DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-04-2024 08:01
SXEU31 DWAV 250800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 25.04.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang von TrM (Trog Mitteleuropa) zu Sz (Süd zyklonal)

Markanter Strömungs- und Luftmassenwechsel im Anmarsch!! Heute noch mal kühles
und wechselhaftes Aprilwetter. Am Freitag (schon milderer) Übergangstag. Zum
Wochenende dann merklich wärmer, in der Nordwesthälfte aber wechselhaft. In den
Alpen aufkommender Südföhn.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... befinden sich Mitteleuropa respektive Deutschland - noch muss man
betonen! - unter einer großräumigen Trogkonfiguration, die sich von Nordeuropa
bis in den Mittelmeerraum erstreckt. Dabei lässt sich über der Nordsee ein
kleines, weitgehend stationäres Höhentief ausmachen, das maßgeblich an der
Regulierung des hiesigen Wettergeschehens beteiligt ist. Fast noch wichtiger
allerdings ist die Tatsache, dass sich auf der Westflanke des großen Troges über
dem nahen Atlantik, genau genommen über dem Seegebiet knapp nordwestlich der
Grünen Insel, ein äußerst markanter Randtrog mit integriertem Höhentief
eingefunden hat. Dieser Randtrog löst eine Schwerpunktverschiebung des gesamten
Trogsystems in Richtung Westen aus, was uns hier in Deutschland in den nächsten
Tagen auf dessen Vorderseite und damit unter eine südwestliche, mittelfristig
sogar südliche bis südöstliche Höhenströmung bringt. Mit dem Strömungswechsel
ist natürlich auch ein Luftmassenwechsel verbunden, der uns Schritt für Schritt
steigende Temperaturen bringt. So gesehen gilt es heute den letzten (es ist der
10. am Stück) arg unterkühlten Tag zu "würdigen", bevor wir bereits am morgigen
Freitag zumindest in einigen Regionen das Überschreiten der 15°C- und am Samstag
dann der 20°C-Marke feiern dürfen. Das, liebe Freunde, gab´s schon lange nicht
mehr und sollte uns mindestens mal eine kleine Cola ohne Eis zum Anstoßen wert
sein.

Doch zunächst zum Hier und Jetzt, an dem die inzwischen gealterte, aber noch
immer labil geschichtete Polarluft (xP;) das Geschehen vor Ort bestimmt.
Allerdings drehen die anfangs noch aus Nordwest wehenden Höhenwinde im
Tagesverlauf zurück auf West, was mit einer beginnenden gesamttroposphärischen
Erwärmung nebst Stabilisierung einhergeht. Bereits heute Morgen liegt die
500-hPa-Temperatur in der Südwesthälfte nur noch bei etwas über -30°C, während
auf 850 hPa noch landesweit Werte um -4°C gemessen werden. Heute Abend sind es
dann schon 0 bis -4°C (am mildesten im Süden) und die Zone mit der höchsten
Labilität zieht sich zusehends in den Norden und Osten zurück. Dort ist dann
heute auch die höchste Wetteraktivität zu erwarten, weil die Luftmasse
hervorragend mit einem kurzwelligen Troganteil sowie einer von der Nordsee
südostwärts exponierten Bodenrinne (CELINA; schöne Windkonvergenz) interagiert,
die langsam nordostwärts schwenkt. Neben zahlreichen Regen- und Graupelschauern
stehen auch einige kurze Gewitter auf der Agenda, die trotz teils guter Scherung
aufgrund der geringen Feuchte aber im gelben Warnbereich verbleiben dürften
(Graupel, Böen 7 Bft).

Auch im großen Rest des Landes kommt es trotz allmählicher Stabilisierung noch
zu konvektiven Prozessen, was heute Morgen ja schon gut zu beobachten ist. Die
Gewitterwahrscheinlichkeit ist aber geringer und am Nachmittag, vor allem aber
zum Abend hin sollte eine merkliche Abnahme der Schaueraktivität zu Tage treten.
Zwischen Schwarzwald und Bayerischem Wald lockern die Wolken dann mehr und mehr
auf, während im großen Rest der Nation sich die auflockernden Momente noch in
Grenzen halten.

Bei der Temperatur ist heute noch mal thermische Magerkost angesagt angesichts
apostrophierter Tageshöchstwerte zwischen 6 und 12°C (im Bergland entsprechend
weniger). Aber keine Angst, in den nächsten Tagen geht´s bergauf, versprochen.

In der Nacht zum Freitag allerdings geht´s erst noch mal bergab, was in einer
Tageszeit ohne nennenswerten Energieinput bzw. ohne nennenswerten Wind keine
wirkliche Überraschung ist. Insbesondere im Süden und Südosten, wo größere
Löcher in die Wolkendecke gerissen werden oder diese sogar gänzlich
verschwindet, kühlt es ebenso wie im höheren Bergland bis in den leichten
Frostbereich ab. Besonders dort, wo noch Restnässe von vorherigen Schauern
vorhanden ist, besteht Glättegefahr durch gefrierende Nässe. Außerdem wäre ein
lokales Nebelfeld keine Überraschung.

Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass die konvektive Aktivität
tagesgangbedingt ziemlich rasch in nächtlichen Müßiggang wechselt, was aber
nicht bedeutet, dass es deutschlandweit trocken bleibt. Zwei Baustellen tun sich
diesbezüglich auf: eine ganz kleine und eine mittelschwere. So greift auf der
Südflanke des Nordseehöhentiefs nicht nur ein kleines Hebungsgebiet (Überlappung
von WLA und einem kleinen PVA-Maximum) auf den Nordwesten über. Es macht sich
zudem ein flaches Bodentief von der westlichen Nordsee auf den Weg zur Deutschen
Bucht. Dieses Tief verfügt über eine schwache Kaltfront, die ebenfalls einen
Beitrag zur Vertikalbewegung leistet, so dass unter dem Strich ein kommaförmiges
Regenband auf Nordwestdeutschland übergreift. Aufsummiert bis zum Morgen können
gebietsweise 5 bis 10 l/m² zusammenkommen.

Die kleinere Baustelle wird im äußersten Südwesten im Grenzbereich zu Frankreich
aufgemacht, wo vorderseitig eines flachen Randtrogs nicht nur dichte Wolken,
sondern nach Mitternacht auch etwas Niederschlag aus unserem Nachbarland
importiert werden (unter 5 l/m²). Im Hochschwarzwald können ein paar Flocken am
Start sein, sonst ist es meist Regen, der da runterkommt.

Freitag... schwenkt der Randtrog über den nahen Atlantik dicht an der Biskaya
vorbei nach Süden. Das großräumige Troggebilde erhält dadurch eine positive,
also nach Südwesten gerichtete Hauptachse, was bei uns ein weiteres Rückdrehen
der Höhenströmung auf Südwest zur Folge hat. Diese Südwestströmung ist zunächst
noch zyklonal konturiert, was übrigens auch für die Bodendruckverteilung gilt.
Da verbringen wir den morgigen Freitag auf der Südostflanke einer flachen, etwa
vom Seegebiet knapp west-nordwestlich der Iberischen Halbinsel bis zur
Kimbrischen Halbinsel reichenden Tiefdruckzone, in die mehrere kleine
Druckminima (etwas unter 1005 hPa) eingelagert sind. Die Druckgegensätze sind
gering, so dass der Wind keine prominente Rolle spielt. Dafür hakt´s noch ein
bisserl mit dem Wetter, was größtenteils mit den in der Vornacht eingerichteten
Baustellen zusammenhängt.

Da wäre zunächst mal der Nordwesten, wo die Kaltfront des unscheinbaren
Nordseetiefs (um 12 UTC irgendwo dicht vor den Ostfriesischen Inseln) mangels
Schubkomponente nicht richtig weiterkommt und sogar in die Warmfront eines
weiteren Tiefs nahe Cornwall übergeht. Vornehmlich von Westfalen über Teile
Niedersachsens bis nach SH und MV fällt weiterer Regen, der noch immer frontal
organisiert ist (gebogenes, nicht überbordend breites Band) und über den Tag
weitere 1 bis 7 l/m² der Erde zuführt. Am Nachmittag beginnt das
Niederschlagsband dann zusehends auseinanderzubröseln, weil die zyklonale
Unterstützung aus der Höhe schwächer wird (Glättung der Höhenströmung). Hinter
der Front, also im erweiterten Nordseeumfeld, bleibt es voraussichtlich nicht
nur trocken, es scheint mitunter sogar die Sonne. Die lässt sich auch nach
Osten, vor allem aber nach Südosten hin (weite Teile Bayerns, Lausitz) blicken,
während sie im Westen so ihre Schwierigkeiten hat, sich gegen das Gewölk
durchzusetzen.

Vergessen wir nicht Baustelle #2 im Südwesten, wo der o.e. Randtrog über
Frankreich weiter nach Osten vorankommt und dabei mit einer feuchten und
leidlich labil geschichteten Luftmasse interagiert. So weiten sich die
schauerartigen, meist schwachen Regenfälle im Tagesverlauf noch etwas weiter in
Richtung Grenze BaWü-Bayern bzw. westliche Mitte aus. Ob das zur Verfügung
stehende geringe Quantum CAPE ausreicht, die Schauer vereinzelt elektrisch
aufzupeppen, ist fraglich. Weniger fraglich hingegen, dass Schnee selbst ganz
oben keine Rolle mehr spielt, weil die gesamttroposphärische Erwärmung weitere
Fortschritte macht. So steigt T500 bis zum Abend auf rund -26°C, während die
850-hPa-Temperatur verbreitet auf 0 bis +5, direkt an den Alpen sogar bis +7°C
hochgeht. Einzig ganz im Norden (Küste + küstennahes Binnenland) stehen dann
noch leichte Minusgrade auf der Karte. Projiziert auf das 2m-Niveau bedeutet das
einen Temperaturanstieg auf 12 bis 16°C, im Südosten punktuell sogar 18°C.
Einzig im äußersten Norden muss man sich mit einer Spanne zwischen 9 und 13°C
begnügen.

In der Nacht zum Samstag erreicht der atlantische Randtrog, der inzwischen den
gesamten Südteil des Haupttroges ausmacht, die Iberische Halbinsel. Dadurch
steilt die Höhenströmung bei uns noch etwas weiter auf und bekommt zudem eine
antizyklonale Krümmung verpasst, die einen leichten Druckanstieg induziert.
Gleichzeitig nimmt die o.e. Tiefdruckzone am Boden eine zunehmend meridionale
Ausrichtung an. Zwischen ihr und einem schwachen Hoch über dem nahen Osteuropa
dreht der Bodenwind auf Südost, ohne dabei aber nennenswerte Akzente zu setzen.
Im Norden zieht die ehemalige Kaltfront nun als Warmfront Richtung Küste,
wodurch die 0°C-Isotherme auf 850 hPa bis an die Grenze zu Dänemark gedrückt
wird. Gleichzeitig schwächt sich das frontale Regenband weiter ab bzw.
zerfleddert bis zur Unkenntlichkeit. Dass es trotzdem nicht überall trocken
bleibt, liegt zum einen an den Schauern aus dem Südwesten, die sich in der Mitte
noch bis weit in die Nacht halten können. Schauer sind auch im äußersten Westen
und Nordwesten möglich, weil dort die Luftmasse ausreichend feucht und labil ist
und zudem ein ganz flacher Sekundärtrog durchschwenkt. Temperatur von 0°C oder
leichter Frost beschränken sich nur noch auf das höhere Bergland sowie den
Alpenrand. Ansonsten stehen Tiefstwerte zwischen 7 und 1°C auf dem Zettel. Hier
und da bildet sich Nebel.

Samstag... verbringen wir unter einer süd-südwestlichen Höhenströmung, die in
den Alpen den aufkommenden Südföhn unterstützt. Vor allem in der Schweiz dürfte
der Föhn angesichts eines Drucküberschusses Lugano-Zürich von etwa 11 hPa mehr
als substanzielle Duftmarken setzen. Aber auch auf deutschen Alpengipfeln bzw.
anfälligen Höhenlagen muss mit Sturm, in anfälligen Tälern evtl. mit stärkeren
Böen bis 7 Bft gerechnet werden. In der westlich von uns positionierten
Tiefdruckzone übernimmt ein Drehzentrum die Regie, welches im Tagesverlauf mit
etwas unter 1000 hPa im Tank von Nordspanien über die Biskaya zum Ärmelkanal
zieht. Deutschland gelangt in den riesengroßen Warmsektor dieses Tiefs, in dem
Luftmassen subtropischen Ursprungs den Weg zu uns finden. T850 steigt bis zum
Abend auf etwa 4°C im Küstenraum bis zu föhnunterstützten 11°C am Alpenrand. Der
Föhn ist es auch, der der Warmluft im Süden und Südosten eine hohe Labilität
verleiht, welche aufgrund des geringen Wasserdampfgehalts aber nicht für
konvektive Zwecke genutzt werden kann. Stattdessen scheint in weiten Teilen der
Südosthälfte die Sonne von einem überwiegend gering bewölkten Himmel (meist
Cirren, vielleicht ein paar mittelhohe Schollen). Dabei steigt die Temperatur
auf 18 bis 22°C, mit Sonnen- und Föhnunterstützung (auch hinterm Erzgebirge
wird´s leicht föhnig) lokal vielleicht sogar 23°C - das hatten wir lange nicht.


In die Nordwesthälfte strömt zwar auch Warmluft, allerdings kann diese sich dort
nicht ganz so gut entfalten wie weiter südöstlich. Das liegt natürlich an der
etwas niedrigeren 850-hPa-Temperatur, vor allem aber auch am höheren
Wasserdampfgehalt mit PPWs zwischen 15 und 20 mm und dem damit verbundenen
höheren Wolkenanteil. Doch nicht nur das, auch auf dem Sektor
Niederschlag/Konvektion wird etwas geboten. Zwar ist die Luftmasse nicht so
labil wie im Südosten, was durch die höhere Feuchte aber überkompensiert wird.
Und so stehen teilweise wenige hundert Joule pro Quadratmeter CAPE zur
Verfügung, um neben Schauer auch ein paar Gewitter entstehen zu lassen. Aufgrund
leidlicher Scherung sowie einer leicht inversen V-Struktur im unteren Bereich
(trockene Grundschicht) sind auch markante Entwicklungen mit Böen 8 Bft sowie
kleinkörnigem Hagel nicht gänzlich ausgeschlossen. Die Höchsttemperatur liegt
zwischen 16 und 21°C, direkt an der See im Falle auflandigen Windes (bei Südost
vor allem Teile der schleswig-holsteinischen Ostseeküste) ein paar Grad
darunter.

In der Nacht zum Sonntag ändert sich nur wenig an der GWL, wenn man mal davon
absieht, dass die Höhenströmung noch etwas weiter rückdreht auf fast glatt Süd.
Die Westhälfte bleibt anfällig für Schauer respektive schauerartigen Regen, die
Gewitterneigung nimmt hingegen ab. Nach Osten hin verläuft die Nacht gering
bewölkt oder klar und trocken. In den Alpen dauert der Föhn an. Die Tiefstwerte
liegen zwischen 12 und 5°C, im Südosten stellenweise etwas darunter. Frost ist
kein Thema mehr.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Umstellung der Wetterlage ist unstrittig. Dass gerade im Hinblick auf die
beschriebenen konvektiven Prozesse Detailunterschiede in den numerischen
Prognosen auftauchen, ist durchaus handelsüblich. Das Vorhersagekonzept wird
dadurch aber nicht wirklich gestört.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann