DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

24-01-2024 10:31

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 24.01.2024 um 10.30 UTC



Überwiegend hochdruckbestimmter und milder Januarausklang mit wahrscheinlich nur
leichten zyklonalen Störungen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 31.01.2024


Gemessen an dem, was das noch junge neue Jahr wettertechnisch bisher zu bieten
hatte - exemplarisch seien hier die starken Regenfälle zu Jahresbeginn, die
Glatteis-/Schneelage von letzter sowie die Stürme von dieser Woche genannt -,
gestalten sich die mittelfristigen Aussichten so was von undynamisch und
unspektakulär, dass der Hoffmann an dieser Stelle seine Ausführungen fast schon
beenden könnte. Macht er natürlich nicht, aber es sieht tatsächlich so aus, als
bräuchte die Atmosphäre mal eine Pause, was freilich auch dem einen oder anderen
leicht überarbeiteten Vorhersagemeteorologen in die Karten spielt.

Starten tun wir am kommenden Samstag, dem offiziellen Beginn des mittelfristigen
Prognosezeitraums. Nachdem am Freitag ein weiteres Frontensystem (das 3. In
dieser Woche) mit Wind und Niederschlag über Deutschland hinweggezogen ist,
stehen die Zeichen nun auf Druck- und Potenzialanstieg. So kommt die frisch
eingeflossene subpolare Meeresluft (mPs; T850 Samstagfrüh knapp unter 0°C) von
Frankreich her unter den Einfluss eines kräftigen Hochs (über 1035 hPa), das
sein Zentrum in den Vorhersageraum verlagert. Unterstützung erfährt das Hoch von
einem breiten Höhenrücken, der unter Vergrößerung seiner Amplitude von Südwest-
auf Mitteleuropa übergreift. Absinken sorgt für ein Abtrocknen der Luftmasse von
oben her, was insbesondere im Süden und in der Mitte der Sonne Möglichkeiten
eröffnet, sich mal wieder etwas länger der Menschheit zu präsentieren.
Allerdings, und das gehört auch zur Wahrheit, muss damit gerechnet werden, dass
sich in der feuchteren Grundschicht einige zähe Nebel- oder Hochnebelfelder
halten. Über den Norden und Nordosten, die am Rande des Hochs liegen, ziehen
mehr oder weniger dichte Wolkenfelder durch, die zwar keinen Regen bringen, der
Sonne aber nur bedingt Spielraum gewähren.

Am Sonntag dauert der Hochdruckeinfluss an, auch wenn das Zentrum des Bodenhochs
bereits nach Osten abwandert. Dafür bleibt uns der breite Rücken erhalten, der
alles regelt und jedweden Versuch etwaiger Tiefdruckgebiete, einen Fuß in unsere
Tür zu bekommen, erfolgreich abbügelt. Weiteres Absinken sowie die Tatsache,
dass wir auf die warme (also die westliche) Flanke des Hochs kommen, lässt die
Temperatur vor allem niedertroposphärisch deutlich ansteigen. Zum Tagesende sind
es auf 850 hPa 8°C an Oder und Neiße bis zu 13°C in Westdeutschland. Der
Jahreszeit entsprechend wird diese Erwärmung nicht 1:1 an die bodennahen
Luftschichten weitergegeben, die ja nach wie vor in einer zwar nicht besonders
mächtigen, aber doch vorhandenen Grundschicht unterhalb der Absinkinversion
liegen. Trotzdem wird es gebietsweise vornehmlich im Süden und Westen für
zweistellige Höchstwerte bis etwa 12°C reichen. Dazu scheint die Sonne, die aber
teilweise von hohen, vielleicht sogar einigen mittelhohen Wolken (starke WLA)
getrübt wird. Auch sind zäher Nebel oder Hochnebel noch immer nicht vom Tisch.

Zu Beginn der neuen Woche scheint uns auch der Rücken verlassen zu wollen, was
aber nur auf den ersten flüchtigen Blick der Fall ist. Schaut man genauer hin,
so lassen sich über Westeuropa klare Tendenzen in Richtung Regeneration
ausmachen. Auf der Vorderseite dieses "neuen" Rückens steigt der Luftdruck bei
uns erneut an, was sich im Aufbau eines stark meridional ausgerichteten
Bodenhochs widerspiegelt. Angesichts dieser Entwicklung müssen sich
Tiefdruckgebiete - die meisten tummeln sich in Nordeuropa, aber auch knapp
westlich der Biskaya befindet sich eins - und ihre Fronten weiter in Geduld
üben. Erst am späten Montag bzw. am Dienstag schafft es der gemeinsame Ausläufer
zweier Tiefs (Warmfront des Tiefs über dem nahen Atlantik, die in die Kaltfront
eines Tiefs über der Barentssee übergeht), in deutlich abgeschwächter Form auf
den Norden und Nordosten überzugreifen. Ein extrem ambitioniertes Unterfangen,
wenn man bedenkt, dass der Schwerpunkt des neuen Bodenhochs am Dienstagmittag
mit etwas über 1035 hPa über Schleswig-Holstein liegen soll.

Der nächste Versuch erfolgt bereits am Mittwoch, wenn - angetrieben durch einen
sich in den Rücken bohrenden Kurzwellentrog - die teilokkludierte Kaltfront
eines Tiefdrucksystems um Grönland und Island herum von Westen her anläuft. Sehr
wahrscheinlich nur mit Teilerfolgen, die vor allem in dichteren Wolkenfeldern,
weniger beim Niederschlag (nur gebietsweise leichter Regen) sichtbar werden. Auf
850 hPa geht die Temperatur zwar zurück, auf 2 m steigt sie hingegen teilweise
an, weil etwas Durchmischung in Gang kommt.

Kurz noch ein Ausblick auf die erweiterte Mittelfrist ab Donnerstag: Übergang in
eine antizyklonale Westlage (Wa) mit leichten Hochdruckeinfluss im Süden und
einem windigen bis stürmischen Norden. Von Winter keine Spur zu Beginn des
klimatologisch letzten Wintermonats.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz von IFS (ECMF) ist in Bezug auf das kommende Wochenende als gut
zu bezeichnen. Danach werden zwar nicht vollkommen unterschiedliche Szenarien in
den Raum gestellt, gleichwohl nehmen die Unschärfen zu. Kasus knacksus scheint
das Hoch vom Wochenende zu sein, das im jüngsten Lauf von heute 00 UTC etwas
stabiler und ausdauernder respektive mit höherem Regenerationspotenzial
simuliert wird als bisher. Das Übergreifen des nächsten Tiefausläufers wird auf
Dienstag verschoben (Vorläufe schon am Montag) und das auch nur in stark
abgeschwächter Form (Norden/Nordosten). Gleiches gilt für den nächsten
Ausläufer, der sich am Mittwoch von Westen her versucht, der es aber auch sehr
schwer hat.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Was den Hochdruckeinfluss am Wochenende angeht, sind sich die etablierten
Globalmodelle (neben IFS sind das ICON, GFS, GEM und UK10) weitgehend einig.
Dass jeder die Grenzschichtprozesse jeweils etwas anders simuliert bzw.
parametrisiert, ist bekannt, spielt bei einer mittelfristigen Betrachtung aber
nur eine untergeordnete Rolle.
Zu Wochenbeginn laufen die Prognosen etwas auseinander, ohne dass der Spread
aber überbordend anwächst. Grundsätzlich von der IFS-Version abweichende
Szenarien werden nicht angeboten. Vielmehr wird die Potenz des Hochs vom
Wochenende leicht unterschiedlich eingeschätzt, wobei die meisten Modelle im
Großen und Ganzen dem IFS folgen. Nur GFS lässt die weiter oben erwähnte Front
schon am Montag von Norden her mit Regen durchbrezeln, weil Hoch und Rücken
schwächer eingeschätzt werden.
In der erweiterten Mittelfrist setzen auch GFS und das kanadische GEM auf eine
mehr (GEM) oder weniger (GFS) antizyklonale Westlage.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte sind bis Sonntag eng
gebündelt und folgen dabei den Vorgaben des Hauptlaufs. Danach beginnen die
Kurven ganz allmählich zu divergieren, bei T850 etwas mehr als bei Pot500. Der
Trend geht zwar leicht nach unten, allerdings verbleibt der Median der
Temperatur oberhalb der Nulllinie (also 0°C). Von Winter also keine Spur. Nach
einem komplett trockenen Wochenende nehmen die Niederschlagssignale ab Dienstag
(im Norden schon etwas eher, im Süden etwas später) zaghaft zu, sind aber längst
nicht in allen Lösungen vertreten.

Die Clusterung beginnt am Samstag (T+72...96h) mit fünf Clustern, die sich in
Mitteleuropa respektive Deutschland (Hoch bzw. Rücken) so gut wie gar nicht
unterscheiden. Fünf Schubladen werden auch für den nächsten Zeitraum von Montag
bis Mittwoch (T+120...168h) geöffnet. Ähnlich wie bei der Konsistenzbetrachtung
und dem Modellvergleich scheinen die Form und die Resilienz des Hochs sowie
dessen Fähigkeit zur Regeneration der springende Punkt zu sein. CL1 und CL5 (12,
8 Fälle) bauen den Rücken schneller ab (=> NAO+) als CL2,3,4 (11, 10, 10 Fälle),
die in Richtung "Blockierung" tendieren. Ab Donnerstag (T+192...240h) werden nur
noch zwei Lösungen angeboten, von denen CL1 (32 Fälle + HL) in das GWL-Muster Wa
(West antizyklonal) und CL2 (19 Fälle) in den GWL-Typus NWa (Nordwest
antizyklonal) rutscht.

FAZIT: Der Hochdruckeinfluss am Wochenende ist unstrittig. Auch danach bleibt
das Wetter wahrscheinlich hochdruckbestimmt, aber nicht ganz störungsfrei.
Nennenswerte Niederschläge sind ebenso nicht zu erwarten wie das Auftreten eines
winterlichen Intermezzos. In der erweiterten Mittelfrist deutet sich der
Übergang zu einer antizyklonalen West- oder Nordwestlage an.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


In diesem Genre ist ab dem kommenden Wochenende nicht viel rauszuholen. Am
Samstag weht an der Ostsee sowie in einigen Hochlagen (Brocken, Erzgebirge)
anfangs noch ein flotter Nordwestwind mit stürmischen Böen oder Sturmböen 8/9
Bft, Tendenz im Tagesverlauf nachlassend.
Danach überwiegt Hochdruckeinfluss im Verbund mit relativ milder Luft. Die
zaghaften zyklonalen Attacken, die ab Wochenbeginn mitunter gefahren werden,
taugen nicht für signifikante Wettererscheinungen. Erst nach hinten raus
Richtung übernächstes Wochenende könnte es windtechnisch wieder interessant
werden.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit Modellmix und IFS-EPS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann