DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

05-06-2023 09:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 05.06.2023 um 10.30 UTC



Im Norden Fortdauer der Trockenheit, ansonsten vorübergehend Schauer und
Gewitter mit lokalen Unwettern. Warm bis sehr warm. Zum Wochenende mit mehr
Sonnenschein im Südwesten erste heiße Tage.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 12.06.2023


In der Mittelfrist setzt sich die Blockadelage weiter fort, allerdings geht das
blockierende Hochdruckgebiet auf Wanderschaft. Zu Beginn der Mittelfrist am
Donnerstag liegt es mit Schwerpunkt noch über dem Nordmeer, am Wochenende
verlagert es sich über den Norden Skandinaviens und Karelien nach
Nordwestrussland. Es erfolgt also der Übergang von der Großwetterlage "Hoch
Nordmeer" (HN) zu "Hoch Nordmeer Fennoskandien" (HNF). Gestützt wird das Hoch
von einem Rücken, der sich, eingeklemmt zwischen zwei Trögen, über dem Nordmeer
beginnt aufzuwölben und in der Folge über Skandinavien ostwärts schwenkt.
Südlich dieses in Fahrt kommenden Rossbywellenzuges schließt sich eine eher
unaufgeräumte, oft flache Geopotenzial- und Druckverteilung an. Am ehesten ins
Auge springt noch das recht umfangreiche, hochreichende Cut-Off-Tief, was sich
wenig mobil knapp westlich der Iberischen Halbinseln eindreht. Vorderseitige WLA
stützt einen Rücken über Westeuropa, der sich bis zum Wochenende intensiviert.
Er nähert sich nur zögerlich dem Vorhersagegebiet, sorgt aber dafür, dass der
Kaltlufttropfen ("KLT"), der am Donnerstag wahrscheinlich noch irgendwo über
Deutschland zu finden sein wird, langsam nach Südosten verdrängt wird.

Zumindest am Donnerstag und Freitag sorgt der KLT noch für eher unbeständiges
Wettergeschehen mit gebietsweisen Schauern und Gewittern. Mit Ausnahme des
Nordens, wo mit nordöstlicher Strömung recht trockene Luft herangeführt wird und
weiterhin keine Niederschläge zu erwarten sind, ist feuchte und hochreichend
instabile Luft wetterbestimmend. Den Zellen steht CAPE von der Größenordnung
1000-1500 J/kg zur Verfügung. Bei insgesamt flauer Strömung, schwacher Scherung
und PPWs zwischen 25 und 35 mm ist bei Gewittern mit lokalem Starkregen bis in
den Unwetterbereich zu rechnen. Ferner ist Hagel, vor allem aber mit größeren
Hagelansammlungen zu rechnen. Der Wind dürfte nur eine untergeordnete Rolle
spielen. Die Luft erwärmt sich niedertroposphärisch vor allem diabatisch bedingt
auf 10 bis 15 °C auf 850 hPa. Eine ausgeprägte Überadiabate dürfte es aufgrund
des leicht zyklonalen Wettergeschehens zwar nicht geben, zeitweiliger
Sonnenschein lässt aber zumindest Höchstwerte im verbreitet sommerlichen Bereich
(>25 °C) zu.

Am Wochenende zieht sich die Schauer- und Gewittertätigkeit nach Osten und
Südosten zurück. Wie lange und verbreitet dort noch mit konvektiven Umlagerungen
gerechnet werden muss, ist noch unsicher und hängt davon ab, ob nochmal ein
kurzwelliger Troganteil des nordeuropäischen Rossbywellenzuges nach Mitteleuropa
abtropfen wird. Im Großen und Ganzen nehmen die Sonnenanteile am Wochenende aber
zu, und damit auch die Temperaturen. Vor allem im Südwesten dürften damit die
ersten heißen Tage ins Haus stehen (>30 °C).

Die kommende Woche ist weiterhin geprägt von dem Rücken, der sich von Westeuropa
weiter annähert und mit seiner Achse wahrscheinlich auch auf die Westhälfte
Deutschlands übergreift. Der Osten bleibt leicht anfällig gegenüber schwachen
Trögen, die vorderseitig des Rückens in der nördlichen Höhenströmung nach Süden
ablaufen können. Dort ändert sich am Temperaturniveau auch eher wenig. Nach
Westen und Südwesten zu verstärkt sich dagegen die Advektion sehr warmer
Luftmassen zwischen dem blockierenden Hoch über Osteuropa und dem auf die
Iberische Halbinseln übergreifenden, hochreichenden Cut-Off-Tief, sodass die
Temperatur auf 850 hPa auf über 15 Grad ansteigt und Höchstwerte über 30 Grad
zumindest entlang des Rheins wahrscheinlich sind. Allerdings nimmt in zunehmend
feuchter Luft auch die Gewitterneigung wieder zu.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Zu Beginn der Mittelfrist am Donnerstag und Freitag kann den IFS-Simulationen
eine relativ gute Konsistenz bescheinigt werden. Der Kaltlufttropfen über
Deutschland wird nur etwas langsamer nach Südosten verdrängt, sodass sich die
damit einhergehenden Schauer und Gewitter mit lokalem Starkregen bis in den
Unwetterbereich insbesondere nach Osten und Südosten zu etwas länger halten
können.
Am Wochenende sollte nach den gestrigen IFS-Läufen ein Trog von Skandinavien
nach Mitteleuropa abtropfen. Der daraus resultierende, neuerliche
Kaltlufttropfen sollte nach dem 0Z-Lauf am Sonntag über Deutschland liegen, nach
dem 6Z-Lauf eher über der Ostsee und Nordpolen. Der heutige Lauf rechnet den
Abtropfprozess noch weiter östlich ohne nennenswerten Einfluss auf Deutschland.
Zumindest in der Osthälfte steht der ansonsten wieder zunehmende
Hochdruckeinfluss mit ersten heißen Tagen im Südwesten (über 30°C) noch auf
wackeligen Beinen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Großräumig betrachtet gibt es zwischen dem IFS und den üblicherweise an dieser
Stelle betrachteten Globalmodelle ICON, GFS und UK10 zumindest bis zum
Wochenende wenig Unterschiede. Leichte Diskrepanzen ergeben sich im Detail im
Hinblick auf den KLT und die Lage der Achse des sich von Westen nähernden
Rückens. Bei GFS und UK10 zieht der KLT zügiger nach Südosten ab als bei IFS und
ICON, folglich kann auch der nachfolgende Rücken schon am Freitag den Westen
Deutschlands erreichen.
Bei GFS liegt die Rückenachse in der Folge generell etwas weiter östlich über
Deutschland, was den Osten vor neuen Trogstreifschüssen "schützt". Diese haben
vor allem ICON und UK10 im Programm. Dies stützt die Vermutung, dass zumindest
der Osten auch am Wochenende etwas zyklonaler/kühler daherkommen könnte.
In der erweiterten Mittelfrist rechnet ICON eine etwas abweichende Entwicklung
mit dem Aufbau eines blockierenden Hochs über dem Nordmeer statt eines Rückens
über West-/Mitteleuropas. Von Osten würde sich ein neues Höhentief nähern. Das
würde zyklonaleres und nicht ganz so warmes Wetter bedeuten.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


CLUSTER:
In den Zeiträumen +72-168 h (Do/Fr) und +120-168 h (Sa-Mo) wird jeweils nur 1
Cluster gebildet mit durchgehendem BLOCKING-Regime.
Im Zeitraum +192-240 h (Di-Do) werden 2 Cluster gebildet. In Cluster 1 (27/51
Member) setzt sich die BLOCKING-Lage fort mit starker positiver
Geopotenzialanomalie von Südskandinavien bis zum Nordostatlantik und einem
Rücken über Westeuropa, in dessen Einflussbereich auch Deutschland liegt. In
Cluster 2 (24/51) zieht sich die positive Geopotenzialanomalie weit auf den
Nordostatlantik und nach Grönland zurück (Regime ATLANTIC RIDGE), zum Ende
könnte sich von Skandinavien Trogeinfluss bis nach Mitteleuropa ausdehnen.

RAUCHFAHNEN:
Aus den Rauchfahnen des IFS-EPS für ausgewählte Städte lassen sich keine
wesentlich neuen Erkenntnisse ableiten. Bis Freitag ist die Memberschar eng
gebündelt, danach nimmt der Spread sowohl bei Temperatur als auch bei
Geopotenzial zu. Nach Westen zu gibt es einige Member, die noch eine etwas
stärkere WLA rechnen als der deterministische Lauf. Dafür ist sie im
deterministischen Lauf nachhaltiger, während die meisten Member in der nächsten
Woche eine Seitwärtsbewegung oder leichte Abwärtsbewegung ausführen. Nach Osten
zu befindet sich der deterministische Lauf am Wochenende und in der nächsten
Woche eher am oberen Rand, nicht wenige Member zeigen tiefere Temperaturniveau
und Geopotenzial.
Im Norden sind die Niederschlagssignale quasi vernachlässigbar, ansonsten zeigt
sich in vielen Membern ein Tagesgang, wobei sich am Wochenende vielerorts ein
Minimum abzeichnet.

FAZIT:
In der Mittelfrist setzt sich das leicht unbeständige Wetter mit Schauern und
Gewittern zunächst fort. Mit Abzug des Kaltlufttropfens geht die
Schauertätigkeit am Wochenende tendenziell zurück, wobei es nach Osten und
Südosten zu wohl noch am längsten dauert. Mit zunehmenden Sonnenanteilen wird es
zumindest im Südwesten und Westen sehr warm, mit den ersten, zumindest
"knapp-30ern" örtlich sogar heiß. In der nächsten Woche geht es in der
Westhälfte wahrscheinlich erst mal hochsommerlich weiter, bei allerdings wieder
zunehmender Gewitterwahrscheinlichkeit. Nach Osten zu könnten neuerliche
Trogstreifschüsse für ein niedrigeres Temperaturniveau sorgen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Im Norden bleiben Niederschläge auch in der Mittelfrist wahrscheinlich aus, was
die Trockenheit verschärft.
Ansonsten muss vor allem am Donnerstag und Freitag mit gebietsweisen Schauern
und Gewittern gerechnet werden. Wo die genauen Schwerpunkte liegen werden,
bleibt abzuwarten. Der Fokus liegt klar auf dem lokalen Starkregen. Räumlich eng
begrenzt sind Unwetter durch heftigen Starkregen wahrscheinlich. Auch größere
Hagelansammlungen sind möglich. Sturmböen sind weniger wahrscheinlich.
Am Wochenende sind dann im Osten und Südosten, bevorzugt über dem Bergland,
weitere Schauer und Gewitter möglich, ansonsten nimmt die
Gewitterwahrscheinlichkeit ab.
Ob sie ab Montag von Südwesten wieder zunimmt, ist noch unsicher.

Zum Wochenende und zu Beginn der nächsten Woche werden im Westen und Südwesten,
insbesondere entlang des Rheins, erstmals in diesem Jahr eine Reihe heiße Tage
mit Höchsttemperaturen um oder knapp 30 °C erwartet. Die Taupunkte liegen noch
meist um oder unter 15 °C und die nächtlichen Tiefstwerte meist unter 20 °C,
sodass sich die Wärmebelastung aber noch in Grenzen halten wird.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS det.+EPS, MOS-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser