DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-01-2019 09:30
SXEU31 DWAV 040800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 04.01.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: NWa/z (Mittelding zwischen Nordwest zyklonal und antizyklonal)

Anfangs nur leichte Niederschläge, im Süden meist Schnee. Ab Samstag im Süden
trotz steigender Schneefallgrenze weitere, sich intensivierende Schneefälle, an
den Alpen Unwetter! Gefahr von Verwehungen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... liegt Deutschland weiterhin zwischen einem stationären Hoch (ANGELA,
etwas über 1040 hPa) über Westeuropa und tiefem Luftdruck über Teilen Ost- und
Nordeuropas. Ähnlich sieht die Potenzialverteilung aus, die von einem
veritablen, bis hoch zur Grönlandsee reichenden Rücken über den nahen
Ostatlantik und einem von der Barentssee bis zur Großen Syrte reichenden Trog
gekennzeichnet wird. Ausgehend von einem Tief bei Spitzbergen bildet sich über
Finnland an der zugehörigen Okklusion in den nächsten Stunden ein Teiltief
(ANDRE), das bis Tagesende via Finnischem Meerbusen zum Baltikum zieht. Die
Warmfront des Tiefs passiert den Norden und Osten Deutschlands südostwärts,
wodurch sich mildere Luftmassen weiter nach Süden vorarbeiten können. Trotzdem
bleibt der thermische Gradient groß, am Abend liegt die 850-hPa-Temperatur in
der Südhälfte zwischen -5 und -8°C, weiter im Norden zwischen 0 und -5°C und in
Teilen der Norddeutschen Tiefebene gar im leichten Plusbereich.
Die frontalen Niederschläge breiten sich im Laufe des Tages von NW her bis in
die mittleren Landesteile aus, wobei es in tiefen Lagen überwiegend regnet oder
nieselt, anfangs lokal mit Glatteisgefahr. Nach Osten hin sowie im
Mittelgebirgsraum, wo es allgemein noch kälter ist als im Nordwesten kann es
anfangs bis in tiefe Lagen schneien, ohne dass davon aber viel liegenbleibt. In
den östlichen Mittelgebirgen hingegen kann akkumuliert über 12 h bis 5 cm, im
Erzgebirge exponiert auch etwas mehr Neuschnee zusammenkommen, wobei die
Schneefallgrenze allmählich auf etwa 400 m steigt. In den weiter westlich
gelegenen Mittelgebirgen fällt nur wenig Schnee (Glättewarnung reicht).
Etwas schneien wird es heute - abgesetzt von der Warmfront - auch im Osten und
Süden Bayerns sowie im östlichen BW, allerdings ohne großartigen
Neuschneezuwachs. Den meisten Schnee gibt es mit bis zu 10 cm im Stau der Alpen
(nach Osten mehr als im Westen), sonst sind es zwischen Alpen und Bayerischem
Wald etwa 5 cm und weiter nördlich noch weniger. Weitgehend niederschlagsfrei
bleibt es im Südwesten und Westen, und auch im äußersten Norden passiert nach
Abzug des morgendlichen Nieselregens nicht mehr viel. Dort besteht dann sogar
die zarte Hoffnung auf ein paar Aufhellungen oder mal eine Wolkenlücke. Während
die Temperatur an der Nordsee auf 8°C hochgeht, bleibt sie im Süden und Südosten
häufig in Gefrierpunktnähe. Dauerfrost hält sich in Lagen oberhalb etwa 600 m.
Eins fehlt noch, ach ja, der Wind. Aus NW, im Süden eher aus W kommend erreicht
er an der Nordsee und im küstennahen Binnenland, bedingt auch an der westlichen
Ostsee in Böen Stärke 7 Bft, exponiert auch mal ´ne 8 Bft. Ansonsten wird die
untere Warnschwelle in tiefen Lagen meist verfehlt, dafür gibt auf den Bergen
(Oberharz, Erz- und Zittauer Gebirge, ostbayerische Mittelgebirge, Alpen)
Sturmböen 8-9 Bft, auf dem Brocken später auch 10 Bft.

In der Nacht zum Samstag wird mit der nördlichen Höhenströmung ein flacher
Randtrog über Skandinavien südwärts gesteuert. Vorderseitige PVA greift dabei
auch auf Teile des Vorhersageraums, wo sich zudem die weiterhin andauernde WLA
(scheint Perpetuum-mobile-Charakter zu haben) noch etwas verstärkt. Am Morgen
reicht die Spanne der 850-hPa-Temperatur von -6°C am Alpenrand sowie an der
Grenze zur Schweiz und +4°C über Sylt. Es kommt zu weiteren Niederschlägen, die
aus den genannten Gründen ebenfalls an Intensität zunehmen. Am wenigsten davon
fällt im äußersten Norden und Nordosten, im äußersten Südwesten sowie
grundsätzlich im Lee der Mittelgebirge. Ansonsten fällt im Norden durchweg
Regen/Nieselregen bis hoch in den Oberharz. In den zentralen und westlichen
Mittelgebirgen steigt die Schneefallgrenze bis in die Kammlagen bzw. darüber
hinaus, im Erzgebirge und im Thüringer Wald auf 600 bis 800 m. Dort können bis
Samstagfrüh noch mal 5 bis 10 m, lokal (Erzgebirge) auch bis zu 15 cm fallen.
Weiter südlich, wo sich trotz zögernder Milderung noch immer recht kalte Luft
hält, fallen die Niederschläge überwiegend in der festen Phase. Bis zum Morgen
stehen dabei 1 bis 5 cm, im Bergland (fränkische Mittelgebirge, Bayerischer
Wald) sowie am östlichen Alpenrand bis zu 10 cm (exponierte Staulagen vielleicht
noch etwas darüber) auf der Karte.
Der westliche bis nordwestliche Wind legt im Laufe der Nacht etwas zu, besonders
in einem von der Nordsee bis nach Südostbayern gerichteten Korridor. Dabei
treten an der Nordsee Böen 7-8 Bft, im Bergland je nach Exposition 7-9 Bft, auf
dem Fichtelberg und dem Brocken sowie einigen Alpengipfeln im Osten 10 Bft auf.
Ansonsten sind einzelne 7er-Böen im Tiefland im Wesentlichen exponierten und
freien Lagen vorbehalten. Eine Ausnahme bilden das östliche Alpenvorland sowie
Teile Niederbayerns, wo der westliche Wind häufiger die 7er-Schwelle reißt. Dort
sowie allgemein in höheren Lagen nimmt die Gefahr von Schneeverwehungen zu.
Im Süden sowie in höheren Lagen gibt es leichten Frost, sonst bleibt es
überwiegend frostfrei.

Samstag... tut sich nicht viel an der Potenzialverteilung, auch wenn sich der
Höhenrücken tendenziell etwas abschwächt bzw. in seinem Nordteil graduell in
Richtung Skandinavien "kippt". Wichtig für den Vorhersageraum ist die Tatsache,
dass sich gesamttroposphärisch eine relativ glatte nördliche Strömung einstellt,
die orthogonal gegen die Alpen gerichtet ist, so dass sich dort eine
signifikante Staulage einstellt. Hinzu kommt die Tatsache, dass sich die
stärkste WLA (also im Sinne der Omegagleichung) in den äußersten Süden des
Landes verschiebt, was den genannten Staueffekt noch verstärkt.
Bodennah beginnt Hoch ANGELA etwas zu schwächeln (ade 1040 hPa), während Tief
ANDRE (um 1005 hPa) sich via Belarus gen Ukraine orientiert. Damit kommt die
Warmfront weiter nach Süden voran, bevor später die Kaltfront von der Ostsee auf
den Nordosten übergreift. Bis zum Abend steigt T850 auf -2 bis 0°C, einzig
Richtung Alpen und Hochrhein bleibt es noch etwas kälter, was nicht unerheblich
für den Verlauf der Schneefallgrenze ist. Die bleibt nämlich an den Alpen und im
südlichen Vorland so tief, dass es bis ganz nach unten durchweg schneit.
Akkumuliert man die Schneemengen von Samstagfrüh bis Sonntagabend, kommt man
etwa auf Mengen zwischen 20 und 50 cm, in Staulagen (vor allem nach Osten hin 80
cm). Nimmt man die zwar schwächer werdenden, aber immer noch signifikanten
Schneefälle bis incl. Montag noch dazu, kommt man am östlichen Alpenrand auf
über einen Meter Neuschnee satt.
Ansonsten kommt es am Samstag in der Südhälfte zu Niederschlägen, die sich
tendenziell aber mehr und mehr Richtung Alpen verlagern. Die Schneefallgrenze
steigt im Zug der andauernden WLA und recht guter Durchmischung weiter an auf
600 bis 800 m, was bedeutet, dass der Schneefall im nördlichen Alpenvorland
vielleicht bis runter in den Münchner Raum in Regen oder zumindest in die sehr
nasse Schneephase übergeht. Bis Sonntag früh können im Hochschwarzwald und der
Alb 10 bis 30, im Schwarzwald punktuell sogar um 40 cm Neuschnee fallen, im
Bayerischen Wald sind es 10 bis 20 cm.
Blickt man auf die Regionen vom zentralen Mittelgebirgsraum nordwärts bis hoch
zur Küste, passiert wettermäßig nicht allzu viel. In der Mitte fällt vor allem
im Bergland zeitweise noch etwas Niederschlag, und das meist als
Regen/Nieselregen. In Norddeutschland bleibt es weitgehend niederschlagsfrei,
von SH bis nach MV lockert die Wolkendecke hier und da sogar etwas auf.
Thema Wind, der bleibt in dem o.e. Korridor (Nordsee bis Süd-/Südostbayern)
zunächst noch prominent unterwegs (aus NW, im Süden um W) mit Böen 7 Bft (nicht
verbreitet, vor allem exponiert), an der Nordsee und im Bergland 8 Bft, in Kamm-
und Gipfellagen bis zu 10 Bft. Südlich der Donau treten vor allem auf
bayerischer Seite häufiger Böen 7-8 Bft auf, bevor der Wind am Nachmittag
(Nordwesten) und Abend (Süden) allmählich nachlässt. Damit nimmt auch die Gefahr
von Schneeverwehungen ab, was in Teilen des Alpenvorlands aufgrund der
zunehmenden Durchfeuchtung des Schnees noch forciert wird. Dafür könnte das
Thema "Literseilschwingungen" nicht nur auf der Agenda sondern auch in der
Praxis auftreten, und auch Schneebruch ist bei der nassen Schneebeschaffenheit
nicht von der Hand zu weisen.
Die Temperatur hält sich nur noch unmittelbar an den Alpen sowie in höheren
Lagen um 0°C, sonst geht es hoch auf 1 bis 6°C südlich der Mittelgebirgsschwelle
und b is zu 9°C im Norden und Nordwesten.

In der Nacht zum Sonntag erreicht das Tief die Ukraine, die Kaltfront überquert
die östlichen Landesteile südwestwärst, wobei sie mit erheblichen
Auflösungstendenzen zu kämpfen hat. Rückseitig wird nichtsdestotrotz wieder
etwas kältere Luft herangeführt, an Oder und Neiße geht T850 auf -6 bis -9°C
zurück. Damit sinkt auch wieder die Schneefallgrenze im Osten und Südosten,
allerdings fällt dort auch nicht mehr allzu viel Niederschlag. Der tritt
besonders im Süden und Westen auf. Im Hochschwarzwald kommen noch mal 10 bis
lokal 20 cm zusammen, am Alpenrand sowie im südlichen Vorland 10 bis 30 cm.
Der Wind lässt weiter nach, stürmisch bleibt es lediglich auf einigen
Alpengipfeln. Frost ist nur im Bergland sowie lokal an der Grenze zu Polen ein
Thema.

Sonntag... verlagert sich der nördliche Teil des Höhenrückens über Skandinavien
noch etwas nach Südosten. Gleichzeitig etabliert sich über Südosteuropa
innerhalb des Troges ein eigenständiges Drehzentrum. Unter dem Strich verbleiben
wir unter einer nördlichen Höhenströmung, die aber an Stärke einbüßt. Weitere
Einbußen muss auch der Druckgradient auf der Ostflanke der immer noch robusten
ANGELA hinnehmen. Nur auf einigen Alpengipfeln treten anfangs noch Böen 8 Bft
aus NW bis N auf.
Ansonsten stellt sich in der unteren Troposphäre ein starker thermischer
Gradient zwischen West und Ost ein, am Mittag liegt T850 bei +1°C an der Grenze
zu "Oranje" und etwa -9°C in der Lausitz. An den Alpen schneit es mit
nachlassender Intensität weiter, bis zu 25 cm (nach GFS sogar noch mehr) kommen
in exponierten Staulagen 12-stündig noch dazu. Ansonsten schneit und regnet es
in der Westhälfte sowie in Teilen der Mitte, während es Richtung Osten und
Nordosten meist trocken bleibt (incl. einiger Wolkenlücken). Die
Schneefallgrenze pendelt sich zwischen 500 und 800 m ein. Ob im Schwarzwald und
auf der Alb noch markante Mengen auftreten (10 bis 15 cm/12 h), ist noch nicht
sicher.
Die Temperatur erreicht Maxima zwischen 0°C am Alpenrand und bis zu 8°C in
Ostfriesland.

Modellvergleich und -einschätzung
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Keine Frage, die Wetterlage heute und am kommenden Wochenende ist spannend
(zumindest in einigen Bereichen), aber auch eine Herausforderung. Teile des
Warnmanagements wurden in der Frühkonferenz sowie in bilateralen Gesprächen
besprochen. Am dicksten kommt es an den Alpen sowie im südlichen Vorland (siehe
Text).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann