DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-03-2024 08:30
SXEU31 DWAV 200800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 20.03.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: SWa/NWa, Freitag Übergang zu Wz
Heute noch ruhig, Donnerstag mit Passage einer Kaltfront im Norden und Osten in
höheren Lagen stürmische Böen, in Gipfellagen Sturmböen, präfrontal vor allem im
Südosten auch einzelne Gewitter.
Am Freitag in einigen Gipfellagen weiterhin stürmische Böen bzw. Sturmböen.


Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... befindet sich Deutschland zunächst noch im Einflussbereich eines
recht breit angelegten Höhenrückens, der sich vom westlichen Mittelmeerraum bis
nach Südskandinavien erstreckt. Flankiert wird der Rücken einerseits von einem
quasistationären Höhentief, respektive Kaltlufttropfen über Moldavien bzw. der
Südwestukraine und andererseits von einem Höhentrog, der sich vom Nordmeer über
Westeuropa bis ins Seegebiet westlich der Iberischen Halbinsel erstreckt. Dieser
wird durch den Rücken blockiert und tropft gleich doppelt im Bereich der
Iberischen Atlantikküste aus. Letztendlich resultiert aber in der kommenden
Nacht daraus ein Cut-Off-Tief, das sich westlich von Portugal allmählich
südsüdwestwärts verlagert und für die Wetterentwicklung hierzulande nicht weiter
von Bedeutung ist.
Für uns von Belang ist dagegen das aus dem Abtropfprozess resultierende
kurzwellige Trogresiduum. Diesem ist mit der erwachenden Frontalzone über dem
mittleren Nordatlantik einiges an Schubkomponente beschert, so dass er heute im
Tagesverlauf rasch den Norden und die Mitte der Britischen Inseln überquert und
sich bereits abends von der Norwegischen See bis zur westlichen Nordsee bzw. bis
nach Südwestengland erstreckt. Mit Annäherung des Troges wird die Achse des
Höhenrückens über dem Vorhersagegebiet allmählich etwas nach Osten abgedrängt.
Im Bodenfeld stützt der Rücken das blockierende Hoch "MARKUS", das sich
inzwischen weit in den Westen Russlands zurückgezogen hat, von dort aus sich
aber eine Hochdruckzone bis in den zentralen Mittelmeerraum erstreckt. Auch für
weite Bereiche des Vorhersagegebietes bleibt das Hochdruckgebiet noch
wetterbestimmend, zumal von Südosten her sehr milde und trockene Festlandsluft
vor allem in den Süden, die Mitte und in den Osten des Landes gelangt. Dort
scheint, nachdem sich einzelne Nebel- und Hochnebelfelder aufgelöst haben, was
vor allem Richtung Vogtland auch länger dauern kann, häufig die Sonne. Die
zunehmende WLA, die den Rücken überläuft, macht sich bereits durch hohe
Wolkenfelder bemerkbar, diese stören aber nur wenig.
Weite Teile Südwest- und Westeuropas befinden sich hingegen im Einflussbereich
einer flachen Tiefdruckrinne, die von der Iberischen Halbinsel über den Westen
Frankreichs und die Nordsee bis nach Skandinavien reicht. Diese kommt mit
Annäherung des kurzwelligen Trogresiduums im Tagesverlauf allmählich nach Osten
voran, auf deren Vorderseite ist in den Westen und Norden Deutschlands auch
bereits eine deutlich feuchtere Luftmasse vorgedrungen. Eingebettet in diese
Rinne ist ein langgestrecktes und verwellendes Frontensystem, wobei sich im
Tagesverlauf durch Interaktion mit dem Kurzwellentrog ein zunächst noch flaches
Wellentief ("JILL") über der mittleren Nordsee etabliert. An dessen Südflanke
bleibt es somit heute im Norden, bis in die Norddeutsche Tiefebene, meist stark
bewölkt und vor allem von Ostfriesland bis nach Vorpommern sowie weiter nördlich
fällt gebietsweise auch etwas Regen bzw. kann es mal einen kurzen Schauer geben.

Auch niedertroposphärisch setzt sich die WLA weiter fort, bis zum Abend steigt
die 850 hPa-Temperatur auf Werte zwischen 8 Grad im Südwesten und 2 Grad auf
Rügen. Somit steht ein sehr milder, im Südwesten warmer Tag ins Haus. Lediglich
an den Küsten und über der See bleibt es mit Höchstwerten zwischen 9 und 12 Grad
noch etwas frischer, sonst liegen die Maxima zwischen 13 Grad im Norden und 21,
vielleicht 22 Grad an Oberrhein und Neckar.

In der Nacht zum Donnerstag wird der Höhenrücken nun endgültig nach Osteuropa
abgedrängt und der sich verschärfende Kurzwellentrog greift ausgangs der Nacht
auf Nordwestdeutschland über. Vorderseitig kann aufgrund von PVA vorübergehend
kräftige dynamische Hebung generiert werden, so dass sich das Tief "JILL" auf
einen Kerndruck von unter 1015 hPa vertiefen kann und bis Donnerstagfrüh die
westliche Ostsee überquert hat. Die Kaltfront greift in der zweiten Nachthälfte
mit schauerartigem Regen auf Norddeutschland über und erreicht morgens bereits
den Westen bzw. die mittleren Landesteile. Während nach Westen zu ein
nachfolgender Höhenkeil, starker Druckanstieg und Absinken die Wetterwirksamkeit
der Front rasch zurückgehen lassen und dort die Passage nur mit leichten
Regenfällen, Richtung Emsland und NRW vielleicht sogar trocken einhergeht,
regnet es von Schleswig-Holstein bis nach Nordbrandenburg gebietsweise etwas
kräftiger mit konvektiven Einlagerungen, für Gewitter sollte es aber auch dort
nicht reichen. Bis zum Vormittag fallen dort gebietsweise 5 bis 10 l/qm in 6 bis
10 Stunden.
Von Warnrelevanz wird aber zunehmend der Wind. Vor allem postfrontal verschärft
sich der Gradient deutlich, zumal sich ein Hochkeil über den Ärmelkanal bis zur
südwestlichen Nordsee bzw. nach Benelux ausweitet. Mit Winddrehung auf Nordwest
gibt es zumindest im Nordseeumfeld recht verbreitet starke bis steife Böen (Bft
6 bis 7), im Binnenland reicht es bis zum frühen Vormittag wohl noch nicht für
warnrelevante Böen. Auf dem Brocken muss ausgangs der Nacht bereits präfrontal
mit einzelnen stürmischen Böen aus West bis Südwest gerechnet werden. Auch auf
den höchsten Alpengipfeln macht sich die Gradientverschärfung in höheren Lagen
bereits mit auffrischendem West- bis Nordwestwind bemerkbar, warnrelevant dürfte
der Wind dort erst aber ab den Vormittagsstunden werden.
In der Mitte und im Süden verläuft die Nacht dagegen noch wettertechnisch
weitestgehend ruhig. Von Interesse könnte allerdings ein kleinräumiges
mesoskaliges System werden, das sich heute Nachmittag innerhalb der hochreichend
labil geschichteten Warmluftmasse über dem französischen Zentralmassiv
entwickelt. Dieses verlagert sich in der kommenden Nacht zunächst allmählich
unter deutlicher Abschwächung nordostwärt, kann mit dem sich nähernden Trog
interagieren, sich wieder ein wenig verstärken und wird dann wieder
ostsüdostwärts geführt. Morgens greift es mit schauerartigen Regenfällen auf
Ostfrankreich und die Westschweiz über, dann kann es auch im Südwesten erste
Schauer geben. Eine "Sonderlösung" bietet dabei das AROME-Modell an, das das
System in der Nacht direkt auf Süddeutschland übergreifen lässt und im Laufe der
zweiten Nachthälfte über Südbayern teils kräftige Schauer, vereinzelt auch
Gewitter simuliert. Ein solches Szenario kann nicht komplett ausgeschlossen
werden, erscheint aktuell aber eher unwahrscheinlich.
Nach Lesart der sonst vorliegenden Modelle bleibt es dagegen vor allem im
Südosten noch längere Zeit gering bewölkt, so dass sich dort gebietsweise Nebel
ausbreitet und es zumindest in einigen Mittelgebirgs- und Alpentälern dort
nochmals leichten Frost geben kann. Ansonsten verläuft die Nacht unter oft
dichten Wolken frostfrei.

Donnerstag... kommt der Kurzwellentrog rasch südostwärts voran und erreicht
abends das Böhmische Becken, dessen Achse erreicht dann bereits den äußersten
Süden Deutschlands. Ihm folgt ein breiter, durch kräftige WLA an der Südflanke
der allmählich auf den Norden Großbritanniens übergreifenden Frontalzone
gestützter Höhenrücken, der abends auf Norddeutschland übergreift.
Im Bodenfeld erreicht das Tief "JILL" am Abend den Nordosten Polens und beginnt
sich allmählich wieder aufzufüllen. Rückseitig folgt kräftiger Druckanstieg, der
Hochkeil weitet sich vom westlichen Mitteleuropa rasch ins Vorhersagegebiet aus,
die 1025 hPa-Isobare erfasst dann bereits Südwestdeutschland. Somit kommt die
Kaltfront rasch südostwärts vorab und überquert am späten Nachmittag bereits die
Alpen. Präfrontal gelangt allerdings feuchtwarme und mit Annäherung des Troges
zunehmend labil geschichtete Luftmasse in den Südosten des Landes, von
Oberschwaben bis nach Oberfranken und weiter südöstlich, eventuell aber auch
noch in der Oberlausitz können mit etwas Einstrahlung mehrere 100 J/kg Cape
generiert werden. Das oben beschriebene System aus der Nacht spendet zudem
ebenfalls noch niedertroposphärisch einen Feuchteeinschub und zerfällt in den
Vormittagsstunden zunehmend, mittags und nachmittags bietet es aber eine
"Brutstätte" für neue Schauer und auch Gewitter bereits präfrontal. Mit
zunehmender Scherung können sich diese auch zu Multizellen organisieren,
kräftigere Entwicklungen mit rotierenden Aufwinden sind aus aktueller Sicht aber
unwahrscheinlich. Nur ganz vereinzelt können die Gewitter angesichts der
sonstigen Zutaten markante Begleiterscheinungen in Form von stürmischen Böen und
kleinkörnigem Hagel aufweisen, ein kleinräumiges Starkregenereignis mit mehr als
15 l/qm in kurzer Zeit kann ebenfalls nicht ganz ausgeschlossen werden. Meistens
sollten aber "gelbe" Warnungen ausreichen.
Im Westen und Südwesten sowie auch in weiten Teilen der Mitte geht die
Frontpassage dagegen trocken einher.
Mit dem raschen Druckanstieg bleibt ein scharfer Gradient aufrecht, so dass es
vor allem mit Frontpassage und unmittelbar postfrontal in einem breiten Streifen
von der Deutschen Bucht über das östliche Niedersachsen und Sachsen-Anhalt bis
nach Thüringen und Sachsen sowie im Osten Bayerns starke, zumindest in freien
Lagen auch steife Böen aus Nordwest geben kann. In den Kammlagen der betroffenen
Mittelgebirge treten häufiger stürmische Böen auf, auf exponierten Gipfeln
(Brocken) Sturmböen. Später flaut der Wind von Nordwesten her aber rasch wieder
ab.
Thermisch macht sich die Front hingegen nur wenig bemerkbar. Die 850
hPa-Temperatur sinkt lediglich im Nordosten und Osten vorübergehend auf Werte um
0 Grad, im Nordwesten und Westen wird es dagegen rasch wieder milder. Präfrontal
können im Südwesten nochmals Werte um 20 Grad erreicht werden, auch sonst bleibt
es mit 15 bis 19 Grad recht mild, postfrontal liegen die Höchstwerte in der
Nordhälfte zwischen 10 und 14 Grad, an den Küsten teilweise etwas darunter.

In der Nacht zum Freitag weitet sich an der Südflanke eines zentralsteuernden
Sturmtiefs bei Island bzw. knapp östlich davon die Frontalzone allmählich über
die nördliche Nordsee nach Skandinavien aus und leitet eine mehr oder weniger
zyklonale Westlage ein. Der Höhenrücken über Norddeutschland wird dadurch etwas
nach Süden abgedrängt, so dass die Höhenströmung über Norddeutschland allmählich
auf Westsüdwest dreht und zunehmend diffluent konturiert ist.
Im Bodenfeld kann sich der ins Vorhersagegebiet gerichtete Hochkeil noch
verstärken und kommt nach Süddeutschland voran. Somit klingen die anfangs noch
schauerartigen Niederschläge im Südosten bzw. an den Alpen im Laufe der zweiten
Nachthälfte ab, in Staulagen der Alpen fallen bis dahin zumindest nach Osten
noch 5 bis 10 l/qm, wobei mangels Kaltluftadvektion auch postfrontal die
Schneefallgrenze wohl oberhalb von 1500 m bleibt, lediglich östlich des Inns
vielleicht auch etwas darunter.
Im laufe der Nacht überquert die Kaltfront des Sturmtiefs die nördliche und
mittlere Nordsee. Präfrontal verstärkt sich die WLA über Norddeutschland weiter,
so dass dort erneut dichte Wolkenfelder aufziehen und später auch etwas Regen
oder Nieselregen fällt. Der Gradient an der Nordflanke des Hochkeils verschärft
sich mit Annäherung der Kaltfront und der auf Südwest drehende Wind frischt auf,
für Böen Bft 7 reicht es aber, wenn überhaupt, lediglich über der offenen
Nordsee.
Ansonsten verläuft die Nacht weitestgehend ruhig. Vor allem ab der Mitte
südwärts können die Wolken vorübergehend auch mal stärker auflockern, ganz im
Südosten dauert es aber wohl bis in die Frühstunden. Somit bleibt die
Wahrscheinlichkeit für Frost gering und beschränkt sich auf einige
Mittelgebirgstäler. Hier und da kann sich auch Nebel bilden.

Freitag... schwenkt der Höhenrücken weiter südsüdostwärts und befindet sich mit
seiner Achse abends über dem Alpenraum. Die Frontalzone erfasst nun die Nordsee
und Südskandinavien, das zentralsteuernde Sturmtief füllt sich zögernd auf und
zieht Richtung Norwegische See, wo es abends mit einem Kerndruck von knapp unter
975 hPa aufschlägt. Vom Ostatlantik her greift ein Höhentrog zu Tagesende auf
die Britischen Inseln über, so dass sich auch hierzulande die westsüdwestliche
Höhenströmung noch ein wenig verstärkt und etwas aufsteilt.
Die Kaltfront des Sturmtiefs kommt mangels Schubkomponente zunächst nur zögernd
nach Südosten voran und erreicht am Nachmittag erst die Nordhälfte Deutschlands
mit schauerartigen Regenfällen, die sich bis in die Norddeutsche Tiefebene
ausbreiten. Die Mengen bleiben mit 1 bis 6 l/qm aber überschaubar und
postfrontal klingen die Niederschläge am Nachmittag über der Nordsee und in
Schleswig-Holstein bereits wieder ab.
Im Bodenfeld setzt vor allem über Süddeutschland deutlicher Druckfall ein, die
Hochdruckbrücke wird rasch nach Süden abgedrängt, so dass der Gradient insgesamt
über dem Vorhersagegebiet wieder aufweicht. Somit dürfte der Wind warntechnisch
trotz Frontannäherung kaum eine Rolle spielen, lediglich auf dem Brocken reicht
es wohl für stürmische Böen bzw. Sturmböen aus Südwest.
Präfrontal gelangt von Südwesten her erneut ein Schwall sehr milder Luft aus
Südwesteuropa in die Mitte und in den Süden Deutschlands. Zudem scheint dort,
vor allem vom Schwarzwald bis nach Ostbayern, häufig die Sonne, weiter nördlich
ziehen hohe und mittelhohe Wolkenfelder durch. Die 850 hPa-Temperatur steigt auf
Werte zwischen 5 und 8 Grad, während sie postfrontal ganz im Norden auf etwa -1
Grad zurückgeht.
Somit liegen die Höchstwerte bei überwiegend bedecktem Himmel im Norden und
Nordwesten meist zwischen 9 und 13 Grad, während ab der Mitte südwärts 14 bis 19
Grad, am Oberrhein bis zu 21 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Samstag greift der Höhentrog unter deutlicher Amplifizierung
zögernd auf die südwestliche Nordsee und den Westen Frankreichs über. Die
Kaltfront interagiert mit dem Trog und wird durch eine Wellenentwicklung über
Ostfrankreich bzw. Südwestdeutschland zurückgehalten. Mit dieser Entwicklung
wird ihr auch einiges an Energie entzogen, so dass die langsam auch auf
Westdeutschland und eventuell noch die mittleren Landesteile übergreifenden
Regenfälle an Intensität einbüßen. Bzgl. der Wellentiefentwicklung im Detail
gibt es noch kleinere Differenzen, nach Lesart des IFS kommt es etwas rascher
nordostwärts voran und erreicht morgens bereits - noch deutlich flacher
ausgeprägt als im ICON-EU - in etwa das Rhein-Main-Gebiet, so dass es im Bereich
des Wellenscheitels im westlichen Bergland in der zweiten Nachthälfte auch
kräftiger r4egnen kann (IFS mit mehr als 10 l/qm in 6 Stunden im Bereich der
Eifel). Der Front folgt ein Schwall maritimer Polarluft, die 850 hPa-Temperatur
sinkt im Nordwesten auf etwa -3 Grad, nach Lesart des IFS wäre dann sogar in den
höchsten Lagen der Eifel Schneefall oder Schneeregen möglich.
Der Südosten verbleibt noch im präfrontalen Bereich, so dass es dort meist
trocken bleibt, die Wolken werden allerdings auch dort allmählich dichter. Nebel
bzw. Frost dürften somit kaum auftreten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die mit leichten Differenzen simulierte Wellentiefentwicklung in der Nacht zum
Samstag wurde bereits im Text angesprochen. Auch bzgl. eventueller Gewitter am
morgigen Donnerstag gibt es noch kleinere Unterschiede, wobei die AROME-Lösung
erst einmal ignoriert wird.
Ansonsten fahren die Modelle aber einen weitgehend einheitlichen Kurs.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff