DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-08-2018 16:30
SXEU31 DWAV 281800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 28.08.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Eine Kaltfront bringt am Mittwoch in der Südhälfte Gewitter

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... wölbt sich über Mitteleuropa ein Höhenrücken zwischen einem
Atlantiktrog und einem abziehenden Trog über Osteuropa auf. In Deutschland ist
unter Hochdruckeinfluss bei 850-hPa-Temperaturen von 6 °C im Norden und 11 °C im
Süden eine mäßig warme Luftmasse wirksam. Unterhalb einer markanten
Absinkinversion auf 850-hPa haben sich Cumuluswolken ausgebreitet und sich zu
einer kompakten SC-Decke entwickelt. Diese löst sich von Süden her immer mehr
auf. Abgesehen vom äußersten Norden bleibt die Nacht klar.

Mittwoch ... schwenkt der atlantische Trog weiter nach Osten und erreicht mit
seiner Achse Frankreich und Benelux, sodass im Westen Deutschland auf der
Vorderseite verbreitet Hebung einsetzt, die von Südwesten her zu Labilisierung
und zu Druckfall führt. So zieht Trogvorderseitige eine Tiefdruckrinne von
Frankreich und Benelux nach Deutschland herein. Sie liegt gegen Mittag über den
Westen Deutschland. Zudem dreht die Strömung auf Südwest, wodurch feuchte und
warme Luft von Südfrankreich vor allem im Süden und Südwesten advehiert wird.
Die 850-hPa-Temperatur steigt in der Südhälfte auf über 15 °C, sodass dort
wieder Höchsttemperaturen von über 30 °C zu erwarten sind.
Durch die Hebung und Advektion von feuchter Luft können sich bis zum Nachmittag
in der Südhälfte 500 - 1000 J/kg CAPE aufbauen. Die hochauflösenden Modelle WRF
(SuperHD) und AROME rechnen am Nachmittag im Südwesten mit ersten Gewittern an
der Tiefdruckrinne, die schnell verklustern und sich in Multizellenlinien
ostwärts ausbreiten. Bei Auslösetemperaturen von 30 °C scheint dieses Szenario
als plausibel. COSMO-D2 ist diesbezüglich etwas zurückhaltender, rechnet aber
auch einzelne Gewitter in der Tiefdruckrinne.
Hauptgefahr geht von Starkregen aus. Diesbezüglich können lokal die
Unwetterschwellen gerissen werden. Aber auch Sturmböen können besonders nach
Bayern hin aufgrund des relativ großen Spreads auftreten (inverse V-Struktur in
den Prognosesoundings). Da die vertikale Windscherung fehlt, sollte sich die
Organisation der Gewitter in Grenzen halten und, sodass größerer Hagel wohl die
Ausnahme bleibt.
Der zweite Gewitterschwerpunkt liegt an einer Kaltfront, die im Laufe des Abends
auf den Westen übergreift und in der ersten Nachthälfte die Mitte erreicht. Auch
hier ist mit Multizellenlinien zu rechnen. Nach Norden hin, gehen die Gewitter
mangels CAPE in lokal kräftigen, schauerartig verstärkten Regen über.
In der Nacht zum Freitag entwickelt sich die Tiefdruckrinne zu einem
abgeschlossen Tief, dass mit seinem Zentrum Richtung Ostsee zieht. In seinem
Bereich fällt noch schauerartig verstärkter Regen im Nordosten. Die Kaltfront
selbst zieht nur langsam weiter nach Osten und liegt am Donnertagmorgen über der
Südosthälfte. Der zugehörige Trog schwächt sich allmählich ab, sodass im
Zusammenhang mit nur geringen CAPE-Werten die Gewitteraktivität in der Nacht
somit deutlich nachlässt, sodass im Osten keine markanten Entwicklungen mehr zu
erwarten sind. Nur im Südosten können größere Cluster für mehrstündigen
Starkregen sorgen.


Donnerstag ... zieht die Kaltfront über dem Südosten mit schauerartigen
Niederschlägen südostwärts ab. Richtung Niederbayern wird von einigen Modellen
noch schwache Labilität (MU-CAPE ~ 300 J/kg) berechnet, sodass dort noch einige
schwache Gewitter möglich sind. Ansonsten zieht die vorlaufende Tiefdruckrinne
über Polen und verliert ihren Einfluss auf unser Vorhersagegebiet.
Rückseitig der Kaltfront liegt Deutschland unter dem Einfluss des sich weiter
stark abschwächenden Troges. Bodennah rückt von Westen her bereits wieder ein
Hochdruckgebiet nach, das sich über Groß-Britannien in die Nordsee ausbreitet.
Die Bodenströmung dreht dadurch weiter auf Nordwest, wodurch maritime Polarluft
(850-hpa-Temperatur ~ 6 °C) einfließt. An der See sind wegen stärker werdenden,
auflandigen Windes auch einzelne kräftige Böen der Stärke 7 zu erwarten.
Durch den zunehmenden Bodenhocheinfluss setzt selbst im Trogbereich wieder
starkes Absinken ein. Dadurch bildet sich eine Absinkinversion auf etwa 800 hPa.
Die Bildung von Schauern sollte dadurch unterdrückt werden. Allerdings breiten
sich wieder Cumuluswolken an der Inversion aus, wodurch es in den meisten
Gebieten stärker bewölkt bleibt.


Freitag ... kommt der Höhentrog noch weiter ostwärts voran, sodass er mit seiner
Achse über dem Westen Deutschlands liegt .Er amplifiziert sich dabei etwas. Im
Zuge eines Abtropfprozesses kommt es über dem südlichen und östlichen Alpenraum
zu einer schwachen Zyklogenese. Das daraus resultierende, flache Bodentief, das
sich Freitagmittag über Oberösterreich befindet, verlagert sich nur sehr zögernd
ostwärts und füllt sich ab der Nacht zum Samstag allmählich auf. An dessen
Nordwestflanke hat sich eine "Gegenstromlage" über dem Süden und Osten Bayerns
eingestellt (südwestliche Höhen- und nördliche Bodenströmung), die dort ab
Freitagmittag für länger anhaltende in manchen Modelle auch konvektiv
verstärkten Regen sorgt, der auch die Nacht zum Samstag hindurch anhält und
gebietsweise auch warnrelevante Mengen bringen kann.
Der Rest des Landes bleibt unter dem Einfluss des Bodenhochkeils. Dabei bleibt
noch die von Norden her eingeströmte maritime Polarluft mit 850 hPa-Temperaturen
zwischen 4 Grad im Nordwesten und 10 Grad im Südosten wetterbestimmend.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Niederschlagsentwicklung bleibt am Freitag im Süden noch ziemlich unsicher.
Ansonsten bestehen keine größeren Modellunterschiede, sodass die Vorhersage bis
auf die Details bei den Gewittern als relativ sicher gilt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christian Herold