DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

29-12-2021 18:01
SXEU31 DWAV 291800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 29.12.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Nordosten anfangs Glätte, auch markant durch örtlich gefrierenden Regen. An
den Alpen bis in den Donnerstag starkes Tauwetter (Unwetter). Zunehmend windig
und vor allem im Bergland Sturmböen, exponiert schwere Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... startet eine sehr milde atlantische Meeresluft den finalen Anlauf
die letzten Reste der Kaltluft in Nordostdeutschland auszuräumen. Dies geschieht
im Zuge der leicht schleifenden Warmfrontpassage eines ins Nordmeer ziehenden
Tiefs. Gestützt von kräftiger Warmluftadvektion die einen Höhenrücken über
Westeuropa überläuft, regnet es im Westen und über der Mitte und diese
Regenfälle greifen unter Abschwächung in der Nacht zum Donnerstag in den Osten
und Nordosten aus.
Dort treffen sie zumindest teilweise (Vorpommern, Uckermark) noch auf gefrorenen
Boden und Reste der Kaltluft mit Temperaturen um oder nur wenig über 0°C, so
dass erneut zumindest örtlich gefrierender Regen möglich ist und zuvor das
Gefrieren von Nässe. Im Laufe der Nacht steigen die Temperaturen zögernd auch
dort an und die Glättegefahr könnte sich am Donnerstagmorgen tatsächlich mal
erledigt haben.

Ansonsten gelangt postfrontal eine sehr feuchte und milde Luftmasse zu uns. Die
Temperatur steigt in 850 hPa auf ca. +7°C, die PPW Werte liegen in der
"subtropischen Warmluft" bei 20 bis 30 mm!
Gebietsweise regnet es weiter, in Staulagen des Südens teils kräftig und vor
allem an den Alpen sind gestützt durch Stau, da die Höhenströmung vor dem Rücken
auf Nordwest gedreht hat, 20 bis 30 mm Regen zu erwarten. Da die
Schneefallgrenze auf über 2000m steigt und auch der Wind in Hochlagen kräftig
zulegt, hat starkes Tauwetter eingesetzt. Das Niederschlagsdargebot sollte
nochmal 10 bis 20 mm über den Regenmengen liegen, sodass die Unwetterwarnungen
inneralpin gerechtfertigt erscheinen.

Wie schon angedeutet, bleibt der Wind ein Thema: bei stabiler Sichtung aber vor
allem im Bergland, wo vermehrt steife bis stürmische Böen, im höheren Bergland
Sturmböen an der Tagesordnung sind. Exponiert sind schwere Sturmböen oder
orkanartige Böen denkbar. In einigen Leelagen sind aber auch ganz unten im
Westen und Südwesten steife Böen zu erwarten, aus Südwest bis West.
Die gute Durchmischung bringt einen weiteren Temperaturanstieg. Im Westen und
Südwesten liegt die Temperatur im Laufe der Nacht oft über 10°C und auch ganz im
Nordosten zeigt die Temperaturkurve ja leicht nach oben.

Donnerstag ... geht die Warmfront der Nacht in eine Okklusion über der Ostsee
auf, die aber gefolgt wird vom nächsten Schub sehr milder Luft, markiert durch
die Warmfront einer Welle über der Nordsee. Im Endeffekt gelangen wir in einen
breiten Warmsektor und in den Zustrom sehr milder Meeresluft (T850 4 bis 8°C),
die bei guter Durchmischung verbreitet zweistellige Temperaturen garantiert.
Im Rheintal geht´s hoch auf bis zu 16, lokal vielleicht 17°C, und nur
nordöstlich von Elbe und Havel hält sich noch etwas weniger warme Luft mit 6 bis
10°C.
Ansonsten kommt es verbreitet zu Regenfällen, weil der langsam ostwärts
wandernde Höhenrücken in klassischer Manier von Warmluftadvektion überlaufen
wird. Vor allem am Alpenrand kann es nochmal 10 bis 15 l/m² an Regen geben,
gestützt vom Abfluss durch das anhaltend starke Tauwetter. Aber auch in einem
Streifen vom westlichen Niedersachsen bis in den östlichen Mittelgebirgsraum
fallen um die 10 l/m²; nichts warnrelevantes, aber immerhin.
Es bleibt windig, auf den Bergen stürmisch. Im Nordwesten und in windexponierten
Lagen sind Böen um 55 km/h aus Südwest bis West möglich. An der Nordsee sind
stürmische Böen zu erwarten und im höheren Bergland auch Sturmböen, exponiert
schwere Sturmböen oder orkanartige Böen (Fichtelberg und Brocken)

Die Nacht zum Freitag bringt verbreitet milde Temperaturen, im Norden und der
Mitte zum Teil mit zweistelligen Minima. Dazu frischt der Wind dann auch im
Norden bedingt durch die Annäherung der nächsten Welle über die Nordsee auf mit
einzelnen steifen Böen, an der Küste und im Bergland bleibt es windig bis
stürmisch. Die Warmfront zieht auch im Nordosten ab, bedingt durch anhaltende
WLA regnet es aber auch dahinter über Norddeutschland weiter.
Im Süden setzt sich der südeuropäische Rücken und sein Absinken besser in Szene.
Hier zeigen sich einige Auflockerungen und in der Folge Nebelfelder und
Temperaturen unter 5°C, am Erdboden muss stellenweise leichter Frost
einkalkuliert werden. WOW, und das in der Nacht zu Silvester.

Freitag ... Silvester, wird der Höhenrücken durch einen schwachen, aber relativ
breiten Trog überlaufen. Dieser zeichnet sich im Bodendruckfeld durch eine
offene, recht flache Welle ab, die sich kaum entwickelt und von der Nord- in die
Ostsee zieht. Sie bringt vor allem dem Norden eine Windzunahme, aber keine
Sturmlage.
Im Norden und in der Mitte und dort vor allem in den Leegebieten der
Mittelgebirge reicht es dennoch für Windböen Bft 7, am Nordrand des Harzes auch
für stürmische Böen. An der Küste sind stürmische Böen und einzelne Sturmböen,
im höheren Bergland Sturmböen Bft 8/9 (exponiert - Brocken, Fichtelberg schwere
Sturmböen bis Orkanböen) zu erwarten. Das Maximum der Windentwicklung dürfte in
der zweiten Tageshälfte und am Abend auftreten, wenn sich die Kaltfront nähert.
Dazu regnet es vor allem im Norden zeitweise.

Auch im Südwesten und im Süden erfolgt eine leichte Gradientzunahme, wenn auch
nicht in dem Maße wie im Norden und in der Mitte. Nebel und Hochnebel sollten
sich weitgehend auflösen, so dass dann (nach längerer Zeit) größere
Auflockerungen, zum Teil längere sonnige Abschnitte, vorstellbar sind. Die
Tageshöchsttemperaturen erreichen deutschlandweit 10 bis 16, an der See und im
höheren Bergland Werte um 8°C.

In der Nacht zum Samstag, Neujahr, greift auf die Nordsee und Frankreich ein
kräftiger Höhenkeil über. Dadurch wird die Bildung eines Bodenhochkeils
gestützt, der vom Mittelmeer über Südwestdeutschland nach Norwegen reicht. An
dessen Rand zieht die Kaltfront der Welle über den Norden und Osten nach Süden.
Nach Westen hin zeigt sie sich unter antizyklonalen Einfluss kaum wetterwirksam.
Aber auch nach Osten hin reicht es nur für wenige mm Regen. Mit Frontpassage
treten im Nordosten und Teilen der Mitte Windböen, an der
Ostsee einzelne stürmische Böen und in höheren Berglagen Sturmböen Bft 8/9
(exponiert Bft 10+) auf. In der zweiten Nachthälfte flaut der Wind von Westen
her langsam ab. Auf den Bergen und an der Ostsee dauert dies freilich ein
bisschen.
Über der Südwesthälfte ist der Gradient ohnehin nicht groß und wird weiter
abgebaut, so dass sich erneut Nebel bilden kann. Wie bereits in der Nacht zuvor
bleibt es erneut frostfrei, abgesehen von vereinzeltem Bodenfrost im Süden!

Samstag ... das Neue Jahr startet mit dem Höhenkeil genau über uns und mit einem
umfangreichen Hochdruckgebiet, das sich vom Mittelmeer über Deutschland bis nach
Nordskandinavien erstreckt. Somit dürfte einem wettertechnisch ruhigem
Jahresbeginn nichts im Wege stehen.
Aus der abziehenden frontalen Bewölkung kann es im Osten noch ein paar Spritzer
Regen geben. Auch die anfänglichen Böen Bft 8 auf einigen Gipfeln nach Osten und
Südosten sind bald Geschichte. Ansonsten hält sich zunächst eine Mischung aus
Nebel/Hochnebel und tiefer Bewölkung, wobei sich im Tagesverlauf am ehesten im
Süden und Westen, sowie ganz im Nordosten mal die Sonne zeigen kann. Längere
sonnige Abschnitten sind dem Süden vorbehalten, wo das Absinken am besten
greift.

Der Nordwesten gelangt fast schon wieder an die Flanke eines kräftigen
Sturmtiefs (960 hPa) bei Island. Mit vorderseitiger Warmluftadvektion kommt dort
hohe und mittelhohe Bewölkung auf, die Ausläufer bleiben noch weit außen vor.
Der etwas auflebende Südwind erreicht keine Warnschwellen, es bleibt
niederschlagsfrei.

Bei recht großer Temperaturspanne in 850 hPa, von 0°C über dem Nordosten und
+10°C über dem Südwesten liegen die 2m Werte überall auf mildem bis sehr mildem
Niveau. Den +6 bis +7°C an der Ostsee stehen +14°C im Westen und Südwesten
gegenüber.



Modellvergleich und -einschätzung
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An der grundsätzlichen Entwicklung bestehen keine Zweifel. Fraglich ist die
Entwicklung der Glätte im Nordosten kommende Nacht. Hier ist Nowcasting
angesagt. Für Unwetter sollte es nicht mehr reichen, markant durch geringen
gefrierenden Regen sollte aber nicht ausgeschlossen sein.

Ansonsten kommt vorübergehend wieder Grenzschichtlotto auf.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner