DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-05-2017 09:00
SXEU31 DWAV 210800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 21.05.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HM (Hoch Mitteleuropa) mit Übergang zu NWa (Nordwest antizyklonal).

Meist ruhiges, wenn auch nicht ganz störungsfreies Wetter. Am Montag und
Dienstag an den Alpen und im Bayerischen Wald eine geringe
Gewitterwahrscheinlichkeit.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... Tag 1 nach der BL-Saison 2016/17 - der HSV hat es tatsächlich
geschafft, um seine ach so lieb gewonnenen Relegationsspiele herumzukommen und
Bayern ist mal wieder überraschend Deutscher Meister geworden - präsentiert sich
die Atmosphäre ruhig und geschmeidig ohne böse Absichten. Verantwortlich dafür
zeichnet ein Höhenrücken, der von SW-Europa zur Ostsee gerichtet ist, um dort
fast rechtwinklig gen Grönland abzubiegen, was dem ganzen Gebilde eine
sichelförmige Struktur verleiht - entzückend. Entzücken auch, dass es zu dem
Rücken ein korrespondierendes Bodenhoch gibt, das heute früh mit etwas über 1025
hPa mittemang über Deutschland lag und von dort heute auch nur wenig abrücken
wird. Entsprechend bestimmt in weiten Teilen des Landes Absinken das Geschehen,
wobei sich bei 750 hPa oder etwas darunter eine Inversion gebildet hat. Die
eingeflossene kühle Meeresluft - heute früh reichte es im SW am Boden
stellenweise für Werte um 0°C - kann darunter weiter abtrocknen und sich
erwärmen, gleichwohl bilden sich aber flache Quellwolken, die sich an der
Sperrschicht geringfügig ausbreiten. Eine nennenswerte Wolkendecke wird sich
dabei aber in den meisten Regionen nicht ausbilden, so dass verbreitet die Sonne
scheint. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass in den W und NW (also an
der NW-Flanke des Rückens) einige hohe Wolkenfelder ziehen, die die Einstrahlung
aber nur marginal dämpfen sollten.
Bewölkungstechnisch in der Hinterhand präsentiert sich der SO, vornehmlich
Bayern (im Osten stärker als im Westen) sowie Teile Sachsens und Thüringens
(dort vor allem das Bergland), wo nieder- und mitteltroposphärisch mit einer
nördlichen bis östlichen Strömung wolkenreichere Luft advehiert wird und wo sich
über dem Bergland sogar ein paar wenige schlappe Schauer entwickeln können.
Mangels ausreichend Energieinput wird es dort schwer, heute die 20-Grad-Marke zu
knacken, meist werden es am Nachmittag 16-19°C sein. In den übrigen Regionen
hingegen geht es rauf auf 20 bis 23°C, zieht man mal das mittlere und höhere
Bergland sowie die Inseln und Küstenabschnitte mit auflandiger Windkomponente
ab.

In der Nacht zum Montag ändert sich wenig an der antizyklonalen Konstellation.
Im SO halten sich noch einige Restwolken, sonst wird es gering bewölkt oder
klar. Zu mehr als ein paar flachen Nebelfeldern wird es wahrscheinlich nicht
mehr reichen, außerdem wird die Nacht etwas milder als die vergangene, auch wenn
es vielerorts noch mal auf unter 10°C abkühlt.

Montag... wird der Rücken von einem schwachen KW-Trog unterminiert, der bereits
schon in der Nacht im Westen am "bohren" ist. Letztlich schwächt sich der Rücken
etwas ab respektive verliert etwas an Kontur, was seiner Wirkung aber keinen
Abbruch tut. Auch die leichte Abschwächung des Bodenhochs bei gleichzeitiger
Verlagerung des Schwerpunktes zur Nordsee hin kann nicht verhindern, dass der
Start in die neue (kurze) Woche verbreitet sonnenscheinreich und trocken
verläuft. Dabei wird von Osten her allmählich etwas wärmere Luft eingesteuert
(T850 am Tagesende etwa zwischen 5°C im äußersten N und 10°C im äußersten S),
hinzu kommt der diabatische Erwärmungsfaktor durch die große Tageslänge.
Entsprechend steigt die 2m-Temperatur verbreitet auf 20 bis 25°C mit den
höchsten Werten im W und SW. Im Rheinland und im Oberrheingraben reicht es an
der einen oder anderen Stelle sogar für 26°C, dafür bleibt es im Bergland sowie
unmittelbar an der Küste naturgemäß etwas frischer.
Eine kleine Schwachstelle hält sich nach wie vor im SO sowie in der östlichen
Mitte, wo die Quellungen etwas stärker ausfallen können, wenn auch nicht mehr so
stark wie heute. Trotzdem ist insbesondere am Alpenrand, wo die Luftmasse am
feuchtesten (PPW bis zu 20 mm) und labilsten ist (LapseRates teils unter
-0,7K/100m) und entsprechend sogar etwas ML-CAPE bis zu 300 J/kg generiert wird,
durch erzwungene Hebung mit einzelnen Schauern und vielleicht sogar einem
Gewitter zu rechnen, auch wenn das Gros möglicher konvektiver Umlagerungen
inneralpin zu erwarten ist.

In der Nacht zum Dienstag zieht der o.e. KW-Trog ohne große Wirkung ostwärts ab,
baut dabei aber den vor Ort befindlichen Höhenrücken weiter ab. Über dem nahen
Ostatlantik formiert sich aber bereits der nächste, vorerst noch recht breit
aufgestellte und mit geringer Amplitude versehene Rücken. Bei uns dreht die
Höhenströmung auf NW, im Norden mehr auf W, wobei von der Nordsee und Benelux
leichte WLA in Gang kommt, die sich zunächst aber nur in hohen Wolkenfeldern
äußert.
Ansonsten wird die Nacht - abgesehen von einigen Restwolken im SO - aber klar
mit Tiefstwerten zwischen 6°C (im O) und 13°C (im W).

Dienstag... beginnt sich der Höhenrücken über dem nahen Ostatlantik aufzuwölben,
so dass stromab bei uns die westlichen bis nordwestlichen Höhenwinde etwas nach
rechts drehen. Die Strömung ist dabei antizyklonal konturiert und bis auf ein
räumlich eng begrenztes und auch nur schwach ausgeprägtes WLA-Gebiet, das
langsam südostwärts schwenkt, sind keine dynamischen Hebungsimpulse auszumachen.
Trotzdem, da das Bodenhoch bei uns etwas schwächelt (über Westeuropa formiert
sich allerdings schon das nächste), schafft es das okkludierte Frontensystem
eines Tiefs unweit von Island, von der Nordsee und Benelux auf den W und NW des
Landes überzugreifen, ohne dabei aber den ganz großen Alarm auszulösen. Ohne
nennenswerten Support aus der Höhe wird sich die Angelegenheit mit hoher
Wahrscheinlichkeit auf einige dichtere Wolkenfelder (aber nicht dauerhaft
bedeckt) und ein paar wenige schwache Schauer beschränken, wenn überhaupt. So
lässt es z.B. ICON weitgehend trocken, während GFS einigermaßen auf den Putz
haut und sogar einzelne Gewitter simuliert, die wahrscheinlich aber eine
numerische Brut chronisch zu hoch simulierter Taupunkte sind (ECMF nimmt
übrigens eine Zwischenlösung ein und simuliert ein paar schwache Schauer, was
dem Verfasser aus heutiger Sicht am wahrscheinlichsten erscheint).
Nach S und O sowie zur Mitte hin scheint häufig die Sonne von einem nur locker
bewölkten Himmel. Allerdings präsentiert sich der äußerste SO weiterhin anfällig
für etwas stärkere Quellungen, was vor allem am Alpenrand und im Bayerischen
Wald einzelne Schauer oder auch Gewitter zur Folge haben kann - kann deswegen,
weil die Hauptaktivität der Konvektion ost-südöstlich von uns in Südböhmen und
Mähren sowie in Österreich simuliert wird. Fakt ist, dass die Erwärmung weitere
Fortschritte macht, 21 bis 26°C stehen am Nachmittag landesweit auf der Karte,
abzüglich des höheren Berglands und der Küstenabschnitte, wo der Wind von der
See kommt. Im SW geht es teilweise sogar hoch auf 27°C, punktuell vielleicht
sogar 28°C.

Noch ein Wort zur Nacht auf Mittwoch, wo sich über dem Skagerrak ein Bodentrog
bzw. ein kleines Bodentief etabliert, während der Luftdruck über Westeuropa
weiter steigt. Das Ergebnis ist ein vor allem im NO sich verstärkender Gradient
und aufbrisender NW-Wind, der an der Ostsee Böen bis Stärke 7 Bft produzieren
kann. Die okkludierte Front zieht unter allmählicher Abschwächung
ost-südostwärts, wobei hier und da noch ein paar Tropfen Regen fallen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die grundlegende Entwicklung wird von den einschlägigen Modellen unisono
simuliert. Demnach stehen wir vor einer ruhigen aber nicht gänzlich ungestörten
Kurzfrist. Auffallend sind nach wie vor die Diskrepanzen in der Niederschlags-
und Wetterinterpretation zwischen dem "feuchten" und gewitterlastigen GFS und
dem "trockenen" ICON mit einem dazwischenliegenden ECMF.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann