DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-05-2017 09:00
SXEU31 DWAV 300800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 30.05.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Gewitter mit Unwettergefahr durch Starkregen und Hagel. Heute vereinzelt über
der Mitte und im Südwesten, morgen verbreitet über der Mitte, im Schwarzwald und
am Alpenrand, Mittwoch nur noch südlich der Donau, am Donnerstag am Alpenrand.
Am Mittwoch im Norden, Osten und Nordosten starke Böen, in Richtung See
stürmische Böen und einzelne Sturmböen.


Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Dienstag... wandert der Höhenkeil allmählich ostwärts aus Deutschland ab. Damit
gelangt das Vorhersagegebiet auf die Vorderseite eines westeuropäischen Troges
in eine südwestliche Strömung. Damit werden heute nochmal schwülwarme Luftmassen
in große Landesteile geführt. Erst mit der Kaltfront, die in der zweiten
Tageshälfte von Westen her übergreift, werden diese von kühleren und stabileren
Luftmassen ersetzt.

Schon aktuell sind in einigen Landesteilen Gewitter aktiv. Diese sind
vornehmlich an eine vorgelagerte Konvergenz gekoppelt, die sich vor allem über
der Nordhälfte mit einem Windsprung um 180° (Ost auf West) auszeichnet, während
sie nach Süden stärker verwischt. Dort lassen sich hingegen viele kleine
Konvergenzen diagnostizieren. Auch im Norden sind Gewitter abseits der
Hauptkonvergenz zu finden. Die kräftigste Entwicklung spielte sich hingegen von
Hamburg ausgehend stromabwärts ab, wobei Bogenecho und Dopplerbilder auch auf
einer stärkere Windentwicklung (Sturmböen) hindeutete.

Bis zum Mittag wandert dieser Komplex zusammen mit der Bodenkonvergenz in
Richtung Osten und Nordosten ab. Auch die restlichen Gewitterherde sollten sich
zunächst erst einmal tagesgangbedingt abschwächen. Während der Nordwesten
anschließend mit der übergreifenden Kaltfront in den Bereich stabilerer
Luftmassen gerät, muss präfrontal mit einem Aufleben der Gewittertätigkeit
gerechnet werden. Kräftige Temperaturabnahme in der mittleren und unteren
Troposphäre (siehe beispielsweise das 00 UTC Sounding von Idar-Oberstein,
gepaart mit hohen Werten an spezifischer Feuchte sollen zur Ausbildung von
CAPE-Werten zwischen 1000 und 1500 J/kg, lokal bis 2000 J/kg führen. Mit der
Trogvorderseite können zudem synoptikskalige Hebungsimpulse wirken, die mit
Annährung der Kaltfront noch verstärkt werden. Die Zutaten für
Gewitterentwicklung sind also in einem breiten Streifen ausgehend von Hessen und
Rheinland-Pfalz weiter über Thüringen und Sachsen-Anhalt nordostwärts bestens
gegeben.

Weiter in Richtung Nordosten könnten die Gewitterreste und die abwandernde
Konvergenz der Luftmasse deutlich zusetzen, sodass fraglich ist, ob in diesen
Regionen genug Zeit ist, um am Nachmittag nochmal genug Energie aufzubauen. Viel
hängt davon ab, wie lange die dichten Wolken für eine Deckelung sorgen und ob es
im Anschluss nochmal richtig einstrahlen kann. Insofern ist die Gefahr in diesen
Regionen (Sachsen, Brandenburg, MeckPomm) im Vergleich zu Mitte etwas gedämpft.

Ebenfalls wenig sollten Teile von Bayern und Baden-Württemberg mit Gewittern zu
tun haben. Der Grund liegt im Mangel an Feuchtigkeit, der abgesehen vom
nördlichen BaWü und Mainfranken vor allem auch in den niedrigeren Taupunkten zu
sehen ist. Damit fehlt eine entscheidende Zutat. Davon ausgenommen sind
Schwarzwald/Schwäbische Alb sowie der unmittelbare Bayerische Alpenrand, die
durch orographische Effekte (z.B. moisture pooling) das Defizit überkompensieren
können

Welche Begleiterscheinungen sind mit den Gewittern heute verbunden? Um die Frage
zu beantworten ist entscheidend, dass von Nordwesten und Westen kommend die
hochreichende Scherung im Tagesverlauf deutlich zunimmt. So können die
betroffenen Gebiete mit 0-6 km Scherwerten von 10 bis 15, teils bis 20 m/s
überlappen. Die dynamischen Grundlagen sind also im Vergleich zum Vortag
deutlich besser, sodass mit organisierten Strukturen gerechnet werden kann. Bei
ppw-Werten zwischen 30 bis 35, lokal bis 40 mm steht erneut der Starkregen auf
dem Tableau, wenngleich die Zuggeschwindigkeit auf der Trogvorderseite deutlich
erhöht ist (um 40 kn). Dennoch sollte auch die Überschreitung der
Unwetterschwelle aufgrund von Starkregen mit bedacht werden, wie auch das
COSMO-DE EPS vornehmlich über Hessen andeutet. Mit der stärkeren Scherung und
den hohen CAPE-Werten rückt Hagel wieder in den Fokus, der lokal auch größer
sein kann (bis 5 cm). Zudem spielt durch die organsierteren Strukturen und einem
großen Spread in den untern Atmosphärenniveaus (siehe Prognosesoundings) Wind
eine zunehmende Rolle. Schaut man sich das COSMO-DE EPS an, so werden vor allem
über Hessen Wahrscheinlichkeiten von über 20 % für Bft 9 vorhergesagt und auch
für Bft 10 lassen sich Hinweise finden.

Über der Mitte ist also alles vorhanden für eine Schwergewitterlage, sodass dort
die Ausgabe einer Vorabinformation durchaus notwendig erscheint.

Die Gewitter im Süden liegen abseits der Dynamik mit deutlich geringerer
Zuggeschwindigkeit, sodass Starkregen und lokal größerer Hagel der
Hauptbestandteil sein dürften, während Wind eine eher untergeordnet Rolle
spielt.

In der Nacht auf Mittwoch greift der sich abflachende Trog auf den Norden über.
Gleichzeitig kommt die Kaltfront in Richtung Südosten voran, sodass große Teile
des Westens und Nordens in den Bereich stabilerer Luftmassen geraten. Die weiter
unwetterartigen Gewitter verlagern sich weiter in die östlichen Landesteile (vor
allem Sachsen und Südbrandenburg). Zudem können vom Alpenrand mit Annäherung der
Front und stärkerer Winddrehung auf Südwest die Gewitter aus den Alpen bis in
das Vorland wandern (etwa bis zur Donauregion). Während im Süden vor allem
Starkregen im Fokus steht, zeigt COSMO-DE EPS für den Osten den Wind als
markantes Element mit Wahrscheinlichkeiten für Bft 10, mit geringen
Wahrscheinlichkeiten auch darüber.

In der zweiten Nachthälfte ziehen die Gewitter aus dem Osten ab, während südlich
der Donau diese noch aktiv bleiben. Dabei besteht weiterhin Unwettergefahr durch
Starkregen. So gibt es auch Andeutungen, dass sich aus den Schweizer Alpen
(Bodenseeregion) ein Gewittercluster ausbilden kann. Auch im Süden sollte also
über eine mögliche Vorabinformation für den Abend und die Nacht auf Mittwoch
nachgedacht werden.

Davon abgesehen entspannt sich die Wetterlage im Rest des Landes. Entlang der
Küsten frischt der Wind mit zunehmendem Gradient aber deutlich auf, sodass Böen
Bft 7 möglich sind.


Mittwoch... gelangt Deutschland auf die Rückseite der ostwärts abziehenden
Trogachse in eine westliche, nordwestliche Strömung, mit der nur noch mäßig
warme Luftmassen herangeführt werden. Dabei ergibt sich eine Dreiteilung. Die
richtig kühle Luft ist im Norden aktiv mit Höchstwerten zwischen 15 und 20 Grad.
Über der Mitte schließt sich ein Streifen mit Höchstwerten im Bereich 21 bis 26
Grad an. Im Grenzbereich kann im Tagesverlauf geringfügig etwas Niederschlag
fallen. Nennenswerte Mengen sollten aber nicht zu Stande kommen. Im Süden hält
sich weiterhin die schwülwarme Luftmasse mit Höchstwerten zwischen 25 und 28
Grad.

Vornehmlich südlich der Donau sind zunächst aus der Nacht heraus noch Gewitter
aktiv, die sich nach einer kurzen Schwächephase in der zweiten Tageshälfte
erneut intensivieren. Die ppw-Werte bleiben hoch und die Zuggeschwindigkeiten
nur moderat. Die Scherwerte sind hingegen nur gering. Schlussendlich läuft es
also wieder auf die Starkregengefahr hinaus, die bis in den Unwetterbereich
besteht. Auch größerer Hagel bis 3 cm ist denkbar. Der Wind sollte allerdings
eine eher untergeordnete Rolle spielen.

Wind ist hingegen im Norden und Nordosten sowie zum Teil im Osten ein Thema.
Dort ist der Gradient recht scharf, sodass im Tagesverlauf mit Böen Bft 7 zu
rechnen ist. Vornehmlich an der Küste sind Böen Bft 8, exponiert auch Sturmböen
(Bft 9) aus West bis Nordwest zu erwarten.

In der Nacht auf Donnerstag nähert sich von Westen kommend ein flacher
Höhenkeil, sodass vorderseitig auch über Deutschland das Druckniveau ansteigt.
In der Mitte und im Norden sind trockene Luftmassen aktiv, sodass die
Wolkendecke verbreitet auflockert. Im Süden sind anfänglich noch Gewitter aktiv,
die sich zum Alpenrand zurückziehen und spätestens in der zweiten Nachthälfte
vollends zusammen fallen. Die Tiefstwerte im Norden und der Mitte liegen
zwischen 5 und 9 Grad, im Süden zwischen 14 bis 10 Grad.

An der Ostsee treten weiter Böen Bft 7, exponiert Bft 8 auf - mit nachlassender
Tendenz.

Donnerstag... befindet sich Deutschland weiter auf der Keilvorderseite unter dem
Einfluss von stabil geschichteten und trockenen Luftmassen. Dabei steigt das
Temperaturniveau im Süden wieder allmählich an. Die 850 hPa Temperatur steigt in
der Südhälfte wieder auf über 10 Grad, sodass dort die Höchstwerte zwischen 26
und 29 Grad erwartet werden. Weiter nach Norden bleibt das Temperaturniveau
verhalten, im äußersten Norden werden die Höchstwerte unter 20 Grad erwartet.

Dazu gibt es länger anhaltenden Sonnenschein, wenn man von ein paar dichteren
Wolkenfeldern im äußersten Norden absieht. Etwas anders schaut es in Richtung
Alpenrand aus, wo weiterhin die schwülwarme Luft liegt. Dort muss im
Tagesverlauf erneut mit der Ausbildung einzelner, teils kräftiger und
vornehmlich von Starkregen begleiteter Gewitter gerechnet werden.

An exponierten Küstenabschnitten der Vorpommerschen Ostsee kann es noch einzelne
Windböen geben, sonst bleibt es im großen Rest des Landes warnfrei.

Die Nacht auf Freitag verläuft von lokalen Nebelfeldern abgesehen warnfrei und
abgesehen vom äußersten Süden lockert die Wolkendecke stärker auf. Dabei liegen
die Höchstwerte von der Mitte bis in den Norden häufig im einstelligen Bereich
bis 5 Grad (am Boden bis 2 Grad). Im Süden werden 15 bis 10 Grad erwartet.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die kurzfristige Entwicklung wird einheitlich vorhergesagt. Unterschiede und
Unsicherheiten ergeben sich allerdings bezüglich der genauen Schwerpunkte und
das Ausgreifen der zu erwarteten Gewitter. Diese wurden im Text angesprochen.

Die kurzfristige Entwicklung wird

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer