DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-01-2019 09:01
SXEU31 DWAV 110800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 11.01.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang zu NW z

Zunächst über der Mitte örtlich gefrierender Regen, im Süden leichte
Schneefälle, bei etwas zulegendem Wind in einigen Lagen wieder Verwehungen. Ab
Samstagabend in den Alpen, teilweise auch im Vorland wieder unwetterartige
Schneefälle, teilweise Verwehungen, Gefahr von Schneebruch. Im Schwarzwald
vorübergehend starkes Tauwetter. Dazu am Sonntag stürmisch!

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... wird der Vorhersagebereich von einem breiten Höhenkeil beeinflusst,
der vom Atlantik über Deutschland nach Osten reicht. Das zieht zunächst mal nach
ruhigen Wetterbedingen aus, allerdings wird dieser Keil von der Warmfront, eines
in die Barentssee ziehenden Sturmtiefs unterwandert, und die greift im
Tagesverlauf über die Mitte bis nach Süddeutschland aus. Sie verliert immer mehr
an Kontur, sprich: die thermischen Gegensätze in der unteren Troposphäre
verwischen zusehends und das gesamte Ereignis ähnelt eher einem großräumigen
Aufgleiten auf den süddeutschen "Kaltluftkörper".
Daher fallen die stündlichen Niederschlagsraten weiterhin gering aus, jedoch
können während der langsamen Verlagerung der Front im Tagesverlauf in der Mitte
einige Zentimeter Neuschnee fallen (im gelben Warnbereich). Verkompliziert wird
die Vorhersage der Niederschlagsphase durch die von Nordwesten fortschreitende
niedertroposphärische Erwärmung, die (leichte) diabatische Komponente des
Tagesgangs und die schwachen Niederschlagsraten. Dazu kommt, dass sich bei
geringen Gradienten bodennah, in den zentralen Mittelgebirgen hartnäckig
Kaltluftseen halten dürften.
Die Schneefallgrenze steigt von Nordwesten zwar sukzessive vom Tiefland auf 600
bis 800 m an, sie kann jedoch regional auch stark schwanken.
Zum Abend erreichen die skaligen Niederschläge erneut die Alpen. Davor bricht
aber der Alpenstau vorübergehend zusammen und der Tag geht bedeckt, aber trocken
über die Bühne. Zum Abend können die Wolken im äußersten Norden kurzzeitig
auflockern, was mit Annäherung der Kaltfront des o.e. Sturmtiefs zusammenhängen
dürfte.
Die Temperaturen steigen auf 3 bis 8 Grad im Norden und Westen, über die Mitte
liegen sie um 0 Grad oder etwas darüber und im Südosten gibt es Dauerfrost bei
-3 bis 0 Grad.
Der Gradient nimmt mit Übergreifen der Fronten zwar etwas zu, aber lediglich auf
moderatem Niveau. Entsprechend ist der Südwestwind eher schwach unterwegs,
nördlich des Thüringer Waldes und Erzgebirges zeitweise mäßig mit Sturmböen auf
dem Brocken und Fichtelberg, wo Schneeverwehungen anstehen. Auch an den Küsten
sind einzelne 7er, exponiert Richtung Nordfriesland auch 8er Böen nicht
ausgeschlossen.

In der Nacht zum Samstag schmiegt sich die Warmfront an die Alpen, wobei südlich
der Donau mit leichtem Schneefall zu rechnen ist, im Stau der Alpen kann es auch
mäßig schneien, ohne das die Intensitäten an das vergangene Schneeereignis
heranreichen. Die 12-std. Neuschneemengen liegen südlich der Donau bei 1 bis 5
cm und können im Stau vereinzelt 10 bis 15 cm betragen.
Hinter der Warmfront sorgen Höhenkeil und Restfeuchte unter der Absinkinversion
für starke hochnebelartige Bewölkung, aus der zeitweise etwas Sprühregen fällt.
Die Schneefallgrenze pendelt dabei über der Mitte und dem Norden zwischen 400
und 800 m und liegt im Süden tiefer. Das Nordwest-Südostgefälle der Tiefstwerte
bleibt erhalten mit +6 bis +3 Grad im Nordwesten, +3 bis 0 Grad im Norden,
Westen und Osten und leichtem Frost von 0 bis -3 Grad im Süden und entlang der
östlichen Mittelgebirge.
Der Südwest- bis Westwind weht meist schwach, im Harzumfeld, im
Erzgebirgsvorland und südlich der Donau zeitweise auch mäßig mit Sturmböen auf
exponierten Berglagen der östlichen Mittelgebirge.


Samstag... wird am Südrand eines umfangreichen Tiefdruckgebietes über
Skandinavien ein Randtief über die Nordsee zum Kattegat geführt und lenkt eine
Okklusion nach Deutschland. Diese wird allerdings dynamischer simuliert und in
einer zyklonalen Höhenströmung zügig über Deutschland nach Osten bis Südosten
geführt und weist, gestützt durch einen markanten Kurzwellentrog und kräftiger
positiver Vorticityadvektion hochreichend schwache bis mäßige Hebungssignale
auf.
Auch die linke Auszugslage zu einem kräftigen Höhenjet über der Nordsee und
Benelux lässt eine aktivere Frontpassage im Vergleich zur Warmfront erwarten. Ab
dem Vormittag kommt im Nordwesten Niederschlag auf, der sich bis zum Abend in
den
Osten und Süden ausweitet. Im Bereich der Mischluft steigt die Schneefallgrenze
besonders im Westen vorübergehend auf 800 bis 1000 m an, bevor sie zum Abend
auch dort wieder absinkt. Sonst pendelt sie meist zwischen 600 und 800 m. Der
besser strukturierten Front entsprechend fällt der Niederschlag fokussierter,
sodass mit Frontpassage meist 1 bis 5 l/qm Niederschlag, in Staulagen der
zentralen Mittelgebirge auch etwas mehr zu erwarten ist und das innerhalb
weniger Stunden.
Auch präfrontal fallen zunächst gebietsweise, meist aber leichte Niederschläge.
Im Norden fällt meist Regen, über der Mitte sind fast alles Phasen vertreten und
örtlich ist Glatteisregen oder Schnee möglich und nach Südosten hin gewinnt
zunächst der Schnee die Oberhand, wobei dort dann mit dem Tagesgang auch
teilweise Regen fällt. Die Mengen sind aber eher gering, in einigen Staulagen
sind wenige cm Neuschnee drin.
Postfrontal strömt in den Westen und Nordwesten unter dem nachfolgenden Trog
instabile Luft ein, in der einzelne kurze Gewitter möglich sind.

Im Zuge der dynamischeren Wetterlage nimmt der Druckgradient zu, sodass
abgesehen vom Nordosten verbreitet mit mäßigem bis frischem, zeitweise böigem
Südwestwind (Bft 7 in tiefen Lagen) gerechnet werden muss. Im Bergland sind
stürmische Böen, exponiert Sturmböen zu erwarten. Dies betrifft zum Abend
zunehmend die Alpen, wo das Thema Schneeverwehung wieder in den Blickpunkt
gerät.
Die Höchstwerte liegen in der Mitte und im Norden bei +4 bis +8 Grad, im
Mittelgebirgsraum und im Süden etwas darunter. Am direkten Alpenrand verharren
die Höchstwerte um 0 Grad.

In der Nacht zum Sonntag etabliert sich über Deutschland eine nördliche bis
nordwestliche Höhenströmung, die vorübergehend sogar wieder antizyklonaler
aussieht. Die Okklusion kämpft mit Strukturverlust, schafft es aber noch sich an
die Alpen zu legen und sorgt dort besonders oberhalb von 700 bis 800 m für
erhebliche Neuschneemengen, die durchaus 10 bis 20 cm betragen können. Aus
heutiger Sicht gehen die Okklusionsniederschläge zudem beinahe fließend in
skalige Aufgleitniederschläge einer Warmfront über, die im Verlauf der Nacht auf
den Westen und Nordwesten Deutschlands übergreift und mit ihrer Hebung die
kräftigen Stauniederschläge aufrecht erhält.
Auch im Stau des Schwarzwaldes können 10 bis 20 mm fallen und umgemünzt auf den
Neuschnee kann mit 10 bis 20 cm Neuschnee gerechnet werden, in Staulagen und vor
allem oberhalb von 1000 m teils auch mehr. Abseits der
Stauniederschläge verläuft die Nacht bedeckt, zwar ebenfalls mit Niederschlägen,
die aber nicht so kräftig sind, sich aber im Verlauf der Nacht von Nordwesten
auch intensivieren. Meist wird mit 1 bis 5 l/qm, in den Mittelgebirge mit bis zu
10 l/qm Niederschlag gerechnet und das kann für die Hochlagen der zentralen
Mittelgebirge ebenfalls markante
Schneefälle nach sich ziehen. Die Schneefallgrenze liegt nach Osten hin um 600m,
in den westdeutschen Mittelgebirgen könnte sie bis ins Gipfelniveau steigen.
Der West- bis Südwestwind weht im Tiefland abgesehen vom Nordosten mäßig bis
frisch, zeitweise auch böig mit Sturmböen im Bergland. Dies bedeutet für die
Hochlagen der Alpen, den Hochschwarzwald und ggf. auch die Gipfel der östlichen
Mittelgebirge, dass mit teils erheblichen Schneeverwehungen zu rechnen ist. Die
Tiefstwerte liegen im Nordwesten um +4
Grad und sonst zwischen +3 und -2 Grad (im Bergland).


Sonntag... zieht bereits das nächste Randtief über Südnorwegen nach Südschweden.
Der Unterscheid zur Randtiefpassage vom Samstag ist der, dass sich ein kräftiger
Höhenjet direkt nach Deutschland verlagert und auch niedertroposphärisch der
Druckgradient zwischen dem blockierenden Hoch und der Randstörung kräftig
zunimmt. Das blockierende Hoch ist übrigens inzwischen weit von uns weggerückt
und liegt fast 1000 km südwestlich Irlands.

Daher steht deutschlandweit ein stürmischer Tag ins Haus, wobei verbreitet mit
Windböen Bft 7, zeitweise mit stürmischen Böen oder Sturmböen Bft 8 bis 9
gerechnet werden muss. Mögliche Schwerpunkte bei der Windverteilung im Tiefland
können wegen des großen Vorhersagezeitraums noch nicht festgelegt werden, jedoch
scheint sich der Bereich südlich der Donau (geführte Winde) und der Nordwesten
und Norden bei Kaltfrontpassage mit vermehrten 9-er Böen hervorheben zu wollen.
An der Nordsee und im höheren Bergland sind schwere Sturmböen, exponiert auf
einigen Gipfeln auch Orkanböen zu erwarten.

Im Tagesverlauf wird dabei ein allmählich okkludierender Warmsektor über
Deutschland geführt, wobei der kräftige Wind für gute Durchmischung sorgt und
mit der Warmluftadvektion die Schneefallgrenze deutschlandweit auf über 1000 m
ansteigen dürfte, bevor sie abends von Norden nach Passage der Kaltfront wieder
zu sinken beginnt. Bei bedecktem Himmel fällt deutschlandweit verbreitet Regen,
der im Süden, der Mitte und dem Westen verbreitet 5 bis 10 l/qm Niederschlag
bringt (12-std.), in Luvlagen 10 bis 20, exponiert 30 l/qm. Allerdings bestehen
bei den Staumengen Modellunsicherheiten, was besonders an der Geschwindigkeit
des Okklusionsprozesses innerhalb der Numerik liegt, die unterschiedlich
ausfällt.
An den Alpen bedeutet das unterhalb von 1000 m vorübergehend Regen mit starkem
Tauwetter und darüber kräftigen Neuschneezuwachs. In Verbindung mit dem Wind
treten in den Hochlagen erhebliche Schneeverfrachtungen auf und auch in tieferen
Lagen sorgt das Zusammenspiel aus nassem Schnee und auflebendem Wind für erhöhte
Risiken (u.a. umstürzende Bäume). Die Höchstwerte liegen abgesehen vom Süden
zwischen +4 und +9 Grad und südlich der Donau sowie in Richtung östliche
Mittelgebirge und Bayerische Wald zwischen +2 und +5 Grad. Leichter Frost
beschränkt sich nur noch auf die Hochlagen.

In der Nacht zum Montag verlagert sich an der Westflanke des zum Baltikum
ziehenden Tiefs die zugehörige Kaltfront rasch zu den Alpen und darüber hinweg.
In der aus Norden bis Nordwesten einströmenden Kaltluft sinkt die
Schneefallgrenze auf 500 bis 800m Dabei kommt es zu schauerartigen
Niederschlägen, in den entsprechenden Hochlagen zu Schneefällen und bei weiter
in Böen Sturmstärke erreichenden Wind zu starken Verwehungen. In den
Mittelgebirgen sind 10 bis 20 cm Neuschnee zu erwarten, an den stehen 15 bis 30
cm Neuschnee in 12 Stunden auf dem Programm.
Der Nordwestwind weht mit starken bis stürmischen Böen, vereinzelt sind
Sturmböen möglich. An der See und im Bergland kommt es schweren Sturmböen,
teilweise zu orkanartigen Böen und exponiert sind auf einigen Gipfeln weiter
Orkanböen dabei.

Modellvergleich und -einschätzung
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Der grobe Ablauf der Strukturen wird von allen Modellen ähnlich simuliert.
Unterschiede wurden teilweise im Text schon angedeutet und liegen beispielsweise
im Okklusionsprozess am Sonntag, der sich maßgeblich auf die Schneefallgrenze im
Süden auswirkt. IFS simuliert den Okklusionsprozess rascher und lässt die
Schneefallgrenze deutlich weniger ansteigen, als ICON.
Für die Südwestdeutschen Mittelgebirge, vor allem dem Schwarzwald, können
vorübergehend Tauwetterwarnungen (Sonntag, siehe Dargebot im SNOW4) nötig
werden. Obwohl die Schneefallgrenze auch im Südosten vorübergehend steigt, fällt
das gros der Niederschläge als Schnee. Ab Samstagabend bis in den Montag hinein
sind vor allem am Alpenrand (eventuell auch im Bayerischen Wald) wieder
erhebliche Neuschneemengen zu erwarten, um 50 cm, teilweise an die 80 cm, so
dass wieder Unwetterwarnungen fällig werden können. Entsprechende
Vorabinformationen werden am Vormittag ausgegeben.
Bei wieder stürmisch auffrischendem Wind (vor allem zum Sonntag) sind wieder
vermehrt Schneeverwehungen zu erwarten (oberhalb 800 bis 1000m), bei nassem
Schnee, teilweise Regen nimmt darunter die Gefahr von Schneebruch stark zu.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner