DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-01-2018 11:00
SXEU31 DWAV 160800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 16.01.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Nasskalt und windig, teilweise stürmische Böen, im Bergland schwere Sturmböen.
Im Bergland bei langsam sinkender Schneefallgrenze Schneefälle, Hochlagen
Verwehungen. In Staulagen an den Alpen starke Schneefälle. Nachts stellenweise
Glätte auch in tiefen Lagen. Am Donnerstag Sturmlage wieder unsicherer.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... liegen wir an der Südflanke eines hochreichenden, steuernden Tiefs
zwischen Island und Schottland in einer dank hohem Druckgradienten straffen
westlichen Strömung. Auf der Rückseite eines teilweise okkludierten
Frontensystems wird Meeresluft polaren Ursprungs nach Deutschland geführt. In
ihr treten bei instabiler Schichtung zahlreiche Schauer, vereinzelt kurze
Gewitter auf, die lokal auch kräftig und mit Graupel verbunden sein können. Bei
Temperaturen, die im 850 hPa Niveau auf -3 bis -5 Grad zurückgehen, sinkt die
Schneefallgrenze langsam auf 300 bis 600 m. Im Süden erfolgt die
Kaltfrontpassage nur zögernd (schleifend), die Schneefallgrenze liegt
entsprechend höher, abends bei rund 800 bis 1000m.
Ganz im Osten fällt anfangs Schnee, im SE Bayerns auch gefrierender Regen, der
aber nachlässt und in Regen übergeht.

In Staulagen des Südens (Schwarzwald, Alpen) sind um 20 mm Regen tagsüber zu
erwarten, im Allgäu örtlich mehr. Im höheren Bergland sind durch die
wiederholten Schneeschauer, 5 bis 10 cm Neuschnee möglich. Im Süden oberhalb
1000m auch 10 bis 20 cm Neuschnee. Dabei sind im höheren Bergland
Schneeverwehungen wahrscheinlich.
Der Wind nimmt mit Passage eines Bodentroges wieder zu und erreicht in der Mitte
und im Süden Bft 7 bis 8, exponiert 9, im Bergland sind teilweise schwere
Sturmböen drin, exponiert auch orkanartige Böen und Orkanböen. Im Norden ist die
Windentwicklung deutlich schwächer, dort sind allenfalls bei kräftigen Schauern
Windböen zu erwarten. An der See werden meist starke, bis vereinzelt an der
Nordsee, stürmische Böen erwartet.
Die Luft ist stark erwärmt, so dass es wieder Maxima zwischen 5 und 10 Grad
reicht.

Nachts schwenkt von Westen her ein kurzwelliger Randtrog herein. Die Zufuhr der
kalten Luft verstärkt sich noch. Damit wird die Kaltfront nach Süden
herausgedrängt, es kommt gestützt durch positive Vorticityadvektion zu weiteren
schauerartigen Niederschlägen, die bei kräftigen Schauern und im Süden bis in
tiefe Lagen als Schnee oder Graupel fallen können. Vereinzelt kommt es weiter zu
Gewittern.
Die Temperatur geht im Bergland, vereinzelt aber auch sonst, etwas unter 0 Grad
zurück. Dabei muss mit Glätte durch vorübergehenden Schneematsch oder örtlich
gefrierende Nässe gerechnet werden. Oberhalb 200 bis 400 m sind in Staulagen 5
bis 10 cm Neuschnee möglich, an den Alpen teilweise 20 bis 30 cm. Vor allem über
der Mitte und dem Süden ist es windig mit starken, vereinzelt stürmischen Böen.
Im Bergland muss mit schweren Sturmböen, exponiert mit orkanartigen Böen
gerechnet werden.
Dauerregen ist auch im Süden angesichts der Niederschlagsphase kein Thema mehr.


Mittwoch... zieht der Trog langsam ostwärts ab und rückseitig dreht die, weiter
kräftige, Strömung auf nordwestliche Richtungen. Ansatzweise ist auch ein
flacher Rücken über Westeuropa zu erkennen, der auf uns zu steuert, aber noch
außen vor bleibt.
Es gelangt weiter erwärmte Meeresluft polaren Ursprungs nach Mitteleuropa, die
sehr instabil geschichtet ist. Die Temperatur liegt in 850 hPa bei -5 bis -8
Grad, in 500 hPa nach Osten zu fast bei -40 Grad. Es entwickeln sich damit
verbreitet weitere Schauer und kurze Gewitter, die oberhalb 200 bis 400m als
Schnee fallen. Bei kräftigen Schauern schneit es bis ganz runter. Auch durch
Graupel ist tagsüber vorübergehend Glätte möglich.
Im Bergland sind um 5 cm Neuschnee wahrscheinlich, nach Süden hin in einigen
Staulagen um 10 cm, exponiert am Schwarzwald und in den Alpen auch noch mehr.
Der Gradient zwischen der Hochdruckzone über SW Europa und dem Tiefkomplex
nördlich von und bleibt gut ausgeprägt. An der See und südlich einer Linie etwa
vom Emsland nach Sachsen kommt es zu weiteren starken bis stürmischen Böen,
vereinzelt bei Schauern zu Sturmböen (50 kt in 850 hPa). Im Bergland sind
schwere Sturmböen zu erwarten, exponiert wieder orkanartige Böen.
In Hochlagen sind Schneeverwehungen wahrscheinlich.
Die Temperaturen erreichen nicht mehr die Werte vom Dienstag. Tagsüber liegen
sie zwischen 2 und 7 Grad. Im Bergland gibt es leichten Frost.
Über dem Atlantik entwickelt sich ein Sturmtief, dass abends Irland erreicht mit
einem Kerndruck knapp über 980 hPa (ICON).
In der Nacht zum Donnerstag wölbt sich vorderseitig des in die südliche Nordsee
ziehenden Sturmtiefs ein flacher Rücken auf, der aber kaum wetterwirksam wird,
da von WLA überlaufen. Während die Schauer in den Osten abziehen mit
Glättegefahr bis in tiefe Lagen, breitet sich von Westen kräftige Hebung mit
Niederschlägen auf den Westen, Süden und die Mitte aus. Anfangs fällt bis in
tiefe Lagen Schnee, gebietsweise sind 2 bis 5 cm Neuschnee möglich, im Bergland
teilweise mehr. Zum Morgen steigt die Schneefallgrenze im Westen bis 1000m. Nach
vorübergehender Windabnahme, frischt er von Westen her wieder auf und dreht auf
Süd bis Südwest. In tiefen Lagen sind dann wieder stürmische Böen, vereinzelt
Sturmböen zu erwarten, im Bergland schwere Sturmböen, exponiert Orkanböen.

Donnerstag... zieht das Sturmtief über Norddeutschland nach Osten, etwa über den
Raum Hamburg nach Vorpommern. Das Frontensystem folgt dem, die zugehörige
Kaltfront überquert Deutschland im Tagesverlauf nach Südosten hin und erreicht
abends schleifend die Regionen südlich der Donau. Hinsichtlich der Zugbahn sind
die Modelle weitgehend einig, Intensität und Timing sind noch unsicher. GFS und
ECMWF simulieren die Sturmentwicklung in den letzten Läufen deutlich schwächer!
Das Starkwind-/Sturmfeld breitet sich südlich des Tiefs über Deutschland nach
Osten aus. Während ICON dabei bis in tiefe Lagen orkanartige Böen oder Orkanböen
simuliert, vor allem in einem Streifen von Emsland und nördliches NRW nach
Sachsen-Anhalt, zeigen ECM und GFS etwa 2 Bft niedrigere Böen, also Sturmböen
bis schwere Sturmböen.

Im Bergland dürften orkanartige Böen bis Orkanböen aber ohnehin an der
Tagesordnung sein. An der Kaltfront kann der Oberwind von 50 bis 60 kt in 850
hPa nach unten gemischt werden, entsprechend sind an ihr zumindest orkanartige
Böen nicht ausgeschlossen.
Dazu kommt es verbreitet zu schauerartigen Niederschlägen, die im Warmsektor
vorübergehend bis knapp über 1000m als Regen fallen. Mit der Rückseitig wieder
vorstoßenden Kaltluft sinkt dann die Schneefallgrenze von Nordwesten her wieder
auf 300 bis 500m ab. In Hochlagen sind wieder mehrere cm Neuschnee
wahrscheinlich und durch die stürmischen Böen steigt die Wahrscheinlichkeit für
Schneeverwehungen.
Die Verlagerung der Kaltfront bis in den Süden entspricht der ICON Lösung. ECM
und GFS lassen sie weiter nördlich ins Schleifen kommen. Das beinhaltet die
Option für kräftigere Regenfälle über der Mitte und dem Süden im Bereich unserer
Warnschwellen vor Dauerregen. In Staulagen des Westens und Südwestens sind 30
bis 40 mm in 12 bis 24 h durchaus möglich (siehe v.a. ECM, GFS).
An der Nordflanke des Tiefs kommt es zu länger andauernden Niederschlägen, die
meist als Schneeregen oder Schnee fallen dürften, wenigstens das scheint
einigermaßen sicher. Dabei werden von der Oder bis zur Nordsee von ICON 5 bis 10
mm als Schneeanteil simuliert, gebietsweise über Schleswig-Holstein bis 15 mm.
Ob das wirklich liegen bleibt, ist fraglich, einige cm Neuschnee sind bei
Temperaturen um oder nur wenig über 0 Grad aber durchaus wahrscheinlich.
Immerhin zeigt ICON abends auch eine Gesamtschneehöhe von einigen cm im Norden.
In der Nacht zum Freitag gibt es im Süden an der schleifenden Kaltfront teils
länger anhaltende Niederschläge, wobei die Schneefallgrenze nur zögernd sinkt.
Ansonsten treten in der einströmenden höhenkalten Luftmasse zahlreiche Schauer
und kurze Gewitter auf, die Schneefallgrenze liegt zwischen 200 und 500m. Der
Gadient fächert von Westen her auf, die Böen lassen nach. Es muss im Bergland
mit Schneeglätte, sonst mit Glätte durch örtlichen Schneematsch oder gefrierende
Nässe gerechnet werden.

Modellvergleich und -einschätzung
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Vor allem die Sturmentwicklung am Donnerstag steht wieder auf wackligen Füßen.
Waren sich die Modelle in den gestrigen Läufen noch halbwegs einig, simulieren
die aktuellen GFS und ECM Läufe die Sturmentwicklung deutlich schwächer, als
ihre Vorläufe. Die Zugbahn wird immer noch einheitlich berechnet, beim Timing
hakt es noch, GFS ist am schnellsten. Auch bei den Ensembles lässt sich diese
Entwicklung wiederfinden. ECM EPS ist zurückgerudert, Cosmo Leps nicht! Da die
Unsicherheiten sich vergrößert haben und die Wahrscheinlichkeit für eine schwere
Sturmlage eher wieder gesunken ist, sollte zunächst auf eine Vorabinfo
verzichtet werden. Ansonsten ist die Entwicklung in groben Zügen klar.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner