht zum Mittwoch entfernen sich Bodentief und Höhentief nach Osten. Die
Niederschläge lassen vielerorts nach und die Gewitter fallen sich zusammen. Am
kräftigsten regnet es in Richtung Berchtesgadener Land. Im Westen und Norden
bleibt es nachts schon weitgehend trocken, die Wolkendecke bleibt aber meist
dicht, sollte es mal auflockern kann sich Nebel bilden.

Zudem bleibt der Wind im höheren Bergland stark bis stürmisch, in tiefen Lagen
werden kaum noch Windböen erwartet.

Mittwoch ... entfernen sich Boden- und Höhentief langsam weiter ostwärts,
während gleichzeitig ein neues Höhentief über der westlichen Nordsee zu finden.
Bei flauen Strömungsverhältnissen sowohl in der mittleren, als auch in der
unteren Troposphäre stellen sich leicht antizyklonale Bedingungen ein, zumal
sich auch ein kleines Hochdruckgebiet über Benelux und dem Ärmelkanal aufbaut.

Damit lassen die Niederschläge in Südostbayern deutlich nach und hören in der
Nacht auf Donnerstag auch dort vollständig auf. Auch trocknet es von Westen her
mehr und mehr ab und die Bewölkung lockert auf. Die feuchte Luft zieht sich in
die östlichen Landesteile zurück, wo es bis zum Abend aus starker Bewölkung noch
ein wenig regnen kann. Sonst ist es häufig trocken und die Temperaturen steigen
im Südwesten und Westen bis 20 Grad, gebietsweise auch leicht darüber.

Der Wind weht tagsüber vor allem im Osten und Norden in Böen teils stark, in der
Nacht dann nur noch direkt an der See. Dann kann sich
Hochdruckeinfluss durchsetzen. Warnungen sind bei gebietsweisem Aufklaren
lediglich durch Nebelfelder, die sich vor allem im Süden bilden können, zu
erwarten.

Donnerstag ... wölbt sich zwischen dem abwandernden Trog im Osten und einem
weiteren über der Nordsee und Westeuropa, worin auch das Höhentief über der
Nordsee eingelagert ist, ein schmaler Höhenrücken auf. Dieser weist von
Frankreich über Deutschland nach Nordosten und stützt ein schwaches Hoch im
Bodendruckfeld, dass aber im Tagesverlauf schon wieder schwächelt und seinen
Schwerpunkt abends irgendwo über Süddeutschland hat.

Nach ICON Lesart stünde damit ein ruhiger, warnfreier Tag an. Bei leichtem
Absinken bilden sich ein paar Quellwolken, die Schauerneigung bliebe aber gering
und auch der Wind spielt keine Rolle. Entsprechend der stärkeren Einstrahlung
steigen die Temperaturen dann wieder etwas an.

Allerdings simulieren die externen Modelle den Keil schwächer und etwas nach
Südosten verschoben. Danach lägen wir näher am Trog und mit westlicher bis
südwestlicher Strömung könnte feuchte und instabile Luft eindringen, die im
Westen und Nordwesten wieder für Schauer, vereinzelt auch für ein Gewitter gut
wäre. Auch stärkere Böen an der See und in Schleswig-Holstein wären dann eine
Option.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren weitgehend ähnlich.

Die Dauerregenunwetterwarnungen können über Thüringen und Bayern etwas nach
Osten ausgedehnt werden, falls die anderen Modelle ICON folgen und den
Niederschlagsschwerpunkt etwas nach Osten verschieben. Die Gewitter bleiben
Nowcasting und uns über die Nacht zumindest in örtlicher Form erhalten. Der
Regen im Norden ist eventuell schon früher durch, so dass die Warnungen, die
beispielsweise in Niedersachsen bis Dienstag 12 Uhr laufen, schon früher
aufgehoben werden können.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner