DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-01-2018 09:00
SXEU31 DWAV 040800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 04.01.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Südliche Westlage (Ws)
Im Schwarzwald und an den Alpen bis zum Freitag Dauerregen und Tauwetter,
teilweise Unwetter. Bis Freitag noch verbreitet starke bis stürmische Böen, auf
den Bergen Sturm- bis hin zu Orkanböen auf exponierten Gipfeln. Samstag
beginnende Umstellung der Wetterlage.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Donnerstag... befindet sich Deutschland innerhalb der recht weit südlich über
den mittleren Nordatlantik und die Britischen Inseln bis in den zentralen
Mittelmeerraum verlaufenden Frontalzone unterhalb einer kräftigen
westnordwestlichen Höhenströmung. Darin eingebettet, schwenkt im Tagesverlauf
ein recht breit angelegter, aber flacher Höhenrücken über das Vorhersagegebiet
ostwärts, gefolgt von einem Kurzwellentrog, der bis Freitag, 00 UTC von
Schottland über die Nordsee nach Dänemark/Norddeutschland zieht. Damit dreht die
Höhenströmung mehr auf West.
Gestützt wird der vorgelagerte Rücken durch kräftige trogvorderseitige WLA, die
- vor allem ab den Nachmittags- und Abendstunden unterstützt durch PVA markante
Hebungsprozesse über dem Vorhersagegebiet generiert.
Im Bodenfeld verlagert sich das ehemalige Sturmtief "Burglind" im Tagesverlauf
von der südlichen zur mittleren Ostsee und füllt sich zusehends auf. Der anfangs
noch scharfe Gradient an dessen Südflanke führt vormittags noch zu starken Böen
im Nordosten und Osten des Landes, fächert aber deutlich auf, so dass der Wind
bereits vormittags weiter abnimmt.
Bereits am Nachmittag greift dann die Warmfront eines mit dem Kurzwellentrog
korrespondierenden Bodentiefs, dass sich von Irland bis Freitag, 00 UTC zur
mittleren Nordsee verlagert und sich vorübergehend noch etwas vertieft, mit
ihrem vorgelagerten Regengebiet auf den Südwesten des Landes über.
Bis zum Abend hat die Warmfront bereits den Westen und Süden des Landes
überquert und im Warmsektor steigen die Temperaturen in 850 hPa auf 2 bis 5
Grad. Entsprechend dürfte die Schneefallgrenze von aktuell etwa 800 m rasch auf
etwa 1800 m steigen, lediglich vormittags kann es in den höheren Lagen der Alpen
und im höheren Bayerischen Wald (dort bis mittags) noch etwas schneien.
Die oben genannten Hebungsprozesse sorgen auch im Warmsektor für verbreitete,
allerdings meist nicht allzu ergiebige Niederschläge. Allerdings führen der hohe
Flüssigwassergehalt der subtropischen Luftmasse in Kombination mit stürmischen
"Höhen"winden (ab 850 hPa um oder über 50 kn) an den Westhängen der
Mittelgebirge, insbesondere des Schwarzwaldes und auch im westlichen Oberallgäu,
zu markanten Stauprozessen. Da die nachfolgende Kaltfront verwellt und sich
diese Regionen auch am Freitag noch im Warmsektor befinden (bei allerdings
allmählich abnehmenden Höhenwinden mit nicht mehr ganz so starkem Stau), dauert
die dadurch verursachte Dauerregen- und vor allem an den Alpen auch
Tauwettersituation bis Freitagabend an.
Vor allem ICON-EU sticht durch recht hohe Mengen in den typischen Stauregionen
(Westhang Schwarzwald, westliches Oberallgäu) hervor und simuliert im Zeitraum
Donnerstag, 06 bis Freitag, 06 UTC dort 50 bis 90 mm, im Oberallgäu teilweise
sogar um 100 mm. GFS hat nicht ganz so hohe Mengen (etwa 40 bis 80 mm als
Maximum) auf der Karte, das IFS des ECMWF simuliert im Südschwarzwald bis an die
100 mm, im Allgäu dafür weniger (bis 40 mm). Wie auch immer - die
schwerpunktmäßig betroffenen Regionen stehen fest und entsprechend wurden die
markanten Dauerregenwarnungen und die Unwetterwarnungen bereits
"scharfgeschaltet". Während die Schneedecke im Schwarzwald unterhalb von etwa
800 bis 1000 m weitgehend abgetaut ist, liegt an den Alpen noch einiges, so dass
hier intensives Tauwetter einsetzt, das für zusätzlichen Niederschlagseintrag
sorgt. SNOW4 simuliert für das Oberallgäu ein 24 Stunden-Niederschlagsdargebot
von 100 bis 130 mm.
Im Warmsektor des Tiefs verschärft sich der Druckgradient wieder deutlich, so
dass der Wind ab den Nachmittagsstunden von Südwesten her auffrischt. Abends
gibt es im Westen und Süden bereits recht verbreitet steife, in freien Lagen
eventuell auch stürmische Böen (Bft 7 bis 8) aus West bis Südwest. Auf den
Bergen muss entsprechend mit Sturm- und schweren Sturmböen (Bft 9 bis 10)
gerechnet werden.
Die Sonne zeigt sich heute am ehesten noch im Norden und Osten sporadisch.
Bereits präfrontal ist es im Einflussbereich der subpolaren Meeresluft recht
mild mit Höchstwerten zwischen 6 und 10 Grad im Norden und Osten. Im Süden und
Westen steigen die Temperaturen dann am Abend in den Niederungen auf über 10
Grad, teilweise bis auf nahe 15 Grad.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich der Kurzwellentrog rasch ostwärts,
dahinter stellt sich eine recht glatt konturierte westliche Höhenströmung ein,
innerhalb der die Warmfront des bis Freitagfrüh zur westlichen Ostsee ziehenden
Tiefs zwar rasch ostwärts, die Kaltfront über Norddeutschland mangels
Schubkomponente aber kaum südwärts vorankommt und verwellt. Der Süden und die
Mitte des Landes verbleiben somit im Warmsektor des Tiefs, während in die
Nordhälfte ein Schwall subpolarer Meeresluft gelangt. Insgesamt nehmen die
Hebungsprozesse mit Abzug des Troges ab.
Die Warmfrontniederschläge verlagern sich rasch über die Osthälfte des Landes
hinweg ostwärts. Im Warmsektor gibt es vor allem im Schwarzwaldstau und an den
Alpen weitere Regenfälle, wenngleich auch mit geringerer Intensität (wie bereits
weiter oben erwähnt, vor allem GFS simuliert nachts kaum mehr markante Mengen,
ICON-EU dafür im Schwarzwald zwölfstündig nochmals 40 bis 60 mm).
Entlang der Kaltfront werden dagegen kaum mehr Niederschläge simuliert, erst im
Trogbereich setzen im Westen und Nordwesten wieder schauerartige Regenfälle ein.
Ob es eventuell auch für ein kurzes Gewitter reicht, ist unsicher.
Von Warnrelevanz bleibt nach wie vor der Wind. Dieser frischt im Laufe der Nacht
auch im Norden und Osten in Böen stark bis stürmisch auf. An den Küsten gibt es
- zunächst an der Nordsee, später auch an der Ostsee - stürmische Böen, in
freien Lagen insbesondere der Nordseeküste auch Sturmböen aus West bis Südwest.
In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und auf den Alpengipfeln muss mit
schweren Sturm- bis hin zu Orkanböen (Brocken, Fichtelberg, Alpen) gerechnet
werden. Bereits in der zweiten Nachthälfte flaut der Wind im Süden und Westen
aber wieder ab und ist dann in den Niederungen kaum mehr warnrelevant.


Freitag... kündigt sich die kommende Wetterumstellung allmählich an. Ursächlich
dafür ist ein markanter Randtrog, der sich vom mittleren Nordatlantik bis
Samstag, 00 UTC südwärts bis zum Seegebiet westlich der Biskaya verlagert und
eine Austrogung nach Süden Richtung Iberischer Halbinsel in Gang setzt. Die
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet dreht somit allmählich zurück auf West
bis Südwest.
Im Bodenfeld verlagert sich entlang der über der Mitte des Landes liegenden
Kaltfront eine flache Welle hinweg ostwärts, rückseitig kommt die Kaltfront ein
wenig nach Süden voran, die südlichen Landesteile verbleiben aber weiterhin im
Warmsektor. Vorübergehend verstärken sich die Hebungsprozeese im Vorfeld der
Welle aufgrund von WLA ein wenig, lassen dann aber rasch wieder nach, so dass
die Niederschlagstätigkeit nicht allzu üppig ausfällt. An den Alpen klingen die
Regenfälle mit der auf Südwest drehenden niedertroposphärischen Strömung
allmählich ganz ab. Im Schwarzwald und im Bayerischen Wald werden aber in den
Staulagen bis zum Abend nochmals bis über 10 mm simuliert, entsprechend laufen
die meisten Dauerregen- und (an den Alpen) Tauwetterwarnungen auch bis zum
Abend.
Postfrontal gelangt ganz in den Norden etwas höhenkältere Luft (unter -30 Grad
in 500 hPa), in der sich einzelne Schauer entwickeln. Kurze Gewitter sind
möglich, aber mangels Labilität eher wenig wahrscheinlich, am ehesten noch im
Nordwesten des Landes.
Das Bodentief zieht von der westlichen Ostsee allmählich ostnordostwärts und
füllt sich etwas auf, so dass der Gradient im Tagesverlauf wieder auffächert. Im
Norden und Nordosten kann es anfangs noch starke, an den Küsten stürmische Böen
geben, später wohl nur noch auf den Berggipfeln. Eventuell sind zum Abend hin
auch keine Windwarnungen mehr erforderlich.
Im Süden bleibt es meist stark bewölkt, vor allem in der Mitte und im Nordwesten
kann sich aber auch mal die Sonne zeigen. Es bleibt mild, im Süden sehr mild mit
Höchstwerten zwischen 5 und 10 Grad in der Nordhälfte und 8 bis 14 Grad im Süden
bzw. Südwesten.

In der Nacht zum Samstag setzt sich die Austrogung Richtung Iberischer Halbinsel
weiter fort. Die Kaltfront des Tiefs erreicht den Südwesten des Landes, wird
aber allmählich rückläufig und geht über in die Warmfront eines sich im Zuge der
Austrogung über Südfrankreich entwickelnden Wellentiefs. Allzu große
Wetteraktivität kann ihr mangels Hebung nicht mehr bescheinigt werden, dennoch
simuliert ICON-EU im Schwarzwald nochmals bis über 10 mm in 12 Stunden, GFS und
IFS aber kaum mehr 5 mm. Somit hat sich das Thema Dauerregen erledigt und auch
wohl das Thema Tauwetter - nicht zuletzt, weil es nicht mehr viel zu tauen gibt.

Niederschläge in Schauerform gibt es ansonsten noch im Norden, wobei die
Gewitterwahrscheinlichkeit gering bleibt. Ansonsten verläuft die Nacht
warntechnisch recht ruhig. Nur gebietsweise lockern die Wolken mal auf, für
Frost dürfte es aber kaum reichen, am ehesten noch in einigen Alpentälern.
Örtlich kann sich aber Nebel bilden. Lediglich in den äußersten Norden gelangt
von Südskandinavien bereits ein erster Schwall polarer Kaltluft, die Temperatur
in 850 hPa sinkt dort morgens auf etwa -5 Grad. Dort könnte es eventuell,
sollten die Wolken auflockern, ebenfalls für leichten Frost reichen.

Samstag... kommt ein Cut-Off-Prozess über der Biskaya und der Iberischen
Halbinsel in Gang. Der nördliche Troganteil zieht über Skandinavien hinweg
allmählich ostwärts. Dazwischen baut sich über Mitteleuropa ein flacher
Höhenrücken auf bzw. ist die südwestliche Höhenströmung zunehmend antizyklonal
konturiert.
Im Bodenfeld kommt die Warmfront des südwesteuropäischen Tiefs, dessen Zentrum
sich allmählich nach Nordostspanien verlagert, über Südwestdeutschland
allmählich etwas nach Norden voran. Präfrontale WLA lässt die Niederschläge
wieder etwas intensivieren und ein wenig nach Norden vorankommen, über
Rheinland-Pfalz, dem Saarland und in NRW bis ins südliche Niedersachsen werden
tagsüber 2 bis 10 mm (nach ECMWF etwas weniger) simuliert.
Trogrückseitig verstärken sich über dem Nordmeer und nördlich der Britischen
Inseln die Absinkprozesse, wodurch sich südlich von Island ein Bodenhoch
ausbildet, dessen Schwerpunkt sich bis zum Abend ins Seegebiet nördlich
Schottlands verlagert. Dabei weitet sich ein Keil über die nördliche Nordsee bis
nach Südskandinavien aus. Wodurch die niedertroposphärische Strömung über dem
Vorhersagegebiet mehr und mehr auf Ost bis Südost dreht. In den Norden des
Landes gelangt dabei ein Schwall der trogrückseitig nach Skandinavien
vorgedrungenen Polarluft, die Temperatur in 850 hPa sinkt dort bis zum Abend auf
-3 bis -6 Grad. Niederschläge werden im Norden allerdings so gut wie keine
simuliert, eventuell reicht es im nördlichen Schleswig-Holstein für ein paar
Schneeflocken, meist sollte es aber trocken bleiben.
Dagegen stellt sich südlich der Warmfront eine leicht föhnige Südostströmung
ein, durch Absinken erwärmt sich dort die Luft niedertroposphärisch weiter und
in 850 hPa steigt die Temperatur auf 5 bis 9 Grad.
Der Wind frischt vor allem im Norden aus östlichen Richtungen auf. Am Nachmittag
und Abend reicht es im Nordseeumfeld eventuell für erste steife Böen (Bft 7).
Auch auf exponierten Mittelgebirgsgipfeln kann es ab nachmittags erste
stürmische Böen geben. An den Alpen lebt der Föhn auf, zum Abend hin gibt es
eventuell erste Sturmböen aus Süd bis Südost auf exponierten Alpengipfeln.
Die Sonne zeigt sich am ehesten ganz im Norden und im Südosten, vor allem an den
Alpen. Im Norden werden keine 5 Grad mehr erreicht, an der dänischen Grenze wohl
nur noch etwa 2 bis 3 Grad. Sonst liegen die Höchstwerte nördlich der Warmfront
zwischen 5 und 9 Grad, südlich davon zwischen 8 und 13 Grad.



Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Alle vorliegenden Modelle unterscheiden sich kaum bzgl. Der Wetterentwicklung im
Kurzfristbereich. Die kleineren Differenzen, die Regenmengen bis Freitagabend
betreffend, wurden im Text angesprochen. An den Warnungen, vor allem an den
Unwetterwarnungen, muss deshalb kaum mehr "gerüttelt" werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff