DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-06-2022 08:01
SXEU31 DWAV 190800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 19.06.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SW a

Einzelne kräftige Gewitter, vereinzelt Unwetter nicht ausgeschlossen, aber keine
überregionale Unwetterlage. Am Montag und Dienstag vor allem im Süden noch lokal
kräftige Gewitter. Darüber hinaus heute noch vielfach sehr heiß und teilweise
windig.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... liegen wir in einer nach Norden hin leicht zyklonalen, im Süden
antizyklonalen südwestlichen Höhenströmung. Sie kommt zustande durch einen
Höhenrücken, der vom westlichen Mittelmeer bis Osteuropa reicht und einem Trog
von Skandinavien bis zur Biskaya. Dieser weist mehrere Drehzentren auf, z.B.
über der Nordsee, Finnland und über der westlichen Biskaya. Dabei schwenkt der
Troganteil über der Nordsee nach Südosten, während das Höhentief über der
Biskaya fast ortsfest bleibt. Die Höhenströmung ändert sich nur wenig, trotzdem
kommt die flache Bodentiefdruckrinne und die rückwärtig eingelagerte Kaltfront
langsam südwärts voran. Diese Kaltfront zeichnet sich übrigens durch einen
außerordentlichen Temperaturkontrast von teils mehr als 10 K auf wenigen km aus;
und das bei gleichzeitig teils wolkenlosem Himmel.
Über weiten Landesteilen bleibt derweil die trockenheiße Luft wetterbestimmend,
während postfrontal mit Winddrehung nach Nordwest sukzessive weniger heiße, bzw.
nach Norden hin fast schon kühle Luft einströmt.
Rückseitig der Front kommt es im Norden zunächst zu einzelnen Schauern und
Gewittern, die wegen verstärkter Kaltluftadvektion zunächst nachlassen. Dafür
frischt der Wind in einem Streifen vom Südwesten bis in den Nordosten kräftig
auf und es sind gebietsweise Windböen, exponiert stürmische Böen nicht
ausgeschlossen, wobei die Richtung von Südwest bis West auf Nordwest bis Nord
dreht. Das ergibt mit der Hitze im Hinblick auf die aktuell auftretenden
Waldbrände eine brisante Gemengelage.

Schon im Laufe des Vormittags können von Benelux in den Nordwesten erneut
einzelne Gewitter hereinziehen, die sich gestützt durch kurzwellige Tröge nach
Osten ausbreiten, obwohl dort der Wind schon nach Nordwest gedreht hat und auf
der Rückseite der Rinne nicht mehr ganz so heiße Luft von Norden einfließt. Die
Labilität ist dort elevated vorhanden. Meist sollten es sich dabei um markante
Gewitter handeln.
Im Bereich der Bodentiefdruckrinne, über der Mitte und im Süden, wo die labilste
und heißeste Luft lagert und immerhin CAPE-Werte von über 1000 J/kg generiert
werden, hält sich die Gewitterbereitschaft mangels Hilfe seitens der Höhe aber
sehr in Grenzen. Mithilfe der Orografie sind dennoch Gewitter nicht
ausgeschlossen, allerdings ist sich die Numerik dahingehend einig, dass es nur
für sehr lokale Überentwicklungen reicht.
Wenn´s kracht, dann sind neben Starkregen und Hagel auch (schwere) Sturmböen
drin, weil die Grundschicht trocken ist und über eine inverse V-Struktur
verfügt. Ganz im Süden und Südosten sollten sich dagegen konvektiv fast nichts
tun, bestenfalls im Alpenraum und über dem Bergland im Südwesten kann es mal für
vereinzelte (starke) Gewitter reichen, wobei ebenfalls Sturmböen im Focus
stehen.

Während im Norden und Westen die Wolken überwiegen, bzw. im Tagesverlauf
zunehmen, scheint im großen Rest der Republik verbreitet die Sonne. Dabei wird
es erneut heiß mit Höchstwerten von 30 bis 36, vereinzelt bis zu 38°C, während
unter den Wolken im Nordwesten und Norden selbst die 20°C teilweise nicht mehr
überschritten werden.

In der Nacht zum Montag erreicht der Trog Dänemark, was mit einer Aktivierung
der Kaltfront verbunden ist, die wahrscheinlich irgendwo vom südlichen
Rheinland-Pfalz Richtung Erzgebirge positioniert sein dürfte. Auch kann sich
erneut ein Tief in der Rinne bilden, dass über den Süden nach Osten bis
Nordosten zieht.

Alle Modelle reagieren mit einer deutlich erhöhten Wetteraktivität in Form
schauerartiger (Stark-)Regenfälle und eingelagerter kräftiger Gewitter, die
abends über Frankreich entstehen können und dann in einem Streifen vom Saarland
und Rheinland-Pfalz, bzw. NRW bis nach Sachsen und Brandenburg ziehen sollen.
Dabei sind vor allem durch heftigen Starkregen auch Unwetter möglich. Sollten
die Gewitter aber etwas zeitiger da sein, sprich: in den späteren Abendstunden,
wären auch Hagel und orkanartige Böen eine Option für Unwetter.
Weitgehend ausgenommen davon sollten noch der Süden sein, wo höchstens
vereinzelt Gewitter aufziehen, sowie größere Teile Nord- und
Nordwestdeutschlands (Rückseite) sein, wo mit Annäherung des Troges aber
einzelne Schauer entstehen.


Montag... zieht der Trog über Norddeutschland mit Schauern und einzelnen
Gewittern hinweg. Diese besitzen in kühler Luft keinen Unwettercharakter mehr
und sind der Marke gelb bis ocker durch eventuell stürmische Böen oder
Starkregen. Die Rinne mit eingelagerter Kaltfront wird nach Süddeutschland
geführt. Die anfänglichen (Stark-) Regenfälle und Gewitter, die sich frontal und
auf die Trogvorderseite fokussieren, ziehen über die Mitte und den Osten im
Tagesverlauf Richtung Polen und Tschechien ab, mit welchem Timing und wo genau
ist unsicher und tagsüber beruhigt sich das Wetter in der einfließenden kühleren
und stabileren Luftmasse deutlich.

Lediglich im Süden halten sich präfrontal Reste der instabilen Warmluft, in der
es tagsüber wieder zu brodeln anfängt und sich einzelne Schauer und Gewitter
bilden. Die Luftmasse bleibt feucht, hochreichend geschert, mangels Dynamik im
Süden dürfte die Auslöse aber nach wie vor vom Bergland ausgehen. Auch die zuvor
schon einsetzende Winddrehung auf West bis Nordwest und die damit verbundene
Kaltluftadvektion raubt der Luftmasse die Brisanz und sollte die
Gewitterbereitschaft dämpfen. Darüber hinaus ist dann auch die große Hitze im
Süden nicht mehr zu erwarten. Gebietsweise sind dort noch 28 bis 32°C auf der
Karte, während es über Norddeutschland meist schon nicht mehr für 20°C langt.
Dazu frischt der West- bis Nordwestwind im Norden zeitweise kräftig auf mit 7er
Böen, an der See eventuell exponiert Bft 8. Aber auch auf der Rückseite des
abziehenden Tiefs und an der Kaltfront sind im Südosten steife Böen, im Bergland

stürmische Böen nicht ausgeschlossen.

In der Nacht zum Dienstag zieht der Trog über den Osten ab und wir gelangen
unter die Vorderseite eines Höhenrückens unter leichtes Absinken, was auch eine
schwache Hochdruckzone über Deutschland stützt. Die letzten Schauer und Gewitter
im Südosten klingen ab und auch die Konvektion über dem Nordosten ist bald
vorbei. Der zunächst kräftige Wind an der Ostsee und im Südosten flaut ab.
Dazu kühlt die Luft teilweise auf einstellige Werte ab, vor allem im Norden und
der Mitte, wogegen im Südwesten und im äußersten Süden, wo die warme Luft nicht
komplett ausgeräumt wird, Minima um 15°C erwartet werden.


Dienstag... wandert besagter Höhenrücken über Mitteleuropa langsam nach Osten
und flacht dabei ab. Die Bodenhochdruckzone verschiebt sich dabei nach
Nordosten, während sich über Frankreich ein neues Hitzetief in Stellung bringt
und zu uns hin ausweitet.
Dabei dreht die Strömung wieder auf südwestliche Richtung und in den Südwesten
und Süden gelangt erneut ein Schwall labil geschichteter und zunehmend feuchter
Heißluft, in der aber nicht mehr so hohe Spitzen wie am Wochenende erreicht
werden. Bei 33°C sollte Schluss sein und im Tagesverlauf entwickeln sich dort
vornehmlich über dem Bergland einzelne Schauer und Gewitter, die mindestens
markant, lokal unwetterartig ausfallen.
Ansonsten hinterlässt der Dienstag - immerhin startet um 11:13 MESZ der
kalendarische Sommer - landesweit in trockener und recht stabil geschichteter
Luft, einen sonnigen oder nur locker bewölkten Eindruck mit Höchstwerten von 25
bis 30°C, ganz im Norden etwas darunter.

In der Nacht zum Mittwoch dehnt sich die Tiefdruckzone und damit auch die
feuchtlabile weiter nach Norden aus, was auch über der (südlichen?) Mitte
einzelne Schauer und Gewitter möglich macht. Mindestens die Nordhälfte verbleibt
aber im Einflussbereich der trockenen Luft ruhig und wolkenarm. Wie weit es die
feuchte Luft tatsächlich nordwärts schafft, ist noch fraglich. Die Temperaturen
unterschreiten am Oberrhein die 20°C nur wenig, im Norden liegen die Minima
teils unter 10°C.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Basisfelder ähnlich, die Niederschläge, speziell die
Konvektion aber mit einigen Unschärfen. Wegen der trockenen Luft und der
überwiegend antizyklonalen Rahmenbedingungen hält sich die Gewitterneigung aber
in Grenzen, sodass keine überregionale Unwetterlage ansteht. Auch für die
kommende Nacht, wenn von Südwesten dann doch mal verstärkt Regen und Gewitter
durchziehen, wird keine Vorabinfo nötig, wobei dann die Tageszeit das Zünglein
an der Waage ist.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner