DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

08-08-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 08.08.2017 um 10.30 UTC



Insgesamt wechselhaft, im Laufe der nächsten Woche wahrscheinlich Südwestlage.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 15.08.2017


Zu Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraums am kommenden Freitag befindet
sich Deutschland unter dem östlichen Teil eines Höhentroges, der bereits zu
Tagesbeginn über ein abgeschlossenes Höhentief verfügt. Dieses Höhentief zieht
im Tagesverlauf von Ostfrankreich über die Schweiz nach Norditalien bzw. zur
nördlichen Adria. Die korrespondierende Tiefruckrinne im Bodenniveau - schon am
Donnerstag größtenteils knapp östlich von uns gelegen - wird nun noch weiter
nach Osten weggedrückt und durch einen Azorenhochkeil ersetzt, der zunächst aber
noch recht schwach auf der Brust ist. Oder mit anderen Worten, das
Freitagswetter präsentiert sich in der einsickernden erwärmten Meereskaltluft
(T850 meist zwischen 5 und 8°C) vergleichsweise wechselhaft.

Im Laufe des Wochenendes zieht das Höhentief über den Balkan hinweg südostwärts
ab, während bei uns die Höhenströmung zonalisiert. Zwar bleibt uns der
Azorenhochkeil erhalten, seine (limitierte) Wirkung beschränkt sich aber auf die
südlichen Landesteile, wo es (nach dem endgültigen Abzug des Höhentiefs) längere
Zeit trocken bleibt und auch die Sonne hin und wieder mal ein paar Auftritte
hat.
Die übrigen Landesteile bekommen es mit der teilokkludierten Kaltfront eines
wenig mobilen Tiefs über dem Europäischen Nordmeer zu tun. Die Front greift
bereits am Samstag auf den Nordwesten über, von wo aus sie sich bis Sonntag in
die mittleren Landesteile vorarbeitet. Wo genau die Mitte aufhört und der Süden
anfängt, lässt sich aus heutiger Sicht freilich noch nicht genau taxieren. Fakt
ist ab, dass sich die apostrophierten Regenmengen soweit in Grenzen halten, dass
etwaige Warnungen sehr wahrscheinlich nicht nötig werden. Für einen äußerst
durchwachsen Samstag im Nordwesten und einen wechselhaften Sonntag in weiten
Landesteilen reicht es aber allemal. Rückseitig strömt vor allem in den Norden
etwas kühlere Meeresluft, in der die 850-hPa-Temperatur am Sonntag auf etwas
unter 5°C zurückgeht.

Am Montag dreht die Höhenströmung im Zuge einer beginnenden Austrogung über dem
nahen Ostatlantik etwas zurück auf West-Südwest. Aus dem Azorenhochkeil löst
sich eine eigenständige Parzelle von etwas über 1020 hPa ab, die über den
Vorhersageraum ostwärts wandert und zum Tagesende ihren Schwerpunkt bereits über
dem östlichen Mitteleuropa hat. Trotz dieser vermeintlich antizyklonalen
Rahmenbedingungen simuliert IFS_ECMF für die Mitte und den Westen schwache
Niederschlagssignale, die offensichtlich den Frontresten sowie einem in der Höhe
ablaufenden KW-Trog geschuldet sind. An den Alpen könnte es für das eine oder
andere Hitzegewitter reichen, dort steigt die 850-hPa-Temperatur auf Werte um
15°C an. Aber auch im Norden wird es wieder etwas wärmer, die 5°C-Isotherme in
850 hPa verlagert sich allmählich nach Südskandinavien.

Schon im Laufe des Dienstags greift der o.e. Höhentrog von Westeuropa her nebst
korrespondierende Tiefdruckrinne auf Deutschland über. Die zugehörige Kaltfront
überquert unseren Raum bis Mittwoch von Nordwest nach Südost, wobei es zu
kräftigen Gewittern kommen kann.

Im weiteren Verlauf der Woche - wir befinden uns mittlerweile im erweiterten
Mittelfristzeitraum - deutet sich eine eher zyklonal geprägte Südwestlage an mit
neuerlicher Austrogung über dem nahen Ostatlantik respektive Westeuropa.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der neueste Lauf des IFS_ECMF von heute 00 UTC weicht kaum von den Versionen der
jüngsten Vorgänger ab. So gesehen kann von einer guten bis sehr guten
Modellkonsistenz gesprochen werden. Dabei hat aus rein deterministischer Sicht
die Wahrscheinlichkeit für möglichen Dauer- oder Starkregen am kommenden Freitag
im Süden und Südosten Bayerns abgenommen. Ansonsten muss vom eingeschlagenen
Prognosekonzept nicht substanziell abgewichen werden.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bezogen auf die Basisfelder zeigen die an dieser Stelle üblicherweise
begutachteten Globalmodelle (der Verfasser beschränkt sich in der Regel auf GFS,
GEM, ICON und UKMO) eine dem IFS sehr ähnliche Entwicklung. Unschärfen ergeben
sich im Wesentlichen aus kleineren Timing-oder Positionsunterunterschieden
synoptisch relevanter Druckgebilde oder Fronten/Luftmassengrenzen.
So lässt z.B. GFS die Okklusion/Kaltfront am kommenden Wochenende etwas weiter
nach Süden ausgreifen als IFS. ICON misst der Front am Sonntag kaum noch
Wetterwirksamkeit in Form von Regen oder Schauern zu. Dafür hält dieses Modell
am kommenden Freitag noch etwas länger an der o.e. Tiefdruckrinne fest, was
insbesondere dem Norden gebietsweise stärkere Regenfälle bescheren würde.
FAZIT: Aus deterministischer Sicht steht das Vorhersagegerüst.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusterung des ECMF-EPS zeigt für den Zeitraum T+120...168 h (Samstag bis
Montag) drei verschiedene Cluster (25, 15 und 11 Fälle). Der Haupt- und
Kontrolllauf werden dabei Cluster 1 zugeordnet. CL 2 und 3 weichen nur
geringfügig vom "Mastercluster" ab. Es scheint so, dass dabei das Übergreifen
des Höhentroges am Dienstag etwas später erfolgt als in CL 1 bzw. der
deterministischen Lösung.
In der erweiterten Mittelfrist erhöht sich die Zahl der Cluster auf fünf (16+KL,
12+HL, 12, 8, 3 Fälle). Es läuft aber überall auf eine Südwestlage hinaus, die
mal zyklonaler, mal antizyklonaler geprägt ist.
Die EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte weisen - aufgrund der
Clusterung fast erwartungsgemäß - bis einschließlich Montag relativ eng
gebündelte Kurvenverläufe auf. Allerdings fallen bei T850 am Sonntag/Montag vor
allem in den mittleren Landesteilen ein paar Abweichler nach unten ins Auge, die
auf eine etwas weiter südlich positionierte Luftmassengrenze hindeuten.
Ab Dienstag nimmt der Spread allgemein zu, gleichwohl sind gewisse Tendenzen
erkennbar. Bei der Temperatur zeigt sich eine Welle mit Berg am Dienstag und Tal
am Mittwoch, während die meisten Potenzialverläufe nach unten zeigen.
Die Rauchfahnen von GFS-EPS unterscheiden sich kaum von denen des ECMF.
FAZIT: Trotz besagter Unschärfen stützt auch die Statistik das in Kapitel 1
beschriebene Vorhersageszenario.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Die Signale seitens der Probabilistik, dass am Freitag im Süden und Osten
irgendwo mal stärkere Regenfälle auftreten, sind sehr verhalten. Trotzdem sollte
man dergleichen im Hinterkopf behalten, schließlich bekommen wir es mit der
Passage eines Höhentiefs zu tun, was eigentlich immer mit einem gewissen
Überraschungspotenzial gekoppelt ist. Möglicherweise wird auf der Nord- bzw.
Nordostflanke noch mal etwas feuchte Warmluft von Osten zurückgeholt, in der es
STARKREGEN und vielleicht auch einzelne GEWITTER gibt.
Ab Samstag nimmt die Wahrscheinlichkeit für signifikante Wettererscheinungen
zunächst mal ab. Ob und wo es am Dienstag mit Trog- respektive Frontannäherung
zu stärkeren GEWITTERN kommt, ist noch unsicher.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit ECMF-EPS und Modellmix.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann