DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-07-2023 07:01
SXEU31 DWAV 060800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 06.07.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu HM (Hoch Mitteleuropa)

Auf POLY folgt EVI - steigender Luftdruck und steigende Temperaturen => Viel
Sonnenschein und am Freitag gebietsweise, am Wochenende dann verbreitet heiß.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... früh hat das kleine Sturmtief POLY, das gestern insbesondere in
den Niederlanden und in Teilen Deutschlands Schlagzeilen gemacht hat, den
Skagerrak knapp hinter sich gelassen. Es hat merklich an Substanz verloren, so
gerade wird noch eine 1005-hPa-Isobare aufrechtgehalten, Tendenz auch aufgrund
des bevorstehenden Landgangs (Grenzbereich Norwegen/Schweden) weiter auffüllend.
Bei uns steigt der Luftdruck schon seit geraumer Zeit, was zum Aufbau einer
breit angelegten, heute noch recht flachen Hochdruckzone geführt hat. Mit etwas
über 1015 hPa begrüßen wir herzlichst EVI auf der meteorologischen Bühne, die -
so viel sei an dieser Stelle schon verraten - uns in den nächsten Tagen mächtig
einheizen wird.

Am heutigen Donnerstag allerdings geht es noch ziemlich gemäßigt zur Sache. Zum
einen gilt es die anfangs noch zyklonal, leicht trogartig konturierte westliche
Höhenströmung zu glätten. Zum anderen muss sich die gestern frisch eingeflossene
mäßig warme Atlantikluft erst mal richtig erholen. Gerade mal 4°C sind es heute
Morgen auf 850 hPa im Nordwesten, denen rund 10°C im Alpenvorland
gegenüberstehen. Bis heute Abend steigt T850 absinkbedingt auf Werte zwischen
6°C im äußersten Norden bis zu 13°C rund um den Südschwarzwald. Bevor es soweit
ist, startet der Tag verbreitet sonnig oder nur locker bewölkt. Die Ausnahmen
liegen im Nordwesten und Norden, wo aktuell dichtere Wolken durchziehen, sowie
in Alpennähe bis hinüber zum Bajuwarischen Wald. Dort treten bereits erste
Schauer auf, die auch in den nächsten Stunden noch am Start sein können. Dabei
kämpfen sie gegen die Inversion an, die sich im Tagesverlauf immer mehr zwischen
700 und 800 hPa herauskristallisiert. Das macht es den Schauern schwer, auch
elektrische Impulse zu setzen, weil es an der Wolkenoberfläche einfach zu warm
ist. Kurzum, die Gewitterneigung im Norden ist gering, eher ist es mal ein
gewittriger Schauer mit Böen 7 Bft und vielleicht etwas Graupel bzw. kleinem
Hagel, der für ein Minimum an Warnerregung sorgt. Im Süden liegt die Inversion
zwar etwas höher, dort wird die Hauptaktivität konvektiver Umlagerungen aber
eher inneralpin erwartet, was die Gewitterwahrscheinlichkeit am deutschen
Alpenrand auf Sparflamme hält.

Im größten Teil des Landes bleibt es heute trocken, auch wenn sich aus der
labilen Grundschicht heraus ein paar diabatisch getriggerte Quellwolken bilden.
Der Wind spielt heute keine große Geige mehr, einzig an der Ostseeküste gibt es
am Vormittag noch ein paar vereinzelte "Nachwehen" in Form steifer Böen 7 Bft
aus Südwest bis West. Die Temperatur erreicht im Norden und Nordwesten
Höchstwerte von 19 bis 23°C, in den übrigen Regionen 22 bis 27°C.

In der Nacht zum Freitag nähert sich von Westen her ein zunächst noch relativ
unscheinbarer Höhenrücken, der den Luftdruck weiter steigen lässt. Folgerichtig
legt die gute EVI auf über 1020 hPa zu, wobei sie sich auf ganz Deutschland
ausweitet. Am frühen Morgen befindet sich ihr Zentrum bereits im Grenzbereich
zwischen Deutschland und Polen. NVA-bedingtes Absinken sorgt nicht nur für ein
baldiges Abwürgen anfänglich noch vereinzelt auftretender Konvektion, sondern
lässt auch die Bewölkung immer weniger werden. Bei verbreitet gering bewölktem
bis klarem Himmel bilden sich hier und da ein paar flache Nebelfelder. Ansonsten
kühlt die inzwischen ziemlich abgetrocknete Luftmasse auf erfreuliche, weil
schlaffreundliche 14 bis 6°C ab. Einzig direkt an der See bleibt es lokal etwas
milder, während in einigen Mittelgebirgen (z.B. in der Eifel) sogar die
5°C-Marke "gefährdet" ist.

Freitag... plustert sich der Höhenrücken mächtig auf, sprich, weitet sich
deutlich nach Norden aus. Am Tagesende reicht er von Algerien/Tunesien über
Mitteleuropa bis weit nach Norden zum Nordpolarmeer, wobei er im Süden breit
startet, um im Norden schmal auszulaufen. Egal, die meridionale Ausdehnung geht
natürlich auch am Bodenhoch nicht spurlos vorbei. So versucht unser
mitteleuropäisches Hoch Fühlung zu einem weiteren Hoch mit Schwerpunkt nahe
Spitzbergen aufzunehmen, was ihr bis zum Ende des Tages auch gelingen wird. Dann
steht eine echte meridionale Säule auf der Karte, die ein prominent
aufgestelltes Doppeltief über dem nahen Atlantik in Schach hält. Auf der anderen
Seite arbeitet das Hoch mit dem Tiefkomplex aber auch zusammen, indem
niedertroposphärisch eine südliche Strömung in Gang gebracht wird, mit der sehr
warme bis heiße Luft aus Südwesteuropa, genau genommen sogar Nordafrika
herantransportiert wird. Am morgigen Freitag allerdings erreicht uns erst die
Vorhut mit gebremstem thermischem Schaum. Bis zum Abend steigt T850 auf Werte
von 9°C zwischen Sylt und Rügen bis zu 17°C zwischen südlichem Oberrhein und
höherem Alpenvorland - da geht noch mehr!

Lange Rede, kurzes Wetter. Am morgigen Freitag scheint verbreitet die Sonne von
einem vielfach wolkenlosen Himmel. Einige Quellwolken bilden sich unterhalb von
750 hPa vor allem im Nordosten, was dort die Sonnenscheinbilanz etwas schmälert.
Für Schauer reicht es aber nicht mehr. Thermisch gibt es nur eine einzige
Richtung, nämlich bergauf. So steigt die Temperatur verbreitet auf 27 bis 32°C
mit den höchsten Werten im Südwesten. Nicht ganz so hoch geht´s im äußersten
Norden und Nordosten, wo meist 25 bis 28°C, auf den Inseln sowie an
Küstenabschnitten mit auflandigem Wind etwas weniger auf dem Zettel stehen.

Die Nacht zum Samstag bringt wetterlagentechnisch keine große Änderung, auch
wenn der Luftdruck im Westen und Südwesten anfängt leicht zu fallen. Das könnte
reichen, um mit Hilfe von etwas WLA im äußersten Südwesten einige Wolkenfelder
aufziehen zu lassen, aus denen rund um Hoch- und südlichen Oberrhein sogar ein
paar Tropfen Regen nicht ausgeschlossen sind. Im größten Teil des Landes bleibt
die Nacht aber hochdruckbestimmt, sprich gering bewölkt oder klar und trocken.
Zwar kühlt es nicht mehr ganz so stark ab wie die Nacht zuvor, bei 16 bis 8°C
Minimum lohnt es sich aber noch, die Fenster weit zu öffnen und frische Luft
reinzulassen. Einzig im Westen und Südwesten geht die Temperatur an einigen
Orten nicht mehr unter 17 oder 18°C zurück.

Samstag... regeneriert sich bei uns der Rücken, nachdem er zuvor Bestrebungen
hatte, den Vorhersageraum langsam gen Osten zu verlassen. Auch das umfangreiche
Bodenhoch verlagert sich nur marginal ostwärts, bekommt auf seiner Westflanke
eine leicht zyklonal konturierte Delle. Grund ist die sich nähernde Warmfront
des o.e. Tiefdrucksystems über dem nahen Atlantik, das inzwischen auf ein
einziges Drehzentrum geschrumpft ist. Mit 990 hPa ist das Tief sehr solide
aufgestellt, wobei es permanent versucht, einen Fuß in die mitteleuropäische Tür
zu bekommen. Am Samstag dürften die Erfolge diesbezüglich aber noch sehr
bescheiden ausfallen. Zwar wird die schleichend einströmende, fast schon als
tropisch zu bezeichnende Luftmasse immer heißer und labiler (T850 am Abend
zwischen 12°C in Vorpommern und 20°C im Südwesten). Dafür mangelt es zunächst
noch deutlich an Wasserdampf, was wiederum die Bildung von CAPE hemmt. Und das
bisschen, was durch Einstrahlung trotzdem generiert wird, ist auch noch
gedeckelt.

Mit anderen Worten, am Samstag scheint in Deutschland verbreitet und gnadenlos
die Sonne, und das von morgens bis abends. Lediglich im äußersten Westen und
Süden sowie in Teilen BaWüs ist es mitunter wolkiger - zunächst vornehmlich
durch Schleierwolken oder etwas mittelhohes Gewölk, später insbesondere über dem
Bergland durch sehr hochbasige Quellwolken (teilweise um 3 km). Dass diese
Gemengelage nicht der ganz großen konvektiven Ballerei förderlich ist, versteht
sich von selbst. Zumal es zusätzlich an wirklichen synoptischen Antrieben fehlt,
auch wenn der Rücken evtl. von einem reinlaufenden Sekundärtrog leicht
attackiert wird. Also, gehen wir guten Gewissens von einem entspannten Samstag
aus, an dem eindeutig die Temperatur die Schlagzeilen bestimmt. Die steigt
verbreitet auf zum Glück noch nicht allzu schwüle 29 bis 35°C. Lediglich ganz im
Nordosten, an Küstenabschnitten mit Seewind bzw. auflandiger Komponente (meist
kommt der Wind in Deutschland aus östlichen Richtungen) sowie in höheren Lagen
wird es nicht ganz so heiß.

In der Nacht zum Sonntag ändert sich noch nicht allzu viel an der Konstellation.
Es überwiegt Hochdruckeinfluss, was verbreitet gering bewölkte bis klare
Verhältnisse zur Folge hat. Einzig im äußersten Westen und Südwesten halten sich
ein paar Schwachstellen, die zumindest lokal die Möglichkeit für Schauer oder
einzelne nächtliche Gewitter - teils als Importware von unseren nahen
europäischen Nachbarn - bieten. Ob diese Möglichkeit von der Atmosphäre in der
Praxis schlussendlich auch genutzt wird, bleibt abzuwarten. Sicher ist, dass die
Nachttemperaturen zumindest in Teilen nicht mehr so angenehm ausfallen wie die
Nächte zuvor. Vor allem in den Ballungsräumen und Großstädten West- und
Südwestdeutschlands inklusive des Rhein-Main-Gebietes wird es für die eine oder
andere Tropennacht mit Tiefstwerten nicht unter 20°C reichen. Ansonsten stehen
18 bis 11°C auf dem Zettel.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren den beschriebenen Ablauf sehr ähnlich.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann