DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-04-2023 08:01
SXEU31 DWAV 150800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 15.04.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HFz

In der Südhälfte lokal Dauerregen. Oberhalb von etwa 1000m Schnee. Nachts
gebietsweise Nebel. Am Sonntag und Montag im Süden und Südosten einzelne kurze
Gewitter nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... ist im Geopotentialfeld ein Langwellentrog zu erkennen, der sich von
Grönland über die Nordsee bis nach Südosteuropa erstreckt. Im Bereich der
Nordsee sowie Benelux zeigt sich schon ein stark ausgedünnter Trogbereich, der
im Tagesverlauf weiter eingeschnürt wird, so dass zum Abend ein abgeschlossenes
Höhentief von den Modellen simuliert wird, dessen Zentrum über Niederösterreich
und dem südlichen Böhmischen Becken zu finden sein soll, zumindest wenn man ICON
Glauben schenkt (IFS simuliert den Kern des Höhentiefs eine Nuance weiter
nördlich). Das Höhentief selbst ist durchaus großräumig strukturiert und
überdeckt weite Teile Polens sowie den Südosten Deutschlands und reicht im Süden
bis nach Sardinien, im Südosten bis nach Serbien. Der beschriebene
Cut-Off-Prozess ist insbesondere einem Höhenrücken über Westeuropa geschuldet,
der sich allmählich ostwärts verlagert und dessen Achse bis zum Abend die
Irische See erreicht. Über die Nordsee hinweg nimmt er zunehmend Kontakt mit
einem kleinräumigen Höhenhoch über Skandinavien auf, welches sich im
Tagesverlauf zögerlich kräftigt. Bodennah korrespondiert mit dem Höhentief ein
großräumiger Tiefdruckkomplex, dessen Zentrum zwar vom Golf von Genua in
Richtung Mittelitalien wandert (Tief SVEN), allerdings weist das Tief ein
zweites Zentrum auf (RUDOLF), welches im Bereich Südpolen/ Böhmisches Becken
verdrahtet werden kann und damit an eine Vb-Lage erinnert. An dieses sekundäre
Tief ist ein Frontensystem gekoppelt. Seine Warmfront erstreckt sich aktuell bei
westwärts orientierter Verlagerung etwa von Schleswig-Holstein bis nach
Südostbayern, während die Kaltfront, von Süden her vorrückend, über Polen zu
finden ist. Entsprechend fällt in den genannten Gebieten anhaltender Regen, der
schon zur Ausgabe von Dauerregenwarnungen in den dortigen Mittelgebirgslagen und
an den Ostalpen geführt hat. Die erwarteten Gesamtniederschlagsmengen sollen
sich dabei in einer Spanne von etwa 30 l/qm (Thüringer Wald) über 50 l/qm
(Erzgebirge, Bayerischer Wald) bis zu 70 l/qm (Staulagen Berchtesgadener Land)
bewegen. Präfrontal zur beschriebenen Warmfront befindet sich am Vormittag noch
ein wolkenarmer Streifen vom Nordwesten bis zum Bodensee, der allerdings wie
auch die Warmfront nach Westen gedrückt und dabei zusammengepresst wird. Das
Zusammenpressen übernehmen einerseits die Warmfront, andererseits ein schwaches,
in eine flache Tiefdruckrinne und mit einem kleinen Höhentief gekoppeltes
Frontensystem über Westeuropa, das es aber noch schafft, sich bis in die
Mittagsstunden von Ostfrankreich in den Südwesten zu schieben und dort für etwas
regen zu sorgen. Zum Abend sollten sich dann die Wolkenlücken im Westen
geschlossen haben, die größten Chancen auf Auflockerungen gibt es dann im Norden
sowie in der Lausitz. Da sich die 850er Temperaturen im Südosten um 0°C bewegen,
ist in Lagen oberhalb von etwa 800 bis 1000 m mit Schnee zu rechnen, die
Schneefälle können im Bereich des Bayrischen Waldes und im Berchtesgadener Land
auch Mengen um 20 cm erreichen, in den Staulagen der Alpen lokal auch deutlich
mehr. Bei Höchstwerten zwischen 16°C im Westen (wo sich der wolkenarme Bereich
am längsten bemerkbar macht) und 6°C im Dauerregen im Südosten weht der Wind
zwar mäßig und teils auch frisch, warnwürdige Böen werden aber allenfalls in den
Gipfellagen der Mittelgebirge erreicht. Das wird wohl nicht für die Ausgabe von
entsprechenden Warnungen reichen.

In der Nacht zum Sonntag füllt sich der Kern des Tiefs etwas auf, an seiner
Ausdehnung ändert sich allerdings nichts Wesentliches. Das zugehörige Höhentief
nimmt einen mehr dipolartigen Charakter an, wobei die Schwerpunkte zum Morgen
über dem Böhmischen Becken und dem Tyrrhenischen Meer erwartet werden. Die
Warmfront schiebt sich weiter in den Südwesten, nach Nordwesten kann sich nicht
ausgreifen, da sich über der Nordsee unter Absinken auf der Vorderseite des
westeuropäischen Höhenrückens eine Hochdruckbrücke kräftigt. Sie verbindet Sie
verbindet ein Gebiet hohen Luftdrucks westlich der Iberischen Halbinsel mit
einem kräftigen Hoch über Skandinavien und Nordwestrussland. Somit beginnt es
auch zwischen Main und Hochrhein/Bodensee länger anhaltend und teils kräftig zu
regnen. Dauerregenwarnungen könnten dann vor allem im Allgäu fällig werden, wo
24-stündig bis Sonntagabend 30 l/qm, bis Montagmorgen sogar 40 l/qm auf dem Plan
der meisten Modelle stehen. In den übrigen Gebieten des Südwestens kann hinter
die Ausgabe von Dauerregenwarnungen aktuell noch ein Fragezeichen gesetzt
werden. Da die Schneefallgrenze im Allgäu um 1000 m erwartet wird, sollte für
die Hochlagen auch wieder eine Schneefallwarnung (um 10 cm, Staulegen mehr)
nötig sein. Frost ist allenfalls in den Gipfellagen der Mittelgebirge ein Thema,
der Wind bleibt lebhaft, Warnungen diesbezüglich aber unwahrscheinlich. Das ist
beim Nebel anders. Insbesondere im Osten ist die Grundschicht sehr feucht und
der Gradient recht schwach, so dass sich dort verbreiteter dichter Nebel bilden
kann.

Sonntag... wird der über dem Böhmischen Becken liegende nördliche Teil des
Dipol-Höhentiefs aufgefüllt, so dass der über Italien liegende südliche Teil der
eindeutig dominierende wird. Damit steigt über Deutschland das Geopotential, was
aber auch dem sich zwar nicht mehr weiter ostwärts verlagernden, aber sich
deutlich amplifizierenden Höhenrücken über Westeuropa geschuldet ist. Das
Absinken auf seiner Vorderseite hält an, so dass auch die Hochdruckbrücke über
der Nordsee weiter an Kraft gewinnt. Dies spiegelt sich auch darin wieder, dass
die Modelle das Emsland und die Küstengebiete zunehmend von Niederschlägen
freihalten, und insbesondere an der Nordsee sollen sich im Tagesverlauf auch
größere Wolkenlücken zeigen. Einen Blick auf die Sonne soll man dann und wann
auch im Südosten erhaschen können, nachdem dort die Warmfront durchgezogen ist
und mit einer auf West drehenden Strömung die Staukomponente an den Ostalpen
zusammenbricht. Dort ist allerdings Vorsicht geboten: Die Schichtung wird dort
von Südosten her instabiler, und mit den Auflockerungen kann sich etwas Cape
aufbauen. In der Folge sind einzelne Schauer und Gewitter zumindest nicht
ausgeschlossen (von ICON und IFS gezeigt). Insgesamt dominieren aber die Wolken,
es regnet verbreitet, meist nur schwach, vor allem in einem Streifen von
Brandenburg bis zum Hoch- und Oberrhein aber auch kräftiger, weil dort weiterhin
die Front von RUDOLF liegt. Da abgesehen vom Südosten die Windrichtung eine
nördliche ist, staut es im Allgäu, aber auch an der Schwäbischen Alb und im
Nordschwarzwald weiter an, wobei bei den meisten Modellen (ICON, IFS, GFS, aber
auch ICON-D2) 10 bis 15 l/qm, mit leicht unterschiedlicher regionaler
Verteilung, erwartet werden. Bei leicht ansteigenden 850er Temperaturen steigt
auch die Schneefallgrenze etwas an, trotzdem könnte fürs Allgäu oberhalb von
1000m, eher aber oberhalb 1500 m (die Schneefallgrenze steigt auf 1200 bis 1500
m an) eine Schneefallwarnung (um 10 cm, Staulagen bis 30 cm) eine Option sein.
Der aufziehende Gradient entfernt die erwarteten Böen noch weiter von den
Warnschwellen, so dass selbst in den Hochlagen keine potentiell warnwürdigen
Böen mehr erwartet werden. Die Höchstwerte sind mit 7 bis 15°C weiterhin recht
kühl.

In der Nacht zum Montag weitet sich der Hochdruckeinfluss von der Nordsee her
langsam südwärts aus und im Norden klart es auf. Ansonsten liefert das nach wie
vor präsente, sich aber abschwächende bzw. nach Süden abziehende Höhentief mit
Kern über dem Mittelmeer noch einen leicht zyklonalen Einschlag der
Höhenströmung. Es halten sich über der Mitte und dem Süden viele Wolken und
leichte Niederschläge, deren Mengen aber zusehends geringer werden. Stellenweise
sind in der feuchten Luft im Süden Nebelfelder möglich; die Luft im Norden
trocknet mehr und mehr ab. Die Luft kühlt auf 6 bis 1°C ab und im Bergland sowie
ganz im Norden ist leichter Bodenfrost möglich, der Südosten könnte es mit
dichteren Nebelfeldern zu tun bekommen.

Montag... und in der Nacht zum Dienstag kräftigt sich der Höhenrücken von allem
vor der Südnorwegischen Küste. Da währenddessen das Südeuropäische Höhentief
beginnt, weiter nach Westen auszugreifen, wird der Höhenrücken westlich der
Biskaya zunehmend abgebaut und eingeschnürt, so dass schon zu erkennen ist, dass
sich über dem Nordostatlantik ein abgeschlossenes Höhenhoch bildet. Dieses
greift etwas nach Osten aus, so dass auch das zugehörige Bodenhoch seinen
Schwerpunkt nach Osten verlagert. Da andererseits der von dort nach Südwesten
weisende Bodenkeil eine retrograde Verlagerung von der Nordsee hin zu den
Britischen Inseln erkennen lässt, dreht die bodennahe Strömung von Nord bzw.
Nordnordost zunehmend auf Nordost, die Höhenströmung sogar auf östliche
Richtungen. Das steigende Geopotential macht sich auch über der Ostsee
bemerkbar. Dadurch bildet das südeuropäische Höhentief einen nach Norden
weisenden Trog aus, der vor allem die Südhälfte Deutschlands beeinflusst.
Entsprechend wird die Atmosphäre aus der Höhe etwas labilisiert. Da auch die
LAPS-Rates Labilität andeuten und etwas CAPE generiert wird, sind südlich des
Mains einzelne Gewitter grundsätzlich vorstellbar, wenn auch nicht sehr
wahrscheinlich. Der steigende Druck sorgt für eine moderate Zunahme des
Gradienten. Damit sind an den Küsten in der Nacht zum Dienstag wieder Böen Bft 7
eine Option. Wettertechnisch setzt sich im Norden und Nordwesten häufiger die
Sonne durch, wogegen die Wolken im übrigen Land nur zögernd auflockern. Vor
allem am Vormittag gibt es noch von den zentralen Mittelgebirgen bis zu den
Alpen etwas Regen, in den Alpen oberhalb 1600 m auch Schnee. Die
Nachmittagstemperaturen liegen meist zwischen 10 Grad im mittleren Bergland und
15 Grad am Oberrhein. An der vorpommerschen Küste werden bei kräftigem
auflandigem Wind kaum 10 Grad erreicht, die sich aber deutlich kälter anfühlen.
In der Nacht zum Dienstag gibt es in der Nordhälfte und in den westlichen
Mittelgebirgen bei Aufklaren örtlich Bodenfrost.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Abläufe der kommenden Tage recht ähnlich.
Warnrelevante Unterschiede zeigen sich kaum, allenfalls im Detail bei der
Verteilung der Niederschlagsmaxima und bei deren Spitzenwerten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas