Thema des Tages

23-01-2017 14:40

Wir machen uns den Winter selbst

Der Januar zeigte sich bisher vielerorts von seiner kalten Seite,
sodass die derzeitigen Abweichungen von den langjährigen Mittelwerten
im negativen Bereich liegen und es ist zu erwarten, dass dies auch
bis zum Monatsende so bleibt. Dabei ist es spannend zu sehen, wo die
Ursache für diese Kälteperiode herkommt.

Es gibt letztlich drei mögliche Konstellationen, die zu Winterwetter
in Deutschland führen können. Option 1 ergibt sich, wenn sich über
Nordeuropa hoher und über Südeuropa niedriger Luftdruck eingestellt
hat. Dann kann mit der daraus resultierenden östlichen Strömung vor
allem im Hochwinter Kaltluft kontinentalen Ursprungs nach Deutschland
geführt werden. Eine andere Möglichkeit wäre ein Hochdruckgebiet über
Westeuropa bis zu den Britischen Inseln und tiefer Luftdruck über
Nord- und Osteuropa. Bei dieser Konstellation werden mit einer
nördlichen Strömung Luftmassen polaren Breiten, im Idealfall auch
direkt von der Arktis, in das Bundesgebiet geführt.

Derzeit trifft keine dieser beiden Möglichkeiten zu, sondern eben die
Dritte. Verantwortlich für die Kälte ist hoher Luftdruck direkt über
unseren Köpfen, mit dem wir uns die Kälte selbst produzieren. Die
meteorologische Vorgeschichte und damit die Voraussetzung für die
eigene Kältemaschine waren ideal. So sorgten häufige Schneefälle in
der zweiten Januardekade vielerorts für die Ausbildung einer
Neuschneedecke. Vornehmlich im Mittelgebirgsraum fiel diese auch sehr
üppig aus. Zudem war und ist die nachfolgend eingeflossene Luft
verhältnismäßig trocken. Bei gleichzeitig schwachen Luftbewegungen
kann die Temperatur in den noch ziemlich langen Nächten vor allem
über Schnee stark absinken. So lagen die Tiefstwerte im süddeutschen
Raum in den vergangen Nächten häufig unter -15 Grad.

Der ganze Prozess der Kälteproduktion ist dabei selbstverstärkend,
weswegen man bei winterlichen Hochdruckgebieten eben von sogenannten
Kältemaschinen spricht. Kalte Luft hat eine höhere Dichte als warme,
sie bleibt am Boden liegen und wirkt der Absinkbewegung im
Hochdruckgebiet nicht entgegen. Das Hoch wird durch die vorhandene
Kaltluft quasi gefestigt. In den langen Nächten wird es schließlich
Tag für Tag etwas kälter. Sehr gut kann man das beispielsweise im
Rhein-Main Gebiet beobachten. Die Station im Wetterpark in Offenbach
meldete am Samstag einen Tiefstwert von -9 Grad, am Sonntagmorgen
waren es -11 Grad und am heutigen Montag wurden in den Frühstunden
-12 Grad gemessen. Zudem wirkt die schwere Kaltluft wie ein Bollwerk,
gegen das Vordringen wärmerer Luftmassen.

In höheren Luftschichten und damit auch im Bergland ist die Luft
hingegen deutlich wärmer. Durch fehlende Austauschprozesse
(Durchmischung) hat sich entsprechend über Deutschland eine kräftige
Temperaturumkehr (Inversion) ausgebildet. Das in höheren
Luftschichten wärmere Hoch liegt also quasi wie ein Deckel auf der
Kaltluft darunter. Eindrucksvoll ist dies unter anderem in
Baden-Württemberg zu sehen. In Messtetten (920 m) (Schwäbische Alb)
wurde ein sonntägliches Maximum von +6.5 Grad, direkt benachbart bei
Dauernebel im Donautal nur wenig über -10 Grad gemessen.

Auch in den nächsten Tagen setzt sich nach kurzer Unterbrechung am
morgigen Dienstag die Inversionswetterlage fort. Nach Dauerhoch
"Peter" im Dezember ist also auch die zweite Monatshälfte des Januars
stark hochdrucklastig. Und damit lebt der bisherige Winter 2016/17
vornehmlich von eigenproduzierter Kälte (wenn man von der ersten
Januarhälfte absieht).

Die Großwetterlage unterscheidet sich dabei gar nicht so sehr von
denen der vergangenen beiden Winter. Einzig der Hochschwerpunkt war
damals weiter nach Osten verschoben, sodass über Deutschland eine
Südwestströmung dominierte, mit der mildere Luftmassen atlantischen
Ursprungs herangeführt wurden. In diesem Jahr liegt das Hoch nun
direkt über uns. In der Höhe - also auf den Bergen - ist die Luft
dabei immer noch recht mild, wie man an den Höchstwerten im Bergland
sieht, sowohl im Dezember, als auch in der jetzigen zweiten
Januarhälfte. Demnach fällt der Winter dort bisher gar nicht so kalt
aus. In den Niederungen wird die Kaltluft aber weiter fleißig
produziert und konserviert, sodass man sich dort weiter auf negativem
Abweichungskurs bewegt.

Im Übrigen führen die Höchstwerte im Plusbereich im Bergland nicht
zum Abschmelzen des Schnees, da die Luft dort sehr trocken ist.
Insofern herrscht ideales und angenehm temperiertes Wetter für
Winteraktivitäten jeglicher Art. Die Trockenheit, die nun schon seit
Dezember andauert, macht hingegen den Flüssen zu schaffen, deren
Pegel zum Teil auf einem für diese Jahreszeit sehr niedrigem Niveau
liegen.

Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.01.2017

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