Thema des Tages

19-01-2017 14:40

Schiffsemissionen - Luftverschmutzung auf hoher See

Die Nordsee ist weltweit das Gebiet mit der größten Dichte an
Schiffen. Fortwährend können in ihren Gewässern etwa 3000 Schiffe
gezählt werden. Mit der steigenden Anzahl an Schiffen, die zudem
immer größer werden, nimmt jedoch auch die Luftverschmutzung nicht
nur auf hoher See, sondern auch in den Küstengebieten der Nordsee zu.
Denn Schiffe tragen erheblich zur atmosphärischen Konzentration von
Stickoxiden, Schwefeldioxid, Aerosolen (kleinste Partikel in der
Atmosphäre) und Ozon bei. Erstaunlicherweise können diese von
Schiffen produzierten Aerosole sowie Ozon fernab der Schiffsrouten
bis weit ins Landesinnere nachgewiesen werden.

Im Vergleich zu Lastkraftwagen oder Zügen sind Schiffe in Bezug auf
den Treibstoffverbrauch recht effizient. Der Ausstoß von
Luftschadstoffen hingegen ist hoch, da die Regularien für die
Emissionen weniger strikt sind. Zusammen mit Nordamerika hat die
Europäische Union jedoch bereits Kontrollzonen für Schwefelemissionen
(SECA: englisch für Sulphur Emission Control Area) eingerichtet. So
sollen die negativen Folgen der Luftverschmutzung in Bezug auf
Gesundheit und Umwelt eingegrenzt werden. Seit dem 1. Januar 2015
dürfen Schiffe in den sogenannten SECA Zonen nur noch Treibstoff mit
einem Schwefelanteil von 0,1% verwenden. Zuvor war 1% Schwefel im
Schiffstreibstoff erlaubt.

Messungen aus dem Jahr 2015 haben sofort eine Verbesserung der
Luftqualität in Hafengebieten und entlang der Küstenlinien gezeigt.
Ein Rückgang der Schwefelkonzentration von teils mehr als 50% wurde
gemeldet. Doch was bringt das, wenn außerhalb dieser Kontrollzonen
weiterhin der billigste und giftigste Treibstoff in die Luft geblasen
wird? Eingesetzt wird Schweröl mit einem hohen Schwefelgehalt, so
dickflüssig, dass es kaum irgendwo sonst Verwendung findet und
eigentlich als Sondermüll behandelt werden müsste. Der Schwefel und
andere Partikel sowie Metalle gelangen bei der Verbrennung in die
Atmosphäre, verbreiten sich dort und sind messbar. Diese
Schiffsabgase ziehen sogar weit landeinwärts. Dort reagieren die
Stickoxide aus dem Schiffsdiesel mit den Luftschadstoffen aus den
landwirtschaftlichen Emissionen (Ammoniak), wodurch wiederum die
Feinstaubbildung befördert wird. Feinstaub, der sich zusätzlich zum
Ruß aus den Schiffsschloten bildet. Die Auswirkungen sind nicht nur
in Küstennähe zu spüren. Die Luft in Norddeutschland wird von den
Emissionen im Bereich des Ärmelkanals beeinflusst, genau wie die
Stickoxid-Emissionen entlang der Nordseeküste die Luftqualität in
Mitteldeutschland verändern.

Doch was kann gegen die Umweltverschmutzung getan werden?
Katalysatoren oder eine andere Antriebstechnologie könnten zur
Verringerung des Ausstoßes schädlicher Stoffe beitragen. Im Einsatz
ist bei wenigen Schiffen bereits der Flüssiggasantrieb (LNG-Antrieb,
LNG: englisch für Liquefied Natural Gas). Doch solch ein Umbau einer
bestehenden Flotte ist teuer. Denn für die neue LNG-Technik gibt es
noch keine Industriestandards. Zudem fehlt in den meisten Häfen die
nötige Infrastruktur. Und dennoch, durch den Einsatz von Flüssiggas
reduziert sich der Ausstoß von Stickoxiden um etwa 80% und die
Feinstaubemissionen sind so gut wie nicht vorhanden.

Auch der Deutsche Wetterdienst trägt zur Reduktion von Emissionen bei
- nicht direkt, aber indirekt. Durch die meteorologische
Schiffsroutenberatung für lange Strecken auf dem Atlantik, dem
Pazifik oder Indik, wird der Treibstoffausstoß zu einem gewissen Maß
eingegrenzt. Bei der Beratung des DWD (http://www.dwd.de/DE/fachnutzer/schifffahrt/maritimberatung/_node.ht
ml) werden naturbedingte Größen wie Wind, Seegang, Sicht,
Meeresströmungen und Eisverhältnisse sowie besondere meteorologische
Gefahren (trop. Wirbelstürme) in die Vorhersagen einbezogen. Zudem
werden die oben genannten SECA-Zonen sowie Zwangswege und
Piratengebiete berücksichtigt, um die optimale Route zu finden. Durch
das Umfahren von Schlechtwettergebieten und die dann aus der
Routenberatung resultierende noch immer zeitschnellste Strecke können
Schäden an der Ladung vermieden und präzisere Ankunftszeiten
prognostiziert werden. Die Wahl des bestmöglichen Kurses legt auch
den Grundstein für die Verringerung des Treibstoffverbrauchs und
liefert somit einen Beitrag zum Umweltschutz.

Dipl.-Met. Julia Fruntke
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.01.2017

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