DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-02-2018 09:01
SXEU31 DWAV 240800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 24.02.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNFz

Sehr kalt, verbreitet Dauerfrost. Im Südwesten und Nordosten lebhafter Wind. Im
Nordosten Schnee, Verwehungen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... heute liegt Deutschland auf der Vorderseite eines Höhenrückens, der
vom nahen Ostatlantik bis zum Nordmeer reicht. Im Laufe des heutigen Tages und
in der Nacht zu Sonntag zeigt dieser eine zögerliche retrograde Verlagerung.
Damit bewegt sich das eingebettete, grob in Nord-Süd-Richtung orientierte
Höhenhoch, welches aktuell noch vor der Westküste Norwegens liegt, zögerlich
westwärts und reicht in der kommenden Nacht von Island bis zum Nordmeer. Im Zuge
dieser Verlagerung kann ein Langwellentrog, der aktuell noch über Osteuropa
liegt, ebenfalls etwas weiter nach Westen ausgreifen, so dass der Nordosten
unseres Landes in seinen Einflussbereich gelangt. Damit sinken dort die
Temperaturen in 500 hPa von etwa -26 heute früh auf -37 Grad morgen früh, was
dort für eine Labilisierung der Schichtung sorgt. Vorderseitig des Rückens
erkennt man im Bodendruckfeld über Skandinavien ein ausgedehntes Hoch mit
Schwerpunkt über Lappland. Es greift nach weit nach Süden aus und beeinflusst
maßgeblich weite Teile Ost-, Südost- und Mitteleuropas. An seiner Süd- bzw.
Südostflanke liegt fast ganz Deutschland in einem anhaltenden Zustrom kalter
Luft aus Osteuropa. In der Folge sinken die 850er Temperaturen in Verlauf des
heutigen Tages und der Nacht im Westen von etwa -2 auf etwa -10 Grad, im
Nordosten von -10 auf -15 Grad, was am Tage Höchstwerte zwischen 7 (Oberrhein)
und -2 Grad (Sachsen, Lausitz) erwarten lässt, während in der Nacht erneut
überall leichter, mäßiger oder strenger Frost auftritt. Die bodennahe
Strömungskomponente im Ostseeumfeld ist eine auflandige. Zusammen mit der durch
die KLA verstärkte diabatische Hebungsunterstützung und die angesprochene
innertroposphärische Labilisierung kommt es im erweiterten Ostseeumfeld damit
vermehrt zu Schneeschauern, insbesondere in der Nacht zu Sonntag. Das sehen alle
Modelle in mehr oder weniger starker Ausprägung. Am Tage werden dabei zumeist
nur geringe Niederschlagsmengen simuliert, in der Nacht dagegen sowohl bei der
deutschen Modellkette als auch bei EZMW und GFS um 2 mm in 6 Stunden, was 2 bis
3 cm Neuschnee entsprechen würde. Lokal dürfte es auch etwas mehr werden, EURO4
simuliert in der Spitze bis zu 7 mm Niederschlag, und mehr dürfte der insgesamt
doch sehr trockenen Luft kaum abzuringen sein. Bezüglich der Druckverhältnisse
ist noch anzumerken, dass sich im äußersten Süden ein Tief über dem Mittelmeer
bemerkbar macht. Weniger wegen der etwas feuchteren Luft, die dort eingesteuert
wird und in den Modellen am Alpenrand noch mit ein paar Flocken quittiert wird,
sondern mehr wegen des dort schärferen Gradienten. Somit sind vom Wind vor allem
2 Regionen betroffen. Zum einen der Nordosten, wo sich die ageostrophische
Windkomponente bemerkbar macht. ICON und seine Derivate sehen ebenso wie EZMW
vor allem an der Küste Vorpommerns die Gefahr von Böen Bft 7, und die
Probabilistik (z. B. PEPS, COSMO-LEPS) schlägt mit Wahrscheinlichkeiten von bis
zu 100% in die gleiche Kerbe. Zum zweiten werden der Süden und Südwesten sowie
höhere Mittelgebirgslagen stark vom Wind betroffen sein. In tieferen und
mittleren Lagen sollen dort Böen Bft 7 auftreten, in höheren Lagen auch Böen Bft
8 und 9, auch hier deuten ICON, EZMW und die Wahrscheinlichkeiten in diese
Richtung. COSMO-DE fällt etwas aus dem Rahmen. Es deutet an der Ostsee kaum
warnwürdige Böen an, dafür arbeitet es im Süden (Schwarzwald, Alb) die
Spitzenböen etwas feiner heraus, und steht damit im Einklang mit MOSMIX, das auf
den höchsten Gipfeln des Südwestens durchaus die Bft 10 oder sogar 11 für
möglich hält. Der Wind lässt im Tagesverlauf und in der Nacht zu Sonntag
allmählich nach.

Sonntag... ändert sich die Trog-Rücken-Konstellation in der Höhe nicht
grundlegend. Allerdings greift der nordosteuropäische Langwellentrog weiter nach
Süden und nach Westen aus. Seine Achse, zu Tagesbeginn noch von Nordwestrussland
in Richtung Ungarn gerichtet, greift weiter nach Südwesten aus, nach ICON soll
sie am Montagmorgen bis in den Alpenraum und nach Oberitalien, laut EZMW bis zur
nördlichen Adria reichen. So oder so, auf der Nordwestflanke des Troges wird
weiterhin kalte bis sehr kalte Luft nach Mitteleuropa geführt. So sollen die
850er Temperaturen nach ICON am Montagmorgen zwischen -14 und -19 Grad liegen,
die 500 hPa Temperaturen um -38 Grad, was am Boden dann fast überall zu einer
Dauerfrostsituation führt. Da auch im Bodendruckfeld (erwartungsgemäß) keine
durchgreifende Änderung zu erwarten ist, bleib auch beim Wind bis in den
Nachmittag alles beim Alten. Im Nordosten einzelne 7er Böen, im Südwesten je
nach Höhenlage Bft 7 bis 9. Da dort der Gradient aber am Nachmittag deutlich
auffächert, klingt der Wind dann deutlich ab, und warnwürdige Böen sehen die
Modelle (EZMW, deutsche Modelle, Probabilistik) unisono nur noch in exponierten
Lagen des äußersten Südwestens (etwa vom Allgäu bis zur Saar). Dafür lebt der
Wind im Küstenumfeld, also auch an der Nordsee, in der Nacht wieder bis zur
Stärke 7 auf. Hier wird dann auch die Schneesituation etwas interessanter. Durch
die zunehmend kältere Luft verstärken sich die Temperaturgegensätze zwischen dem
Wasser und der Atmosphäre, wodurch sich die diabatische Triggerung verstärkt.
Die Konvektion selbst ist nicht sehr hoch reichend, ICON rechnet sogar eine
kräftige Inversion in etwa 700 hPa. Wenn man in diesem Umfeld hingeht und die
Verlagerungsgeschwindigkeit der Schauer mit dem Geopotentialgradienten in 850
hPa abschätzt, dann erkennt man eine raschere Verlagerung als am Vortag. Die
Modelle reagieren darauf mit einem weiteren Ausgreifen der von der Ostsee
kommenden Schneeschauer ins Landesinnere. Alle Modelle deuten zumindest schwache
(teils sehr schwache) Niederschläge bis nach Westfalen und zum Harz an. Hier ist
aber sicher ein Fragezeichen angebracht. An der Ostsee sollten die Niederschläge
aber tatsächlich intensiver sein als am Vortag, in der Spitze simulieren die
Modelle etwa das Doppelte (ICON, EZMW und GFS bis zu 4 mm in 6 Stunden) des
Vortags, sollten punktuell noch größere Mengen zusammenkommen, dann könnten die
Mengen das Kriterium des mäßigen Schneefalls erreichen (mehr als 5 cm in 6
Stunden). In diesem Zusammenhang muss auch die Möglichkeit von Verwehungen
angesprochen werden, ist dort der Wind doch lebhaft mit Böen Bft 6 bis 7.

Montag... ist weiterhin nicht mit einer durchgreifenden Änderung der
synoptischen Lage zu rechnen. Der Höhenrücken wird vor allem westlich der
Biskaya rascher rückläufig, so dass sich über weiten Teilen West- und
Nordeuropas ähnlich wie über Deutschland eine nordwestliche Höhenströmung
einstellt. Im Bodendruckfeld ändern sich die Konturen, nicht aber die die
Gesamtkonstellation. Die Temperaturen liegen in einer ähnlichen Spanne wie am
Vortag, was weiterhin eine dauerfrostige Lage erwarten lässt. Der Wind bleibt an
der Ostsee für den gesamten 24-Stunden-Zeitraum, im Südwesten zumindest am Tage
frisch mit steifen oder stürmischen Böen, was erneut alle Modelle und auch die
Ensembles zeigen. ICON, GFS und EZMW simulieren bis in die Mitte hinein
zumindest gebietsweise etwas Schnee, aber auch an den Alpen sagen die Modelle
etwas Schnee voraus, wiederum dem weiterhin vorhandenen Tief über dem Mittelmeer
geschuldet.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Abläufe der kommenden Tage recht ähnlich, kleinere
Unterschiede bezüglich der Intensität und der räumlichen Verteilung des Schnees
sind so, wie man sie erwartet. Die Modellunterschiede - so vorhanden - wurden in
den Texten angesprochen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas