DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-12-2021 08:30
SXEU31 DWAV 280800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 28.12.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W z bis a

Im Nordosten und Osten bis in den Mittwoch hinein Glatteis möglich, auch
Unwetter. An den Alpen Unwetter durch Tauwetter. Ansonsten windiger und vor
allem in Hochlagen stürmisch. Heute Nachmittag und Abend im Südwesten Gewitter
mit Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Dienstag... liegen wir unter einer westlichen Strömung, wobei die
Hauptfrontalzone aktuell noch über Westeuropa nach Süden ins Mittelmeer abbiegt
und wir auf deren kalter Seite liegen. Dabei greift von Westen her ein
kurzwelliger Trog über und das entsprechende Tief zieht in die Nordsee.
Die Ausläufer, aktuell mit Regen und auffrischendem Wind über dem Südwesten,
dringen heute tagsüber nach Nordosten vor und stellen einen weiteren Anlauf der
milden Meeresluft dar, auch im Nordosten die Reste der kalten Frostluft
abzudrängen. Dabei kommt es zu weiteren Regenfällen, die unter dem Trog im
Südwesten und Westen aber immer konvektiver werden. Auch einzelne Gewitter sind
dort möglich, die bei guter Scherung und ordentlich Oberwind (in 850 hPa um 50
kt) mit Sturmböen verbunden sein können.
Im Süden sind dabei vor allem in Staulagen über 12 Stunden 10 bis 20 mm Regen
möglich, mit den konvektiven Anteilen sind lokal auch an die 30 mm in 12 Stunden
nicht ausgeschlossen.

Die kalte Luft im Nordosten wird unterdessen weiter abgebaut und die
Tempersturen dürften im Tagesverlauf auch in Vorpommern auf Werte um die 0°C
steigen. Das Ganze geht weiter nicht ohne Warnungen ab. Die Regenfälle schwächen
sich auf ihrem Weg nach Nordosten zwar deutlich ab, dennoch kommt dort noch was
an und von Vorpommern bis zum Erzgebirge besteht wegen der gefrorenen Böden,
bzw. Kaltluftresten im Bergland nochmals die Gefahr von (eher örtlichem als
überregionalem) gefrierendem Regen.
Neben den konvektiven Böen nimmt mit Annäherung des Tiefs auch der Gradient zu
und im Südwesten, Süden und Westen treten Windböen und exponiert einzelne
stürmische Böen auf. Im höheren Bergland des Südwestens sind auch teils schwere
Sturmböen und exponiert bis orkanartige Böen denkbar. Über Deutschland herrschen
derweil große Temperaturunterschiede, da bei guter Durchmischung im Südwesten
stellenweise +13°C drin, die den 0°C im äußersten Nordosten gegenüber stehen.

In der Nacht zum Mittwoch passiert uns der Trog nach Osten und vor dem sich über
Westeuropa aufwölbenden Höhenrücken dreht die Höhenströmung auf Nordwest.
Gebietsweise, vor allem über der Südhälfte kommt es zu weiteren, teils
schauerartigen Regenfällen, die in einem Streifen vom Rothaargebirge bis zu den
Alpen und nach SE Bayern durchaus mehr als 10 bis 20 mm Regen in 12 Stunden
bringen können. Die Regenfälle im Nordosten klingen zwar ab und auch die
Temperatur steigt im Laufe der Nacht tendenziell leicht an, vor allem anfangs
sind regional noch Glatteiswarnungen nötig, da der Frost noch im Boden steckt
und die Temperatur ja selbst auch zumindest noch grenzwertig sei dürfte. Ob
nochmal Unwetter gezogen werden muss, ist fraglich, vielleicht reichen markante
Warnungen.
In 850 hPa ist mit dem Trog eine leichte Abkühlung verbunden, die die feste
Phase im höheren Bergland zumindest wieder ins Spiel bringt. Das kleinräumige
Tief zieht über Norddeutschland nach Osten und sorgt mit der
Gradientverschärfung an seiner Südseite für einzelne steife, exponiert
stürmische Böen über der Südhälfte und im Bergland für Sturmböen. Exponiert sind
nach wie vor teils schwere Sturmböen bis Orkanböen dabei.


Mittwoch... entfernt sich der Trog und wir gelangen an den Rand des sich noch
etwas kräftigenden Höhenrückens über Südwesteuropa unter eine antizyklonale
nordwestliche Strömung. Im Bereich eines zunächst noch verbleibenden Bodentroges
regnet es zunächst im Südosten gebietsweise, wobei sich diese Niederschläge
weiter Richtung Böhmen und Österreich zurückziehen und dann auch nachlassen.
Dafür greift von Westen her die Warmfront eines Sturmtiefs nordwestlich von
Irland über und leitet die Zufuhr einer noch milderen Luftmasse zu uns nach
Mitteleuropa ein. Mit der kräftigen Warmluftadvektion an der Warmfront beginnt
es im Südwesten und Westen wieder zu regnen und die Temperatur steigt in 850 hPa
auf mehr als +5°C.
Bei guter Durchmischung sind im Südwesten in 2m Höhe örtlich +13 bis +14°C zu
erwarten und auch ganz im Nordosten weicht die kalte Luft langsam und die Maxima
liegen bei +1 bis +4°C. Glätte wird damit von der Warnagenda erstmal
Gestrichen, zumal dort auch so gut wie kein Niederschlag mehr fällt.
Vor allem im Süden und Westen langt der Gradient für (exponiert) steife Böen, im
Bergland für Sturmböen. Dazu kommt das Zusammenspiel von milder Luft, Wind und
Regenfällen, die die Schneedecke gerade im Schwarzwald und in den Alpen (aktuell
liegt dort vielfach mehr als ein halber Meter) kräftig schrumpfen lässt. Allein
der Regen kann von Mittwoch früh bis Donnerstag früh auf 20 bis 30 mm im
Schwarzwald und auf mehr als 50 mm an den Alpen kommen. Mit der schmelzenden
Schneedecke sind in den Alpen "Niederschlagsdargebote" im Unwetterbereich
möglich. Damit werden die entsprechenden Tauwetter-, eventuell im Schwarzwald
Dauerregenwarnungen nötig, da sich dort die Schneedecke auf einige Hochlagen
beschränkt. Die Modelle sind aber so uneinheitlich, dass mit der Ausgabe noch
gewartet werden kann.

Die Schichtung stabilisiert und Konvektion ist kein Thema mehr.

In der Nacht zum Donnerstag überquert uns die Warmfront des ins Nordmeer
ziehenden Tiefs schleifend und somit zögernd nach Nordosten. Dahinter gelangt
eine sehr feuchte und milde Luftmasse zu uns. Die Temperatur steigt in 850 hPa
auf +7°C, die PPW Werte liegen in der subtropischen Warmluft bei 20 bis 30 mm!
Gebietsweise regnet es weiter, in Staulagen der Mitte und des Südens teils
kräftig und im Schwarzwald und an den Alpen sind weitere 10 bis 30 mm Regen zu
erwarten. ICON simuliert sehr offensiv sogar von den Regenmengen Unwetter (in 12

Stunden im Allgäu bis fast 50 mm), mit dem schmelzenden Schnee sollte das Reißen
der WU Schwelle für Tauwetter dort kein Problem sein.
Der Wind bleibt weiter ein Thema mit steifen Böen in der SW Hälfte und Sturmböen
im höheren Bergland, exponiert sind schwere Sturmböen oder orkanartige Böen
denkbar. Die weiter sehr gute Durchmischung bringt einen weiteren
Temperaturanstieg. Im Westen und Süden liegt die Temperatur oft über 10°C und
auch ganz im Nordosten zeigt die Temperaturkurve leicht nach oben.


Donnerstag... wird die Kaltfront des Frontensystems durch Wellenbildung über der
Nordsee zurückgehalten bzw. geht in die Warmfront einer über UK ostwärts
ziehenden Welle über. Im Endeffekt gelangen wir in einen breiten Warmsektor und
in den Zustrom milder bis sehr milder Meeresluft (T850 4 bis 8°C), die bei
weiterhin guter Durchmischung verbreitet zweistellige Temperaturen garantiert.
Im Rheintal geht´s hoch auf bis zu 16, lokal vielleicht 17°C, und nur
nordöstlich
von Elbe und Havel hält sich noch etwas weniger warme Luft mit 6 bis 10°C.

Ansonsten kommt es verbreitet zu Regenfällen, weil der langsam ostwärts
wandernde Höhenrücken in klassischer Manier von Warmluftadvektion überlaufen
wird. Vor allem am Alpenrand soll es nach ICON noch mal ordentlich schütten (bis
zu 40 l/m² im Berchtesgadener Land), externe Modelle allerdings sind deutlich
defensiver. Aber auch in einem Streifen vom westlichen Niedersachsen bis in den
östlichen Mittelgebirgsraum fallen 10 bis 20 l/m²; nichts warnrelevantes, aber
immerhin.
Es bleibt windig, auf den Bergen stürmisch.

Die Nacht zum Freitag bringt verbreitet milde Temperaturen, im Norden und der
Mitte zum Teil mit zweistelligen Minima. Dazu frischt der Wind dann auch im
Norden stärker auf mit einzelnen steifen Böen, an der Küste und im Bergland
wird/bleibt es stürmisch. Die Warmfront zieht auch im Nordosten ab, bedingt
durch anhaltende WLA regnet es aber auch dahinter über Norddeutschland weiter.
Im Süden zeigen sich Auflockerungen und in der Folge das ein oder andere
Nebelfeld.


Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Grundsätzlich steht der Ablauf nicht in Zweifel. Die Entwicklung in
Detailfragen, z.B. der Glätte ist unsicher. Meist dürften heute und in der
kommenden Nacht markante Warnungen reichen, allerdings zeichnet sich im
Nordosten noch eine Region ab, wo negative Beläge mit leichten Regenfällen
überlappen (Signale in WarnMos) und wo die Ausgabe einer Vorabinfo
gerechtfertigt, erscheint. Während der Dauerregen im Schwarzwald auf der Kippe
steht, die Modelle rudern hier mehrheitlich zurück, werden für den Alpenrand
wohl Tauwetterwarnungen bis Unwetter nötig. Der Hauptregen fällt aber erst
Mittwoch und Donnerstag, sodass mit den Warnungen gewartet werden kann.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner