DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

29-11-2022 18:01
SXEU31 DWAV 291800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 29.11.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Typisches und meist trübes Novemberwetter. Keine markanten Wettergefahren.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland unter einem von schwachen Geopotentialgegensätzen
geprägten Trog. Dieser wird durch einen vom Kaukasus bis zur Kola-Halbinsel
reichenden Keil blockiert, wodurch dieser Trog in mehreren Phasen über die
Westalpen hinweg nach Süden austropft. Dynamische Antriebe sind daher über
Südeuropa zu finden, was rund um das Mittelmeer zu teils unwetterartigen
Regenfällen führt. Über Mitteleuropa ist dagegen das Wetter im gewissen Sinne
antriebslos.
Das mit dem Höhenkeil korrespondierende kräftige Bodenhoch mit Schwerpunkt über
Westrussland erstreckt sich mit einem Keil bis nach Südnorwegen. Zwischen diesem
Keil und einer diagonal über Deutschland von Nordwest nach Südost reichenden
flachen und sich auffüllenden Tiefdruckrinne sickert von Osten allmählich
kältere Luft ein. Aufgrund mehrschichtiger Bewölkung und nahezu
feuchtegesättigter Grundschicht lässt die Abkühlung noch auf sich warten. Auch
die Niederschläge fallen, abgesehen von Lagen oberhalb 1000 m, noch in flüssiger
Phase. Nur am Alpenrand kommen einige, im Allgäu in Staulagen um 10 cm Schnee
zusammen. Leichter Frost bleibt auf die Hochlagen der östlichen Mittelgebirge
und der Alpen beschränkt.

Mittwoch ... erfolgt westlich von Island eine markante Zyklogenese. Das
Frontensystem des sich dort entwickelnden Sturmtiefs hat gegen das o.g. kräftige
Bodenhoch und dessen weit nach Westen reichenden Keil keine Chance, auf das
kontinentale Europa überzugreifen. Über Mitteleuropa hält sich ein schwacher
Trog, wobei sowohl die Geopotentialgegensätze wie auch die Luftdruckunterschiede
sehr gering sind. Folglich bleibt die feuchte Grundschicht unangetastet.
Wolkenlücken sind dabei eher unwahrscheinlich. Im Unterschied zu heute
verschwindet die über Deutschland liegende Tiefdruckrinne und auch im Westen und
Süden setzt sich eine nördliche bis östliche schwache bodennahe Windkomponente
durch. Bevorzugt im Nordwesten und Westen (wo zuvor die Tiefdruckrinne noch lag)
sowie im Allgäu sind geringe Niederschläge zu erwarten, die meist als Sprühregen
fallen. Bei einer auf etwa 800 m absinkenden Schneefallgrenze fallen im Allgäu
noch ein paar Zentimeter Schnee. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 4 bis 9,
im höheren (östlichen) Bergland und unmittelbar an den Alpen Werte um 0 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag wird ein schwacher Kaltlufttropfen über den
Nordwesten und Westen Deutschlands süd-südwestwärts gesteuert. Hierdurch sind im
Norden und Westen weitere geringe Niederschläge zu erwarten, wobei maximal 5 mm
zusammenkommen. Nach Nordosten hin könnte die Mischphase auftreten. Sollte es
jedoch im Randbereich des Hochs, d.h. nach Nordosten und Osten hin, aufklaren
(was nicht auszuschließen ist), ist leichter Frost und auch streckenweise Glätte
zu erwarten. Ansonsten sind Minusgrade auf die Hochlagen der östlichen
Mittelgebirge, die alpennahen Gebiete sowie Teile von Niederbayern beschränkt.
Für den weitaus größten Teil Deutschlands besteht Erhaltungsneigung.

Donnerstag ... weitet sich ein von den Azoren nach Schottland reichender Keil
weiter nordwärts bis zur Barents-See aus. Der über Deutschland liegende Trog
(oder was davon übrigblieb) ist längst von der Zufuhr hoch reichender Kaltluft
abgeschnitten und wird daher zugeschüttet. Nennenswerte Niederschläge sind daher
nicht mehr zu erwarten. Vielmehr erfolgt von Nordosten her leichter
Druckanstieg, wodurch die nordöstlich bodennahe Windkomponente eher etwas
zulegt, ohne aber Warnschwellen zu erreichen. Genauso wenig kann die feuchtkalte
Grundschicht durchmischt werden. Die beständige nordöstliche bodennahe
Windkomponente lässt im Zusammenspiel mit der Alterung der Luftmasse die
Temperaturen etwas zurückgehen, so dass meist nur noch 3 bis 7 Grad erreicht
werden. Im Nordosten und im östlichen Bergland bewegen sich die Temperaturen
zwischen -1 und +2 Grad.

In der Nacht zum Freitag ändert sich die Druck- und Geopotentialverteilung nur
unwesentlich. Gebietsweise sind noch geringe Niederschläge zu erwarten, die aus
der feuchtkalten Grundschicht heraus als Sprühregen, im Norden, Nordosten und im
Südwesten als Schneegriesel fallen. Auch wenn Wolkenlücken eher selten sind, so
macht sich die nordöstliche bodennahe Windkomponente auch durch zurückgehende
nächtliche Temperaturen bemerkbar. Während es im Nordwesten und Westen sowie im
Süden, abgesehen vielleicht von einigen höheren Lagen, noch frostfrei bleibt,
stellt sich ansonsten verbreitet leichter Frost ein, wodurch Glättegefahr durch
überfrorene Nässe besteht.

Freitag ... hält sich der von Skandinavien über Mitteleuropa hinweg bis ins
westliche Mittelmeer reichender Trog. Ein darin eingelagertes Höhentief
verlagert sich von Mittelskandinavien südwestwärts. Mit der Annäherung dieses
Höhentiefs erfolgt gesamttropospärisch ein Temperaturrückgang, was die
Niederschlagstätigkeit in Ostseenähe aufleben und einen schauerartigen Charakter
mit zunehmendem festen Anteil annehmen lässt. Ein von diesem Höhentief
ausgehender und nach Südwesten reichender Trog induziert über den mittleren
Regionen Deutschlands Hebung und hierdurch Niederschläge, die meist in fester
Phase fallen und im Bergland einige, in Staulagen um 5 cm Schnee bringen können.
Allerdings ist dies noch unsicher. Ein paar Schneeflocken sind auch am Alpenrand
vorstellbar, die dann noch aus Hebungsprozessen resultieren, die ein Höhentief
über den Pyrenäen generiert. Ansonsten bleibt es weitgehend niederschlagsfrei.
Aufgrund der weiterhin etwas zunehmenden nordöstlichen bodennahen Windkomponente
gehen die Temperaturen noch etwas zurück, so dass nur noch Maxima zwischen 0 und
5 Grad zu erwarten sind.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Unterschiede ergeben sich lediglich am Ende des Vorhersagezeitraumes, d.h. am
Freitag. Dann wird der von Skandinavien über Deutschland hinweg süd-südwestwärts
gerichtete Austropfprozess unterschiedlich simuliert. Andere Modelle, allen
voran EZMW und UK10 und beim neuesten Lauf auch ICON, verlagern im Gegensatz zu
ICON ein markantes Höhentief über Deutschland hinweg süd-südwestwärts, was die
unterschiedlichen Niederschlagsprognosen am Donnerstag erklärt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann