DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-06-2022 08:01
SXEU31 DWAV 240800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 24.06.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
S z

Heute Gewitter mit lokaler Unwettergefahr vor allem durch Starkregen. Am Samstag
im Nordosten Gewitter, am Sonntag von Westen wieder steigende Gewitterneigung.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... liegen wir im Bereich einer Omegakonstellation über Europa mit dem
Höhenrücken über Osteuropa und dem abgeschlossenen Höhenhoch über dem Baltikum,
das flankiert wird von einem Trog über dem Schwarzen Meer und einem
Langwellentrog westlich von Irland. Dabei hält sich im Nordosten leichter
Hochdruckeinfluss und dort wird mit ost-südöstlichem Wind trockene Warmluft
advehiert, die in 850 hPa Werte um 15°C aufweist. Einem sonnenscheinreichen und
trockenen Tag steht von Sachsen bis Schleswig-Holstein und weiter östlich bei
Höchstwerten von 28 bis 33°C nichts im Wege. Selbst an der Ostseeküste, vor
allem der MVs, wird es sehr warm bis heiß, weil der Wind überwiegend ablandig
weht.

Ansonsten bestimmt der Trog über Westeuropa den Wetterablauf, kurzwellige
Troganteile ziehen von Südwesten auf und im Bodendruckfeld weitet sich eine
Tiefdruckrinne von Westen her zu uns aus. In ihrem Bereich breitet sich
feuchtwarme und potenziell instabile Luft aus. In einer durchbrochenen Linie von
Westniedersachsen bis Niederbayern sind zunächst Schauer und einzelne Gewitter
unterwegs, die sich mit der vormittäglichen Depression zunächst abschwächen,
aber nicht gänzlich zum Erliegen kommen.

Mittags und nachmittags bilden sich bei nur schwachem Deckel erneut teils
kräftige Gewitter. Wobei als auslösende Faktoren Outflow-Boundaries älterer
Systeme, Windkonvergenzen ebenso in Frage kommen wie thermische oder
orografische Auslösung. Im Grunde sind fast überall Gewitter möglich, wobei die
größte Wahrscheinlichkeit laut ID2-EPS im Westen und Nordwesten sowie im Süden
gegeben ist. Ansatzweise lässt sich das auch in einigen anderen Modelloutputs
wiederfinden, was geknüpft ist an einem Kurzwellentrog über dem Norden
Deutschlands, der nach Norden zieht und einem folgenden von Frankreich her.
Aufgrund geringer Scherung und hoher PPW Werte (bis 40mm) steht Starkregen oben
auf der Agenda, lokale Unwetter sind wahrscheinlich. Sturm und (kleinerer) Hagel
können ebenso auftreten, sind aber bei limitiertem Cape bis 800 J/kg und bei
schwachem Wind und bodennah feuchter Luft nicht so prägnant. Die Temperatur
erreicht je nach Bewölkung und Niederschlagsgeschehen 22 bis 28°C.

In der Nacht zum Samstag schwenkt der nächste Sekundärtrog von Frankreich
ost-nordostwärts über den Vorhersageraum hinweg. Vor allem anfangs kommt es zu
Schauern und Gewittern mit Starkregengefahr. Der Schwerpunkt liegt dabei
zunächst im Süden und weitet sich von da über die östliche Mitte nach Norden
aus. Insgesamt schwächt sich die Gewitteraktivität aber ab, ansonsten fällt die
Konvektion rascher in sich zusammen und über der Westhälfte klart es teilweise
auf, was auf die Trogrückseite und den damit verbundenen Druckanstieg
zurückzuführen ist.


Samstag... verbleiben wir unter einer südsüdwestlichen Höhenströmung
vorderseitig des Langwellentroges über dem nahen Nordostatlantik. Unweit von
Irland hat sich ein hochreichendes Drehzentrum etabliert, auf dessen Vorderseite
über Mitteleuropa sich leichter Zwischenhocheinfluss einstellt, der sich vor
allem in Form von WLA und Geopotentialanstieg bemerkbar macht. Hinzu kommt, dass
die Luftmasse abtrocknet und deutlich an Labilität einbüßt.

Hochreichende Konvektion bleibt von daher in den meisten Regionen Mangelware.
Einzelne Schauer oder Gewitter sind am ehesten im Nordosten zu erwarten, wo sich
die Reste der Tiefdruckrinne und feuchter Luft halten. Ansonsten sollte nicht
viel passieren, sowohl mit orografischem Trigger, als auch ganz im Westen, wo
sich die Kaltfront des Irlandtiefs nähert geht wahrscheinlich nicht viel. Falls
sich Gewitter bilden, sollten es im markanten Rahmen bleiben, vor allem wegen
Starkregen.
Die Temperatur steigt auf sommerliche 24 bis 30°C mit den meisten Sonnenstunden
im Süden und Südwesten.

In der Nacht zum Sonntag ändert sich an der großräumigen Strömung nicht viel.
Demnach sind auch wettertechnisch zunächst keine größeren Änderungen in Sicht.
Es bleibt vielerorts gering bewölkt oder klar bei 19 bis 12°C.
Die restlichen Gewitter im Nordosten klingen ab, derweil sich westlich von uns
an der Kaltfront des Tief bei Irland eine Welle bildet, auf deren Rückseite die
Kaltfront etwas nach Osten vorankommt. Im äußersten Westen und Südwesten sind im
Laufe der Nacht einzelne Schauer und Gewitter mit Starkregen und Sturmböen
möglich, sonst bleibt es ruhig mit lokalem Nebel.


Sonntag... verlagert der Westeuropatrog sein Drehzentrum geringfügig nach
Nordosten, das zugehörige Bodentief liegt weiter bei Irland. Die südsüdwestliche
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet ist vor allem über dem Norden und Westen
des Landes leicht zyklonal konturiert, wobei ein kurzwelliger Trog über
Frankreich und Benelux nach Norden wandert und ein weiterer über die Biskaya
folgt.
Die Kaltfront dringt dadurch in die westlichen Landesteile ein, gefolgt von
gemäßigter und stabilerer Meeresluft. Präfrontal liegen die meisten Landesteile
aber weiter im Zustrom sehr warmer bis heißer und recht feuchter Luft
subtropischen Ursprungs, in der in 850 hPa Temperaturen um oder etwas über 15°C
erreicht werden. Dabei bildet sich eine flache Tiefdruckrinne über Deutschland,
in der die PPW-Werte auf über 30 mm steigen und mit der Einstrahlung auch
einiges an ML-Cape generiert werden kann. Allerdings ist die Labilität nach
Osten und Südosten durch den nahen Höhenrücken hin gedeckelt und es kommt
wahrscheinlich nur mit Hilfe der Orografie zur Auslöse der Labilität und zu
lokalen Gewittern. Etwas besser diesbezüglich sieht es weiter im Westen aus. Mit
Annäherung der Kaltfront kann es vom Südwesten bis in den Norden im Tagesverlauf
häufiger zu teils kräftigen Gewittern kommen, die meist markanten Kriterien
genügen, am ehesten könnte der Starkregen Unwetterpotenzial aufweisen, zumal
sich die Gewitter eher langsam verlagern.

Rückseitig der Rinne dreht die bodennahe Strömung im Westen und Nordwesten des
Landes bereits relativ früh auf Nordwest, so dass in der etwas kühleren und vor
allem stabileren Luftmassen die Gewittertätigkeit arg limitiert wird.
Während es dort bereits eher bewölkt bleibt, scheint vor allem im Süden und
Osten längere Zeit die Sonne. Die Höchstwerte liegen im Westen und Nordwesten
zwischen 22 und 27 Grad, im Rest des Landes dagegen zwischen 25 und
33 Grad, mit den höchsten Werten in der Osthälfte.

In der Nacht zum Montag läuft in der Höhenströmung ein kleiner Kurzwellentrog
nach Norden ab, der die Kaltfront über Westdeutschland aktiviert. Dabei sind von
Frankreich her kräftige Gewitter mit Starkregen möglich, die nach Norden ziehen
und später in teils nicht gewittrigen Starkregen übergehen können. In den
anderen Regionen lassen die Schauer und Gewitter nach, teils klart es auf mit
örtlichem Nebel. Die Tiefstwerte liegen von West nach Ost zwischen 10 und 20°C.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Großwetterlage ist unstrittig, die Details bleiben offen. Für den heutigen
Tag lassen sich zwar Schwerpunkte der Gewitteraktivität im Nordwesten und Süden
erkennen, mangels Organisation der Zellen und eher punktuell unwetterartigem
Starkregen wird auf eine Vorabinformation verzichtet. Der Samstag bringt mit
schwachem Zwischenhocheinfluss eine Beruhigung, bevor am Sonntag die
Gewitteraktivität wieder zunimmt. Vor allem die Entwicklung zum Montag wird
unsicher. Die verstärkte Regen- und Gewitteraktivität über dem Westen wird nicht
von allen Modellen gezeigt und auch die Ensembles reagieren (noch?) verhalten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner