DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-01-2022 18:01
SXEU31 DWAV 201800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 20.01.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Unbeständig und nasskalt, ab Samstag von Nordwesten allmählich milder. Vor allem
am Samstag und in der Nacht zum Sonntag im Erzgebirge und an den Alpen kräftiger
Schneefall mit markanten Neuschneemengen, im Westerzgebirge und am östlichen
Alpenrand auch unwetterartige Mengen möglich.
Zeitweise lebhafter Nordwestwind, auf den Bergen vor allem kommende Nacht sowie
am Samstag Sturm- bzw. schweren Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... hat sich in Deutschland eine klassische zyklonale Nordwestlage
eingestellt, die zumindest den Mittelgebirgen und dem Alpenrand einen Hauch von
Winter beschert. Der dafür verantwortliche Langwellentrog reicht von Nowaja
Semlja bis zu den Karpaten bzw. dem nördlichen Balkan mit Drehzentren über der
Barentssee und über dem Baltikum und kommt im Laufe der Nacht bei weiterer
Amplifizierung nur zögernd nach Osten voran. Dem Trog gegenüber steht ein
markanter und breit angelegter Höhenrücken, der, ausgehend von einer
hochreichenden Antizyklone bei Irland (im Bodenfeld mit geschlossener 1040 hPa-
Isobare in etwa über Irland), nordnordostwärts über Island bis ins Nordmeer
reicht und sich seinerseits ebenfalls ein wenig ostwärts verlagert. Aus dieser
Konstellation resultiert über dem Vorhersagegebiet eine im Laufe der Nacht mit
der Ostverlagerung des Rückens noch etwas aufsteilende und recht glatt
konturierte nordnordwestliche Höhenströmung.
Mit dieser gelangt zunächst noch auf direktem Wege über Skandinavien bis in die
mittlere Troposphäre (etwa 600 hPa im Osten und bis etwa 700 hPa im Westen)
leicht labil bis indifferent geschichtete maritime Polarluft ins
Vorhersagegebiet mit 850 hPa-Temperaturen zwischen -8 Grad im Südwesten und
knapp -12 Grad im Nordosten. In die nordwestliche Grundströmung eingebettet hat
inzwischen die Kaltfront eines recht kräftigen Tiefdruckgebietes über dem
Baltikum die Alpen südwärts überquert. Im Laufe der Nacht zieht das Tief
allmählich ostwärts ab und beginnt sich zögernd aufzufüllen. Gleichzeitig weitet
sich ein Keil des kräftigen Westeuropahochs über Frankreich bis nach
Südwestdeutschland aus. Somit bleibt die Advektion in der Grundschicht relativ
feuchter Nordseeluft in weite Teile des Vorhersagegebietes aufrecht. Ausgenommen
davon sind allerdings der Nordosten und Osten, die zunehmend von der Lee-Wirkung
des Norwegischen Küstengebirges ("Skandenföhn") profitieren. Dort klingen die
sowieso nur meist unergiebigen Schnee- und Graupelschauer rasch ab und in etwa
von Schleswig-Holstein über Mecklenburg-Vorpommern und das nordöstliche
Niedersachsen bis nach Brandenburg bzw. Ostsachsen ist es im Laufe der Nacht
vielerorts gering bewölkt.
Im restlichen Land gibt es noch einzelne, allerdings meist nur unergiebige
Schnee- und Graupelschauer, Richtung Nordsee auch Schneeregenschauer, die sich
an den Nordwest- bzw. Nordrändern der Mittelgebirge und an den Alpen stauen.
Während es in den Niederungen - wenn überhaupt, denn mancherorts bleibt es auch
komplett trocken - lediglich stellenweise für Glätte durch Schnee- bzw.
Graupelmatsch reicht, können in den Mittelgebirgsstaulagen noch bis an die 5cm
Neuschnee fallen, am Alpenrand auch mehr, in Staulagen dort um oder knapp über
10 cm. Die Temperatur sinkt, außer im Nordwesten sowie stellenweise im Westen,
verbreitet in den Frostbereich. Dort, wo es für längere Zeit gering bewölkt
bleibt sowie in höheren Mittelgebirgslagen kann es auch mäßigen Frost geben.
Dabei tritt gebietsweise auch Glätte durch überfrorene Nässe auf.
Von Warnrelevanz ist auch noch der Wind. Der Gradient fächert nur zögernd auf,
allerdings lässt die tagesgangbedingte Abkopplung der Grundschicht den Wind in
den Niederungen bzw. im Binnenland rasch abflauen. An den Küsten reicht es
dagegen noch längere Zeit für stürmische, später für steife Böen (Bft 7) aus
Nordwest. In den Kamm- und Gipfellagen insbesondere der östlichen und
ostbayerischen Mittelgebirge sowie auf dem Brocken und den Alpengipfeln gibt es
weiterhin stürmische Böen bzw. Sturmböen (Bft 8 bis 9) aus Nordwest.

Freitag ... kommt es über der Dänemarkstraße und der Grönlandsee erneut zu einem
Trogvorstoß. Stromab beginnt der Höhenrücken über dem Nordmeer ein wenig nach
Ostsüdost zu "kippen" und erstreckt sich abends über Schottland und die
Norwegische See nordnordostwärts bis zur Bäreninsel. Damit dreht die
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet in 300 und 500 hPa auf mehr oder weniger
"glatt Nord". Der Jetstream ist über Schweden und dem Westen Polens bzw.
Tschechien quasi gegen die Ostalpen gerichtet, an dessen Westflanke ist über dem
Vorhersagegebiet oberhalb von etwa 750 hPa im Westen und 600 hPa im Osten
markante WLA wirksam. Diese stützt auch nach wie vor das kräftige Bodenhoch mit
Schwerpunkt jetzt knapp südlich von Irland, wobei sich der nach
Südwestdeutschland gerichtete Hochkeil noch verstärkt und das inzwischen im
Westen Russlands angekommene Tief ein wenig auffüllt. Somit fächert der Gradient
über dem Vorhersagegebiet weiterhin nur zögernd auf, mit dem Tagesgang frischt
der Wind vor allem im Südosten sogar noch einmal stärker auf, am ehesten im
Osten Bayerns, vielleicht auch im Harzlee, reicht es mittags und nachmittags
auch in den Niederungen für einzelne steife Böen aus Nordwest. An den Küsten
gibt es ebenfalls steife Böen, allerdings nimmt der Wind dort (vorübergehend,
dazu später mehr) ab. In den Kamm- und Gipfellagen der östlichen und
ostbayerischen Mittelgebirge, auf dem Brocken sowie auf den östlichen
Alpengipfeln gibt es nach wie vor stürmische Böen, vereinzelt Sturmböen.
Niedertroposphärisch gelangt nach wie vor recht feuchte Nordseeluft ins
Vorhersagegebiet, lediglich im Nordosten und Osten bleibt zunächst noch der
"Skandenföhn" wirksam. Von der Ostsee bzw. Ostholstein bis zum (Ost)Erzgebirge
scheint bei nur wenigen Wolken die Sonne. Sonst bleibt es überwiegend stark
bewölkt, lediglich im Südwesten lockern die Wolken auch mal stärker auf. Vor
allem von den westlichen und zentralen Mittelgebirgen über den Nordosten Bayerns
bis zu den Alpen fallen noch leichte Niederschläge, überwiegend als Schnee,
wobei oberhalb von etwa 400 bis 600 m auch in Staulagen nur noch wenige
Zentimeter Neuschnee zusammenkommen.
Am Abend erreicht dann die langgestreckte Warmfront eines Tiefs über der
Grönlandsee von Nordnordwest her die Deutsche Bucht. Im Vorfeld kommt die dichte
Bewölkung am Nachmittag auch bis nach Schleswig-Holstein und Westmecklenburg
voran und vom Emsland bis nach Ostholstein setzen Niederschläge ein, überwiegend
als Regen. Im Nordwesten macht sich die WLA nun auch niedertroposphärisch
bemerkbar, die Temperatur in 850 hPa erreicht am Abend Werte zwischen -1 Grad
über der Deutschen Bucht und -9 Grad im Südosten. Dazu verschärft sich vor der
Warmfront der Gradient und der Wind frischt im Nordseeumfeld am späten
Nachmittag und Abend mit Böen Bft 7 aus Nordwest auf.
Die Temperaturen steigen in den Niederungen auf Werte zwischen 1 Grad im
Südosten und 7 Grad im Nordwesten. Oberhalb von etwa 500 bis 700 m gibt es
leichten Dauerfrost.

In der Nacht zum Samstag kommt der Höhentrog über dem Nordmeer ein wenig nach
Osten voran, wird aber von Westen her, über dem Süden Grönlands, regeneriert. An
dessen Südflanke stellt sich über dem nördlichen Nordatlantik und Island eine
kräftige Zonalströmung ein, die sich allmählich Richtung Norwegische See
vorarbeitet, so dass der vorgelagerte Höhenrücken unter Verlust seiner
Wellenlänge nach Skandinavien bzw. zur nördlichen und mittleren Nordsee
abgedrängt wird. Der mit seinem Drehzentrum inzwischen über dem Westen Russlands
angelangte Höhentrog bleibt quasistationär, wobei sich an dessen Westflanke ein
Randtrog vom Finnischen Meerbusen über das Baltikum südwärts verlagert. Somit
bleibt die nördliche Höhenströmung mit nahezu unverändertem Gradienten über dem
Vorhersagegebiet erhalten.
Auch im Bodenfeld ändert sich an der Konstellation im Großen und Ganzen nur
wenig. Nach wie vor bleibt ein kräftiger Hochkeil nach Südwestdeutschland
gerichtet, an dessen Nordostflanke sich die nordwestliche Grundströmung sogar
wieder etwas verstärken kann. Ursache ist die Warmfront des Tiefs über der
Grönlandsee, die über dem Skagerrak eventuell auch mehrfach verwellt. Diese
flachen Wellen werden im Laufe der zweiten Nachthälfte allmählich über das
deutsch-polnische Grenzgebiet hinweg südsüdostwärts geführt.
Im Vorfeld der Warmfront greifen die Aufgleitniederschläge rasch nach Südosten
aus und intensivieren sich noch etwas durch den verstärkten Hebungsantrieb über
der grade im Südosten noch niedertroposphärisch recht kalten Luftmasse. Während
es im Bereich des Wellenscheitels, also in Ostvorpommern sowie im äußersten
Osten Brandenburgs sowie im äußersten Westen und Südwesten meist trocken bleibt,
fallen ansonsten verbreitet 1 bis über 5 l/qm, in den Nordweststaulagen der
westlichen, zentralen und ostbayerischen Mittelgebirge 5 bis 15 l/qm, vor allem
aber im Stau von Harz und Erzgebirge hat ICON-EU sogar Mengen bis bzw. knapp
über 20 l/qm in 12 Stunden auf der Agenda. GFS und IFS simulieren bei quasi
gleichen Schwerpunktsregionen allerdings geringere Mengen.
Die Niederschläge fallen vor allem im Osten und Süden bis in tiefe Lagen
zunächst noch als Schnee. Bis Samstagfrüh steigt die Temperatur in 850 hPa im
Warmsektor allerdings nur zögernd an und erreicht dann Werte zwischen +4 und -1
Grad im Nordwesten sowie zwischen -2 und -6 Grad in den anderen Regionen, mit
den tiefsten Werten im Südosten Bayerns, wo die Niederschläge erst in den
Frühstunden einsetzen. Somit steigt die Schneefallgrenze ab der Mitte südwärts
nur zögernd an. In Bayern (außer vielleicht Unterfranken) und im Osten
Baden-Württembergs schneit es auch morgens noch bis in tiefe Lagen, ansonsten
bewegt sich die Schneefallgrenze dann meist um 200 bis 400 m, in den westlichen
Mittelgebirge steigt sie wohl schon auf über 600 m. Somit fallen in den
Niederungen Süddeutschlands meist 1 bis 5 cm, stellenweise mehr Neuschnee. In
den Mittelgebirgen kommen dagegen markante Mengen zwischen 5 und 15 cm zusammen,
im Harz und im westlichen Erzgebirge können vor allem oberhalb von 600 m (Harz)
bzw. 400 m (Erzgebirge auch über 15 cm Neuschnee fallen, womit dann
Unwetterkriterien erfüllt wären. Der feuchte Schnee kann durchaus zu Schneebruch
führen, auch Leiterseilschwingungen könnten bei auffrischendem Nordwestwind
Thema werden.
Apropos Wind: Im Warmsektor der Welle verschärft sich der Gradient wieder um
einiges. In den Niederungen reicht es aber lediglich in einigen Lee-Lagen der
zentralen und östlichen Mittelgebirge sowie im Osten Bayerns (Leitplankeneffekt)
für steife Böen aus Nordwest, im Süden eher aus West. Auch im Nordseeumfeld gibt
es recht verbreitet steife, an exponierten Küstenabschnitten stürmische Böen aus
Nordwest. In den Kamm- und Gipfellagen der zentralen, östlichen und
ostbayerischen Mittelgebirge sowie auf den Alpengipfeln gibt es erneut
Sturmböen, auf exponierten Gipfeln und auf dem Brocken auch schwere Sturmböen.
Während es im Norden und Westen sowie in den Niederungen teilweise auch in der
Mitte und im Südwesten frostfrei bleibt, gibt es sonst verbreitet leichten, bei
aufgelockerter Bewölkung in den südwestdeutschen Mittelgebirgen sowie im Allgäu
auch mäßigen Frost. Ob es im Übergangsbereich stellenweise auch für gefrierenden
Regen reicht, kann nicht ganz ausgeschlossen werden, scheint aber aus aktueller
Modellsicht eher unwahrscheinlich.

Samstag ... verlagert die Höhenantizyklone ihren Schwerpunkt allmählich zum
Westausgang des Ärmelkanals und stütz nach wie vor das umfangreiche Bodenhoch,
das inzwischen von Irland über England und Nordfrankreich bis nach
Südwestdeutschland reicht. Der über die nördliche bzw. mittlere Nordsee und
Skandinavien bis zur Barentssee gerichtete Höhenrücken kommt kaum mehr nach
Südosten bzw. Osten voran. Somit bleibt der Vorhersagegebiet unterhalb einer
mäßig ausgeprägten nordnordwestlichen Höhenströmung, innerhalb derer ein flacher
kurzwelliger Randtrog bis zum Abend nach Norddeutschland geführt wird.
Die höhenströmungsparallel positionierte wellende Warmfront kommt über dem
äußersten Osten Deutschlands, Tschechien und dem Osten Österreichs nach wie vor
kaum weiter nach Osten voran und neigt weiterhin zum Verwellen. Insgesamt lassen
WLA und Hebungsantrieb zwar etwas nach und auch der Gradient beginnt
aufzufächern, dennoch gibt es vor allem in der Mitte und im Südosten weitere,
meist allerdings nur wenig intensive Niederschläge. Diese stauen sich aber nach
wie vor an Erzgebirge und nun auch an den Alpen, wo in Staulagen erneut 10 bis
15 l/qm in 12 Stunden simuliert werden, am Alpenrand ab dem Werdenfelser Land
ostwärts sogar 15 bis über 30 l/qm.
Probleme scheint es seitens des ICON-EU bzgl. der Simulation der
Schneefallgrenze zu geben. Niedertroposphärisch kann die kalte Luftmasse kaum
verdrängt werden, sowohl ICON-EU als auch GFS und IFS simulieren bis zum Abend
850 hPa-Temperaturen zwischen +1 und -2 Grad lediglich im Norden und Nordwesten,
sonst meist Werte um -4 Grad. Bei stabiler Schichtung und abnehmendem Wind
dürfte die Schneefallgrenze damit an den Alpen kaum über 400 m, am Erzgebirge
zum Abend hin vielleicht auf knapp 600 m steigen. Dennoch simuliert ICON-EU
grade am Erzgebirge ein relativ rasches Ansteigen der Schneefallgrenze über 700
bis 800 m zum Abend hin. Da sollte man die kommenden Modellläufe im Auge
behalten. Nach wie vor haben GFS und IFS (00 UTC-Lauf) bei sehr ähnlicher
Schwerpunktsetzung geringere Mengen auf der Agenda.
So oder so - zumindest im höheren Erzgebirge reicht es - aufsummiert von
Freitagabend bis Samstagabend - für markante Mengen, eventuell, wie bereits
erwähnt, auch für unwetterartige Mengen (15 bis 30 cm in 12 bis 24 Stunden, in
höher gelegenen Staulagen eventuell etwas mehr). Ähnlich schaut es am Alpenrand
aus, wobei die Wahrscheinlichkeit für unwetterartige Neuschneemengen vor allem
im Chiemgau und im Berchtesgadener Land als recht hoch einzuschätzen ist. Nach
Lesart des ICON-EU fallen dort im Zeitraum Samstag, 00 UTC bis Sonntag, 00 UTC
15 bis 30 cm, in Staulagen auch um die 50 cm Neuschnee.
Im übrigen Bergland halten sich die Neuschneemengen in Grenzen (meist weniger
als 5 cm) und betreffen eh nur Höhenlagen zwischen 400 und 800 m. Lediglich
südlich der Donau schneit es am Nachmittag und Abend noch bis "ganz unten".
Der Gradient fächert zögernd auf und somit flaut auch der Wind nach und nach ab.
Am Nachmittag und Abend gibt es lediglich in einigen Gipfellagen der östlichen
und ostbayerischen Mittelgebirge, auf dem Brocken und auf den östlichen
Alpengipfeln noch stürmische Böen bzw. Sturmböen aus Nordwest.
Die Sonne kommt fast nirgendwo zum Zuge, kleine Lücken gibt es am ehesten
Richtung Rügen sowie in Südbaden. Die Temperaturen erreichen Höchstwerte
zwischen 1 Grad im Alpenvorland und 8 Grad im Nordwesten.

In der Nacht zum Sonntag kann sich die Frontalzone nun doch allmählich Richtung
Skandinavien ausweiten und der Höhenrücken über der Nordsee wird etwas nach
Süden, zur Deutschen Bucht bzw. nach Dänemark angedrängt. Damit dreht die
Höhenströmung eher auf Nordnordost und bleibt glatt konturiert, wobei nach wie
vor WLA wirksam bleibt.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt nach Nordfrankreich und schwächt sich
zwar geringfügig ab, kann aber seinen Einfluss auf Deutschland ausweiten, so
dass der Gradient weiter auffächert und der Wind ausgangs der Nacht wohl
lediglich auf dem Brocken und Fichtelberg warnrelevant ist.
Nur zögernd arbeitet sich die WLA niedertroposphärisch nach Südosten vor, in den
Frühstunden erreicht die 850 hPa-Temperatur in der Nordwesthälfte Werte um 0
Grad, während sie in Südbayern bei -4 Grad verharrt. Dazu gibt es innerhalb der
niedertroposphärisch sehr feuchten Luftmasse vor allem in den Staugebieten von
Harz, Erzgebirge und Alpen weitere Niederschläge, im Harz wohl bis in die
Kammlagen als Regen, auch im Erzgebirge steigt die Schneefallgrenze allmählich
auf über 800 m, vielleicht auch höher, an den Alpen schneit es oft noch bis in
tiefe Lagen. Insgesamt lässt die Intensität der Niederschläge aber weiter nach,
lediglich in den Staulagen von Berchtesgadener Land und Chiemgau fallen noch
gebietsweise mehr als 10 cm Neuschnee.
Im Norden, Westen und Südwesten bleibt es dagegen meist trocken, allerdings
lockern die Wolken so gut wie gar nicht auf, am ehesten vielleicht noch im
Südwesten. Entsprechend ist in den Niederungen auch kaum mehr mit Frost zu
rechnen.

Sonntag ... befindet sich die sich abschwächende Höhenantizyklone mit ihrem
Schwerpunkt in 300 und 500 hPa in etwa über dem Ärmelkanal. Ausgehend davon
erstreckt sich ein Höhenrücken bzw. Höhenkeil über West- und Norddeutschland und
die Ostsee bis nach Finnland, während der Höhentrog über Südosteuropa abgetropft
ist und sich nördlich des Keils die Frontalzone allmählich zum Norden der
Britischen Inseln bzw. zur nördlichen Nordsee ausweitet.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt zögernd nach Westdeutschland, dessen
Divergenzachse verläuft südostwärts bis zum Bayerischen Alpenraum. Die Warmfront
wurde inzwischen weit nach Osteuropa abgedrängt, aber nach wie vor gelangt an
der Nordflanke des Hochs feuchte Nordseeluft vor allem in den Norden und Osten
des Landes. Nennenswerte Niederschläge werden aber nur noch in Teilen von
Sachsen und Ostbayern simuliert, allerdings kommen auch dort wohl keine 5 l/qm
mehr zusammen. Die Schneefallgrenze steigt zudem auch im Erzgebirge allmählich
bis in die Kammlagen, an den Alpen (lediglich östlich des Inns fällt dort noch
etwas Niederschlag) auf etwa 800 m.
Ansonsten stellt sich ruhiges Hochdruckwetter ein, wobei sich unterhalb der
Absinkinversion, die sich im Nordwesten bereits bei etwa 900 hPa, im Südosten
noch bei 700 hPa befindet, fast überall eine dichte Wolkendecke hält. Lediglich
im Südwesten und im Allgäu kann sich gebietsweise die Sonne durchsetzen, vor
allem auf den Bergen.
Die Temperatur in 850 hPa liegt am Abend zwischen +2 Grad im Norden und -3 Grad
in Ostbayern. Entsprechend werden Höchstwerte zwischen 3 Grad im höheren
Alpenvorland und 8 Grad in der Norddeutschen Tiefebene erreicht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die großräumige Verteilung der Druck- und Potenzialgebilde wird von allen
Modellen sehr ähnlich simuliert. Auch im Detail gibt es nur wenig Differenzen.
Die Stauniederschläge im Erzgebirge und an den Alpen betreffend hat ICON-EU
einmal mehr höhere Mengen auf der Agenda als IFS und GFS. Die Problematik mit
der Schneefallgrenze wurde im Text beschrieben, ob es tatsächlich im Erzgebirge
und an den Alpen für Unwetter-Neuschneemengen reicht, muss noch abgewartet
werden, die Wahrscheinlichkeit dafür ist aber relativ hoch.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff