DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-05-2016 21:00
SXEU31 DWAV 261800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 26.05.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zustrom labiler Luftmassen, zunehmende Gewittertätigkeit mit steigendem
Unwetterpotenzial

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... reicht ein nach Osten gerichteter Trog eines Höhentiefs über dem
Ostatlantik bis nach Mitteleuropa. Zwischen einem weiteren Cut-Off-Tief über
Osteuropa und dem atlantischen Tief wölbt sich ein Höhenrücken über dem
Mittelmeer, Italien bis nach Süddeutschland auf. Die Nordhälfte Deutschlands
wird in der Höhe von einem nordostwärts ziehenden Kurzwellentrog beeinflusst,
der ein IPV-Maximum über Nordosttschechien aufweist. In seinem Einflussbereich
haben sich dichtere Cu-Felder gebildet.

Im Bodendruckfeld sind weite Teile Deutschlands schwach zyklonal geprägt. Es
lässt sich nur ein schwacher Gradient ausmachen. Auffälligste Struktur ist eine
Konvergenz im Nordosten Deutschlands, die nun zunehmend unter das Hebungsfeld
des Kurzwellentroges kommt. Dadurch setzt dort etwas Labilisierung ein. Die
dadurch von den Modellen simulierten Schauer und Gewitter wurden jedoch nicht
ausgelöst.

Im Süden fließt allmählich feuchtere und labilere Luft ein. Die 1200-UTC-
Soundings zeigen ML-CAPE-Werten um 300 J/kg. Einige Gewitter wurden orografisch
ausgelöst. Bei PW-Werten von 25 - 30 mm und nur schwacher Verlagerung ist lokal
Starkregen möglich. Weitere schwache Gewitter greifen von Frankreich auf das
Saarland und RLP über.

In der Nacht zum Freitag lässt die Gewitterneigung rasch nach. Allerdings zieht
von Frankreich kommend ein Regengebiet auf, das zu einer Warmfront gehört, die
in der Höhe von einem Kurzwellentrog gestützt wird. Am Morgen überdeckt dieses
Regengebiet Teile NRWs, das Saarland, Rheinland-Pfalz und Osthessen. Die
Niederschläge sind vorwiegend an dessen Südrand konvektiv durchsetzt. So kann es
lokal zu Starkregen mit über 20 mm / 3 Stunden kommen. C-DE-EPS gibt dafür in
den letzten Läufen schwache Signale mit Wahrscheinlichkeiten von 10 - 30 %.

Freitag ... am Vormittag zieht die Warmfront mit dem zugehörigen Kurzwellentrog
über die Mitte Deutschlands. Bezüglich der Zugbahn des zugehörigen
Niederschlagsgebietes gibt es noch einige Unsicherheiten. Die meisten Modelle
rechnen den Niederschlagsschwerpunkt am Mittag zwischen Thüringer Wald und Harz.


Südlich der Warmfront fließt von Südwesten her bodennah sehr feuchte und labile
Luft ein. Am Alpenrand steigt die 850-hPa-Temperatur bis 15 Grad. Zusätzlicher
Feuchteeintrag liefert das abziehende Regengebiet an der Warmfront. Des Weiteren
soll die Wolkendecke langsam auflockern. Die hoch aufgelösten Modelle simulieren
zwischen Alb und der Mittelgebirgsschwelle etwa 700 - 1200 J/kg ML-CAPE. Diese
Region liegt am Nordrand eines schwachen Windmaximums in mittleren Höhen. Die
DLS beträgt etwa 15 bis 20 m/s. Über dem Süden Deutschlands wird ein schwach
konvergentes Bodenwindfeld simuliert, sodass der Bodenwind südlich der Warmfront
in den meisten Modellen aus östlichen Richtungen berechnet wird. Dies führt zu
einem Anstieg der SRH in einem Streifen von RLP über Südhessen, nördliches BaWü
bis nach Franken. WRF berechnet hier eine SRH von etwa 200 m^2/s^2.

Von der Höhe her gibt es nur einen relativ schwachen Antrieb. Die Auslösung wird
von den meisten Modellen für die späten Nachmittagsstunden berechnet. Nach WRF
sollen Gewitter über RLP ausgelöst werden, die dann eine stärkere Superzelle
hervor bringen, welche über Südhessen Richtung Franken und später Richtung
Oberpfalz und Bayerischer Wald ausschert.

Nach derzeitigem Stand sollte die Hauptaktivität am späten Nachmittag bzw. Abend
in einem Streifen von Saarland/RLP über Südhessen und Franken liegen, später
dann über Nordbayern, etwa nördlich der Donau und eventuell Südsachsen. In
diesem Bereich sind kräftige Zellen, auch Superzellen mit schweren Sturmböen,
größerem Hagel und Starkregen möglich. Im Alpenvorland ist eine Auslösung von
Gewittern fraglich, da leichter Föhn und der Höhenkeil die Luftmasse etwas
deckeln.

Größere Unsicherheiten in dieser Entwicklung bestehen noch in Bezug auf die
Zugbahn und Intensität des Regengebiet am Vormittag und wie schnell die
Bewölkung dahinter auflockert. Euro4 lässt es sogar an diesem Regengebiet über
Sachsen stärker auslösen.


Samstag ... steilt sich der Langwellenrücken über dem östlichen Mitteleuropa auf
und der vom Ostatlantik-Höhentief zunächst südwärts weisende Trog schwenkt zur
Iberischen Halbinsel. Seine Achse liegt am Tagesende über Nordspanien und dem
westlichen Mittelmeer. Bei insgesamt abnehmender südwestlicher Höhenströmung
sind um 24 UTC die Isohypsen über Deutschland leicht antizyklonal gekrümmt, bei
quasi nicht vorhandener Vorticityadvektion.

Im Bodendruckfeld wird Deutschland zyklonal bestimmt. Die Warmfront liegt über
dem Norden von Deutschland und bildet eine Welle an einem schwachen Tief über
den Niederlanden.

Große Teile Deutschlands sind von der feuchtwarmen Luft überflutet worden. Die
CAPE Werte sind mit verbreitet 1000 - 1500 J/kg noch etwas höher, als am Vortag.
Die DLS ist im Norden mit 10 - 15 m/s relativ schwach, während sie im Süden
besonders am Abend zunimmt. In der Nordhälfte besteht nur ein schwacher Deckel,
sodass Konvektion voraussichtlich gut ausgelöst werden kann und sich rasch
kräftige Zellen bilden, die zu Multizellen verclustern. Die Hauptgefahr geht
dabei von heftigem Starkregen aus. ICON und GFS rechnen die Hauptaktivität an
der Warmfront in einem breiten Streifen über dem Norden und Nordosten, während
WRF dort weniger Aktivität sieht. Im Süden, wo die Scherung höher ist (DLS 15-20
m/s), besteht noch ein etwas stärkerer Deckel. Dort können sehr kräftige auch
etwas isoliertere Zellen auftreten. Später dreht der Bodenwind im Süden auf Ost.
WRF rechnet mit einem Anstieg der SRH bis 150 m/s. Was wieder einzelne
Superzellen möglich macht, die von WRF auch so für die späten Abendstunden für
den Südwesten berechnet werden. Diese sollen dann in der Nacht zu einer Linie
verclustern.

Bezüglich der genauen Vorhersage bestehen allerdings noch größere
Unsicherheiten. Auch werden die Auswirkungen der Gewitter am Vortag eine Rolle
spielen. Gemeinsamkeit aller Modelle ist jedoch, dass ein hohes
Unwetterpotenzial besteht. Bei diesem hohen potenziellen Energiegehalt ist es
wahrscheinlich, dass die Gewitter die Nacht zum Sonntag überdauern.


Sonntag ... kommt der Trog weiter östlich voran. Die Höhenströmung dreht auf
Süd. Vorderseitig des Langwellentroges simulieren die Modelle ein
Tiefdruckgebiet mit Zentrum über Deutschland. Dies zieht von Südosten her weiter
feuchte und labile Luftmassen heran. Die 850-hPa-Temperatur liegt zwischen 12
und 15 Grad. Bei CAPE-Werten von 1000 - 1500 J/kg muss weiterhin von
unwetterartigen Gewittern ausgegangen werden. Die meisten Modelle, vor allem
ICON berechnen bereits am Vormittag einen Gewittercluster bzw. die Reste eines
Gewitterclusters aus der Nacht über dem Südwesten und der Mitte Deutschlands.
Auf weitere Details soll hier nicht eingegangen werden, da die genaue
Entwicklung aufgrund der Vorgeschichte (Gewitter am Vortag) und Modellsprüngen
noch zu unsicher ist. Allerdings könnte sich nach derzeitigem Stand an der
Nordflanke des Tiefs über Ostdeutschland eine kräftigere Unwetterlage andeuten,
wenn der Bodenwind dort auf östliche Richtungen drehen sollte.


Modellvergleich und -einschätzung
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Modellunterschiede wurden bereits im Text erwähnt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christian Herold