DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-08-2022 07:30
SXEU31 DWAV 200800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 20.08.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
B M
Im Südosten anfangs noch teils unwetterartiger Dauerregen, allmählich
nachlassend. Außerdem von Vorpommern bis nach Ostsachsen im Tagesverlauf teils
starke Gewitter. Mit dem Übergreifen einer Kaltfront ebenfalls Gewitter. Sowohl
in Frontnähe als auch ganz im Osten Unwetter durch heftigen Starkregen nicht
auszuschließen. In der Nacht zum Sonntag ganz im Osten wie auch am östlichen
Alpenrand noch schauerartiger Regen, anfangs teils gewittrig und mit Starkregen,
aber wahrscheinlich keine Unwetter mehr.
Am Sonntag und Montag sehr wahrscheinlich keine markant zu bewarnenden
Wetterereignisse.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... liegt Deutschland an der Vorderseite eines breiten Langwellentroges,
der vom Raum Island bis in die Biskaya reicht. Ein über Westrussland liegendes
blockierendes Hoch hindert den Trog daran, weiter nach Osten voranzukommen.
Demzufolge konnte zuvor ein vorlaufender kurzwelliger Anteil austropfen. Das
resultierende Höhentief befindet sich unter Auffüllung und liegt über dem
Ostalpenraum. An dessen Nordflanke ergibt sich eine südöstliche
mitteltroposphärische Strömung, durch welche feuchtlabile Warmluft auf die in
Bodennähe mit einer nordwestlichen Komponente einfließenden gemäßigten Luft
aufgleitet. Die Folge waren und sind Dauerniederschläge bis in den extremen
Unwetterbereich hinein, die im Südosten und vor allem an den Alpen noch durch
Stau verstärkt werden. Wenngleich das sich auffüllende und abziehende Höhentief
nicht mehr viel Dynamik beisteuern kann, so sind im Südosten zu den bereits
gefallenen Niederschlägen weitere 20 bis 30, in Staulagen auch bis deutlich über
50 mm zu erwarten. Während abseits der Alpen gegen Abend die Niederschläge
allmählich nachlassen, ist dies am Alpenrand erst in der Nacht, in den
Berchtesgadener Alpen erst zum frühen Sonntag hin zu erwarten. Bis dahin besteht
nach wie vor die Gefahr von teils mehrstündigem Starkregen; unwetterartige
Mengen sind zusätzlich zu dem bereits gefallenen Niederschlag nicht
auszuschließen. Entsprechende präzise Warnungen lassen sich erst per Nowcasting
ausgeben.
Die östlichsten Landesteile, d.h. von Vorpommern östlich von Rügen bis nach
Ostsachsen, sind am dichtesten an der mittlerweile über Polen liegenden
feuchtlabilen Subtropikluft. Auch wenn die Schichtung dort nur leicht labil ist,
sind die Niederschläge dort konvektiv durchsetzt bis hin zu eingelagerten
Gewittern. CAPE wird zwar nur wenig generiert, aber dort liegt der Gehalt an
niederschlagbarem Wasser bei 35 bis (in Oder- und Neißenähe) deutlich über 40
mm, sodass dort nur wenig Hebung erforderlich ist, um konvektive Umlagerungen
auszulösen. Meist dürfte es sich dabei um abgehobene Konvektion handeln. Die
Hebung wird durch einen dort noch vorhandenen Kurzwellentrog beigesteuert. Zum
Abend hin sollte sich aber die Konvektion mit dem Abzug und dem Auffüllen dieses
Troges allmählich abschwächen. Bis dahin können in Verbindung mit Gewittern
Starkregenfälle auftreten. Hinsichtlich Unwettern sollte aufgrund der extrem
trockenen Vorgeschichte warntechnisch defensiv vorgegangen werden.
Als weiterer Schwerpunkt konvektiver Umlagerungen lässt sich eine Kaltfront
ausmachen, die dem o.g. breiten Trog vorgelagert ist. Diese läuft zur
tagesgangsbedingt aktivsten Zeit in die über den mittleren Teilen Deutschlands
liegende labilste Luft hinein. In diesen Gebieten erreicht CAPE (MU, KK) mehr
als 500 bis knapp 1000 J/kg. Ein weiterer Kurzwellentrog, der in höheren
Troposphärenschichten (300 hPa) zu finden ist, dürfte die erforderliche Dynamik
beisteuern. Allerdings erreicht in diesen Gebieten der Flüssigwassergehalt kaum
30 mm, auch die Hebung hält sich in Grenzen bzw. wird durch antizyklonalen
Einfluss vom Boden her kompensiert. Daher wird die Gewittertätigkeit an der
Kaltfront ausgebremst. Die Unwettergefahr ist im Bereich der Kaltfront am
geringsten. Dennoch kann nicht ganz ausgeschlossen werden, dass örtlich 25 mm
Niederschlag innerhalb kurzer Zeit überschritten werden. Postfrontal lockern von
Nordwesten und Westen her die Wolken auf. In der einfließenden gemäßigten
Luftmasse (ehemals eine maritime Polarluft) erreichen die
Tageshöchsttemperaturen 22 bis 27, an der Nordsee und am Alpenrand Werte um 20
Grad.

In der Nacht zum Sonntag schwenkt der o.g. Langwellentrog in die Nordsee,
wodurch vor allem in Nordfriesland einzelne Schauer oder kurze Gewitter zustande
kommen. Das Höhentief, das den entscheidenden Beitrag für die ergiebigen
Niederschläge im Südosten geliefert hatte, verlagert sich unter weiterer
Auffüllung zur Ungarischen Tiefebene und verliert seinen Einfluss auf unser
Wettergeschehen. Letzte Niederschläge sind in der Lausitz, im östlichen
Mittelgebirgsraum und an den Ostalpen zu erwarten, wobei in der ersten
Nachthälfte noch die Gefahr von Starkregen besteht und danach aber die
Niederschläge nachlassen. Ansonsten erfolgt im Bereich eines vom Azorenhoch
ausgehenden Bodenkeils Wetterberuhigung. Dort, wo es zuvor viel geregnet hatte,
können sich flache Nebelfelder bilden.

Sonntag... schwenkt der wetterbestimmende Langwellentrog über die Nordsee hinweg
nach Südnorwegen. An dessen Südflanke nähert sich ein weiterer Kurzwellentrog,
der bis zum Abend die Benelux-Staaten erreicht. Zwischen diesem Kurzwellentrog
und dem weiter nach Südosten abziehenden Höhentief wölbt sich ein flacher Keil
auf; Absinken in dessen Bereich ergibt in weiten Teilen Deutschlands längere
sonnige Abschnitte. Eine Ausnahme stellen noch die Gebiete etwa von der Lausitz
bis zu den Berchtesgadener Alpen dar. Dort hält sich noch die meiste Feuchte,
was noch geringe Niederschläge ergeben kann. Für Gewitter sollte die Labilität
nicht reichen.
Eine weitere Ausnahme stellt der äußerste Nordwesten Deutschlands dar. Bedingt
durch die Nähe zum Trog sind in Nordseenähe Schauer, in Nordfriesland mit
geringer Wahrscheinlichkeit auch kurze Gewitter zu erwarten. An der Nordseeküste
sind dabei Windböen bis Bft 7 nicht auszuschließen.
Unter dem Hochkeil hat die Luftmasse wieder Gelegenheit, sich zu erwärmen, was
die Temperatur auf 24 bis 29 Grad steigen lässt. An der Nordsee, in den
Hochlagen der östlichen Mittelgebirge und am Alpenrand werden kaum 20 Grad
erreicht.

In der Nacht zum Montag greift der an der Südflanke des Langwellentroges
ablaufende Kurzwellentrog auf Deutschland über, ohne nennenswerte
Wetterwirksamkeit zu entfalten, gefolgt von einem weiteren Kurzwellentrog, der
auf ähnlicher Zugbahn Irland erreicht. Im Bereich einer Hochbrücke sind die
Luftdruckgegensätze gering. Großräumiges Absinken lässt in weiten Teilen
Deutschlands den Himmel aufklaren. In Gebieten mit vorherigen kräftigen
Niederschlägen können sich flache Nebelfelder bilden.

Montag... wird auch der "neue" Kurzwellentrog ostwärts bis in die Nordsee
gesteuert und erfasst im Tagesverlauf, nordostwärts eindrehend, auch den
Nordwesten und Westen Deutschlands. Ausgehend von einem Vorstoß arktischer
Polarluft aus dem grönländischem Raum erfolgt westlich von Island eine erneute
Trogbildung, wobei der entstehende Trog die steuernde Funktion übernimmt. Mit
dem auf die Nordsee übergreifenden Trog kommen im Nordwesten und vor allem im
Küstenbereich der Nordsee ein paar Schauer zustande. Kurze Gewitter sind wenig
wahrscheinlich, können aber nicht ganz ausgeschlossen werden. Auch im äußersten
Osten, d.h. in Oder- und Neißenähe sowie an den Berchtesgadener Alpen bleibt es
nicht ganz niederschlagsfrei. Dort macht sich die noch unmittelbar östlich davon
liegende feuchtwarme Subtropikluft bemerkbar.
Im weitaus größten Teil Deutschlands erfolgt unter einer Hochbrücke, die die
Verbindung zwischen einem Hoch über dem Azorenraum und einem Hoch über
Zentralrussland darstellt, Absinken, so dass längere sonnige Abschnitte zu
erwarten sind. Die Erwärmung der Luftmasse macht daher weitere Fortschritte,
d.h. stellenweise und vor allem in den westlichen Landesteilen dürfte dann
wieder die 30 Grad-Marke erreicht werden.

In der Nacht zum Dienstag weitet sich der über Deutschland liegende
Kurzwellentrog eher nach Süden aus als dass er nach Osten vorankommt.
Nachfolgend stößt ein Rücken in die Nordsee vor, der durch Warmluftadvektion
gestützt wird. Diese kann auch auf den Westen Deutschlands übergreifen und dort
neben mehrschichtiger Bewölkung etwas Niederschlag bringen. Betrachtet man die
Zutaten, wären sogar eingelagerte Gewitter vorstellbar, aber die hierzu
erforderliche Labilität ist noch ausbaufähig.
Im weitaus größten Teil Deutschlands dauert das Absinken, gestützt durch die
Advektion antizyklonaler Vorticity, an. Somit dürfte es erneut verbreitet
aufklaren. Allerdings dürfte die Nebelneigung zusehends geringer werden.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich kaum prognoserelevanten
Unterschiede ableiten. Allerdings lässt sich herausarbeiten, dass die neueren
Läufe von allen Modellen für Montag und vor allem für die Nacht zum Dienstag ein
wenig zyklonaler geprägt sind. Auf die Finalprognose sollte dies jedoch keinen
Einfluss haben.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann