DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-03-2024 08:01
SXEU31 DWAV 190800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 19.03.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HFa zu Sa

Norden wechselhaft, sonst oft freundlich und sehr mild, im Südwesten teils
ungewöhnlich mild. Anfangs im Osten noch gebietsweise Nachtfrost. In den Nächten
über der Mitte und dem Süden häufig Nebel. Am Donnerstag im Süden
Gewitterpotenzial.


Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... startet recht ruhig in die Kurzfrist.

Flankiert von einem nahezu ortsfesten Höhentief über der
Ukraine/Moldawien/Rumänien und einem sich im Abtropfprozess befindlichen System
vor Portugal (das in der Folge bis in die Westsahara/Mauretanien wandert)
etabliert sich über Deutschland ein Keil. Dieser wandert zum Donnerstag
südostwärts und ermöglicht in der Folge eine schwache Höhentrogpassage
(ausgehend von dem Abtropfprozess vor Westeuropa). Der Trog wird jedoch zügig
von erneut steigendem Geopotenzial überlaufen. Zusammengefasst also keine
astreine Hochdrucklage, doch besonders für Süddeutschland eine milde und
streckenweise recht stabile Kurzfrist. Im Übergangsbereich zur Mittelfrist (ab
Freitag) sorgt ein ausgeprägter Rossby-Wellenzug, der sich aktuell über dem
östlichen Pazifik befindet, per "downstream development" für eine markante
Troglage über Mitteleuropa und somit für einen deutlichen Wetterumschwung.

Heute (Dienstag) starten wir noch mit letzten Tropfen am Alpenrand (abklingende
Dauerregenlage der Nacht im Umfeld des Berchtesgadener Landes mit dort
gemessenen Spitzen von 30 bis 40 l/qm/15h), die im Tagesverlauf immer seltener
werden. Ansonsten beginnt der Tag im Westen und Süden oft neblig-trüb sowie mit
leichtem Frost in der Osthälfte zwischen Ostsee und Erzgebirge. Zwar dürfte sich
der Bodennebel im Vormittagsverlauf allmählich lichten/heben, doch sorgen
steigendes Geopotenzial, nordöstliche Bodenwinde und eine feuchte Luftmasse
unterhalb von 800 hPa für viel (Hochnebel) Grau bis weit in den Tag. Zum
Nachmittag bricht die dichte Wolkendecke dann immer stärker auf und die
verstärkte diabatische Komponente sorgt für eine "leicht brodelnde" Atmosphäre:
Quellwolken mit einem geringen Schauerrisiko. Abseits der tiefen Bewölkung
ziehen zudem in der Höhe ausgedehnte Wolkenfelder durch, doch der Blick auf die
Sonne sollte dann besonders vom Schwarzwald bis zum Bodensee gut möglich sein -
in Richtung Bodensee könnte der späte Nachmittag sogar richtig sonnig werden.

Insgesamt recht sonnig wird der Tag im Osten über die Bühne gehen, sieht man von
durchziehenden Cirren ab. Derweilen sorgt eine schwache Okklusion im Norden und
Nordwesten für dichte Bewölkung, aus der es ab der Mittagszeit besonders in
Schleswig-Holstein und im Westen von Mecklenburg etwas regnet.

Die Höchstwerte liegen im Nordosten trotz des Sonnenscheins dank der Reste einer
stark modifizierten kontinentalen Polarluft nur bei 8 bis 10 Grad und steigen
mit jedem Kilometer südwestwärts immer weiter an. Spitzenwerte von 18 oder 19
Grad sind im gesamten Südwesten und Westen (entlang des Rheins) zu erwarten.

Der Wind weht überwiegend schwach bis mäßig aus Ost bis Nordost, im Nordosten
aus Südost und im Nordwesten aus Südwest. Auf Sylt und den Nordfriesen sind
einzelne starke Böen aus Süd möglich.


In der Nacht zum Mittwoch verbleiben wir unter einem breiten Höhenrücken mit
schwachen Druckgegensätzen in der unteren Troposphäre. Den Norden streifen
weiterhin die Reste der alternden Okklusion und bringen dort neben vielen Wolken
auch etwas Regen. Entlang und südlich der zentralen Mittelgebirge sorgen
Absinken sowie eine Abtrocknung der mittleren Troposphäre für wolkenarme
Bedingungen. In der recht feuchten Grenzschicht bilden sich jedoch rasch und
recht verbreitet teils dichte und warnrelevante Nebelfelder aus (Sichtweiten von
unter 150 m).

Je nach Bewölkungsverteilung liegen die Tiefstwerte von Nordwest nach Ost
zwischen +7 und 0 Grad, mit leichtem Frost in Richtung Lausitz, Erzgebirge,
Bayerischem Wald, Alpenvorland und der Alb. Der schwache Wind aus Südost spielt
keine warnrelevante Rolle.


Mittwoch... Fortdauer der ruhigen Hochdrucklage. In der Höhe verbleiben wir im
direkten Einflussbereich des Keils, sodass nach teils zäher Nebelauflösung im
Tagesverlauf überall die Sonne scheint - besonders ausgiebig südlich der
zentralen Mittelgebirge. Zeitweise durchziehende hohe Wolkenfelder stören die
Sonne nur kurzzeitig.

Im Norden bringen die Reste der nun recht strömungsparallel schleifenden Front
noch dichte Bewölkung und bis zum Mittag besonders in Richtung Vorpommern auch
etwas Regen. Sonst bleibt es auch hier in der Folge zunächst trocken, bevor die
Front WLA aktiviert als schwache Warmfront dem Umfeld der Deutschen Bucht zum
Nachmittag/Abend neuen Regen bringt.

Die Höchstwerte verbleiben im Norden zwischen 11 und 14 Grad (Rügen um 10 Grad)
und liegen sonst bei frühlingshaften 17 bis 21 Grad - die höchsten Werte entlang
des Oberrheins.

Der Wind kommt schwach aus Südwest, im Süden aus Ost.


In der Nacht zum Donnerstag erfolgt eine deutliche Geopotenzialabschwächung im
Zuge einer Höhentrogannäherung aus Westen. Dieser ist gekoppelt an eine schwache
und innerhalb der Numerik noch recht diffus hinterlegten Bodenzyklogenese über
Dänemark. Im IFS-ENS sind die Member von der Deutschen Bucht bis zum Kattegat
verstreut, bezüglich der Intensität jedoch alle ohne gröbere Schwankungen
(entwicklungsarmes Tief). Dennoch sorgen das Zusammenspiel aus fallendem
Bodendruck und durchschwenkendem Höhentrog mit einer marinen Luftmasse für
anhaltende mäßige Niederschläge, die besonders Schleswig-Holstein mit 12-std.
Mengen von 5 bis 10 l/qm betreffen. Wie weit der Niederschlag südwärts ausgreift
ist noch unsicher, es könnte aber auch weite Bereiche Niedersachsens, Anhalts
und wenigstens den Norden Brandenburgs mit dem einen oder anderen Liter Nass
treffen.

Der Trog interagiert zudem mit einer sehr feuchten Luftmasse über der Mitte
Frankreichs/der Schweiz, sodass sich auch dort ein Niederschlagsgebiet ausbilden
könnte, das im Verlauf der 2. Nachthälfte auf den Südwesten übergreifen könnte.
Dies ist jedoch abhängig, wie verbreitet es konvektiv auslöst, sodass die
Schwankungsbreite bezüglich der Mengen noch sehr groß ist (ICON mit 4 bis 8
l/qm/12h, UK10, GFS und EZMWF meist trocken).

In einem Streifen von der Mitte bis nach Sachsen und Bayern verläuft die Nacht
hingegen überwiegend klar, mit agiler Nebelbildung, bevor es auch hier im
Verlauf der Nacht von Westen bewölkter wird (mit einzelnen Tropfen).

Die Tiefstwerte liegen unter den Wolken (Norden/Südwesten) zwischen 9 und 6 Grad
und sonst zwischen 5 und 0 Grad (leichter Frost im Bayerischen Wald).

Der Wind kommt schwach aus Südwest bis West und könnte mit Annäherung des Troges
im Südwesten exponiert etwas auffrischen.

Donnerstag... erfolgt dann landesweit die Trog- und daran gekoppelte
Kaltfrontpassage (Kaltfront zunehmend frontolytisch und daher thermisch kaum als
eine solche wahrnehmbar). Dies hat einen insgesamt recht wolkigen Tag zur Folge,
nur zwischen Eifel und Schwarzwald lockert es postfrontal der Kaltfront am
Nachmittag stärker auf. Ansonsten regnet es zeitweise, wobei sich die
Niederschläge im Tagesverlauf zügig ostwärts verlagern, sodass wenigstens dem
Westen ein meist trockener Abend bevorsteht. Ansonsten bleibt es besonders in
Staulagen der Mittelgebirge und im gesamten Nordosten wohl ganztags trüb mit
etwas Regen, wobei der anhaltende Regen vom Vormittag im Tagesverlauf von Westen
eher in Schauerform übergeht - örtlich vielleicht auch von einem Donner und
Blitz begleitet.

Etwas ruppiger sieht es südlich der Donau aus, wo sich präfrontal in der
feucht-milden Luftmasse mit Einstrahlung 200 bis 500 J/kg MUCAPE etablieren
kann, sodass es mit Bodenkaltfrontpassage zu einigen Gewittern kommen sollte.
Der kinematische Part ist noch sehr unsicher und abhängig von der endgütigen
geometrischen Verteilung des Geopotenzialfeldes (siehe Modellvergleich), doch
sind einzelne kräftige und organisierte Zellen am Alpenrand nicht
auszuschließen. Dort springt auch die Numerik mit den höchsten 12-std. Mengen an
(10 bis 20 l/qm), im Nordosten mit 4 bis 8 l/qm und sonst mit nur geringen
Mengen über der Mitte und dem Westen (dort teils auch trocken). Fraglich ist
aber auch noch, inwieweit der Niederschlag aus der vorherigen Nacht der
Einstrahlung einen Strich durch die Rechnung macht.

Die Höchstwerte verbleiben prä- wie postfrontal auf hohem Niveau mit 14 bis 19
Grad und liegen im Norden nur etwas darunter mit 11 bis 15 Grad.

Der westliche bis nordwestliche Wind kommt frisch daher, mit Böen auf
exponierten Berglagen sowie Sturmböen auf Alpengipfeln.

Die Nacht zum Freitag verläuft unter einer erneuten Keilaufwölbung zunächst
recht ruhig mit dominanten Grenzschichtprozessen (Nebel) sowie einer zögernd
abklingenden Staulagen am Alpenrand (etwas Schnee oberhalb von 1800 m). Nach
Mitternacht verdichtet sich die Bewölkung von Nordwesten erneut mit nachfolgend
einsetzendem Niederschlag - die nahende Kaltfront, die den Wetterwechsel
einläutet. Die Tiefstwerte liegen zwischen +7 und +2 Grad, am Alpenrand örtlich
um den Gefrierpunkt. Der südwestliche Wind frischt auf dem Brocken zunehmend
stürmisch auf mit ersten Windböen über der Deutschen Bucht.



Modellvergleich und -einschätzung
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Dienstag und Mittwoch wird die Entwicklung sehr homogen gezeigt.

Erst zum Donnerstag ergeben sich mit der Passage des Höhentroges nennenswerte
Diskrepanzen, die sich auch auf das Wettergeschehen auswirken. Der von Westen
durchschwenkende Trog wird bei GFS deutlich schwächer gezeigt als bei ICON/EZMW
und UK10 und läuft den anderen Modellen auch etwas voraus. Allerdings
korrigierte GFS in den jüngsten 6 Läufen bereits die zeitliche Verschiebung und
nähert sich somit sukzessive den anderen Modellen an. Bei der Intensität des
Troges hängt viel davon ab, wie der Abtropfprozess vor Westeuropa stattfindet
und wieviel Energie letztendlich ostwärts geführt wird. GFS legt mal mehr
Gewicht auf das Residuum über Schweden, dann mal mehr auf den Abtropfprozess
über der Biskaya. Hier besteht noch Klärungsbedarf. IFS hingegen zeigt eine
deutlich bessere Konsistenz bezüglich Intensität und Verlagerung des Troges.
ICON ähnelt IFS recht gut, zeigt jedoch im jüngsten Lauf auf einmal stärkere
zyklonale Vorticity-Maxima über dem Nordosten Deutschlands und über der Biskaya.
Je nachdem, wie gut strukturiert der Trog über Deutschland ostwärts geführt
wird, fällt im Nordosten mehr Niederschlag (ICON/IFS 5 bis 10 l/qm/24h, GFS fast
nichts).
Bezüglich des Gewitterpotenzials über dem Süden zeigen dort alle Modelle eine
labile Luftmasse, allerdings mit variabler Geometrie des Geopotentialfeldes -
abhängig von der Intensität des Troges. Dies wiederum hat Auswirkungen darauf,
wieviel SRH den Gewittern letztendlich zur Verfügung steht und wie labil die
Schichtung ausfällt. Die numerische Diskrepanz wirkt sich auch darauf aus, wie
weit nördlich die warme/feuchte Luftmasse "aktiviert" wird. EZ angetriebene
Modelle zeigen teils bis nach Hessen ausgreifend am Nachmittag Schauer/Gewitter,
die sich südostwärts ausbreiten. Wenngleich also die synoptisch-skaligen
Diskrepanzen überschaubar ausfallen, so haben diese für die
Niederschlagsverteilung - intensität und den Organisationsgrad sowie die
Verteilung der Gewitter weiterhin gewichtige Auswirkungen!

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy