DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

31-05-2017 09:00
SXEU31 DWAV 310800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 31.05.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: anfangs eher Wa (West antizyklonal), danach vorübergehend HM (Hoch
Mitteleuropa)

Heute im Nordosten windig, an der See teils stürmisch. Im Süden (grob südlich
der Donau) Gewitter, lokal mit Unwettergefahr (vor allem durch Starkregen).
Morgen wahrscheinlich nur im Grenzbereich zu Österreich und der Schweiz einzelne
Gewitter, weiterhin mit Starkregengefahr (lokale Unwetter möglich).

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... zeigt die Potenzialverteilung Deutschland auf der Rückseite eines
flachen Troges in einer weitgehend zonalen, im Norden mit leichtem
Nordwest-Touch versehenen Höhenströmung. Die Kaltfront, die gestern bereits
weite Teile des Vorhersageraums überquert hatte, hat den äußersten Süden
erreicht, wo sie eine zunehmend zonale Ausrichtung annimmt und vorübergehend
stationär wird. Rückseitig hat sich ein Schwall erwärmter Meereskaltluft breit
gemacht und die zuvor wetterbestimmende Subtropikluft abgedrängt. Ganz im Süden,
quasi auf der warmen Seite der Luftmassengrenze, allerdings finden sich noch
Reste der feucht-warmen Luftmasse. Diese ist nicht nur labil geschichtet sondern
weist auch noch ein ordentliches Maß an ML-CAPE auf (500 bis 1000 J/kg), so dass
nach einer vormittäglichen bis mittäglichen Schwächephase die Gewittertätigkeit
wieder auflebt. Ein wesentlicher Hebungssupport kommt dabei aus der Orografie,
so dass vor allem die Regionen vom Südschwarzwald über die südliche Alb bis
hinüber zum bayerischen Alpenrand betroffen sein werden, die Gewitter zum Teil
aber auch noch das (südliche) Alpenvorland und vielleicht den südlichen
Bayerwald beehren. Bei flauer Strömung und PPKs von 25 bis 30, teils sogar über
30 mm dürften die Zellen Stehversuche unternehmen und vornehmlich von Starkregen
und Hagel, weniger von Sturmböen begleitet werden, lokale Unwetter (RR>25mm/h,
Hagel bis 3 cm) inclusive!
Im großen Rest des Landes zeigt sich der letzte Tag des meteorologischen
Frühlings weniger konvektionsfreudig, hat ja auch genug gescheppert die letzten
Tage. Die in der Nacht über der Nordsee noch analysierte Okklusion kommt noch
etwas landeinwärts voran, fällt dann aber mehr und mehr dem Druckanstieg zum
Opfer, der bereits jetzt zu beobachten ist. Das daraus resultierende Hoch
verlagert seinen Schwerpunkt von Frankreich zur südwestlichen Nordsee. Zwischen
dem Hoch und tiefem Luftdruck über Nordeuropa (eingelagert ein kleines Randtief,
das vom Skagerrak nur langsam ostwärts zieht) baut sich über Nordostdeutschland
vorübergehend ein einigermaßen brauchbarer Gradient auf, der einen mäßigen bis
frischen W-NW-Wind antreibt. Von SH über den gesamten Ostseeküstenbereich bis
etwa hinunter ins zentrale BB werden heute Böen 7 Bft, an der Ostsee 8 Bft,
exponiert sogar 9 Bft erwartet. Entsprechende Wind- und Sturmwarnungen wurden
bereits ausgegeben.
Ansonsten gilt nur noch zu erwähnen, dass sich mit dem Druckanstieg eine
schwache Absinkinversion zwischen 800 und 700 hPa etabliert. Darunter bilden
sich Quellwolken, die sich zwar ausbreiten, aber nicht überall dauerhaft der
Sonne ihren Auftritt vermasseln. Über der Mitte, grob von NRW bis hinüber nach
Sachsen, sind ein paar Tropfen Regen oder vereinzelte schwache Schauer denkbar,
auch wenn ICON davon nix wissen will. Temperaturmäßig landen wir am Nachmittag
in der Südhälfte bei 23 bis 28°C, sonst bei 20 bis 24°C, im äußersten Norden nur
bei 16 bis 20°C.

In der Nacht zum Donnerstag nähert sich von UK und der Nordsee ein flacher
Höhenkeil, während der über Frankreich liegende Trog allmählich nach Süden
austropft. Sonst bleibt bei uns alles beim Alten, wobei sich der Wind im NO aber
abschwächt, so dass am frühen Morgen am ehesten an der Küste MVs noch ein paar
7er-Böen auftreten.
Im äußersten Süden kommt es anfangs noch zu Gewittern mit ähnlichen
Begleiterscheinungen wie am Tage, bevor die Hagelgefahr immer weiter nachlässt.
Ohnehin ist tagesgangbedingt eine Abnahme der konvektiven Aktivität zu erwarten,
allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass aus den Alpen und der Schweiz heraus
bis in die Morgenstunden immer mal wieder die eine oder andere Zelle den freien
Grenzverkehr nutzt und zu uns herüberschwappt oder an der einen oder anderen
Stelle gewittriger Starkregen auftritt. In der Nordhälfte kühlt es häufig auf
einstellige Temperaturwerte ab, in der trockenen Lüneburger Heide punktuell
sogar auf 5°C oder etwas darunter (MOS-Mix)!

Donnerstag... kommt der Höhenkeil unter leichter Amplifizierung immer dichter an
den Vorhersageraum heran, während das südlich angrenzende Cut-Off-Tief von
Südfrankreich gen Norditalien zieht. Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt
nach Norddeutschland (etwas über 1020 hPa), wo nicht nur die Inversion weiter
nach unten gedrückt wird, sondern auch die Luftmasse noch etwas abtrocknet.
Im Süden hält sich eine schwache Tiefdruckrinne, in der die zunächst noch
stationäre Luftmassengrenze eingelagert ist. Gegenüber heute wird die
feucht-warme und labil geschichtete Luft noch etwas weiter nach Süden
verschoben, so dass eigentlich nur noch der unmittelbare Alpenrand sowie die
Bodensee-/Hochrheinregion anfällig für Schauer und Gewitter ist. Aufgrund
sinkender CAPE-Werte und kaum vorhandener Scherung nimmt die Hagelgefahr zwar
ab, Starkregen ist aber nach wie vor ganz oben auf der Agenda zu finden (PPW 25
bis 30 mm, dazu kaum Strömung). Dabei kann, wenn auch sicherlich nur vereinzelt,
das Überschreiten der vergleichsweise niedrig angesetzten Unwetterschwelle von
25 mm/h nicht ausgeschlossen werden.
Ansonsten scheint aber die Sonne von einem überwiegend nur locker bewölkten oder
gar wolkenlosen Himmel Dabei steigt die Temperatur im S und W auf 24 bis 29°C,
sonst auf 20 bis 24°C, im äußersten Norden - also etwa von den Ostfriesen bis in
die Uckermünder Heide - auf 17 bis 20°C. An der vorpommerschen Küste sind bis in
den Vormittag hinein noch einzelne Böen 7 Bft um West möglich, dann ist Schluss
mit Wind.

In der Nacht zum Freitag tut sich wettermäßig abgesehen von ein paar
Nebelfeldern nicht allzu viel. Auch im äußersten Süden dürfte sich die
Konvektion vorübergehend abschwächen. Ob sie allerdings vollständig zum Erliegen
kommt oder vielleicht in den Frühstunden aus den Alpen und der Schweiz heraus
wieder aufpoppt, muss an dieser Stelle (noch) unbeantwortet bleiben. Besonders
im Norden und Osten reicht es noch mal für eine frische Nacht mit Tiefstwerten
bis zu 5°C in einigen Trockengebieten.

Freitag... wandert der Höhenkeil oder auch flache Rücken, wie man will, langsam
ostwärts und erreicht mit seiner Achse am Abend den Osten und Nordosten unseres
Landes. Rückseitig dreht die Höhenströmung auf SW zurück und Teile des
Vorhersageraums gelangen auf die vorderste Vorderseite eines LW-Troges über dem
nahen Ostatlantik. Nun ist diese vorderste Vorderseite noch nicht wirklich
furchteinflößend, trotzdem tut sich bereits ein bisschen was in der Atmosphäre.
Zunächst mal beginnt der Luftdruck bei uns zu fallen, so dass das Hoch unter
Gesichtsverlust (gemeint ist, dass keine klare Zentralisobare mehr zu erkennen
ist) nach Osten abgedrängt wird. Gleichzeitig bildet sich bei unseren westlichen
Nachbarn eine meridional ausgerichtete Tiefdruckrinne, die den Fortsatz eines
Zentraltiefs süd-südwestlich von Island darstellt. Zwar bekommt die Rinne nebst
eingelagerter teilokkludierter Kaltfront noch keinen richtigen Zugriff auf
Deutschland, allerdings sorgt der in der unteren Troposphäre auf südliche
Richtungen drehend Wind dafür, dass die im Süden positionierte Warmluft
nordwärts ausgreift. So erreicht zum Tagesende die 10°C-Isotherme in 850 hPa die
deutsche Nord- und Ostseeküste. Dabei nehmen die Temperaturgegensätze (auch in
feuchtebeinhaltenden Parametern wie z.B. der pseudopotenziellen Temperatur)
immer weiter ab, so dass in der Vorhersagekarte T+60h die zuvor im Süden
liegende Luftmassengrenze weggelassen wurde. Fakt ist, dass auch die
Feuchtigkeit und Labilität aus dem Süden langsam nordwärts verfrachtet wird, im
Westen mehr als im Osten, wo doch sehr trockene Luft mit niedrigen Taupunkten
(einstellig) dagegenhält. Entsprechend verschiebt sich auch die Zone
potenzieller Gewitter peu a peu nord- bzw. nordwestwärts, auch wenn die höchsten
Feuchte- und CAPE-Werte tagsüber weiterhin auf den Süden Bayerns und BWs
beschränkt bleiben. Dort ist auch die Gefahr unwetterartiger Zellen (Starkregen,
dann Hagel) am größten, während Gewitter per se auch im
Nordschwarzwald/Nordbaden bis zur Pfalz, vielleicht sogar bis zur Eifel
auftreten können (dort dann aber eher im markanten Bereich).
Abgesehen von den Gewittern bleibt es warnfrei und bei reichlich Sonnenschein
erwärmt sich Luft auf 25 bis 29°C, am Rhein lokal vielleicht sogar 30°C. Wärmer,
wenn auch nicht ganz so warm wie weiter südlich, wird es auch im äußersten
Norden und Nordosten, wo 20 bis 24°C auf der Karte stehen.

In der Nacht zum Samstag greift die Tiefdruckrinne auf die westlichen
Landesteile über, wodurch dort die Gewitterwahrscheinlichkeit steigt und sich
möglicherweise bis in die Mitte ausdehnt. Ebenfalls möglicherweise läuft in der
Höhe auch schon ein erster flacher KW-Trog in der südwestlichen Strömung nach
NO, der das Ganze noch etwas verstärkt. Allerdings gelangen wir jetzt schon
wieder stark ins Reich der Spekulationen, die - das weiß man - ja ad infinitum
treiben kann. Das der Verfasser aber Gegenteiliges im Sinn hat, sprich, diese
Synoptische Übersicht nun endlich beenden will, sei an dieser Stelle Schluss.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die diversen Modelle, die auf dem Markt sind und heute früh begutachtet werden
konnten, zeigen eine sehr ähnliche Entwicklung. Etwas heterogener wird es am
Freitag hinsichtlich der Gewitterverteilung, vor allem zur Nacht auf Samstag
hin.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann