DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-09-2021 07:30
SXEU31 DWAV 180800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 18.09.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HFa
Ruhiges Herbstwetter mit Frühnebel in der Südwesthälfte und dichten
Wolkenfeldern mit etwas Sprühregen in der Nordosthälfte, ab Sonntagmittag im
äußersten Süden und Südwesten wechselhafter. An den Alpen Stark- bzw. Dauerregen
nicht ausgeschlossen.


Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... liegt der Großteil Deutschlands im Einflussbereich eines Rückens, der
sich von Oberitalien über die Nordsee bis nach Skandinavien erstreckt. Dieser
wird durch WLA vorderseitig eines neuen Troges westlich der Britischen
Inseln gestützt, sodass sich im Tagesverlauf über der Deutschen Bucht ein
abgeschlossenes Höhenhoch ausbilden kann. Innerhalb dessen Achse scheint nach
Auflösung örtlicher Frühnebelfelder tagsüber doch vielfach die Sonne und die oft
einstelligen Frühwerte steigen bis zum Nachmittag auf 20 bis 24 Grad an. Es sind
nun wieder die Hochzeiten des sogenannten "Zwiebellooks" nach teilweise nur 4
Grad auf der Baarebene heute Morgen.

Der angesprochene Rücken, der das Bodenhoch JENNY mit Kerndruck über 1030 hPa
stützt (bitte nicht schon wieder potentielle Winterlagen so frühzeitig sinnlos
"verballern") wird von zwei Höhentiefs in die Mangel genommen. Das zunächst für
uns noch unbedeutende, aber im Laufe des Sonntags zunehmend interessante Cut-Off
Tief über der Biskaya verlagert sich zögernd ostwärts. Der andere Gegenpart über
Polen liegt derzeit mit Kern im Raum Krakau und führt an dessen Westflanke im
Bereich eines flachen, am Boden markanten Randtroges mit Winddrehung von
Nordwest auf Nordost an der Brandenburgischen/Mecklenburgischen Grenze zu
schwachen Hebungsprozessen mit fiesem Sprüh-/Nieselregen der Marke "eklig". Die
Mengen reichen punktuell sogar bis an die 1,0 mm binnen einer Stunde heran. Im
Tagesverlauf schwenkt dieser Trog allmählich südwärts und schwächt sich dabei
etwas ab. Auch wenn mit dem Tagesgang der tiefe Stratus verschwinden sollte,
muss nichtsdestotrotz aus der kompakten Stratocumulusbewölkung vor allem von
Sachsen bis zum Harz bis zum Abend noch mit geringen Regenfällen gerechnet
werden. Dementsprechend dürftig fallen im Osten und Nordosten auch die
Sonnenanteile aus, teilweise schafft sie es gar nicht sich durchzusetzen.
Dementsprechend bleibt es dort bei Höchstwerten zwischen 15 und 19 Grad deutlich
kühler.

Rückseitig des sich abschwächenden und langsam südostwärts verabschiedenden
Troges wird mit der nordöstlichen Strömung langsam aber sicher kühlere Luft
kontinentalen Ursprungs (T850 auf 6 bis 3 Grad sinkend) herangeführt, die
allerdings in der Grundschicht durch das warme Ostseewasser, das zyklonale
Geschehen über Polen und dem südlichen Baltikum sowie die vorderseitig des Tiefs
rumgeholte Warmluft vom Schwarzen Meer nach wie vor sehr wolkenreich daherkommt.
Über dem Südwesten des Landes lagert ebenfalls eine überwiegend kontinental
geprägte, erwärmte Luftmasse mit T850 zwischen 7 und 10 Grad.

Der Wind erreicht an der vorpommerschen Ostseeküste in Böen zumindest an
exponierten Stellen Stärke 7,
ohne, das zwingend Warnungen erforderlich werden.

In der Nacht zum Sonntag verläuft die Nacht südwestlich einer Linie Ems, Werra
vielfach gering bewölkt oder klar, so dass bei nur schwacher Luftbewegung rasch
die Nebelproblematik wieder in den Vordergrund rückt (Persistenz). Der Cut-Off
rückt von der inneren Biskaya bis zum Morgen in etwa bis zur Rhone vor,
Wolkenfelder und Niederschläge bleiben aber noch weitgehend außen vor.

Unterdessen verabschiedet sich das Höhentief im Osten endgültig Richtung Belarus
und Ukraine, so dass sich der Hochdruckeinfluss zwar etwas kräftigen kann, dies
aber nichts an der nach wie vor feuchten Grundschicht ändert mit zäher
Sc-Bewölkung.

Die Tiefstwerte liegen zwischen 12 und 5 Grad, wobei Mos-Mix im Osten wohl ein
paar Kelvin zu kalt sein sollte, da das ICON größere Auflockerungen zeigt. IFS
und Euro4 gehen da nicht mit, was deutlich realistischer ist. Einzelne kurze
Lücken wird es zwar geben, dabei sind aber Tiefstwerte um 10 Grad
wahrscheinlich.


Sonntag... liegt Deutschland weitgehend direkt unter der Achse des Höhenrückens,
weshalb sich der Skandinavienhochkeil nach Süden ausweiten kann mit 1020 hPa
über Fehmarn und 1015 hPa über der Oberpfalz. Mit der nordöstlichen Strömung,
die an der vorpommerschen Küste nach wie vor von der Böenstärke her unweit der
Warnschwellen liegt, setzt sich die Zufuhr kühlerer Luft fort und die 850 hPa
Temperaturen gehen bis zum Abend bis auf 0 Grad auf Rügen in der Mitte auf etwa
5 Grad zurück. Schön zusehen auch anhand der Taupunkte, die von Oder und Neiße
allmählich Richtung 5 Grad zurückgehen. Unterhalb einer starken Inversion, die
laut ICON6 Progtemps teilweise bei knapp 10 Kelvin in 800 hPa und damit im
Grenzschichtniveau liegt, hält sich vielerorts zähe Sc-Bewölkung, da noch etwas
nach Südwesten bis ins Münsterland, Nordhessen und Oberfranken vorankommen
sollte. Durch den sich verstärkenden Hochdruckeinfluss und noch recht
anständigen Sonnenstand kann man schon davon ausgehen, dass die Wolkendecke zum
Nachmittag hier und da ein paar größere Lücken bekommt. Dennoch ist ICON wohl
erneut zu optimistisch, was sich entsprechend im Mos-Mix niederschlägt.

Die andere wichtige Fragestellung an diesem Tag ist, was mach das Höhentief im
Südwesten? Inzwischen haben sich die Modelle dahingehend angeglichen, dass es
schwerpunktmäßig nach Oberitalien zieht und damit südlich des Alpenhauptkammes
verbleibt. Gleichwohl schaffen es einzelne schwache Hebungsimpulse infolge PVA
spätestens am Nachmittag wohl doch bis auf Höhe des Südschwarzwaldes und
Alpenvorlandes auszugreifen. Cape ist kaum existent, es sind wohl eher
schauerartig verstärkte Regenfälle die bei PPW's um 25 mm - auch bedingt durch
eine sich eventuell kurzzeitig einstellende Gegenstromsituation - vorübergehend
recht kräftig ausfallen können, bevor das Höhentief weiter ostwärts zieht. ICON6
simuliert unmittelbar am Alpenrand bis in die Nacht hinein teils 12-stündige
Mengen zwischen 10 und 20 mm, punktuell um 30 mm und liegt damit ungefähr im
Einklang zum IFS. GFS ist deutlich schwächer, Euro4 mit den üblichen konvektiven
Hotspots teils über 50 mm und zudem weiter nördlich bis ins Saarland ausgreifend
deutlich offensiver aufgestellt. Aufgrund der limitierten Luftmasse und
Labilität sowie eingedenk der Position des Höhentiefs muss diese Variante aus
jetziger Sicht jedoch bezweifelt werden. ICON6 und IFS scheinen da plausibler.
Die Lage insgesamt birgt aber noch größere Unsicherheiten. Unmittelbar an den
Alpen ist aber ein gerade so angekratztes Dauerregenereignis sowie vielleicht
auch ein mehrstündiges Starkregenereignis mit Mengen bis 30 oder 40 mm durchaus
vorstellbar. Während COSMO-LEPS, IFS-EPS und ICON-EPS so gut wie keine Hinweise
auf ein markantes Ereignis liefern, zeigt der 03 UTC Lauf des ICON-D2 EPS
immerhin bis zu 50% für mehr als 25 mm zwischen 12 und 24 UTC im Oberallgäu. Der
Schwerpunkt ist aber klar auf österreichischer Seite mit tils über 80% und
Signalen bis in den Unwetterbereich hinein.

Die Höchstwerte liegen entsprechend der niedertroposphärischen Zufuhr kühlerer
Luft aus Nordosten etwas unter denen des Vortages.

In der Nacht zum Montag tropft ein weiterer Trog über Westeuropa Richtung
innerer Biskaya ab. Das Höhentief über Oberitalien zieht langsam ostwärts nach
Slowenien und versucht sich allmählich dem Höhentief über Osteuropa
anzugliedern. Dazwischen bleibt Deutschland unter dem quasi ortsfesten Rücken
vermehrt unter schwachem Absinken bei teils größeren Auflockerungen, teils zähem
Nebel oder Hochnebel. Über der Ostsee werden mit Überstreichen der kühlen
niedertroposphärischen Luft über das warme Wasser mit rund 17 Grad diabatisch
bedingt sogar einzelne Schauerstraßen simuliert, die schon ein wenig an einen
verfrühten "Lake Effekt light" erinnern.

Der kräftige Regen im Süden klingt zwar ab, nachfolgend muss im Bereich der
Tiefdruckrinne über dem Süden und Südwesten aber gebietsweise mit weiterem,
meist leichten Regen gerechnet werden.

Vor allem in der trockeneren Kontinentalluft im Osten kühlt es bei längerem
Aufklaren auf 7 bis 3 Grad ab, sodass sogar vereinzelter Frost in Bodennähe
nicht ausgeschlossen ist.
Ansonsten liegen die Tiefsttemperaturen zwischen 12 und 6 Grad.



Montag... gliedert sich das Hoch zunehmend dem etwas nordostwärts verschobenen
Azorenhoch an und bleibt damit für unser Wettergeschehen als Keil bzw. Brücke
bestimmend. Da sich gleichzeitig das sonntägliche Höhentief über dem Alpenraum
in den Osteuropakomplex eingliedert und das neue Cut-Off Tief über der Biskaya
eher Richtung Südfrankreich und Löwengolf orientiert, steigt auch der Druck am
Boden über Süddeutschland allmählich wieder an. Das führt im Endeffekt zu einer
leichten Aufweichung des Gradienten, weshalb die kühle Kontinentalluft den Süden
und Südwesten Deutschlands nicht erreicht.

Im Bereich der sich auffüllenden Rinne gibt es anfangs örtlich noch etwas Regen,
im Tagesverlauf über den südwestdeutschen Mittelgebirgen und den Alpen einzelne
Schauer. Auch von der Ostsee ziehen vor allem stromab der längsten "Fetches"
(Umfeld Rügen sowie in Ostholstein) noch einzelne schwache (Sprühregen-)Schauer
durch. Sonst ist es nach teils zäher Auflösung von Nebel und Hochnebel vor allem
in den Nachmittagsstunden auch mal länger freundlich und trocken. Die
Höchstwerte liegen meist bei verhaltenen 14 bis 20 Grad - der kalendarische
Herbstanfang am Mittwoch wirft seine Schatten bereits voraus. Besonders zu
spüren sind wird das in den Frühstunden des Dienstags, wenn bei wenig
Wetteränderung es doch einmal längere Zeit auflockert und die Temperaturen in
exponierten Tal- und Muldenlagen nicht mehr weit vom Gefrierpunkt entfernt
liegen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Was die Position des Cut-Offs am Sonntag angeht, simulieren die Modelle
inzwischen halbwegs synchron, was allerdings nicht für die dadurch induzierte
Niederschlagsverteilung gilt. Entsprechende Unterschiede - auch hinsichtlich der
Bewölkung - wurden bereits im Text diskutiert und bewertet.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen