DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-11-2023 09:30
SXEU31 DWAV 140800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 14.11.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Ws
Niederschlagsreiche und teils windige Westwetterlage mit Dauerregen im Süden
(gebietsweise Unwetter). Ab Donnerstagnachmittag sehr große
Vorhersageunsicherheit.


Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... geht die mittlerweile vierwöchige Dominanz zyklonaler Westlagen in
die nächste Runde. Aktuell ist dabei die Großwetterlage "Ws" der Protagonist,
der das "Vollwetter" bis mindestens zum morgigen Mittwoch am Laufen hält.
So verwundert es nicht, dass in der Höhe ein breit angelegter Langwellentrog
weite Teile zwischen Neufundland und Grönland bis in den Westen Russland und
über die Britischen Inseln bis zur Ukraine überdeckt. Das führt über
Mitteleuropa zu einer straffen, zonal geprägten Strömung, in der die Frontalzone
genau über uns liegt. Eingelagerte Kurzwellen stehen am Boden mit
Tiefdruckgebieten in Verbindung. Eine solche Kurzwelle hat mit eingelagertem
Drehzentrum am Morgen Dänemark erreicht, achsensenkrecht zum Drehzentrum ist
darunter Bodentief "JASPER I" zu finden, das mit einem Kerndruck von knapp unter
985 hPa seinen Zenit nun überschritten hat.
Die Okklusion des Frontensystems befindet sich nördlich und östlich von
Deutschland, während die Kaltfront im Süden Deutschlands an den Alpen
strömungsparallel zu den Isobaren ins Schleifen gekommen ist. Ganz im Süden gibt
es daher weitere Regenfälle, die die Dauerregenlage an den Alpen und im
südlichen Schwarzwald anhalten lassen.
Von der nördlichen Mitte bis in den Norden sorgt der Trog für schauerartige
Niederschläge, die Richtung Norden in der Nähe zum Tief etwas intensiver sind,
ohne Schwellwerte zu überschreiten. Dabei ist zwar auch Labilität vorhanden,
jedoch kaum CAPE. So bleiben Gewitter wohl eher die Ausnahme.
Im Bereich zwischen diesen beiden Niederschlagsgebieten sorgt postfrontales
Absinken zunächst für trockene Verhältnisse und kurze Auflockerungen. Im
Tagesverlauf nähert sich von den Britischen Inseln allerdings eine weitere
Kurzwelle, die mit der Kaltfront über Süddeutschland bzw. deren westlichen
Verlängerung über die Biskaya interagiert und diese verwellt. Das befeuert zum
einen die Regenfälle im Süden, zum anderen ziehen aber auch über der westlichen
Mitte von Westen wieder neue Regenfälle auf.
Die Regenmengen betragen 12-stündig meist 1 bis 15 l/qm, über der östlichen
Mitte bleibt es zum Teil trocken. Höhere Regenmengen zwischen 10 und 20 l/qm in
12 Stunden werden für die Staulagen des westlichen Berglands (vor allem Eifel,
Bergisches Land, Sauerland) sowie für den Schwarzwald und den äußersten Süden
berechnet. Im Oberallgäu zeigen mehrere Modelle 30 bis 50 l/qm in 12 Stunden an,
sodass die Unwetterwarnungen dort sowie im südlichen Schwarzwald getrost
weiterlaufen können.
Neben den Niederschlägen liefert auch der Gradient ausreichend Argumente für
Warnungen. Außer ganz im Süden treten daher starke Böen Bft 7 aus Südwest auf,
nach Norden und Nordosten hin zum Teil stürmische Böen 8. An der See und
Bergland kommt es zu Sturmböen Bft 9, an der Nordsee exponiert sowie auf dem
Fichtelberg/Erzgebirge zu schweren Sturmböen Bft 10 und auf dem Brocken teils zu
Orkanböen Bft 12.
Im Süden bleiben starke bis stürmische Böen Bft 7 bis 8 den Bergen vorbehalten,
auf den Gipfeln reicht es mitunter für Sturmböen Bft 9 bzw. im höchsten
Stockwert vielleicht auch mal für eine schwere Sturmböe Bft 10.
Die Temperaturen liegen bei guter Durchmischung in der einfließenden kühleren
Meeresluft mit T850 hPa von -1 bis 7 Grad immer noch zwischen 9 und 15 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch überquert der neue Randtrog von Westen her rasch
Deutschland und zieht den Frontenzug mit sich. Dabei regnet es vor allem über
der Mitte und im Süden. Von Nordwesten tauchen ebenfalls neue Regenfälle auf,
die einer Warmfront oder Okklusion eines Tiefs über Schottland zugeordnet werden
können. Diese breiten sich in der zweiten Nachthälfte in einem Streifen bis in
die zentrale Mitte aus. Währenddessen lassen die Niederschläge im Süden und
Südosten in der zweiten Nachthälfte mit Abzug der Welle schon etwas nach, kommen
aber nicht gänzlich zum Erliegen. Nordöstlich der neuen Warmfront/Okklusion
trocknet es zum Teil ab, Richtung Ostsee sorgt allerdings Tief "JASPER I" noch
für zeitweilige Regenfälle. Auch zwischen Rheinland-Pfalz, dem Saarland und dem
Rhein-Main-Gebiet kann es in der zweiten Nachthälfte teils schon trocken
bleiben.
Die Niederschlagsmengen betragen 0 bis 5 l/qm in 12 Stunden im Nordosten, sonst
meist 1 bis 10, in Staulagen zum Teil bis 20 l/qm. Höhere Regenmengen werden vor
allem erneut im Oberallgäu angeboten, dort könnten nochmals 30 bis 40 l/qm in 12
Stunden zusammenkommen.
Mit Abzug von Tief "JASPER I" zur Ostsee lässt der Gradient nach, womit sich der
Wind im Norden und der Mitte abschwächt und zum Morgen hin höchstens noch an der
Ostsee einzelne starke Böen Bft 7 dabei sind.
Dafür sorgt allerdings die Welle im Süden und Teilen der Mitte wieder für eine
Windauffrischung mit starken Böen Bft 7 aus West-Südwest bis ins Tiefland. Auf
den Bergen sind stürmische Böen oder Sturmböen Bft 8 bis 9, auf den Gipfeln
schwere Sturmböen Bft 10 zu erwarten.
Die Temperaturen sinken auf 10 bis 4 Grad, ganz im Norden bei längerem Aufklaren
bis 1 Grad. Dort ist dann lokale Glätte nicht ganz ausgeschlossen.

Mittwoch... zieht ein weiterer Randtrog von Schottland zur Nordsee und führt das
Schottlandtief entsprechend dorthin. Damit rückt dessen Warmfront/Okklusion in
den Mittelpunkt, wobei sie im Tagesverlauf langsam Richtung Nordosten wandert.
Entlang der Front gibt es Regenfälle, die sich bis zum Abend auf 5 bis 15 l/qm
kumulieren können. Die Schauer im Bereich des Tiefs "JASPER I" verlagern sich
mit Abzug des Tiefs nach Osten immer weiter in den Nordosten, mit 1 bis 3 l/qm
fällt auch nicht mehr viel, zum Abend hin ist es häufig trocken.
Südwestlich und südlich der Front ist die Luftmasse dagegen leidlich labil.
Mithilfe PVA des Trogs und ML-CAPE-Werten bis knapp 150 J/kg werden von der
Mitte bis in den Süden Schauer und einzelne kurze Gewitter ausgelöst. Diese
können von stürmischen Böen Bft 8 begleitet sein, zumal der Gradient selber
schon für starke Böen Bft 7 in diesem Bereich sorgt. Die Regenmengen bei der
Konvektion betragen 1 bis 10 l/qm. Die Dauerregenwarnungen können damit
vermutlich plangemäß beendet werden.
Ansonsten bringt der Wind im Bergland stürmische Böen Bft 8, auf einigen Gipfeln
Sturmböen Bft 9 und auf den Alpengipfeln möglicherweise schwere Sturmböen Bft
10.
Die Höchsttemperaturen liegen zwischen 7 Grad im Nordosten und 14 Grad im
Südwesten.

In der Nacht zum Donnerstag zieht das Tief von der Nord- zur Ostsee und seine
Warmfront damit über den Nordosten ab. Die Kaltfront dagegen erreicht den
Nordwesten und dringt langsam Richtung Binnenland vor.
So treten im Norden Regenfälle mit Mengen von 1 bis 10 l/qm in 12 Stunden auf,
an der Ostsee sind lokal über 10 l/qm möglich.
Im Süden verlagert sich die Schauertätigkeit mehr und mehr in den Osten, weil
sich von Frankreich ein flacher Rücken hereinschiebt. Ohne Tagesgang werden
zudem Blitz und Donner weniger. Die Regenmengen bleiben mit 1 bis 8 l/qm
unterhalb denen des Tages.
Der Wind lässt bei nachlassendem Gradienten ebenfalls meist nach. An der See
frischt er mit dem durchziehenden Tief und der Kaltfront dagegen wieder auf.
Starke Böen Bft 7 gibt es aber hauptsächlich an der See, an der Kaltfront im
Binnenland höchstens Böen Bft 6. Im Bergland sind starke Böen Bft 7, exponiert
stürmische Böen Bft 8, auf dem Brocken Sturmböen Bft 10 dabei.
Die Tiefsttemperaturen liegen zwischen 8 und 2 Grad.

Donnerstag... zieht das Tief über die Ostsee weiter nach Nordpolen. Die
Kaltfront dringt noch ein wenig in die Landesmitte vor, abends wird sie etwa auf
einer Linie Münsterland - Erzgebirge erwartet. Dabei muss sie allerdings eine
zunehmend frontolytische Umgebung (flacher Rücken, Abtrocknung) hinnehmen, womit
sie sich letztlich auflöst. Die Regenmengen betragen 1 bis 6 l/qm bis zum Abend.
Im Nordosten fällt nahe des Tiefkerns ebenfalls zeitweilig Regen, allerdings
sind auch dort die Mengen mit 1 bis 10 l/qm in 12 Stunden kaum warnrelevant.
Direkt über dem Meer haben einzelne Modelle höhere Niederschlagssummen im
Angebot, die aber nicht auf Landflächen übergreifen.
Mit Durchzug des Tiefs nimmt der Gradient an der Ostsee und in Vorpommern
vorübergehend deutlich zu. So gibt es dann starke Böen Bft 7 aus Nordwest bis
ins Binnenland, an der See stürmische Böen oder Sturmböen Bft 8 bis 9. Manche
Modelle zeigen sogar schwere Sturmböen Bft 10. Etwas auffrischen kann der Wind
auch an der Kaltfront, wobei vereinzelt starke Böen Bft 7 aus West gering
wahrscheinlich sind.
Ansonsten bringt der flache Rücken Zwischenhocheinfluss, weshalb es von der
Mitte bis in den Süden zumindest bis zum Nachmittag trocken bleibt und die
Wolken vereinzelt auflockern.
Ab diesem Zeitpunkt treten dann jedoch erhebliche Modellunterschiede auf, die
sich auf eine neue, von Frankreich oder dem Ärmelkanal kommende Welle/Tief
beziehen. Vor allem der Zeitpunkt, wann das Frontensystem und nachfolgend das
Tief bei uns aufschlagen, sorgt bei den Modellen für Verwirrung. Nach GFS und
UK10 können wir die Front am frühen Nachmittag erwarten, nach EZMW am Abend und
nach den deutschen Modellen bis zum Freitagmorgen gar nicht. Entsprechend
erreicht der Tiefkern bei GFS und UK10 morgens etwas das Rheinland oder das
Bergische Land, beim EZMW das nördliche Baden-Württemberg und bei ICON die
nördliche Nordsee bzw. ist nicht vorhanden.
Bei diesen gravierenden Unterschieden bleibt vieles fraglich, was die Vorhersage
fast unmöglich macht. So kann es je nach Modell beispielsweise bis Freitagmorgen
komplett trocken bleiben (deutsche Modelle) oder es fällt außer ganz im Norden
gebietsweise nicht wenig Regen (bis 25 l/qm in 12 Stunden). Auch der Wind
frischt insbesondere im Südwesten entweder stark auf mit Sturmböen Bft 9 bis ins
Flachland (EZMW) oder eben gar nicht (deutsche Modellkette).
Etwas wahrscheinlicher scheint allerdings zu sein, dass ein Tief in welcher Form
auch immer und wann auf uns zusteuert, weil die Mehrheit der Modelle solch ein
Gerät in petto hat. Aufschluss können aber nur die nächsten Modellläufe geben.


Modellvergleich und -einschätzung
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Während die Modelle bis auf bei dieser Wetterlage handelsübliche Diskrepanzen
bis zum Donnerstag noch auf einer Linie sind, beginnen sie ab
Donnerstagnachmittag erheblich auseinander zu driften. Eine konkrete Vorhersage
ab diesem Zeitpunkt ist daher zum aktuellen Zeitpunkt dann kaum noch möglich.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler