DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-04-2017 23:00
SXEU31 DWAV 211800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 21.04.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nordwestlage mit Kaltfrontdurchgang am Samstag: Im Norden und Osten zunehmend
windig, in Schauern stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... liegt ein Höhenrücken mit zugehörigen Bodenhoch über dem Atlantik
und über Westeuropa. Seine Achse erstreckt sich zonal von Groß Britannien über
Süddeutschland bis zum Balkan. Gleichzeitig befindet sich ein Langwellentrog
über Skandinavien, der allmählich Richtung Osteuropa und östliches Mitteleuropa
austrogt und den Höhenkeil nach Süden verschiebt. Zwischen dem zugehörigen
Bodentief und dem Hochdruckkeil verstärkt sich der Gradient im Nordosten
Deutschlands, was dort zu einer Windzunahme führt. Dann kommt es im Norden und
Nordosten zu Windböen (Bft 7), an den Küsten zu stürmischen Böen (Bft 8) aus
West bis Nordwest. Auch in einigen windanfälligen Lagen des Ostens sind einzelne
Böen Bft 7 möglich. Auf dem Brocken und dem Fichtelberg treten Sturmböen (Bft 8
bis 9) auf. MOS-MIX simuliert im Nordosten verbreitet stürmische Böen für die
Nacht. Diese Vorhersage scheint in Anbetracht der stabilen Schichtung zu
aggressiv.
Die Warmfront des Skandinavientiefs liegt über der Mitte Deutschlands. Die
Nordhälfte wurde im Warmsektor mit dichter Bewölkung überzogen, die sich
unterhalb einer Absinkinversion auf etwa 800 hPa durch Advektion feuchter Luft
ausgebreitet hat.


In der Nacht zum Samstag schwenkt ausgehend von dem Höhentrog über Skandinavien
ein Kurzwellentrog von Südnorwegen über die Ostsee hinweg Richtung Nordostpolen.
Dabei nimmt die nordwestliche Höhenströmung über Deutschland eine zunehmend
zyklonale Kontur an. Somit kommt auch die Kaltfront des mittlerweile über
Finnland liegenden Tiefs weiter nach Süden voran und erreicht Samstagfrüh die
mittleren Landesteile. In Verbindung mit dem Kurzwellentrog verstärken sich auch
die frontalen Hebungsprozesse etwas, sodass mit Frontpassage gebietsweise bis 5
mm Regen, in den Nordweststaulagen der nördlichen Mittelgebirge
(Sauerland/Rothaargebirge/Erzgebirge) bis 10 mm fallen. Postfrontal fließt
deutlich kältere Polarluft (850 hPa-Temperatur um -7 °C) ein, sodass die
Schneefallgrenze in den nödlichen Mittelgebirgen am Morgen bis auf etwa 600 m
fällt. Jedoch ist die Niederschlagsintensität auf der warmen Seite der Front zu
finden. Mit Eintreffen der Kaltluft lassen die Niederschläge rasch nach. Somit
kann sich auch in den Kammlagen allerhöchstens eine sehr dünne Schneedecke
bilden.

Im Nordosten fließt im Trogbereich höhenkalte Luft (500 hPa-Temperatur ~ -30
°C) ein, sodass in der 2. Nachthälfte dort Graupelschauer zu erwarten sind.
Im äußersten Süden bleibt der Himmel noch teils klar, weshalb dort nochmal
leichter bis mäßiger Frost zu erwarten ist. Sonst bleibt es frostfrei.

Samstag ... kommt die Kaltfront mit sich weiter südwärts ausbreitenden Trog bis
zum Abend bis an die Alpen voran. Dahinter dreht die Strömung auf Nordwest und
zwischen dem Skandinavientief und dem Atlantikhoch fließt maritime Polarluft
ein. Im Nordosten kommt die Höhenkaltluft mit 500-hPa-Temperaturen um -32 °C
etwas weiter südlich voran, wodurch sich dort zahlreiche Schauer und einzelne
Kaltluftgewitter (CAPE ~300 J/kg) mit Graupel bilden können. Durch die labile
Grenzschicht und den sich noch etwas verstärkenden Gradient können in
Zusammenhang mit Schauern starke bis stürmische Böen durch vertikalen
Impulstransort "nach unten gemischt werden". Verbreiteter treten stürmische Böen
in Mecklenburg-Vorpommern und eventuell Norden Brandenburgs sowie an den
Küstenabschnitten auch etwas landeinwärts auf.

Mit Annäherung der Kaltfront an die Alpen sind auch im Süden einzelne starke
Böen (Bft 7) aus westlichen Richtungen nicht ausgeschlossen. In den Gipfellagen
der Alpen und der östlichen Mittelgebirge treten ebenfalls stürmische Böen auf
(Bft 8).
Weiter werden die Schauer durch postfrontales Absinken und einer weniger labilen
Schichtung immer seltener und die Auflockerungen nehmen zu.

In der Nacht zum Sonntag wird der Haupttrog etwas nach Osten verdrängt. Der
Osten Deutschlands wird dabei noch zyklonal beeinflusst. Deshalb lässt dort die
Schaueraktivität nur langsam nach. Die Schneefallgrenze sinkt bis zum Morgen auf
400 m. Die Neuschneemengen bleiben gering (maximal 1 bis 4 cm im Fall von
kräftigeren Schauern). Dennoch ist oberhalb von 400 m mit Glätte zu rechnen.
Im Laufe der Nacht überquert die Kaltfront die Alpen, wobei sich in der
Nordwestströmung dort eine Staulage einstellt. Die Schneefallgrenze sinkt bis
zum Morgen bis in die höher gelegenen Alpentäler ab (etwa 900 bis 800 m). Dabei
fallen bis Sonntagfrüh je nach Höhenlage 5 bis 10 cm, in einigen Staulagen um 15
cm Neuschnee.
Bodenfrost wird verbreitet simuliert. Luftfrost tritt allerdings nur im Bergland
verbreiteter auf.

Sonntag ... kommt der Höhenrücken weiter ostwärts voran, sodass wir zunehmend in
dessen Einflussbereich gelangen. Auch im Bodendruckfeld baut sich eine
Hochdruckbrücke auf, die ausgehend von einem Hoch über dem Nordostatlantik über
weite Teile Deutschlands hinweg bis in den Südosten Europas reicht. Der Gradient
fächert allmählich auf, sodass der Wind im Tagesverlauf nachlässt. Anfangs sind
aber im Norden und Nordosten noch einzelne starke Böen, an den Küsten auch
stürmische Böen zu erwarten. In der Nordosthälfte hält der zyklonale Einfluss
zunächst noch an, sodass vor allem in der ersten Tageshälfte dort noch mit
Schauern zu rechnen ist, bevor diese am Nachmittag von Westen nachlassen. Bei
850-hPa-Temperaruren um -7 °C sind die Schauer teilweise mit Schnee und Graupel
vermischt. Bei im Bergland ist dabei vorübergehend mit Glätte zu rechnen.

In der Nacht zum Montag schwenkt der Höhenrücken über Deutschland ostwärts,
wobei er sich aufgrund einer neuerlichen Austrogung nördlich der Britischen
Inseln noch etwas weiter aufwölbt. Verbreitet klart es auf, wobei südlich der
Mittelgebirgsschwelle verbreitet Frost bis -4 °C simuliert würd.
Auf den Norden greifen die Wolken einer Warmfront über, die zu einem Tief
gehören, das unter leichter Intensivierung vom Seegebiet nördlich von Schottland
rasch Richtung Skagerrak zieht.

Montag ... zieht der Höhentrog nach Osten. Von Westen nähert sich allerdings ein
neuer Höhentrog, der sich stromabwärts eines nach Grönland vorstoßenden
Höhenkeils verstärkt. Folgerichtig dreht die Strömung gesamttroposphärisch von
NW über W auf SW, am Boden ageostrophisch z.T. sogar auf südliche Richtungen
zurück. Dadurch wird die am Wochenende eingeflossene maritim-polare Luftmasse
verdrängt und durch mildere Luft ersetzt. Im Süden steigt die 850-hPa-Temperatur
bis zum Tagesende bei leichtem Zwischenhocheinfluss auf über +5°C, in Südbaden
und dem Alpenvorland sogar bis zu 9°C. Nach Norden hin wird es nicht ganz so
mild, zudem bleibt es dort auch wechselhafter, was einem zum Mittagstermin im
Bereich Skagerrak gelegenen Tiefs geschuldet ist.
ICON und in Ansätzen auch GFS simulieren an der Kaltfront des Tiefs eine Welle,
die auf den Norden Deutschlands mit etwas kräftigeren Niederschlägen übergreift.
Diese sollen in der Nacht zum Dienstag in den westlichen Mittelegbirgen auf der
kalten Seite leichte bis mäßige im ICON sogar starke Schneefälle bringen. ECMWF
hält die Kaltfront bis zum Abend noch über der Nordsee zurückhängen.
Des Weiteren nimmt der Gradient im Norden zu. Ob und wo in der Nordhälfte starke
Böen auftreten, hängt von der Entwicklung des Tiefs und der eventuellen Welle ab
und lässt sich derzeit schwer abschätzen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Bis auf die angesprochenen Unsicherheiten am Montag sehen die Modelle recht
ähnlich aus.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christian Herold