DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-09-2023 07:01
SXEU31 DWAV 270800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 27.09.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
B M; Übergang zu SW a/z

Ruhiges Spät-/Altweibersommerwetter, erst zum Freitag von Nordwesten her
nennenswerter Tiefdruckeinfluss.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... setzt sich in weiten Teilen des Landes das ruhige und tagsüber sehr
warme Spät- bzw. Altweibersommerwetter fort. Zu verdanken haben wir das äußerst
ereignisarme Wetter einer Geopotenzialbrücke, die über Südostdeutschland
verläuft und das Höhenhoch mit Zentrum über Belarus mit den Höhenrücken über
Südwesteuropa miteinander verbinden. Sie stützt einen Hochkeil, der von Hoch
ROSI mit Schwerpunkt über Westrussland über das südliche Mitteleuropa bis nach
Spanien ragt. Flankiert wird die Brücke von einem hochreichenden,
quasi-stationären Cut-Off-Tief südwestlich der Peloponnes und einem
umfangreichen und mit mehreren Drehzentren ausgestatteten Langwellentrog über
dem Nordostatlantik. Dieser wird durch mehrere um ihn herum kreisende
Kurzwellentroge stetig regeneriert. Ein kurzwelliger Anteil schwenkt von der
Nordsee nach Skandinavien, der nächste folgt bereits bei den Britischen Inseln.
Letzterer interagierte bereits über dem mittleren Nordatlantik konstruktiv mit
einer Frontalwelle. Nicht nur die starke Höhendivergenz, sondern auch das
Energiereservoir der involvierten tropischen Luftmasse (es handelt sich um einen
sogenannten "Breakaway" des ehemaligen Tropensturms OPHELIA) begünstigten eine
rapide Zyklogenese. Das resultierende, nun auf seinem Entwicklungshöhepunkt
angekommene Sturmtief KILIAN (int. AGNES) zieht bis zum Abend nach Nordirland
und sorgt in Teilen von Irland und Großbritannien für einen sehr stürmischen
Tag. Es beeinflusst unser Wetter zwar (noch) nicht unmittelbar, allerdings setzt
von Nordwesten im Tagesverlauf WLA und Luftdruckfall ein, sodass der Hochkeil
über uns vorübergehend abgebaut bzw. zu den Alpen zurückgedrängt wird. Daraus
ergibt sich bei uns eine südliche bis südöstliche Grundströmung, mit der sehr
warme Luft herangeführt wird (T850 zwischen 12 und 16 °C). Eine schwache
Kaltfront hat sich zwar in die Deutsche Bucht gemogelt, wird aber, bevor sie
richtig auf unser Land übergreifen kann, schon wieder rückläufig und geht in die
Warmfront von KILIAN über.
Die schleifende Front sorgt im Nordseeumfeld für ein paar tiefe Wolkenfelder,
ansonsten bringt die aufkommende WLA der Nordwesthälfte allenfalls einige hohe
oder mittelhohe Wolkenfelder, zwischen denen die Sonne sich längere Zeit zeigen
kann. Die Südosthälfte bekommt davon nichts mit, hier stellt sich ein weiterer
sonniger Tag ein. Zumindest, nachdem sich die gebietsweisen Nebelfelder
aufgelöst haben; und das kann regional wieder durchaus bis in die Mittags- und
frühen Nachmittagsstunden dauern. Die Höchsttemperaturen erreichen zwischen 21
und 28 °C, mit den höchsten Werten Richtung Elbe/Saale.

In der Nacht zum Donnerstag dreht der nunmehr hochreichende und mit senkrechter
Achse versehene Sturm KILIAN nach Nordosten ab und zieht über Schottland zu den
Shetlands. Der damit verbundene kurzwellige Trog greift allerdings ausgangs der
Nacht auch auf den Westen Deutschlands über, die Geopotenzialbrücke wird zu den
Alpen gedrängt und abgeschwächt. Somit stellt sich - mit Ausnahme des äußersten
Südostens - bei uns eine leicht zyklonal konturierte Südwestströmung ein. Der
Luftdruckfall bei uns setzt sich somit fort, ein Bodentrog mit der eingelagerten
Kaltfront von KILIAN erreicht den Westen und Nordwesten im Verlauf. Die Front
wird allerdings von schwacher KLA überlaufen, sodass die ohnehin nicht
sonderlich starken frontalen und PVA-bedingten Hebungsimpulse nochmal
abgeschwächt werden. Wahrscheinlich bleibt es bei dichterer, mehrschichtiger
Bewölkung, aus der es allenfalls vereinzelt ein paar Tropfen gibt. Rückseitig
des Bodentroges verschärft sich der Gradient über der Nordsee, sodass der auf
Südwest drehende Wind auffrischen kann. Über der See sowie auf den Inseln reicht
es eventuell für die ein oder andere Böe 6-7 Bft. Im Südosten und Osten verläuft
die Nacht - von hohen Wolkenfelder abgesehen - noch zumeist gering bewölkt,
erneut ist mit
örtlicher Nebelbildung zu rechnen. Wolken und Wind dämpfen die Abkühlung, sodass
die Tiefstwerte zwischen 16 und 10
°C liegen, nach Südosten zu bei 10 bis 6 °C.



Donnerstag... schwenkt der Kurzwellentrog im Tagesverlauf nordostwärts über
Deutschland. Die Kaltfront zieht vom Westen und Nordwesten noch ein Stück nach
Südosten, wird mangels Schubkomponente aber bereits noch über der Nordwesthälfte
befindlich stationär und geht über Frankreich in die Warmfront der nächsten
Randstörung (LENN) westlich der Bretagne über.
Die Wetteraktivität ist weiterhin stark limitiert, allerdings sorgt der leicht
zyklonale Einfluss zumindest in der Nordwesthälfte für einen sichtbar wolkigeren
Wettercharakter als an den Vortagen. Regen fällt indes aber kaum. Nach Südost zu
dominiert eher der Einfluss der nunmehr allerdings sehr schmal gewordenen Hoch-,
respektive Geopotenzialbrücke über dem Alpenraum. Nach Nebelauflösung scheint
dort wieder verbreitet die Sonne, es ziehen nur ein paar mehr Schleierwolken
durch. Durch den generell etwas auffrischenden, auf Südwest bis West drehenden
Wind (einzelne
Böen 7 Bft anfangs noch an der Nordsee) wird die Durchmischung etwas mehr
forciert wie an den Vortagen, sodass in der Südosthälfte noch etwas verbreiteter
über 25 °C, örtlich bis 28 °C erreicht werden. Auch in der Nordwesthälfte bleibt
es damit trotz leicht zurückgehender 850-hPa-Temperaturen und mehr Bewölkung mit
Höchstwerten zwischen 19 und 25 °C fast unverändert warm.

In der Nacht zum Freitag zieht die o. e. Randstörung in Form der Frontalwelle
LENN zum Ärmelkanal. Sie scheint wenig entwicklungsfähig zu sein, da sie es
verpasst, mit dem über dem Seegebiet nordwestlich der Britischen Inseln bereits
nach Nordost abdrehenden Trog zu interagieren. Nach ICON-Lesart setzt an der
Warmfront der Welle im Nordwesten bereits leichter Regen ein, GFS und IFS
belassen es zumeist noch trocken. In jedem Fall bleibt es in der Nordwesthälfte
wolkig, teils stark bewölkt, während nach Süden und Südosten noch geringe
Bewölkung vorherrscht. Dort kann sich örtlich wieder Nebel bilden. Die
Tiefstwerte liegen zwischen 16 °C im Nordwesten und 7°C im Südosten.



Freitag... beginnt sich der Langwellentrog über dem Nordostatlantik zu spalten.
Während sich das östliche Drehzentrum nördlich der Britischen Inseln vorbei zum
Nordmeer verlagert, bleibt das westliche im Bereich der Irmingersee hängen.
Zwischen den beiden Trögen beginnt sich westlich von Irland bis nach Island
hinauf ein Rücken aufzuwölben. Deutschland liegt an der Südflanke des östlichen
Troges in einer zunehmend an Fahrt gewinnenden west-südwestlichen und leicht
zyklonalen Höhenströmung. Die Potenzial- und Hochdruckbrücke wird endgültig nach
Süden verdrängt. Die Frontalwelle wird über die südliche Nordsee und den
äußersten Norden Deutschlands ostwärts geführt.
Frontale Prozesse und etwas PVA stützen Regenfälle, die sich von Westen und
Nordwesten über weite Teile der Nordhälfte ausdehnen. Die Mengen liegen aber
meist unter 10 mm/12 h, lediglich IFS rechnet über der nördlichen Mitte etwas
verbreiteter mit 10-15 mm. Im Warmsektor bzw. vor der Kaltfront labilisiert die
Luftmassen über der nördlichen Mitte etwas, allerdings nicht hochreichend,
sodass es eher bei schauerartigen (nicht-gewittrigen) Verstärkungen bleibt. Nach
Süden zu nehmen die Sonnenanteile rasch zu und es bleibt trocken. Nachdem der
Wind im Vorfeld der Welle vorübergehend auf Süd rückdreht, ist mit erneuter
Drehung auf Südwest bis West im Tagesverlauf mit einer Windauffrischung zu
rechnen. Sie hält sich aufgrund der eher flachen Welle aber in Grenzen, Böen 7
Bft bleiben aber wahrscheinlich Einzelfälle, genauso wie einzelne stürmische
Böen 8 Bft auf Berggipfeln. Die Höchstwerte liegen im Norden nur noch bei 18 bis
23 °C, im Süden nochmal bei 24 bis 28 °C.

In der Nacht zum Freitag zieht die Welle nach Osten ab. Die schauerartigen
Regenfälle (Gewitter weiterhin eher unwahrscheinlich) ziehen sich in den Osten
und Südosten zurück, gefolgt von ein paar Schauern im Zuge eines nachfolgenden,
flachen Höhentroges. Da die Strömung zwischen der abziehenden Welle und einem
sich kräftigenden Hoch über Frankreich auf Nordwest dreht, könnte sich an den
Alpen eventuell eine leichte Staulage einstellen, warnwürdige Mengen stehen aber
wahrscheinlich nicht auf der Agenda. Der Gradient bleibt am Rande der
nordeuropäischen Tiefs vor allem im Norden des Landes noch nennenswert, sodass
am ehesten an der See die ein oder andere Böe 7 Bft möglich ist. Die Nacht
bleibt verbreitet mild bei Tiefstwerten zwischen 15 und 10 °C, nur im
Nordwesten, wo die einfließende subpolare Luftmasse bei größeren Auflockerungen
stärker abkühlen kann, sind einstellige Werte bis 7 °C möglich.


Modellvergleich und -einschätzung
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Im Großen und Ganzen rechnen die Modelle sehr ähnlich. Leichte Unschärfen bei
der Niederschlags- und Windentwicklung im Zuge der Frontalwelle am Freitag haben
nur sehr begrenzte Warnrelevanz, vom Nebel abgesehen herrscht zumeist warnfreies
Wetter.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser