DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-06-2016 09:00
SXEU31 DWAV 100800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 10.06.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: NWa (Nordwest antizyklonal), später Übergang zu einer Mischung aus Ws
(südliche Westlage) und TB (Tief Britische Inseln).

Heute ruhiger Tag mit etwas Wind an der Küste sowie im angrenzenden Binnenland.
Am Wochenende von SW her wieder feuchter mit schauerartigen Regenfällen und
Gewittern, vor allem im S gebietsweise Stark-/Dauerregengefahr.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... befindet sich Deutschland zwischen einem umfangreichen Höhentrog über
Nordeuropa und einem langgestreckten Höhenrücken, der vom westlichen Mittelmeer
via Frankreich bis hoch nach Grönland reicht. Während sich der Trog im
Tagesverlauf in zwei Drehzentren aufsplittet (1x Karelien, 1x mittlere Ostsee)
und somit retrograd wird, kommt der südliche Teil des Rückens unter Abschwächung
noch etwas nach Osten voran. Dabei stützt er eine vergleichsweise schwache, von
einem Nordmeerhoch sich südwärts erstreckende Hochdruckzone (um 1015 hPa, später
sogar etwas darunter), die aber potent genug ist, weiten Teilen Deutschlands
einen ruhigen und trockenen Freitag zu bescheren. Einzig im Osten und Nordosten
- am Rande eines von Schweden zum Baltikum ziehenden Tiefs - gestaltet sich der
Tag etwas zyklonaler, für mehr als ein paar vereinzelte schlappe Schauer, wenn
überhaupt, sollte es dort aber nicht reichen.
Ansonsten scheint vor allem im S und SW häufig die Sonne, während in den übrigen
Regionen eine Mischung aus Sonne und unterschiedlich dichter Bewölkung auf dem
Zettel steht. In Norddeutschland reicht es in der einfließenden maritimpolaren
Luftmasse meist nur zu 15 bis 20°C, sonst werden 19 bis 24, im SW örtlich bis zu
25°C erreicht. Bliebe noch der Wind anzusprechen, der aus NW kommend von der
schleswig-holsteinischen Nordseeküste bis hinüber zum Oderhaff sowie ins
angrenzende Binnenland ausgreifend böig auffrischt mit Spitzen 7 Bft, exponiert
ganz vereinzelt 8 Bft, Tendenz im Laufe des Nachmittags und Abends von Westen
her nachlassend.

In der Nacht zum Samstag verlagert sich das Höhentief von der mittleren Ostsee
zu den baltischen Staaten, wodurch sich das dort mittlerweile angekommene
Bodentief noch etwas intensiviert. Für unseren Raum spielt das aber keine große
Rolle mehr, sieht man mal davon ab, dass die rückseitig des Tiefs in den N und
NO einfließende Polarluft (T850 etwa 1-4°C) abtrocknet und zunehmend
kontinentalen Charakter annimmt. Dadurch sinkt nicht nur die
Schauerwahrscheinlichkeit sondern auch die Temperatur, die verbreitet in den
einstelligen Bereich zurückgeht. In einigen trockenen und für Abkühlungseffekte
anfälligen Gebieten dürfte vereinzelter Bodenfrost nicht in allzu weiter Ferne
sein, was bei den derzeit kurzen Nächten schone eine ordentliche Leistung ist.
Während also nach N und NO hin eine zunehmende Abtrocknung zu verzeichnen ist,
geht es nach W und SW zu in die andere Richtung. Von Frankreich her nähert sich
ein Randtrog, der nicht nur den vorgelagerten Rücken mehr und mehr "abhobelt",
sondern darüber hinaus weiteren Druckfall am Boden induziert, so dass die bis
dato präsente Hochdruckzone einer sich über Süddeutschland etablierenden Rinne
weicht. Dabei gelangt in den SW wieder feuchtere und potenziell instabile Luft,
in der es vor allem in BW zu schauerartigen Regenfällen kommt. Ob es auch schon
für ein Gewitter reicht, ist zwar nicht besonders wahrscheinlich, aber auch
nicht ausgeschlossen.

Samstag... erreicht der o.e. Randtrog unter deutlicher Abflachung die mittleren
Landesteile, während sich am Nachmittag über der Nordsee ein ebenso flacher
Rücken aufwölbt. Unter dem Strich bedeutet das eine deutlich auffächernde
Höhenströmung über Deutschland, aus der keine nennenswerten dynamischen Prozesse
herauszuholen sind.
So richtet sich unser Blick auf die Tiefdruckrinne, die sich von Süden her noch
etwas nach Norden bis etwa in die Mitte ausweitet. An ihrem Nordrand lässt sich
eine Kaltfront detektieren, die zu dem Tief über dem Baltikum gehört und die die
stabile und trockene Polarluft (T850 < 5°C) im Norden von der feuchteren und
potenziell instabilen Luft weiter südlich trennt. Wie labil bzw. potenziell
instabil diese Luftmasse wirklich sein wird, darüber herrscht seitens der
Numerik noch kein Konsens. COSMO-EU z.B. simuliert ziemlich verhaltene
ML-CAPE-Werte im äußersten Süden, die kaum über 200 J/kg hinaus kommen. GFS und
auch WRF hingegen sehen mehr Potenzial mit z.T. über 500 J/kg, und das auch
weiter nach Norden ausgreifend.
Lange Rede, kurzer Sinn, im Bereich der Rinne sowie an ihrem Nordrand kommt es -
unterstützt durch die konfluenten Windstrukturen - zu Hebungsprozessen ergo
Niederschlägen, die häufig schauerartig über die Bühne gehen und mit Gewittern
durchsetzt sein können. Bei PPWs von 25 bis 30 mm und flauen
Strömungsverhältnissen besteht durchaus die Möglichkeit von Starkregen (auch
6-stündig und nicht zwingend an Gewitter gebunden), was vor allem von
COSMO-DE-EPS von 03 UTC favorisiert wird, während seitens COSMO-LEPS und
ECMF-EPS nur schwache Signale kommen. Auch die verschiedenen deterministischen
Modelle zeigen hinsichtlich Positionierung und Intensität der Regenfälle (noch)
kein einheitliches Bild, was ebenfalls die nördliche Begrenzung der
Niederschläge betrifft (C-EU z.B. bleibt ziemlich weit im Süden, während die
meisten anderen Modelle zumindest Teile des Mittelgebirgsraums erfassen).
Tatsache aber ist, dass große Teile Nord- und Ostdeutschlands einen sonnigen
oder nur locker bewölkten und trockenen Samstag erleben werden, an dem sich die
von ihrem Ursprung kühle Luftmasse aufgrund der hohen Einstrahlungswerte
gegenüber heute etwas erwärmen kann auf 17 bis 22°C (bei Seewind etwas
darunter), während sonst auch nur 18 bis 23°C, bei wiederholtem Regen eher
weniger auf der Karte stehen.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich der Westteil der Tiefdruckrinne etwas
nach Norden, so dass diese am frühen Morgen diagonal von NW nach SO über
Deutschland verläuft. Damit nimmt die Regenwahrscheinlichkeit im W und NW zu,
substanzielle Mengen werden dort von der Numerik aber nicht angeboten. Die
höchsten Mengen werden weiterhin im Süden, speziell Richtung Alpen und
Südschwarzwald simuliert, wobei allerdings nach wie vor eine nicht unerhebliche
und für ein belastbares Warnmanagement (evtl. Stark-/Dauerregen) wenig
zuträgliche Heterogenität der Prognosen zu konstatieren ist. Von daher ist es an
dieser Stelle auch wenig sinnvoll, die ganzen Zahlen der verschiedenen Modelle
auseinanderzudividieren - beim nächsten Lauf sieht es ohnehin wieder anders aus.

Im Norden und Osten wird die Nacht bei leichtem Hochdruckeinfluss gering bewölkt
oder klar und kühl mit verbreitet einstelligen Tiefstwerten. Ob es irgendwo für
0°C oder leichten Frost in Erdbodennähe reicht, ist aber fraglich.

Sonntag... zonalisiert die Höhenströmung über dem Vorhersageraum zusehends,
wobei - bei allerdings recht schwacher Grundströmung - kurzwellige
Trog-Keil-Strukturen ostwärts schwenken. Im bodennahen Niveau weitet sich nicht
nur die Tiefdruckrinne auf große Teile des Landes aus - nur der NO verbleibt
noch unter leichtem Hochdruckeinfluss -, auch die feuchte und potenziell
instabile Luftmasse breitet sich weiter nach Norden aus. Mit Ausnahme des NO und
O steigt das PPW auf 25 bis 30 mm und ML-CAPE zumindest im Süden gebietsweise
auf etwas über 500 J/kg. Somit sind weitere, vielfach schauerartige und teils
gewittrige Regenfälle, lokal auch kräftige Gewitter der Preisklasse "markant"
(Starkregen, kleinkörniger Hagel, stürmische Böen) vorprogrammiert, die nun ein
größeres Areal erfassen als am Samstag. Zum Teil kann es auch zu
nicht-gewittergebundenem Starkregen kommen, wobei eine detaillierte räumliche
Zuordnung von heute aus de facto nicht möglich ist. Allerdings lässt sich
zusammenfassend feststellen, dass die am Wochenende wiederholten und auch in der
Nacht zum Montag noch andauernden Regenfälle im Süden gebietsweise eine länger
andauernde (eher 48h statt 24 h) Dauerregenwarnung bedingen könnten, auch wenn
der Regen mal unterbrochen ist. Prädestiniert wären nach jetzigem Stand - auch
auf Basis probabilistischer Verfahren - der Südschwarzwald und das Allgäu.
Allerdings soll in gleichem Atemzug noch mal betont werden, dass die Entwicklung
derzeit noch einige erhebliche Unsicherheiten birgt, was ganz klar auch in den
Niederschlagsprognosen der Numerik zum Ausdruck kommt. Von daher ist es absolut
legitim, das detaillierte Warnmanagement noch etwas nach vorne zu schieben, die
bestehenden Möglichkeiten aber in den entsprechenden Bulletins und
Wetterberichten abzubilden.
Trocken respektive weitgehend trocken bleibt es am Sonntag in Teilen O- und
NO-Deutschlands. Die Tageshöchsttemperatur liegt meist zwischen 17 und 23°C, bei
längerem Regen im Süden auch darunter.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die grobe Entwicklung wird von den einschlägigen Modellen ähnlich gesehen. An
den Details gilt es noch einiges zu feilen, was im Text bereits angerissen
wurde.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann