DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-04-2024 17:01
SXEU31 DWAV 071800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 07.04.2024 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
SWz/TrW

Am Montagabend bis in die Nacht zum Dienstag im Westen und Norden, am Dienstag
im Osten vereinzelte kräftige Gewitter. In den Alpen aufkommender Föhn.
Ungewöhnlich warm, durch den Staub aber unsichere Temperaturen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland zwischen einem Trog über Nordwesteuropa und dem
Atlantik und einem Keil vom zentralen Mittelmeer bis Nordwestrussland unter
einer südwestlichen Strömung. Dabei gelangt ungewöhnlich warme Luft aus SW
Europa und Nordafrika in große Teile Deutschlands. Die Temperaturen liegen in
850 hPa gebietsweise über 15°C. Zudem ist die Luft mit Saharastaub angereichert.

Ausgehend vom Drehzentrum des Troges und dem dortigen hochreichenden Tief reicht
eine wellende Kaltfront über Nordwestdeutschland bis nach Frankreich. Die Front
liegt mehr oder weniger parallel zur Höhenströmung. Durch die zunächst glatt
konturierte Strömung sind die Hebungsvorgänge durch PVA oder WLA schwach
ausgeprägt und somit ist sie kaum wetteraktiv. Dabei fällt von NRW bis
Mecklenburg-Vorpommern aus dichter Bewölkung nur vereinzelt etwas Regen. Südlich
der Front zeigt sich der Himmel milchig durch Schleierwolken und Saharastaub.


In der Nacht zum Montag kommen mit einer neuen Welle, die entlang der
Luftmassengrenze nach Nordosten abläuft, von Belgien her Regenfälle auf, die
sich schwerpunktmäßig über NRW bis Vorpommern und zur Ostsee ausbreiten. Dabei
kann es auch etwas mehr regnen, ohne dass eine Warnrelevanz erkennbar wird. Es
fallen gebietsweise 10 bis 15 l/qm in 6-12h. Verantwortlich dafür ist ein
Kurzwellentrog, der über dem Nordwesten Deutschlands durchschwenkt.
Die Überlappung von Hebung und Labilität passt allerdings nicht. Nur am warmen
Rand des Hebungssteifens gibt es geringes MU CAPE, der Regen kann demnach
konvektiv durchsetzt sein. Ob es für ein Gewitter reicht, ist jedoch sehr
fraglich.
Nordwestlich und südöstlich davon passiert nicht viel. Dichte hohe Wolken können
in der Warmluft wieder eine sehr milde Nacht zur Folge haben. Da sich ein
markanter Troganteil der Biskaya nähert, dreht die Strömung wieder mehr Richtung
Südsüdwest und in den Alpen wird es leicht föhnig mit Sturmböen auf den Gipfeln.


Montag ... dreht die Strömung in der Höhe auf Südsüdwest, am Boden auf
südöstliche Richtungen, da der Trog über die Biskaya Richtung Frankreich zieht
und ein kräftiges Tief vor den Westausgang des Ärmelkanals zieht. Der Keil
bleibt schwerpunktmäßig über Südost- und Osteuropa.

Die sehr warme Luft breitet sich somit wieder nach Norden aus. Dabei ist wieder
viel Saharastaub in der Luft. Die Luftmassengrenze kommt tagsüber nahe den
Küstenregionen an. An ihr hält sich zunächst starke Bewölkung, der Regen aus der
Nacht zieht aber ab und tagsüber regnet es wohl bestenfalls geringfügig. Die
Bewölkung lockert später von der Mitte her Richtung Norden auf.

Die Bewölkungsverhältnisse und die Temperaturen in der Warmluft sind wegen des
Staubs unsicher. Wie am Sonntag kann dichterer Cirrus die Einstrahlung dämpfen
und die Temperaturprognose vermasseln. Mos liegt eventuell wieder ein paar Grad
zu hoch. Lokal sind im Südosten erneut Höchstwerte von 30 Grad möglich, welche
für die Jahreszeit sehr außergewöhnlich sind. Wegen der südlichen Anströmung
deutet sich in den Alpen eine leichte Föhnlage an.

Dazu ist die Warmluft labil geschichtet. In der Südhälfte und im Osten ist sie
durch eine sehr trockene Grundschicht jedoch stark gedeckelt. Im Westen wird
dieser Deckel aber durch die langsam zyklonalere Strömung abgebaut und es liegen
später 500 bis 1000 J/kg ML Cape vor. Durch ein schwaches Hochdruckgebiet über
der Ostsee dreht die der Bodenwind im Norden auf östliche Richtungen, während er
sonst aus südlichen Richtungen weht, so dass sich eine Feuchtekonvergenz von NRW
bis nach Brandenburg bilden kann. Diese hilft dann später der Entwicklung
einzelner Gewitter.

Bei gut gescherter Strömung, gekurvten Hodographen und hohen SRH Werten können
sich somit am Abend im Westen einzelne starke Gewitter bilden, die mit Hagel und
Sturmböen verbunden sein können und in der Nacht zum Dienstag weiter nach
Norddeutschland ziehen. Auch Superzellen (lokal Unwetterpotential!) sind möglich
und wurden in einzelnen Läufen hochauflösender Modelle auch schon gezeigt.


In der Nacht zum Dienstag greift der Trog auf Westfrankreich über, das Tief
zieht entlang des Ärmelkanals nach Nordosten. Die vorgelagerte Tiefdruckrinne
greift auf Deutschland über; die rückwärtige Kaltfront erfasst zum Morgen den
Westen. Dabei können vor allem in der ersten Nachthälfte präfrontal einzelne
kräftige Gewitter den Westen treffen. Deren Schwerpunkt sollte aber nach Lage
der Dinge weiter westlich bleiben.

In der zweiten Nachthälfte dreht der Wind im Westen mit Passage der Kaltfront
auf West und der Zustrom kühlerer und stabiler Luft setzt ein. Dabei frischt der
Wind zeitweise stark auf mit Böen 7 Bft. In Gipfellagen der Mittelgebirge dürfte
es für 7-8 Bft reichen, in den Alpen verstärkt sich der Föhn mit teils schweren
Sturmböen 10 Bft auf Gipfeln. Die postfrontalen Regenfälle, die den Westen
erfassen, haben eher skaligen Charakter.

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Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Dienstag ... Im Vergleich zur Frühübersicht gibt es keine wesentlichen
Änderungen. Der Trog verkürzt seine Wellenlänge und ein Anteil tropft in der
Nacht zum Mittwoch in den Mittelmeerraum (westlich der Alpen) ab. Die Strömung
bleibt dadurch in der Höhe noch aus Süd, während die kühlere Meeresluft mit der
Kaltfront weiter ostwärts zeiht. Somit setzt sich niedertroposphärisch KLA ein,
die für eine Stabilisierung der Luftmasse sorgt. Eine gewisse Gewitterneigung
gibt es noch im Osten in der noch warmen Luft entlang einer Konvergenz.
Vor allem an den Alpen setzt sich ab dem Abend eine Gegenstromlage mit
anhaltenden Niederschlägen und bei 1500 m sinkende Schneefallgrenze ein. Im
Westen und Nordwesten folgt ein Bodentrog, der Schauer und kurze Gewitter
bringen. Dabei frischt der Wind dort stark böig auf, mit starken bis stürmischen
Böen. Die Temperaturgegensätze sind dann beachtlich. Während in der Westhälfte
die Höchstwerte zwischen 10 und 15 Grad liegen, werden in der Osthälfte nochmal
22 bis 29 Grad erreicht. Spätestens am Mittwoch ist die außergewöhnliche Wärme
in ganz Deutschland beendet und die eingeflossene kühlere Meeresluft gelangt
dann unter Hochdruckeinfluss, dabei steigt in der Nacht zum Donnerstag die
Frostgefahr an.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren ähnlich. Die ganzen Gewitter der nächsten Zeit stehen auf
wackligen Füßen. Am ehesten Montagabend sind im Nordwesten und Norden einige
kräftige Gewitter denkbar. Bei der Temperatur- und Wetterprognose sollten die
Unwägbarkeiten durch den Saharastaub berücksichtigt werden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marco Manitta