DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-06-2017 21:00
SXEU31 DWAV 231800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 23.06.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Auf einigen Berggipfeln, am Sonntag auch an den Küsten stürmische Böen,
exponiert Sturmböen. In Alpennähe einzelne Gewitter mit Starkregen und Hagel.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... hat sich eine vor allem über der Mitte und dem Süden antizyklonal
konturierte Westwetterlage eingestellt. Ein flacher Höhenrücken hat inzwischen
das östliche Mitteleuropa erreicht und auf dessen Rückseite befindet sich das
Vorhersagegebiet an der Südostflanke eines umfangreichen nordostatlantischen
Höhentroges mit Drehzentrum südöstlich von Island unterhalb einer glatt
konturierten westlichen Höhenströmung.
Hebungsantriebe sind dabei kaum auszumachen, lediglich über Norddeutschland ist
nachts noch schwache WLA aktiv, die im Laufe der Nacht mit Annäherung einer nur
sehr flach ausgeprägten Trogachse durch PVA noch etwas unterstützt wird.
Im Bodenfeld wurde die bis in die vergangene Nacht hinein noch wirksame
instabile Luftmasse inzwischen bis fast zu den Alpen abgedrängt, als
Luftmassengrenze wurde eine Kaltfront analysiert, die sich knapp südlich der
Donau befindet. Südlich davon haben sich noch einzelne Gewitter entwickelt, die
aufgrund noch teils mäßig hoher ML-Cape recht kräftig ausfallen, vor allem bzgl.
Starkregens waren aufgrund der PPW-Werte von über 25 mm und der langsamen
Zuggeschwindigkeit der Zellen lokal eng begrenzt auch unwetterartige
Entwicklungen nicht ausgeschlossen. Die vom ICON-EU simulierte, recht hohe Cape
von teils über 2000 J/kg konnte aber bei Weitem nicht bestätigt werden. Die
Gewittertätigkeit dürfte unterhalb des vor allem über Süddeutschland sogar
leicht antizyklonal konturierten Geopotentialfeld im Laufe der Nacht nach und
nach zur Ruhe kommen.
Im übrigen Land hat sich erwärmte und stabil geschichtete Meeresluft breit
gemacht. Während sich in der Südhälfte der Hochdruckeinfluss noch ein wenig
verstärkt, greift ausgangs der Nacht die Kaltfront des mit dem Höhentrog
korrespondierenden Bodentiefs bei den Färöer- Inseln auf die Deutsche Bucht und
Schleswig-Holstein über, wobei sich im Lee des Norwegischen Gebirges über
Mittelschweden ein Teiltief bildet. Im Vorfeld der Kaltfront können sich abends
und nachts von Westen her leichte Niederschläge über das Emsland und die
Norddeutsche Tiefebene bis nach Nordbrandenburg ausweiten. Die Mengen fallen
aber mit 1 bis 5 mm, stellenweise auch etwas mehr, nicht allzu üppig aus.
Der Druckgradient fächert im Laufe der Nacht vor allem in der Südhälfte
vorübergehend etwas auf und auch tagesgangbedingt schwächt sich der Wind ab. Für
warnrelevante Böen reicht es dann wohl nur noch an den Küsten (Bft 7) und auf
einigen exponierten Berggipfeln (Bft 8). Mit Annäherung der Kaltfront verschärft
sich der Druckgradient später im äußersten Norden etwas und die Böen im
Küstenbereich werden häufiger.

Samstag ... kommt das Drehzentrum des Höhentroges nur zögernd nach Osten voran
und erreicht am Sonntag, 00 UTC die südliche Norwegische See. Mit Annäherung der
Hauptachse des Troges, der sich zudem noch ein wenig nach Süden ausweitet, dreht
die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet mehr auf West- bis Südwest. Dabei
verlagert sich ein kurzwelliger Anteil über Nordfrankreich hinweg bis Sonntag,
00 UTC nach Südostfrankreich, auf dessen Vorderseite im südlichen und zentralen
Alpenraum kräftige Hebung und entsprechend auch Konvektion in Gang kommt, die
aber den bayerischen Alpenraum zunächst kaum tangieren dürfte. Ansonsten sind
lediglich im nördlichen Deutschland noch schwache, hauptsächlich aus PVA
resultierende Hebungsantriebe auszumachen, denen aber leichte KLA entgegenwirkt.

Das kompensatorische Absinken dazwischen stützt weiterhin einen flachen, nach
Süddeutschland gerichteten Bodenhochkeil, der sich zwar allmählich weiter
abschwächt, aber für weite Teile des Landes wetterwirksam bleibt. Das Teiltief
über Schweden verlagert sich allmählich Richtung Bottnischer Meerbusen. Die
Kaltfront erreicht Norddeutschland, kommt aber mangels Schubkomponente kaum mehr
nach Süden voran. Nach wie vor gibt es im Frontbereich leichte Regenfälle vor
allem in der Norddeutschen Tiefebene mit zwölfstündigen Mengen meist zwischen 1
und 5 mm (einige Modelläufe, z.B. ECMWF von 00 UTC, haben punktuell auch Mengen
bis nahe 10 mm im Programm).
Der Druckgradient vor allem im unmittelbaren präfrontalen Bereich verschärft
sich noch ein wenig und der Wind frischt dort aus West bis Südwest auf. In
freien Lagen der Norddeutschen Tiefebene und auch der mittleren Landesteilen
reicht es eventuell vereinzelt für Bft 7, an den Küsten etwas häufiger, auf
exponierten Mittelgebirgsgipfeln kann es nach wie vor stürmische Böen geben.
Der äußerste Süden befindet sich weiterhin im Einflussbereich instabilerer
Luftmasse, sollte aber - wie weiter oben beschrieben - nicht großartig von den
Vorgängen weiter südlich tangiert werden. Dennoch kann es mit Hilfe der
Orographie an den Alpen und im unmittelbar daran angrenzenden Vorland für
einzelne Gewitter reichen. Bei etwa 500 J/kg ML-Cape - örtlich vielleicht etwas
mehr - und PPW- Werten von 25 bis 30 mm dürften erneut markante
Begleiterscheinungen auftreten und aufgrund der langsamen Zuggeschwindigkeit ist
bzgl. Starkregens erneut das Unwetterkriterium nicht ausgeschlossen.
Während im unmittelbaren Frontbereich über Norddeutschland ein recht trüber Tag
ins Haus steht, scheint weiter südlich recht verbreitet neben lockeren
Quellwolken die Sonne. Im Norden werden in der einströmenden subpolaren
Meeresluft Höchstwerte zwischen 18 und 23 Grad erreicht. Ansonsten bewegen sich
die Temperaturen in 850 hPa weiterhin zwischen 10 Grad am Nordrand der
Mittelgebirge und 17 Grad an den Alpen, was Höchstwerte zwischen 25 und 30 Grad,
in den wärmebegünstigten Regionen Süd- und Südwestdeutschlands auch bis 32 Grad
erwarten lässt.

In der Nacht zum Sonntag kommt die Trogachse weiter nach Osten voran und
erreicht in der Früh den Westen Deutschlands. Nach wie vor fallen die
Hebungsprozesse im Norden des Landes nicht allzu markant aus, die kräftigere
trogvorderseite PVA wird durch KLA ein wenig kompensiert.
Im Süden könnten die Hebungsprozesse vorderseitig des weiter oben angesprochenen
kurzwelligen Troganteils über Südostfrankreich, der in der Früh die Schweiz bzw.
das Piemont erreicht, mit schauerartigen und gewittrigen Niederschlägen
eventuell vorübergehend auch den bayerischen Alpenraum erfassen. Vor allem
ICON-EU und GFS simulieren im unmittelbaren Grenzbereich zu Österreich
gebietsweise mehr als 10 mm in sechs Stunden.
Die Kaltfront über Norddeutschland weist nach wie vor nur wenig
Verlagerungstendenz auf, eventuell bildet sich an ihr sogar eine flache Welle
über Norddeutschland. Sollte das der Fall sein, wie vor allem im ICON-Lauf von
06 UTC, im 12 UTC nur noch schwach angedeutet, können regional auch mal an die
10 mm in 12 Stunden fallen, ansonsten liegen die Mengen meist um oder unter 5
mm. Insgesamt kann sich der Niederschlag vor allem im Westen etwas weiter nach
Süden ausweiten und erfasst nun auch Teile NRW`s.
Am Druckgradienten ändert sich zunächst nur wenig, später kann er sich im
Nordwesten mit Annäherung des zentralen Bodentiefs, das sich Sonntagfrüh vor der
südwestnorwegischen Küste befindet, etwas verschärfen. Somit nimmt der Wind im
Binnenland tagesgangbedingt ab, lediglich auf exponierten Mittelgebirgsgipfeln
kann es warnrelevante Böen (Bft 8) geben. Im Nordseeumfeld frischt er später
auf, dort ist dann häufiger mit Böen Bft 7, exponiert vereinzelt auch Bft 8 aus
West bis Nordwest zu rechnen.

Sonntag ... verlagert sich das Drehzentrum des Höhentiefs nach
Mittelskandinavien. Die Haupttrogachse überquert den Vorhersagebereich
allmählich ostwärts, dahinter dreht die Höhenströmung auf West bis Nordwest.
Das zentrale Bodentief kommt bis nach Südnorwegen bzw. zum Skagerrak voran, so
dass sich der Druckgradient vor allem im Norden und in der Mitte des Landes
verschärft. Vor allem dort frischt der Wind aus West auf und es gibt recht
verbreitet steife Böen (Bft 7), an den Küsten, im angrenzenden Binnenland und in
Schleswig-Holstein auch stürmische Böen (Bft 8). Auch in den Kamm- und
Gipfellagen der Mittelgebirge muss mit stürmischen Böen, exponiert mit Sturmböen
gerechnet bleiben. Die südlichen Mittelgebirge und die Alpen bleiben allerdings
eher außen vor, da der Gradient dort mit Annäherung eines flachen Bodenhochkeils
etwas auffächert.
Die Kaltfront kommt mit der auf West bis Nordwest drehenden Höhenströmung ein
wenig schneller nach Süden voran und erreicht auch die mittleren Landesteile,
wird aber mehr und mehr von KLA überlaufen und büßt an Wetterwirksamkeit ein.
Allgemein werden kaum mehr 5 mm in 12 Stunden simuliert, nach ICON soll es im
Westen sogar weitgehend trocken bleiben.
Postfrontal wird etwas kühlere Meeresluft nach Norddeutschland advehiert, dort
sinken die Temperaturen in 850 hPa auf 4 bis 8 Grad. Auch präfrontal gehen die
Temperaturen ein wenig zurück, die instabile Luftmasse im bayerischen Alpenraum
wird weiter nach Süden abgedrängt, wobei es allerdings vor allem bis in den
frühen Nachmittag hinein noch einzelne Gewitter bzw. schauerartige Regenfälle
geben kann. Mit der Front kommen auch die dichteren Wolkenfelder nach Süden
voran. Am sonnigsten wird es wohl noch im Südwesten sowie entlang der Donau.
Ansonsten bleibt es eher wolkig bis stark bewölkt. Die Höchstwerte liegen in der
Nordhälfte zwischen 18 und 22 Grad, sonst werden 22 bis 27 Grad erreicht, im
südlichen Oberrheingraben und am Hochrhein auch etwas mehr.

In der Nacht zum Montag erreicht der Höhentrog den Bottnischen Meerbusen, von
Westen her folgt ein Höhenrücken, der sich Montagfrüh mit seiner Achse über den
Britischen Inseln befindet.
Insgesamt dominiert Absinken, wodurch die Kaltfront, die in etwa Main und Mosel
erreicht, weiter an Wetterwirksamkeit einbüßt. ICON-EU und GFS simulieren keine
nennenswerten frontgebundenen Niederschläge mehr, ECMWF von 00 UTC hat sie noch
etwas wetteraktiver auf der Karte, allerdings auch weiter nach Norden
zurückhängend.
Die postfrontal advehierte erwärmte Meeresluft ist relativ stabil geschichtet,
lediglich an den Küsten simulieren einige Modelle vereinzelte Schauer.
Während sich ein flaches Bodenhoch nach Süddeutschland verlagert, wird der
äußerste Norden von einem Bodentrog überquert, der Montagfrüh aber bereits die
südliche Ostsee erreicht. Somit schwächt sich der Wind im Binnenland und auch im
Bergland rasch ab und ist nicht mehr warnrelevant. An den Küsten muss aber
weiterhin mit starken bis stürmischen Böen aus West bis Nordwest gerechnet
werden, entlang der Ostseeküste kann er sich vorübergehend sogar noch etwas
verstärken mit einzelnen Sturmböen in den Frühstunden an exponierten
Küstenabschnitten.

Montag ... kommt der Höhenrücken nordostwärts voran und erstreckt sich mit
seiner Achse am Abend über Bayern hinweg nordwestwärts bis zum Ostausgang des
Ärmelkanals. Somit gelangt der äußerste Südwesten dann bereits wieder auf die
Vorderseite eines nach Südfrankreich vorstoßenden Höhentroges.
Das schwache Bodenhoch verlagert sich ebenfalls nordnordostwärts nach
Norddeutschland. Im Südwesten setzt damit leichter Druckfall ein, innerhalb der
dadurch entstehenden flachen Tiefdruckrinne kann von Südwesten her wieder etwas
instabilere und feuchtere Luft dorthin advehiert werden. Mangels Hebungsantrieb
dürfte es aber kaum für Konvektion reichen, dennoch sind im Südschwarzwald und
wohl auch an den Alpen ganz vereinzelte Gewitter nicht ausgeschlossen.
Die Kaltfront wird somit wieder ein wenig nach Norden zurückgedrängt, schwächt
sich aber weiter ab und ist im Tagesverlauf in den meisten Modellen nur noch
anhand der pseudopotentiellen Temperatur auszumachen. Dennoch bleibt es im
Frontbereich noch teilweise bewölkt, auch weiter nördlich können anfangs noch
von Nordwesten her zeitweise etwas dichtere Wolken landeinwärts driften.
Insgesamt dürften die Sonnenanteile aber auch dort allmählich zunehmen. In der
Südhälfte scheint dagegen überwiegend die Sonne.
Der anfangs noch lebhafte West- bis Nordwestwind im Nordosten mit steifen Böen
im Binnenland und stürmischen Böen entlang der vorpommerschen Ostseeküste
schwächt sich bis zum Nachmittag ab und ist spätestens abends wohl auch an der
Ostsee nicht mehr warnrelevant.
Auch niedertroposphärisch wird von Südwesten her wieder wärmere Luft advehiert,
die Temperatur in 850 hPa steigt bis zum Abend auf Werte zwischen 18 Grad am
Hochrhein und 6 Grad an der Ostsee. Die Höchstwerte bewegen sich somit in der
Nordhälfte zwischen 18 und 23 Grad, im Süden zwischen 23 und 29 Grad, im
Südwesten werden bis zu 32 Grad erreicht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stimmen im Kurzfristzeitraum gut überein. Leichte
Differenzen gibt es am ehesten noch bzgl. der Verlagerungsgeschwindigkeit und
Wetteraktivität der Kaltfront, diese sind aber nur wenig prognose- und so gut
wie gar nicht warnrelevant.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff