Thema des Tages

28-01-2023 14:20


Wetter aktuell
Sonnenmystik

In den vergangenen Tagen ließen sich vermehrt optische Lichteffekte
rund um die Sonne beobachten. Was es mit den faszinierenden
Erscheinungen wie "Nebensonnen", "Zirkumzenitalbögen" oder dem
"22°-Ring" auf sich hat, lesen Sie im heutigen Thema des Tages.

Der einen oder dem anderen werden sie schon einmal mehr oder weniger
bewusst aufgefallen sein: Lichteffekte, die rund um die Sonne
auftreten. Diese werden generell unter dem Oberbegriff "Halo"
zusammengefasst und sind teilweise so farbenprächtig wie der allseits
bekannte Regenbogen. Das vom griechischen "halos" abstammende Wort
bedeutet so viel wie "Scheibe" und beschreibt am Himmel erscheinende
helle Ringe, Bögen, Flecken oder Säulen.

Halos entstehen durch Reflexion und Brechung des Sonnenlichts an in
der Luft befindlichen Eisteilchen. Wer nun davon ausgeht, dass man
zur Sichtung der faszinierenden Phänomene auf eisige Temperaturen
warten muss, liegt allerdings falsch. Auch in unseren Breiten kommen
die Eisteilchen sehr häufig vor, zwar nicht in Bodennähe, dafür aber
in Cirrus- oder Cirrostratuswolken in einer Höhe von 8 bis 12
Kilometern. Diese Wolken sind meist sehr zart, gleichen Fasern,
Haaren oder schmalen Bändern und lassen öfter den blauen Himmel durch
sich hindurch schimmern. Hin und wieder sind sie überhaupt nicht mit
dem bloßen Auge wahrnehmbar, Eiskristalle halten sich dennoch in den
eisigen Höhen auf.

Man kann Halos prinzipiell das ganze Jahr über beobachten, denn in
Höhen, in denen Cirren vorkommen, ist es immer sehr kalt. Allerdings
können sich Halos im Winter auch in Bodennähe bei Eisnebel, in der
Nähe von Schneekanonen oder im Polarschnee (Entstehung von Eisnadeln
aus dem Wasserdampf der unteren Luftschichten) bilden. Entscheidend
dafür, ob oder welche Art von Halo man zu sehen bekommt, ist die
Form, Größe und Ausrichtung der Eisteilchen.

Auf dem Weg zum Brecherspitz-Vorgipfel im Mangfallgebirge in den
Bayerischen Alpen zeigten sich meinem Kollege Jens Winninghoff am
vergangenen Donnerstag rund um die über dem Horizont stehende Sonne
gleich mehrere Haloerscheinungen zur selben Zeit. Auf dem Foto in
Abbildung 1 steht die Sonne hinter den Kronen der sich in der
Bildmitte befindlichen Nadelbäume. Kreisförmig um die Sonne herum
befindet sich ein weißlich-braun schimmernder Kreis. Dabei handelt es
sich um eine der häufigsten Haloerscheinungen: den sogenannten
"22°-Ring" oder auch "kleiner Halo" genannt. Die Ausrichtung der
Eiskristalle spielt dabei keine Rolle, diese können zufällig
orientiert sein.

Anders sieht es zu beiden Seiten des Rings aus. Dort lässt sich ein
kleiner hellerer Abschnitt beobachten. Bei dieser Erscheinung, die
man als "Nebensonne" bezeichnet (jeweils eine links und rechts von
der Sonne angeordnet), werden die Sonnenstrahlen an waagerecht
schwebenden Eisplättchen gebrochen. Zum besseren Verständnis wurden
die einzelnen Phänomene im Foto in Abbildung 2 beschriftet.

Wer nun ganz genau hinsieht, stellt eine bogenförmige
Verbindungslinie zwischen den Nebensonnen und der Sonne selbst fest,
die auch über den 22°-Ring hinausgeht. Dabei handelt es sich um ein
Kreissegment des sogenannten "Horizontal- bzw. Nebensonnenkreises",
der sich aufgrund der Spiegelung des Lichts an den vertikalen Flächen
von Eiskristallen ausbildet. Daher erscheint der Kreis immer weiß und
nicht in den Spektralfarben.

In etwas größerer Entfernung zur Sonne lässt sich ein weiterer Kreis
feststellen. Nun ist es aufgrund des Sonnenstandes nicht immer
einfach, diesen eindeutig zu bestimmen, denn hierbei kann es zu einer
Überlagerung von zwei verschiedenen Phänomenen kommen. Zum einen
erkennt man den sogenannten "46°-Ring" ("großer Halo"). Dieser tritt
seltener auf als sein "kleiner Bruder" und ist auch deutlich
schwächer ausgeprägt. Bei genauem Hinsehen erkennt man jedoch, dass
der Ring stellenweise in Regenbogenfarben leuchtet. Entsprechend
könnte sich der 46°-Ring hier mit dem seltenen "Supralateralbogen"
überlagern.

Im oberen Bildbereich lässt sich ein nach oben hin geöffnetes
Kreissegment beobachten, das einem "auf dem Kopf stehenden"
Regenbogen gleicht. Hierbei handelt es sich um den sogenannten
"Zirkumzenitalbogen", der eine der farbenprächtigsten
Haloerscheinungen darstellt. Hierbei werden die Sonnenstrahlen an
waagerecht schwebenden Eisplättchen gebrochen.

Wenn sich der Autor abschließend nicht vollständig täuscht, kann man
knapp oberhalb des 22°-Rings noch einen weiteren kleinen farbigen,
allerdings lichtschwachen Bogen erkennen. Dabei sollte es sich um den
eher selten auftretenden "konkaven Parrybogen" handeln. Dieser
entsteht durch die Brechung des Sonnenlichts an säulenförmigen
Kristallen, die "doppelt orientiert" sind. Das bedeutet, nicht nur
die Hauptachse der Kristalle ist horizontal orientiert, auch die
obere und untere Prismenfläche ist parallel zum Horizont
ausgerichtet.

Falls Sie es an diesem Wochenende ins höhere Bergland schaffen oder
eine Wolkenlücke erwischen, schauen Sie ruhig mal in den Himmel. Es
könnte sich lohnen!


MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.01.2023

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