DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-04-2024 17:01
SXEU31 DWAV 181800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 18.04.2024 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Weiterhin unbeständig und sehr kühl. Am Freitag auch im Binnenland bzw. in den
Niederungen gebietsweise stürmische Böen, in den Gipfellagen bis in die Nacht
zum Samstag (schwere) Sturmböen.
Dazu im Bergland winterlich, vor allem ab Freitagabend bis Samstagvormittag in
den Hochlagen der Mittelgebirge und an den Alpen markante Neuschneemengen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC
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Aktuell ... reicht ein Langwellentrog vom Nordmeer über Skandinavien und das
östliche Mitteleuropa bzw. Osteuropa bis in den Mittelmeerraum. Flankiert wird
dieser von einem kräftigen Höhenrücken über dem Ostatlantik, woraus sich eine
aktuell diffluent konturierte nordwestliche Höhenströmung über Deutschland
ergibt. Darin eingebettet, überquert ein Kurzwellentrog die Nordsee im Laufe der
Nacht rasch südostwärts und erreicht morgens bereits die Kimbrische Halbinsel
bzw. die Deutsche Bucht.
Im Bodenfeld kann der Trog zunehmend mit dem Tiefdruckgebiet "ANNINA"
interagieren; dessen Südflanke profitiert schon aktuell vom trogvorderseitigen
dynamischen Hebungsantrieb, so dass sich dort ein Rand- bzw. Teiltief über
Schottland entwickeln konnte, das im Laufe der Nacht rasch südostwärts
vorankommt, dabei deutlich vertiefen kann und morgens mit einem Kerndruck von
etwa 997 hPa knapp nördlich von Sylt aufschlägt.
Der von Westen her ins Vorhersagegebiet gerichtete Bodenhochkeil wird somit
rasch nach Süden abgedrängt, wodurch der Druckfall im Norden deutlich stärker
ausfällt als im Süden und sich der Gradient entsprechend verschärft.
Das Frontensystem des Tiefs greift ausgangs der Nacht bei rasch fortschreitendem
Okklusionsprozess auf den Nordwesten Deutschlands über, die Kaltfront überquert
morgens die Nordseeküste. Bereits weit im Vorfeld werden aufgrund der kräftigen
WLA die Wolken im Norden und in der Mitte rasch dichter und gegen Mitternacht
setzen im Nordseeumfeld Regenfälle ein, die morgens die gesamte Nordwesthälfte
erfasst haben und zunehmend auch auf die Mitte übergreifen. Dabei fallen
vielerorts 5 bis 10 l/qm, gebietsweise auch etwas mehr.
In den schmalen Warmsektor des Tiefs wird vorübergehend etwas mildere Meeresluft
advehiert mit nahe 0 Grad in 850 hPa, so dass die Schneefallgrenze in den
westlichen und zentralen Mittelgebirgen rasch bis in die Kammlagen steigt, im
Oberharz auf etwa 600 bis 800 m.
Warnrelevant wird mit dem sich verschärfenden Gradienten der Wind. Der frischt
im Laufe der zweiten Nachthälfte zunächst im Nordseeumfeld, morgens auch im
Binnenland auf mit Böen Bft 7 bis 8 an der Küste und Bft 7 in freien Lagen, in
den Kammlagen der Gipfellagen Bft 8 und auf dem Brocken Bft 9. Mit Frontpassage
dreht er morgens an der Nordsee auf Nordwest.
Mit Annäherung des Höhentroges gelangt in den Nordwesten allmählich wieder etwas
kältere Höhenluft mit -30 Grad in 500 hPa und -2 Grad in 850 hPa, die Luftmasse
ist somit zunehmend instabil geschichtet. Zusammen mit dem kräftigen dynamischen
Hebungsantrieb könnte das mit Frontpassage bzw. postfrontal morgens im Norden
bereits für ganz vereinzelte kurze Graupelgewitter reichen.
In der Süd- und in Teilen der Osthälfte verläuft die Nacht dagegen noch
verhältnismäßig ruhig. Mit Durchschwenken des Hochkeiles klingen die aktuellen
Schauer und vereinzelten kurzen Gewitter in den kommenden Stunden rasch ab, an
den Alpen hört es im Laufe der zweiten Nachthälfte allmählich auf zu schneien,
bis dahin fallen dort noch gebietsweise über 5 cm Neuschnee in den Staulagen.
Ansonsten lockern die Wolken vorübergehend auf und bei nur schwachem Wind kühlt
es auf Werte nahe dem Gefrierpunkt ab. In ungünstigen Lagen, vor allem in
einigen Mittelgebirgstälern, gibt es leichten Frost, vielerorts aber Bodenfrost
und stellenweise bildet sich Nebel. In der Nordwesthälfte bleibt es dagegen mit
Minima zwischen 6 und 1 Grad frostfrei.

Freitag ... greift der kurzwellige Randtrog unter Amplifizierung auf das
Vorhersagegebiet über, kommt nur noch langsam südostwärts voran, erstreckt sich
mit seiner Achse in den Abendstunden in etwa von Vorpommern bis zur Pfalz und
trägt in weiterer Folge zur Regenerierung des Langwellentroges bei.
Unser Bodentief "ANNINA" zieht bis zum Abend über Schleswig-Holstein südostwärts
zur Mecklenburgischen Seenplatte und füllt sich dabei zunächst kaum auf. Das
weiter okkludierende Frontensystem kommt nun nur noch zögernd südostwärts voran,
wobei sich auch der Okklusionsprozess verlangsamt und der Südwesten des Landes
noch längere Zeit im Warmsektor mit Werten um 0 Grad in 850 hPa verbleibt. Gegen
Abend erreicht die Kaltfront in etwa Nordbaden und die Mainlinie.
Trogvorderseitig kann im Bereich des Frontensystem weiterhin aufgrund von PVA
kräftiger dynamischer Hebungsantrieb wirksam werden, so dass es präfrontal und
mit Frontpassage verbreitet schauerartige Niederschläge gibt, die unterhalb von
etwa 800 bis 1100 m allgemein in Regen übergehen. Vor allem in den Staulagen des
Schwarzwaldes, eventuell auch des Odenwaldes fallen Regenmengen nahe der
Warnschwellen für Stark- bzw. Dauerregen (die höchsten Mengen fallen innerhalb
von 5 bis 10 Stunden), an einigen exponierten Staustationen ist ein
Überschreiten auch denkbar. Im Hochschwarzwald, oberhalb von 1000 m, kann es
teilweise kräftig schneien, zusammen mit den bei sinkender Schneefallgrenze
auftretenden Niederschlägen in der Nacht zum Samstag ergeben sich dort ab
Freitagnachmittag auf jeden Fall markante Neuschneemengen. Ansonsten fallen
verbreitet 5 bis 15 l/qm, postfrontal im Nordwesten sowie in einigen Leelagen
weniger.
Der Wind an der Südwestflanke des Tiefs nimmt weiter zu und bereits im
Warmsektor gibt es im Tagesverlauf vielerorts steife, in höheren Lagen, vor
allem im Alpenvorland (Leitplankeneffekt) stürmische Böen aus Südwest. In den
Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen muss mit Sturmböen, auf exponierten
Gipfeln mit schweren Sturmböen, ganz vereinzelt auch mit orkanartigen Böen
gerechnet werden.
Mit Frontpassage dreht der Wind auf Nordwest, wobei es vorübergehend häufiger
steife bis stürmische Böen geben kann, postfrontal nimmt der Wind dann später im
Westen etwas ab.
Bereits am Nachmittag greift der scharfe Bodentrog an der Westflanke des Tiefs
auf den Nordwesten über, der Wind dreht dort auf Nordnordwest und nimmt noch
einen Tacken zu, so dass es an der ostfriesischen Küste durchaus auch mal
häufiger Sturm-, und auf den Inseln kurzzeitig sogar vereinzelte schwere
Sturmböen geben kann.
Im Nordosten, nahe am Tiefkern, bleibt der Gradient aufgefächerter und es weht
kaum warnrelevanter Wind, auch in den Niederungen Südwest- und Westdeutschlands
wird die Bft 7 nicht überall erreicht.
Postfrontal weitet sich Höhenkaltluft mit knapp unter -30 Grad allmählich auch
auf die mittleren Landesteile aus, in 850 hPa sinkt die Temperatur auf -2 bis -4
Grad. Neben Schauern sind somit auch kurze Graupelgewitter möglich, die von
stürmischen Böen, vereinzelt von Sturmböen begleitet werden können. Die
Schneefallgrenze sinkt in den westlichen und zentralen Mittelgebirgen zum Abend
wieder allmählich auf etwa 800 bis 600 m.
Die Sonne zeigt sich höchstens präfrontal noch am Vormittag im Alpenvorland und
postfrontal später im Nordwesten. Sonst bleibt es weitgehend stark bewölkt bis
bedeckt. Die Höchsttemperaturen erreichen Werte zwischen 5 Grad an den
Mittelgebirgen und 12 Grad im Nordwesten.

In der Nacht zum Samstag überquert der Randtrog, der zunehmend den Platz der
Hauptachse des Langwellentroges einnimmt, nun auch den Südosten Deutschlands.
Dahinter stellt sich eine nördliche Höhenströmung ein und auch
niedertroposphärisch gelangt die maritime Polarluft nun auf direkterem Wege über
Skandinavien und die Norwegische See zu uns, die 850 hPa-Temperatur sinkt auf -4
Grad an den Alpen und bis -7 Grade im Nordosten.
Das Bodentief wird vom Trog überlaufen, füllt sich nun rasch auf und zieht nach
Nordostpolen. Der scharfe Bodentrog an dessen Westflanke kommt südwärts bis etwa
zur Mainlinie voran, wobei der Gradient aber zunehmend auffächert. Somit flaut
der Wind vor allem in den Niederungen und später auch an den Küsten deutlich ab,
wobei er im Norden auf Nord bis Nordost dreht. In den Kamm- und Gipfellagen vor
allem der ostbayerischen Mittelgebirge und der Alpen, aber auch auf dem Brocken
gibt es aber bis in die Frühstunden noch einzelne Sturmböen.
Die Niederschläge ziehen sich allmählich in den Süden und Südosten zurück,
allerdings gibt es auch ganz im Westen noch weitere Schauer, während es im
Nordwesten und Norden - außer an der Ostseeküste, wo es noch einzelne Regen- und
Schneeregenschauer geben kann - im Laufe der Nacht weitgehend trocken.
Die Schneefallgrenze sinkt von Norden allmählich auf 600 bis 400 m, an den
Nordrändern der Mittelgebirge bzw. in kräftigeren Schauern gebietsweise aber
auch bis in tiefe Lagen. Oberhalb von 400 m kann es in der Südhälfte und in den
zentralen und östlichen Mittelgebirgen durchaus einige Zentimeter Neuschnee
geben, oberhalb von 600 bis 800 m sind im Erzgebirge, im Bayerischen Wald, im
Schwarzwald, vor allem aber im Stau der Alpen durchaus markante Mengen zwischen
5 und 10 cm, in Staulagen bis 20 cm möglich.
Die Wolken lockern am ehesten im Norden und ab und zu in der Mitte mal auf und
bei Aufklaren kann es ganz im Norden auch gebietsweise leichten Frost geben.
Ansonsten beschränken sich Frost (und auch Glätte durch Überfrieren und Schnee)
auf Lagen oberhalb von 400 bis 700 m.


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Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC

Samstag ... weitet sich der Höhentrog erneut Richtung Mittelmeerraum aus und
kommt weiterhin kaum nach Osten voran. Somit verbleiben wir an der Westflanke
des Troges unterhalb einer nordnordwestlichen Höhenströmung, wobei ein weiterer
kurzwelliger Randtrog von Südskandinavien her zum Abend hin auf den äußersten
Norden des Landes bzw. auf die westliche Ostsee übergreift.
Im Bodenfeld verstärkt sich ein Hochdruckgebiet über den Britischen Inseln,
allerdings fächert der Gradient hierzulande weiter auf, da sich das Tief
"ANNINA" in etwa über dem Baltikum nun vollends auffüllt. Dabei wird in den
Nordosten mit einer schwachen nordöstlichen Grundströmung zunehmend trockene
Kaltluft aus dem Baltikum advehiert, während ansonsten noch die etwas feuchtere
maritime Polarluft wetterbestimmend bleibt. Die 500 hPa-Temperatur geht noch
etwas auf -30 bis -34 Grad zurück, in 850 hPa bewegt sie sich zwischen -8 Grad
im Nordosten und -3 Grad im Südwesten.
Während es ganz im Norden und in weiten Teilen der Osthälfte weitgehend trocken
bleibt bzw. es nur vereinzelte unergiebige Schneeregen- und Graupelschauer,
oberhalb von 400 m Schneeschauer gibt, entwickeln sich innerhalb der mit einem
etwas höheren Feuchtegehalt ausgestatteten Luftmasse im Westen und Süden
häufigere Schauer (selbst kurze Gewitter können nicht ganz ausgeschlossen
werden), die sich an den Nordseiten der Mittelgebirge, vor allem am
Alpennordrand stauen. Meist fallen weniger als 5 lö/qm in 12 Stunden, in den
westlichen, südwestdeutschen und zentralen Mittelgebirgen (nach Lesart einiger
Modellen auch noch in den östlichen) es dagegen, je nach Staulage, 5 bis 10 l/qm
werden, an den Alpen bis 15 l/qm. Da sich an der Situation auch in der Nacht zum
Samstag nur wenig ändert - wenngleich die Schauertätigkeit insgesamt etwas
nachlässt - sind in einigen Staulagen oberhalb von 600 bis 800 m, vor allem an
den Alpen - durchaus markante Neuschneemengen um 10 cm, im Alpenstau um 20 cm
möglich.
Generell schwankt die Schneefallgrenze, je nach Niederschlagsintensität und
Tageszeit, zwischen 400 und 800 m, bei kräftigeren Schauern kann es kurzzeitig
vielleicht sogar bis nach ganz unten Schneeregen oder ein paar nasse
Schneeflocken geben.
Tagsüber setzt sich am ehesten im Norden und Osten länger die Sonne durch, sonst
bleibt es eher bewölkt und die Höchstwerte liegen zwischen 3 Grad an den
Mittelgebirgen und 10, vielleicht 11 Grad mit etwas Sonne im Westen. Oberhalb
von etwa 900 m im Südwesten und 600 m am Erzgebirge gibt es leichten Dauerfrost.

Nachts bleibt es dagegen lediglich bei längerer Zeit bewölktem Himmel, im Westen
und an den Küsten überwiegend frostfrei. Sonst gibt es verbreitet leichten, in
einzelnen Mittelgebirgstälern eventuell sogar mäßigen Frost.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die großräumige Entwicklung ist unstrittig. Aber bereits bzgl. der morgigen
Windlage gibt es im Detail kleinere Differenzen, vor allem, was die räumliche
Verteilung der steifen Böen im Westen und Südwesten angeht. Dort sind sicherlich
nicht alle Regionen von entsprechend warnrelevanten Böen betroffen,
warntechnisch lässt sich das aber aktuell nur sehr schwer herausarbeiten.
Auch die Prognose der Neuschneehöhen gestaltet sich als nicht grade trivial,
zumal die Schneefallgrenze zu dieser Jahreszeit im Tagesverlauf stark schwankt
und sich die Niederschlagsprognosen im Detail noch leicht unterscheiden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff