DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-01-2023 09:01
SXEU31 DWAV 140800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 14.01.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL Wz, im Verlauf Übergang zu TrW

Im gesamten Kurzfristzeitraum mit nur kurzen Pausen Wind- und Sturmböen, an der
See und auf Gipfeln bis in den Orkanbereich. Im Westen und Südwesten bis Sonntag
markante Dauerregenlage. Ab Sonntag von Nordwesen absinkende Schneefallgrenze
mit nennenswerter Neuschneeauflage ab Montag in den westlichen Mittelgebirgen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... befindet sich der Vorhersageraum in einer aktiven westlichen
Höhenströmung. Die Achse des Höhentroges, der in der Nacht noch gebietsweise
Schauer gebracht hat, zieht im Vormittagsverlauf ostwärts aus Deutschland ab.
Ihm folgt ein flacher Höhenrücken nach, der allerdings nur begrenzt
Wetterwirksamkeit aufweist. Das liegt zum einen daran, dass die Höhenströmung
diffluent ist. Zum anderen macht sich schon weit im Vorfeld der Warmfront des
neuen Tiefausläufers bei Schottland kräftige Warmluftadvektion bemerkbar, die
den kompletten Rücken und seine Achse überläuft. Zum einen sorgt das für eine
rasche Stabilisierung, sodass auch letzte Schauer im Osten rasch abklingen. Zum
anderen machen sich kräftige Aufgleitprozesse bemerkbar, sodass sich die
Bewölkung im Vormittagsverlauf verdichtet und Niederschläge von Westen bis zu
den Mittagsstunden auf die zentralen Landesteile übergreifen. Zum Nachmittag
intensivieren sich die Dauerniederschläge bei anhaltendes und sich noch
verstärkender WLA und greifen auf große Teile des Landes aus. Ausgenommen ist
bis zum Abend nur der Bereich südlich der Donau.

Die Dauerniederschläge halten auch in der Nacht auf Donnerstag noch an und
klingen erst mit Passage der Kaltfront ausgangs der Nacht von Nordwesten her ab.
Die Stundensummen liegen in der stärksten Niederschlagsphase von heute
Nachmittag bis in die erste Nachthälfte auf Sonntag um oder knapp über 5 l/qm.
Das gilt bevorzugt für die Weststaulagen der westlichen und zentralen
Mittelgebirge. Akkumuliert kommen damit bis Sonntagfrüh durchaus 20 bis 40 1/qm
in etwa 18 h zusammen, sodass entsprechend für die Weststaulagen die markante
Dauerregenwarnung ausgegeben wurde. Besonders im Fokus steht auch wieder das
Sauer-Siegerland und der Westerwald. Mit der Vorgeschichte und den schon recht
hohen Flusspegeln wurde für einen kleinen Bereich auch die Unwetterwarnung
gezogen.
Betroffen von den Dauerniederschlägen ist auch der Schwarzwald, allerdings
zeitlich etwas versetzt. Bei einem späteren Beginn, dauern die Niederschläge
dort bis zum Sonntagnachmittag an.

Neben den Niederschlägen steht heute auch der Wind erneut im Fokus. Schon in den
Vormittagsstunden frischt der Wind von Westen her zusehends auf. Die
Windgeschwindigkeiten liegen in 850 hPa bei 60 kn und in 925 hPa bei 50 kn. Zum
Glück ist die Schichtung stabil sodass in tiefen Lage die Aufmerksamkeit vor
allem auf die Leelagen (vorübergehende Winddrehung auf Süd) und anfällige Lagen,
gerichtet ist. Dort können durchaus stürmische Böen auftreten können. Im höheren
Bergland kann dann der Sturm mit Bft 8/9 voll durchgreifen. Auf den Berggipfeln
kann man die Winde in 850 hPa durchaus ansetzen, sodass dort mit schweren
Sturmböen und orkanartigen Böen zu rechnen ist, auf dem Brocken wie üblich noch
einen Zacken schärfer.

Auch an der Nordsee legt der Wind spätestens zum Nachmittag deutlich zu, sodass
auch dort mit Böen bis in den Sturmbereich zu rechnen ist, auf der freien
Nordsee auch schwere Sturmböen.

Der heutige Tag ist nochmal sehr mild mit Höchstwerten teils im zweistelligen
Bereich bis 14 Grad am Oberrhein.

In der Nacht auf Sonntag halten die Niederschläge an, der Wind lässt aber im
Laufe der Nacht von Nordwesten her vorübergehend nach. Das liegt vor allem
daran, dass die Kaltfront des mittlerweile von der nördlichen Nordsee nach
Südnorwegen ziehenden Tief südostwärts über Deutschland ausgreift. Dahinter
gehen auch die Winde in 925 hPa und 850 hPa vorübergehend deutlich zurück. Am
längsten aktiv bleibt der Wind nach Süden und Südosten. Im Nordwesten legt der
Wind bereits in den Morgenstunden wieder spürbar zu, was sich vor allem an der
Nordsee bemerkbar macht.

Ansonsten klingen die Niederschläge postfrontal ab, sodass die
Dauerregensituation bis zum Morgen über den westlichen Mittelgebirgen beendet
ist. Zudem sinkt die Schneefall- und Nullgradgrenze deutlich ab. Da aber
postfrontal nur noch wenig Niederschlag fällt, dürfte sich allenfalls eine dünne
Neuschneedecke in den höchsten Lagen ausbilden (Glätte).


Sonntag... erreicht die Kaltfront im Vormittgasverlauf bereits den Südosten
Deutschlands. Rückseitig strömt ein Schwall maritimer Polarluft ein. Die 850 hPa
geht auf Werte nahe -5 Grad zurück. Direkt hinter der Front findet ein
deutliches Abtrocknen und Absinken statt, sodass es postfrontal am Vormittag
zunächst trocken ist und die Sonne sich zeigen kann. Am längsten dauern die
Niederschläge im Südosten und Süden an, wo die Kaltfront einen gewissen
Anafrontcharakter entwickelt. Bei gleichzeitig auf 600 bis 400 m fallender
Schneefallgrenze kann es in den höheren Lagen bis zum Abend auch ein wenig
Neuschnee geben, vor allem in den Weststaugebieten des Alpenrandes und
Bayerischen Waldes.

Interessant wird es ab den Mittagsstunden, wenn von der Nordsee kommend und
südostwärts ausgreifend ein Kurzwellentrog auf Deutschland übergreift. Direkt
damit in Verbindung steht ein Bodentrog mit eingelagerter Windkonvergenz. Die
verschiedenen Modelle zeigen recht einheitlich ein kompaktes konvektiv
verstärktes Niederschlagsband. Dieses korrespondiert gut mit einem Maximum in
der Feuchteflusskonvergenz. Die Labilität ist hoch und kann gleichzeitig mit
einem relativen Maximum im Feld der spezifischen Feuchte überlappen. Auch
rückseitig des angesprochenen Bandes dürften weitere Schauerstaffeln aktiv sein.
Zudem wird auch über der Nordsee etwas MU CAPE simuliert, das bis nach
Schleswig-Holstein ausgreifen kann. Demnach können auch einzelne
Kaltluftgewitter aktiv sein.

In der unteren Troposphäre greift zudem ein weiteres Windmaximum von bis zu 60
kn auf etwa 1000 m Höhe über. Bei guter Durchmischung können zumindest Teile
davon bis nach unten durchgemischt werden. Entsprechend ist vor allem im
Nordwesten und später über den Norden ostwärts ausgreifend mit stürmischen Böen
und Sturmböen zu rechnen. In den Schauerstaffeln sind durchaus auch schwere
Sturmböen im Bereich des Möglichen, wie auch die Wahrscheinlichkeiten des
ICON-D2 EPS zeigen. Von den Höhenwinden wären auch einzelne Bft 11 Böen denkbar,
die Modelle halten sich diesbezüglich aber noch zurück, sodass diese nach
aktueller Modelllage nur als gering wahrscheinlich einzustufen sind. Direkt an
der Nordsee muss bei auflandigem Wind aufgrund fehlender Reibung auf jeden Fall
mit orkanartigen Böen gerechnet werden. Diese können über Schleswig-Holstein
auch noch etwas landeinwärts ausgreifen. Auf der Nordsee und vereinzelt auf den
Nordfriesen sind insbesondere mit Konvektion in der gut gescherten unteren
Troposphäre auch einzelne Orkanböen im Bereich des Möglichen.

Die Windzunahme greift im Tagesverlauf auch weiter südostwärts aus. Da die
Trogaktivität (und Labilität) sich vor allem auf die Nordhälfte konzentriert,
fällt die Windzunahme in der Südhälfte nicht so kräftig aus (Windböen). Im
höheren Bergland gibt es aber auf jeden Fall stürmische Böen und Sturmböen,
exponiert auch schwere Sturmböen, Brocken Bft 12.

Bis zum Abend greift die Trogstaffel bis zu den Mittelgebirgen aus. Dort fallen
die Niederschläge im höheren Bergland als Schnee, sodass in Lagen oberhalb von
600 m mit einer dünnen Neuschneedecke zu rechnen ist.

Vor allem in der ersten Tageshälfte sind im Süden noch um 10 Grad möglich, das
Temperaturniveau geht aber überall mit dem Zustrom maritimer Polarluft
allmählich zurück.

In der Nacht auf Montag ziehen Höhen- und Bodentrog ostwärts nach Polen und zum
Baltikum ab, sodass sich auch die Windsituation deutlich entspannt. Am längsten
besteht noch im Nordosten die Gefahr von Sturmböen, wo erst in der zweiten
Nachhälfte mit einer deutlichen Windabnahme zu rechnen ist.

Von Westen greift schon in der ersten Nachthälfte ein neuer kurzwelliger
Troganteil über. Die Folge sind einzelne Schauer, die nachfolgend auch auf die
Mitte ausgreifen. Groß Mengen werden nicht erwartet, aber bei Frost im Bergland
muss ab etwa 400 m mit einer dünnen Schneedecke und Glätte gerechnet werden.

Südlich der Donau ist die Wolkendecke aufgelockert, vorübergehend kann es auch
länger aufklaren. Damit sinken die Werte dort in den Frostbereich bis -5 Grad.
Streckenweise ist mit Glätte durch Überfrieren oder Reif zu rechnen.

Montag... liegt Deutschland weiter im Einflussbereich des umfangreichen
Höhentrogs, der mehrere Teiltröge und kurzwellige Anteile aufweist. Interessant
ist vor allem eine Entwicklung, die bereits in der Nacht über der Bretagne
einsetzt. Ein markanter Kurzwellentrog sorgt dort für Zyklogenese. Das
resultierende Bodentief kann sich bis zum Morgen auf nahe 980 hPa vertiefen und
erreicht den Nordosten Frankreichs. Am Montag zieht dieses Tief schließlich über
BeNeLux in den Nordwesten Deutschlands, wobei es sich dann aber nicht weiter
vertieft.

Die genaue Zugbahn weist noch leichte Unsicherheiten auf, wie man am Spread im
Ensemble sehen kann. Beim Vergleich des deterministischen ICON-Laufes mit seinem
Ensemble, scheint ersterer eine etwas südlichere Zugbahn im Vergleich zum
Ensemble zu favorisieren. Auch im Vergleich zum ECMWF und GFS ist ICON eher ein
wenig südlicher positioniert. UK10 passt hingegen recht gut.

Mit dem Tief setzen vorderseitig Aufgleitprozesse und damit länger andauernde
Niederschläge über dem Westen und Nordwesten ein, die nachfolgend noch etwas
ostwärts ausgreifen. In den westlichen Mittelgebirgsstaulagen können durchaus
bis 20 l/qm in 24 h zusammenkommen. Die Schneefallgrenze ist um 300 m
anzusetzen. Etwa am 400 m kann sich dann auch eine nennenswerte Schneedecke von
5 bis 10 cm ausbilden (recht nasser Schnee), lokal vielleicht auch noch etwas
mehr. Das Ganze in einem 6 bis 12 h Zeitraum.

Daneben gilt es auch wieder der Wind auf der Südflanke des Bodentiefs zu
beachten. Die 850 hPa Winde steigen erneut auf 50 kn. In tiefen Lagen ist dann
mit Bft 7/8 Böen zu rechnen, in einzelnen anfälligen Lagen vielleicht auch eine
Sturmböe. Im Bergland gibt es allgemein Sturmböen und exponiert schwere
Sturmböen. Der fallende Schnee ist ziemlich nass, sodass trotz des Windes eher
nicht mit Schneeverwehungen zu rechnen ist. Ungemütlich wird es in den
Mittelgebirgen aber in jedem Fall.

Für tiefe Lagen ist Schnee aufgrund er guten Durchmischung und der recht warmen
Vorgeschichte kein Thema. Die Höchstwerte liegen aber nur noch bei 4 bis 9 Grad,
im höheren Bergland dann Dauerfrost.

In der Nacht auf Dienstag zieht das Bodentief in Richtung Dänemark ab. Der Trog
ist aber weiter aktiv und es lassen sich auch über dem Westen neue kurzwellige
Anteile erkennen. Die Niederschläge vom Tag ziehe im Laufe der Nacht
nordostwärts ab. Mit dem Trog gibt es aber weitere konvektive durchsetze
Niederschlagsbereiche und Schauer. Die genaue Lage wird aber zunehmend unsicher,
wenn man die verschiedenen Modelle miteinander vergleich. Bei der Kurzwelligkeit
der Troganteile aber kein Wunder. Vornehmlich betroffen sind der Westen und
Norden sowie die zentralen Landesteile.

Vor allem im Bergland oberhalb von 400 m können damit ein paar Zentimeter
Neuschnee hinzukommen. Gut möglich, das es gebietsweise auch mal etwas tiefer
schneit und sich vorübergehend eine nasse Schneedecke ausbildet. Allgemein
dürfte es aber für tiefe Lagen häufig nicht für Schnee und Glätte reichen. Dort
liegen die Minima oft auch noch knapp über dem Gefrierpunkt, während es im
Bergland leichten Frost gibt.
Dort wo es länger aufklart und allgemein südlich der Donau besteht ein erhöhtes
Frost- und Glättepotential. Das ECMWF macht beispielsweise im Laufe der zweiten
Nachthälfte von Westen und Nordwesten eine größere Auflockerungszone, während
das ICON diesbezüglich noch zurückhaltend ist. Die genaue Glättesituation bleibt
also noch abzuwarten.

Der Wind lässt aber im Laufe der Nacht deutlich nach und ist am ehesten noch im
höheren Bergland und an der See warnrelevant.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die kurzfristige Entwicklung wird von den verschiedenen Modellen ähnlich
gezeigt. Bestehende Unsicherheiten (genau Zugbahn des Tiefs am Montag und
mögliche Auflockerungen in der Nacht auf Dienstag) wurden bereits im Haupttext
angesprochen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer