DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-05-2022 17:01
SXEU31 DWAV 071800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 07.05.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Insgesamt hochdruckgeprägtes Wetter. Am Sonntag in der Mitte und im Süden, am
Montag nur noch im Süden Schauer einzelne Gewitter, vereinzelt mit Starkregen.
Nachts lokal Nebel, in der kommenden Nacht im Norden lokal Frost in Bodennähe,
Nacht zum Montag im Norden lokal leichter Frost und verbreitet Frost in
Bodennähe.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... steht einem Langwellentrog über Skandinavien ein abgeschlossenes
Höhentief über dem westlichen Mittelmeer gegenüber. Zwischen diesen beiden
Protagonisten bewegt sich ein weiteres kleinräumiges Höhentief. Dieses ist
aktuell über Nordfrankreich zu finden und soll bis zum Morgen die Region
nördlich des Löwengolfs erreichen. Auf seiner Ostflanke wird labile und feuchte
Luft vor allem in den Westen Deutschlands gesteuert. Entsprechen sind zu Beginn
der Nacht moderate CAPE-Werte in einem breiten Streifen vom Westen bis nach
Sachsen-Anhalt und Brandenburg zu erkennen, wobei es nach ICON-EU lokal für 200
J/kg reicht. Dazu kommen PPW-Werte von verbreitet über 20 mm und eine leicht
erhöhte Labilität (Lapse-Rates unter -0,6 K/100m), was entsprechend noch zu
einem bis in die erste Nachthälfte andauernden Schauer- und Gewitterrisiko
führt. Dem kleinräumigen Höhentief folgt ein kräftiger Rücken. Das von diesem
induzierte Absinken führt über der Nordsee zu einer Kräftigung des dort
liegenden bzw. allmählich nach Osten wandernden Hochs. Der Druck steigt dabei
über der südlichen Nordsee in der Nacht auf über 1030 hPa, darüber hinaus kippt
die Höhenströmung, beispielsweise in 700 hPa, über der Nordsee und dem äußersten
Norden Deutschlands von Nordwest auf mehr nördliche Richtung. Da über
Nordwestrussland und Belarus ein Bodentrog liegt, wird zwischen diesen beiden
Druckgebilden eine Kaltfront nach Norddeutschland hereingedrückt. Betrachtet man
die Äquivalentpotentielle Temperatur und die Feuchte in 700 hPa, um die Lage der
Front zu fixieren, so muss man diese zum Morgen wohl etwa an der
Mittelgebirgsschwelle verdrahten. Die eigentliche Kaltluft folgt dann aber mit
größerem Abstand. Mit nennenswerten Niederschlägen ist die Front nicht
verbunden. Allerdings zeigen sich in der einsickernden Kaltluft nur wenige
Wolken, womit die Ausstrahlung recht kräftig ausfällt. Damit sinken die
Temperaturen in 2 m Höhe auf Werte knapp über 0°C, in Bodennähe wird es wohl
gebietsweise leichten Frost unter 0°C geben. Neben der Front und dem Höhentief
lässt sich in der Nacht als dritte Baustelle der Niederschlag im Südosten
erkennen. Dieser wird durch das Höhentief über dem westlichen Mittelmeer
ausgelöst. Dieses steuert in einem weiten Bogen feuchte Luft in den Südosten.
Dort kommt es zu Aufgleitvorgängen, so dass von den Alpen bis zum Bayrischen
Wald Regen fällt. Insbesondere ausgangs des Tages und in die Nacht hinein zeigen
sich noch CAPE- und PPW-Werte, die denen im Westen ähneln. Entsprechend sind
auch dort in der ersten Nachthälfte noch Schauer und Gewitter möglich, die
allerdings nicht, wie im Westen, singulär auftreten, sondern meist in dichte
Wolken "eingepackt" sind. Das bedeutet, dass es in der zweiten Nachthälfte, wenn
die Schauer und Gewitter zusammengefallen sind, trotzdem noch etwas regnen kann.
Für die Gewitter gilt, im Süden wie im Westen, dass sie sich langsam bewegen und
von daher lokal Starkregen auch in die Nacht hinein denkbar scheint, auch Böen
Bft 7 können auftreten. Da im Südosten die dichten Wolken die Ausstrahlung
verhindern, liegen die Tiefstwerte in 2 m Höhe, ähnlich wie im Westen, um 8°C.
In einem Streifen vom Schwarzwald bis nach Oberfranken und Sachsen, also
zwischen den "West- und Südgewittern", ist ein Wolkenärmerer Streifen zu
erkennen, in dem die Temperaturen auf bis zu 4°C zurückgehen. Für Frost in
Bodennähe wird es dort allerdings, im Gegensatz zum Norden, nicht reichen.
Bleibt noch zu erwähnen, dass im Südosten und im Westen (und dort speziell an
Orten, an denen Schauer und Gewitter aufgetreten sind) lokale Nebelfelder
auftreten können.

Sonntag ... schwenkt die Achse des Höhenrückens allmählich über die Nordsee, der
Rücken selbst greift auf Norddeutschland über, er flacht dabei aber etwas ab.
Das Nordseehoch verlagert seinen Schwerpunkt bis zum Abend etwa nach Dänemark.
An seiner Südostflanke gelangt relativ kühle, vor allem aber trockene Luft aus
dem skandinavischen Raum nach Norddeutschland und allmählich auch in die
mittleren Landesteile. Eventuelle Nebelfelder lösen sich rasch auf, die
SC-Bewölkung im Norden braucht dafür etwas länger. Insgesamt steht dort ein
recht sonniger Tag (bei nur wenigen Cirren) ins Haus. Die Kaltfront wird an der
Südflanke des Hochs quasistationär und kommt über dem Mittelgebirgsraum
(nördlich des Mains) kaum mehr nach Süden voran. Sie zeigt Auflösungstendenzen,
jedoch ist die Luftmasse sowohl in ihrem Einflussbereich als auch weiter südlich
weiterhin potenziell instabil geschichtet. Dazu staut sie sich bei nordöstlicher
Strömungskomponente an den Alpen. Es fehlen unter hohem Geopotential allerdings
die Hebungsantriebe, das ehemals kleinräumige Höhentief wurde inzwischen in die
Zirkulation des Mittelmeertief "eingebaut". An der Front und an den Alpen bleibt
es stark bewölkt oder bedeckt, dazwischen ist es wechselnd wolkig. An den Alpen
fällt zunächst etwas Regen. Sowohl an bzw. im Vorfeld der Front als auch an den
Alpen und im Alpenvorland liegen die PPW-Werte um 20 mm, dazu kommt erneut etwas
CAPE (Größenordnung des Vortages), so dass sich Schauer, vereinzelt auch
Gewitter entwickeln. Starkregen kann nicht ausgeschlossen werden, bleibt aber
sicherlich die Ausnahme. Im Bereich der Kaltfront bzw. knapp südlich davon sorgt
ein Entrainment trockenerer Luftmassen von Norden her für eine zögernde
Stabilisierung und Abtrocknung der Luftmasse. Zwischen den Schauer- und
Gewitterbereichen, also von der Pfalz und dem Schwarzwald im Westen bis zur
Oberpfalz und nach Oberfranken scheint ebenso wie in der Nordhälfte recht häufig
die Sonne. Im Südwesten kann sich die Luftmasse niedertroposphärisch bereits
etwas erwärmen, sonst ändert sich nur wenig, ganz im Norden wird es sogar
geringfügig kühler (T850 hPa zwischen 2°C im Nordosten und knapp 9°C im
Südwesten). Die Höchstwerte liegen somit zwischen 11 und 14°C bei auflandigem
Wind an den Küsten sowie in einigen Alpentälern, sonst zwischen 16 und 23°C, am
Oberrhein lokal bei bis zu 24°C.

In der Nacht zum Montag schwenkt der Höhenkeil allmählich weiter nach Osten und
erstreckt sich Montagfrüh über Benelux und Norddeutschland bis nach Südnorwegen
und Südschweden. Das Bodenhoch verlagert damit seinen Schwerpunkt zur
südöstlichen Ostsee bzw. zum Baltikum. Bodennah dreht die Strömung somit auf Ost
bis Nordost, so dass sich an den Alpen die Staukomponente abschwächt. Die Wolken
dort lockern aber nur zögernd auf, da die Luftmasse in der Südhälfte
niedertroposphärisch recht feucht bleibt. Vor allem in der ersten Nachthälfte
fällt am östlichen Alpenrand auch noch etwas Regen. Ansonsten lockern die Wolken
aber auch in den mittleren Landesteilen von Norden her auf, teilweise klart der
Himmel auf, wobei sich gebietsweise Dunst- oder flache Nebelfelder ausbilden. Im
Süden kann der Nebel auch dichter sein. Über dem Norden macht sich später
mitteltroposphärische WLA anhand hoher Wolkenfelder bemerkbar.
Vor allem im Norden und Osten fällt die Nacht recht frisch aus, vielerorts gibt
es dort Frost in Bodennähe, lokal kann es auch leichten Luftfrost geben. Im
Süden und Westen sowie an den Küsten bleibt es mit Minima von 10 bis 5°C ein
wenig milder.

Montag ... kann sich ein zentralsteuerndes und hochreichendes Tiefdruckgebiet
mit Drehzentrum südwestlich von Island allmählich Richtung Britische Inseln
ausweiten. Auf dessen Vorderseite stützt WLA nach wie vor den Höhenkeil, der
sich von der Biskaya nach Norddeutschland und von dort aus Nordwärts bis nach
Nordschweden erstreckt und sich sogar noch etwas verstärkt. Das Bodenhoch kommt,
genauso wie der Höhenkeil, kaum mehr nach Osten voran und befindet sich abends
mit seinem Schwerpunkt über dem Baltikum, wobei es nach wie vor eine recht große
geschlossene 1025 hPa-Isobare aufweist. Von dort aus reicht eine Hochdruckbrücke
über Mitteleuropa und Frankreich bis zum Azorenhoch, wobei sie sich mit
Annäherung des Tiefs vor allem über Frankreich und Benelux etwas abschwächt.
Somit dreht die Strömung niedertroposphärisch über dem Nordwesten des
Vorhersagegebiets mehr auf Südost, über dem Südosten bleibt es bei einer
östlichen bis nordöstlichen Strömung. Dennoch wird es im 850-hPa-Niveau advektiv
etwas wärmer. Bis zum Abend steigt die Temperatur entsprechende Temperatur auf
Werte zwischen knapp 10 Grad im Südwesten und 5 Grad an der Oder. Dabei bleibt
die Luftmasse im Süden, also grob südlich des Mains, potenziell instabil
geschichtet und mit anfangs gebietsweise fast ungehinderter Einstrahlung können
lokal mehr als 500 J/kg CAPE generiert werden, an den Alpen sowie im Vorland
meist 200 bis nahe 500 J/kg. Die PPW-Werte liegen nach wie vor um oder knapp
unter 20 mm. Dynamische Hebung ist keine vorhanden, im Gegenteil: Es dominiert
vorderseitig des Hochkeils Absinken. Somit kann Auslöse lediglich durch die
Orographie getriggert werden. Das dürfte an den Alpen am Nachmittag und Abend
funktionieren, an den ostbayerischen Mittelgebirgen sowie im Schwarzwald aber
lediglich mit geringer Wahrscheinlichkeit. Die sich noch in die jeweiligen
Vorländer vorarbeitenden Gewitter können lokal eng begrenzt von Starkregen und
kleinkörnigem Hagel begleitet werden. Im Großteil des Landes steht aber ein
wettertechnisch ruhiger und vielerorts auch sonniger Tag ins Haus. Über dem
Norden und Westen macht sich die WLA in Form hoher Wolkenfelder bemerkbar, die
aber kaum "stören". Mit oft ablandiger Windkomponente (allgemein lebt der Wind
im Tagesverlauf etwas aus Südost auf) wird es auch an den Küsten etwas milde,
dort liegen die Höchstwerte zwischen 15 und 20°C. Ansonsten werden allgemein 19
bis 24°C erreicht, im Westen und Südwesten örtlich bis zu 26 oder gar 27°C.

In der Nacht zum Dienstag weitet sich der Trog nach Westeuropa aus, vorderseitig
stellt sich auch über der Nordsee eine recht kräftige und diffluent konturierte
südwestliche Höhenströmung ein. Der vorgelagerte Höhenkeil wird in die mittleren
Landesteile des Vorhersagegebietes bzw. nach Polen, zur Ostsee und nach Finnland
abgedrängt, die Hochdruckbrücke im Bodenfeld über Mitteleuropa abgebaut. Ein
erstes okkludiertes Frontensystem greift morgens auf die nordwestliche Nordsee
über. Somit verdichten sich auch im Westen und Norden des Landes die
Wolkenfelder und kommen allmählich etwas südostwärts voran, es bleibt aber noch
trocken. Im Süden und Osten bleibt es dagegen noch vielerorts gering bewölkt,
auch die Schauer und Gewitter an den Alpen klingen rasch ab, wobei sich dort
noch länger Wolkenfelder halten können, im Vorland und an der Donau bildet sich
auch örtlich Nebel. Mit den dichten Wolkenfeldern kühlt es im Westen und Norden
nur noch auf 14 bis 9°C ab, sonst wird es mit 12 bis 5°C, in einigen
Mittelgebirgstälern auch darunter, recht frisch.

Dienstag ... schiebt sich der langgezogener, nunmehr von Frankreich bis zum
Baltikum reichende Rücken langsam weiter ostwärts. Seine Achse überquert dabei
im Tagesverlauf den Süden Deutschlands südostwärts. Damit einher geht kräftige
WLA, in 850 hPa werden verbreitet über 10°C erreicht. Im Norden ist die
Luftmasse etwas kühler, allerdings immer noch mit höheren einstelligen Werten.
Während im Süden bei weiter anhaltendem Hochdruckeinfluss auch am Nachmittag die
Sonne überwiegt, werden die Wolken im Vorfeld eines sich nähernden atlantischen
Troges sonst sukzessive dichter. Zum späteren Nachmittag und Abend sind mit
Übergreifen der dazugehörigen Kaltfront im Nordwesten erste schauerartige
Regenfälle möglich. Im Süden und der Mitte wird es sommerlich warm, im Norden
und Nordwesten bleiben die Höchstwerte knapp unter 25°C, direkt an den Küsten
teils unter 20°C. Zeitweise kann dort auch der Südwestwind mit steifen Böen
auffrischen. In der Nacht zum Mittwoch verlagern sich die zunehmend
abschwächenden Niederschläge etwas zur Mitte und nach Osten, im Süden bleibt es
trocken. Die Tiefstwerte der Nacht bleiben teils zweistellig, sonst liegen diese
bei 10 bis 6°C.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Abläufe werden auf der synoptischen Schiene von den Modellen recht
einheitlich simuliert. Unterschiede von warnrelevanter Bedeutung sind nicht zu
erkennen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas