DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

28-05-2022 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 28.05.2022 um 10.30 UTC



Wechselhaft und wieder wärmer. Am Donnerstag und Freitag schwülwarm und Gefahr
einer Schwergewitterlage.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 04.06.2022


Am Dienstag lieg Deutschland an der Südflanke eines Höhentiefkomplexes mit
Zentren über Schottland und dem Ostseeraum. Die Folge ist eine westliche
zyklonale Strömung, wodurch über den Mittelgebirgen und an der Küste ein paar
Schauer oder kurze Gewitter zustande kommen. Ein Höhentief nahe der Iberischen
Halbinsel lenkt an seiner Ostflanke Subtropikluft nach Süd- und Mittelfrankreich
sowie zu den Alpen, so dass sich eine frontogenetische Situation ergibt. Dies
lässt am Alpenrand zeitweise Regen einsetzen, der sich in der Nacht zum Mittwoch
wahrscheinlich noch etwas verstärkt, ohne jedoch warnrelevant zu werden.
Am Mittwoch führt Warmluftadvektion über dem nördlichen Mitteleuropa zu leichtem
Geopotentialgewinn, was den o.g. Höhentiefkomplex etwas nach Norden drückt.
Zudem wird die westliche Strömung antizyklonaler. Absinken im Randbereich eines
schwachen Hochs über Polen unterbindet weitgehend die Wolkenbildung. Eine
Ausnahme ist noch der Süden, wo die Niederschläge bis ins nördliche Alpenvorland
ausgreifen können.
In der Nacht zum Donnerstag dockt das knapp westlich von Galizien liegende
Höhentief an das über Schottland liegende Höhentief an, wodurch ein lang
gestreckter Trog zustande kommt. Dies lässt über Mitteleuropa die Strömung auf
Südwest drehen, so dass am Donnerstag zusehends wärmere Luft advehiert wird. In
tieferen Lagen Süd- und Südostdeutschlands kann dann die 30 Grad-Marke erreicht
bzw. etwas überschritten werden. In den westlichen Mittelgebirgen kommen erste
und zum Teil heftige Gewitter auf, die später auch den zentralen
Mittelgebirgsraum und in der Nacht zum Freitag auch die nordöstlichen Landeteile
erfassen können. Diese können bereits mit Unwettern durch heftigen Starkregen
und Schweren Sturmböen, im Süden auch durch größeren Hagel, einhergehen.
Das über Schottland liegende Höhentief verlagert sich in die Nordsee, der von
diesem Tief ausgehende Trog streift am Freitag den Nordwesten, wodurch die
Gewitterlage wahrscheinlich auf ihren Höhepunkt zusteuert. Eine Regionalisierung
lässt sich lediglich hinsichtlich der Begleiterscheinungen der Gewitter
vornehmen. Unwettergefahr besteht im Norden und in der Mitte durch heftigen
Starkregen und (schwere) Sturmböen, im Süden und Südosten zusätzlich durch
größeren Hagel.
Im Laufe des Samstags verlagert sich das Höhentief von der Nordsee nach
Südschweden, der von diesem Tief ausgehende Trog erreicht den Nordosten
Deutschlands. Die vorgelagerte Kaltfront überquert den Mittelgebirgsraum, was im
Norden und in der Mitte Deutschlands mit einer steil auf Nordwest drehenden
bodennahen Windkomponente eine Abkühlung und Entspannung zur Folge hat. Im Süden
und Südosten hält sich noch feuchtlabile Luft, so dass sich dort erneut Gewitter
bis hin zum Unwetter entwickeln können. Aber auch dort setzt ein leichter
Temperaturrückgang ein.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum gelangt Deutschland wieder
unter antizyklonalen Einfluss in Form eines blockierenden Hochs über der
Nordsee. Abgesehen vom äußersten Südwesten setzt sich trockene und mäßig warme
Luft durch. Im Laufe des Montags wandelt sich das Höhenhoch in einen Keil um,
der unter Verkürzung der Wellenlänge und Ausweitung bis in die Norwegische See
auf Deutschland übergreift. Im Südwesten und im Westen erfolgt dann wieder eine
rasche Erwärmung auf Temperaturmaxima bis über 30 Grad.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Freitag ist der aktuelle Modelllauf zu den weiter
zurückliegenden Modellrechnungen weitgehend konsistent. Prognoserelevante
Abweichungen lassen sich bis dahin nicht finden. Das sich am Samstag nach
Südschweden verlagernde Höhentief ist eine Idee des aktuellsten Modelllaufes.
Demzufolge bringt nur dieser eine Abkühlung und Entspannung der Gewitterlage im
Norden Deutschlands und über dem Mittelgebirgsraum. Hierdurch wird dann auch im
erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum die erneute Erwärmung bis Montag
hinausgezögert.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Mittwoch stützen die verfügbaren Modelle weitgehend die oben
beschriebene Entwicklung. Bis Donnerstag verlagern ICON und GFS das Höhentief,
das zuvor über Schottland lag, rasch nach Südschweden (GFS) bzw. Jütland (ICON),
wogegen das Modell des kanadischen Wetterdienstes dieses Tief noch über der
Nordsee belässt. Folglich wäre nach GFS der Höhepunkt der Gewitterlage bereits
am Donnerstag im Süden Deutschlands, nach ICON würde eine erneute
Schwergewitterlage ausbleiben. Beide Modelle lassen in den Norden und in die
Mitte Deutschlands bis Freitag merklich kühlere Luft vorstoßen, wobei sich im
Süden und dort vor allem in Alpennähe noch feuchtwarme und wahrscheinlich labil
geschichtete Luft hält. Dieses Szenario zeichnet sich nach EZMW und auch nach
dem kanadischen Modell erst am Samstag ab. GFS lässt dann die feuchtwarme Luft
im Bereich einer flachen Tiefdruckrinne im Süden dann wieder bis zu den
Mittelgebirgen vordringen.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum bringt GFS nur einen
vorübergehenden Temperaturanstieg zustande. Bereits am Montag wird nach GFS
wieder die feuchtlabile Luft nach Südosten abgedrängt, was sicherlich nicht ohne
heftige Gewitter erfolgt. Das kanadische Vorhersagemodell stützt dann eher die
Version des EZMW, allerdings erfasst die Warmluft dann bereits wieder den
gesamten Süden. Wie bei EZMW sollte am Montag die Gewittertätigkeit noch
gedämpft sein.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS lässt über Skandinavien im erweiterten mittelfristigen
Vorhersagezeitraum erneut einen Höhentiefkomplex entstehen, wodurch sich im
Norden Deutschlands ein eher kühler und sonst mäßig warmer Witterungsabschnitt
einstellen dürfte. Dabei wird ganz im Süden die feuchtlabile Luft wahrscheinlich
nicht ausgeräumt; einzelne EPS-Member zeigen auch nach Wochenbeginn Werte für
CAPE bis weit über 2000 J/kg. Bemerkenswert ist noch, dass der aktuellste
Modelllauf gegenüber den gestrigen Modellrechnungen im 500 hPa-Niveau ein etwas
erhöhtes Geopotential und auch Temperaturniveau erwartet.
Das EPS des EZMW stützt bis einschließlich Samstag die oben beschriebene
Entwicklung, wobei gerade über Mitteleuropa im 500 hPa-Niveau der Spread relativ
gering ist. Der ab Wochenbeginn vom Hauptlauf simulierte Keil ist beim
EPS-Mittel und auch beim Clustering nicht zu finden; vielmehr dürfte sich erneut
eine leicht zyklonal geprägte Westlage einstellen. Ein nur mit 7 Membern
besetztes Cluster bringt zwar eine erneute Blockierung ist Spiel, belässt das
blockierende Hoch jedoch zwischen Island und Schottland. Immerhin ergibt das
Clustering gemäß Großwetterlagen mit maximal 10 Membern einen Keil, wie sie der
deterministische Lauf zeigt.
Wesentlich wahrscheinlicher wäre eine erneute West- bis Nordwestlage, die vor
allem im Norden Deutschlands zyklonal und sonst eher antizyklonal geprägt ist.
Auf eine Südwestlage setzen nur etwa ein Viertel der EPS-Member. Somit dürfte
sich ein leicht wechselhafter Witterungsabschnitt einstellen, im Nordwesten und
im Norden mit Schauern und einzelnen kurzen Gewittern, im Süden und Südosten
etwas vermehrt mit etwas kräftigeren Gewittern, aber ohne eine ausgewachsene
Schwergewitterlage. Eine erneute Abkühlung im Nordwesten und Norden auf Maxima
andauernd unter 20 Grad ist nicht in Sicht, genau so wenig wie eine Hitzewelle
mit Temperaturmaxima nachhaltig über 30 Grad im Süden und Südosten.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Bis einschließlich Mittwoch sind keine markant zu bewarnenden Wettergefahren zu
erwarten. Danach kommt eine erneute Schwergewitterlage in Gang. Am Donnerstag
dürfte diese in den westlichen und südwestdeutschen Mittelgebirgen sowie am
Alpenrand einsetzen und sich ab dem Abend dann auch auf den zentralen
Mittelgebirgsraum ausweiten, am Freitag zeichnet sich im Süden und Südosten der
Höhepunkt der Schwergewitterlage ab, bevor am Samstag in den Gebieten nördlich
der Mittelgebirge Entspannung einsetzt. Unwettergefahr besteht durch heftigen
Starkregen und (schwere) Sturmböen, im Süden und Südosten zusätzlich durch
größeren Hagel.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EPS, anfangs MOS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann