DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-10-2017 09:00
SXEU31 DWAV 070800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 07.10.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NW z

An der Küste und in höheren Berglagen Gefahr von Sturmböen, auf exponierten
Berggipfeln schwere Sturmböen. In einigen Staulagen Dauerregen nicht
ausgeschlossen. In der Nacht zum Sonntag Wetterberuhigung, am Sonntag nur noch
in exponierten Kamm- und Gipfellagen einzelne stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... Mit einer nordwestlichen Strömung gelangt maritime Polarluft nach
Deutschland. Ein darin eingelagerter, relativ markanter Trog wird über
Schottland hinweg in die südliche Nordsee gesteuert. Das mit diesem Trog
korrespondierende Bodentief gelangt in eine entwicklungsgünstige Position und
wird unter Intensivierung in den Kattegat geführt und erreicht in den
Abendstunden Südschweden. Vorderseitig hat bereits kräftige Warmluftadvektion
eingesetzt, wodurch von Nordwesten her mehrschichtige Bewölkung übergreift, die
bereits von geringen Niederschlägen durchsetzt ist. Mit der Annäherung des
Troges wird der aus der Warmluftadvektion resultierende Hebungsantrieb durch
positive Vorticityadvektion verstärkt, was verbreitet Niederschläge aufkommen
lässt. Allerdings sollte es nur in Staulagen punktuell für warnrelevante
Niederschlagssummen reichen, eine Dauerregenwarnung drängt sich daher nicht
unbedingt auf. Allenfalls für den Oberharz ergeben sich klarere Signale, so dass
dort eine Warnung vor Dauerregen gerechtfertigt sein dürfte. Im weitaus größten
Teil Nord- und Westdeutschlands kommen bis heute Abend jedoch nur 5 bis etwas
über 15 mm Niederschlag zusammen. Bis zum Abend erreichen die Niederschläge etwa
die Mainlinie und den Erzgebirgsraum.
Warntechnisch wesentlich interessanter ist die Windentwicklung. An der Südflanke
des Tiefs verstärkt sich der Gradient, was im Nordwesten und Westen sowie in
Teilen der Mitte (dort vor allem in freien Lagen) Windböen aufkommen lässt. An
der Küste und im Bergland sind stürmische, exponiert (zunächst an der Nordsee
und zum Abend hin eher an der Ostsee) Sturmböen zu erwarten; auf höheren
Berggipfeln muss mit schweren Sturmböen gerechnet werden.
Auflockerungen sind am ehesten noch ganz im Süden vorstellbar. Allerdings sind
in der Polarluft nur 9 bis 14, an Ober- und Hochrhein mit Hilfe der Sonne
vielleicht 16 Grad zu erwarten.
In der Nacht zum Sonntag wird das o.g. Tief von einem über Skandinavien und
Nordwestrussland liegenden Tiefdruckkomplex eingefangen, bezieht die über
Skandinavien liegende Polarluft in seine Zirkulation mit ein und beginnt sich in
ein Zentraltief umzuwandeln. Mit der Verlagerung dieses Tiefs in die Rigaer
Bucht fächert über Mitteleuropa der Gradient merklich auf, so dass der Wind
abflaut und gegen Morgen dann nur noch an einigen Küstenabschnitten (vor allem
der Ostsee) und auf höheren Berggipfeln besonders der östlichen Mittelgebirge
(dort auch mit stürmischen Böen) warnrelevant ist. In exponierten Staulagen
besteht weiterhin die Gefahr von Dauerniederschlag. Eine großräumige
Dauerregenlage zeichnet sich jedoch nicht ab.

Sonntag... gelangt auf der Rückseite des nunmehr über der "zentralen" Ostsee
liegenden Zentraltiefs mit einer steileren nordwestlichen Strömung Polarluft
nach Deutschland. Die Kaltfront dieses Tiefs dringt über die östlichen
Mittelgebirge nach Süden vor, gelangt aber nach Westen hin leicht ins Schleifen,
so dass sich dort die kühlere Luft noch nicht so recht durchzusetzen vermag. Mit
der Verlagerung der Front verschiebt sich der Schwerpunkt des
Niederschlagsgeschehens zu den süddeutschen Mittelgebirgen und zu den Alpen.
Dass dort die Warnschwellen für Dauerregen überschritten werden, ist jedoch
wenig wahrscheinlich.
Im Nordosten und ganz im Osten bleibt durch das o.g. Zentraltief ein kräftiger
Gradient bestehen, so dass es im Bergland und an der Ostsee sowie zum Teil auch
im nordöstlichen Binnenland für Windböen reichen kann. An der Ostsee sind
stürmische Böen, in exponierten Küsten- und Berglagen Sturmböen nicht
auszuschließen. Zum Abend hin sollte auch in den östlichen Mittelgebirgen der
Wind abflauen. An der Ostsee macht sich jedoch noch keine Windabnahme bemerkbar.

Auflockerungen sind am ehesten im Norden und Nordosten, d.h. in der "kältesten"
Luft, zu erwarten, wobei sich in Schleswig-Holstein und in Ostseenähe etwas
Skandinavienföhn bemerkbar machen kann. Die Temperaturen ändern sich gegenüber
heute nur unwesentlich.
In der Nacht zum Montag verlagert sich das Zentraltief kaum, wogegen sich in den
Westen und Süden der Keil eines Azorenhochs schiebt. Dies sollte zur Auflösung
der dort noch vorhandenen schwachen Kaltfront führen, so dass nur noch geringe
Niederschläge zu erwarten sind. Allenfalls in den Staulagen der Alpen kann es
noch längere Zeit regnen, wobei am östlichen Alpenrand eine Überschreitung von
Warnschwellen denkbar ist. Abgesehen vom Norden und Nordosten, wo noch etwas
Gradient erhalten bleibt, kann sich dort, wo es längere Zeit aufklart, Nebel
bilden.

Montag... bleibt das Zentraltief über den Baltischen Staaten bestehen, so dass
mit einer nordwestlichen Strömung weiterhin Polarluft in den Norden und Osten
Deutschlands geführt wird. Ansonsten macht sich schwacher Hochdruckeinfluss
bemerkbar. Bedingt durch die sich über dem Süden und Westen Deutschlands
auflösende Front, die in diesen Gebieten weiterhin zu geringen Niederschlägen
führen kann, bleibt das Potential für Auflockerungen beschränkt. Da der Gradient
weiter auffächert, können allenfalls an der Vorpommerschen Ostseeküste noch ein
paar Windböen auftreten. Zwischen Ostsee und Niederlausitz sind Auflockerungen
am ehesten zu erwarten. Gegenüber den Vortagen ändern sich die Temperaturen nur
unwesentlich.
In der Nacht zum Dienstag greift auf den Westen ein zusehends abflachender
Höhenrücken über. Warmluftadvektion, die rasch bis zum östliche Mitteleuropa
vordringt, vermag diesen Rücken nicht mehr so recht zu stützen. Weiter
stromaufwärts bildet sich über dem gesamten Nordatlantik eine glatte
Zonalströmung heraus. Somit bleibt das wechselhafte Wetter vorerst bestehen.
Mit der Warmluftadvektion greifen erneut Niederschläge auf Deutschland über. Ob
diese nur auf den Nordwesten und Westen beschränkt bleiben oder ob durch den
Hebungsantrieb, der aus der Warmluftadvektion resultiert, die Frontreste
aktiviert werden und auch weiter östlich und südlich Niederschläge in Gang
kommen, ist noch nicht sicher. Sehr wahrscheinlich werden keine Warnschwellen in
Bezug auf Niederschlag überschritten.
Mit der Zonalisierung setzt sich auch über dem Vorhersagegebiet wieder eine
westliche Strömung durch. Für warnrelevante Böen sollte es jedoch nicht reichen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Auch in Bezug auf die Niederschlagsentwicklung sind sich die
Vorhersagen bis Montagfrüh weitgehend ähnlich. Während heute für die nördlichen
und zentralen Mittelgebirge eine Überschreitung von Warnschwellen (punktuell in
exponierten Staulagen !) nicht auszuschließen ist, deutet sich dies am Sonntag
für die süddeutschen Mittelgebirge und mit höherer Wahrscheinlichkeit für den
Alpenrand an. Dort sowie im Oberharz ist eine Überschreitung von Warnschwellen
in Bezug auf Dauerregen am wahrscheinlichsten. Dies lässt sich als
Konsens-Vorhersage aus den verfügbaren deterministischen und probabilistischen
Verfahren ableiten.
Im Laufe des Montags und erst recht zum Dienstag ergeben sich deutlichere
Unterschiede zwischen den einzelnen Niederschlagsvorhersagen, auch wenn sich
eine Überschreitung von Warnschwellen nicht mehr abzeichnet. EZMW lässt dann die
Niederschläge weiter nach Osten übergreifen als ICON; GFS und auch das Modell
des kanadischen Wetterdienstes liegen etwa dazwischen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann